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Architektonische Qualifizierungsstudie | 11/2023

Neubau Bürohaus PANDION OFFICEHOME in der Altenberger Straße in Köln

2. Preis

Preisgeld: 28.000 EUR

Hadi Teherani Architects GmbH

Stadtplanung / Städtebau, Architektur

panta ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz GmbH

Brandschutzplanung

Drees & Sommer AG

Fassadenplanung

Erläuterungstext


Städtebau / Architektur

Die durch den Auslober mit der Stadt vorabgestimmte Kubatur wird maßgeblich im nordwestlichen Bereich mit einer regelhaften Abstaffelung und Abrundung sowie im südwestlichen Bereich mit einem Rücksprung im EG zum U-Bahngebäude bis hin zur Altenberger Straße angepasst. Der Baukörper fügt sich somit klar und selbstverständlich in den urbanen Kontext ein und schafft eine klare Eingangssituation. Der Besucher betritt das Gebäude von der Altenberger Straße und wird entlang eines flexibel nutzbaren Cafebereichs zur Lobby geleitet. Dieser ist je nach Nutzungsszenario nach innen zur Lobby als auch nach außen öffenbar und erweitert somit die Lobby um einen Meet & Greet Bereich bzw. bindet das Gebäude entlang des U-Bahn Zugangs stark in die urbane Umgebung ein.

Die Lobby ist zentral repräsentativ vor einem begrünten Atrium angeordnet und eignet sich sowohl für eine Single Tennant als auch eine Multi Tennant Nutzung. Im EG sind Büro, Coworking oder auch Retailflächen denkbar. Die Erschließung funktioniert sowohl über die zentrale Lobby als auch von der Straßenseite.

Die Verkehrserschliessung erfolgt mit der TG-Zufahrt und einen Kern mit Lift für die Fahrradstellplätze an der östlichen Seite von der Altenberger Straße.

Die durch kannelierte "Lisenen" untergliederte Fassadenkomposition gibt dem Gebäude zusammen mit dem wohlproportionierten Gebäudevolumen eine selbstbewusste und zugleich zurückhaltende Erscheinung: die Material- bzw. Farbwahl in Sichtbeton (als Glasfaserbetonelemente) unterstreichen dies und geben dem Gebäude das notwendige Gewicht.

Alle Nutzungseinheiten orientieren sich an Größen von ca. 400qm und sind auf allen Stockwerken zusammenhängend bis zu einer maximalen Geschossfläche von 1800qm erschließbar.

Freiraumkonzept

Auf den Dachflächen wird ein Mix aus Photovoltaikanlagen, extensiven und intensiven Gründächern gestaltet. Auf den Dächern werden unterschiedlich nutzbare Aufenthaltsbereiche geschaffen: ein besonderer Ort ist die `Aussichtsterrasse´ auf dem Dach zum Breslauer Platz mit Blick auf den Kölner Dom. Eine `Bar´, überdachte Freibereiche für Meetings, Baumschirme über Holzdecks, Stauden- und Gräser Flächen bieten attraktive Aufenthalts- und Pausenbereiche. Begrünte Pflanzkästen entlang der zurückgetreppten nordwestlichen Gebäudeecke ergänzen das Angebot auf den anderen Dachflächen. Im EG ermöglicht das begrünte rundum verglaste Atrium gut beleuchtete Gewerbeflächen und betont eine klare Mitte hinter dem Empfangstresen.

Nachhaltigkeit / TGA

Das Ziel innerhalb dieses Projektes ist es, vollständig auf Verbrennungsprozesse und damit betriebsbedingte Emissionen verzichten zu können. Die hochwärmegedämmte Gebäudehülle mit opaken Bauteilen im Passivhausniveau und Dreifachverglasungen führen zu einem reduzierten Energieverbrauch. Der solare Wärmeeintrag wird bewusst durch die opaken Fassadenelemente reduziert. Die opaken Elemente fügen sich harmonisch in das äußere Bild ein und reduzieren gleichzeitig den Verglasungsanteil. Der externe Sonnenschutz mit rezyklierten Textilfasern reduziert effektiv den Sonneneintrag der Fassade.

Zusätzlich zu diesen Maßnahmen führt das Retentionsdach im Sommer ebenfalls zu einem reduzierten Kühlbedarf. Die durch die aufgeständerten Photovoltaikmodule abgegebene Wärme erzeugt Verdunstungskälte, während die Regenrückhaltung der Substratschicht Spitzenlasten bei Starkregenereignissen puffert. Um den Einsatz von Energie weiter zu reduzieren (lowtech) wird ein hybrides Lüftungssystem verfolgt. Zur Unterstützung der mechanischen Lüftung durch RLT-Anlage mit Wärmerückgewinnung kann durch eine natürliche Luftzirkulation be- und entlüftet werden. Ein Nachtlüftungskonzept unterstützt dabei den sommerlichen Wärmeschutz. Eine hocheffiziente Grundwasser-Wärmepumpe dient der Primärversorgung und wird durch die PV-Elemente auf dem Dach und an der Fassade mit Strom versorgt. Zusätzliche Wärme kann durch Abwasserwärme der Technikzentrale zugeführt werden.
Alternativ ist zu prüfen ob das Gebäude an das bestehende Fernwärmenetz angeschlossen werden kann.

Die Wärme bzw. Kälte wird durch modulare und damit wartungsfreundliche Abhangdecken Elemente in den Räumen großflächig verteilt. Durch diese Niedertemperaturlösung kann das LowEx-Konzept mit geringen Temperaturasymmetrien umgesetzt werden. Um das Raumklima und auch die Emissionen und Ressourcenverbräuche zu optimieren, werden Lehmpaneele dafür vorgeschlagen. Diese erhöhen die thermische Masse und dienen damit zusätzlich der Klimastabilität in den Räumen. Das Dach beinhaltet neben dem Retentionsdach zur Regenwasserrückhaltung eine extensive Begrünung unterhalb der PV-Module, sowie eine intensive Begrünung zur Förderung der Biodiversität und Insektenvielfalt auf den Dachflächen ohne PV. Eine Innenraumbeleuchtung mit Präsenzmeldern vor allem im Treppenraum sorgt für einen reduzierten Energieverbrauch. Die Beleuchtung der Außenflächen ist insektenfreundlich (ohne kurzwellige, blaue Lichtanteile) und mit auf den Boden gerichtetem Lichtpegel geplant.

Um den CO2-Fußabdruck zur Herstellung des Projektes zu reduzieren, werden unterschiedlichste Maßnahmen auf Materialebene ergriffen. Zum einen werden bei den Gebäudeteilen nachwachsende Dämmstoffe eingesetzt und dafür Sorge getragen, dass die Ausbau- und Fassadenbauteile sortenrein trennbar und zerstörungsfrei rückbaubar sind. Hierbei zählt vor allem eine Berücksichtigung der Lebensdauer der jeweiligen Bauteile. Zum anderen werden für die Betonbauteile CO2-reduzierte Betonmischungen (z.B. durch die Verwendung von CEM III/B) vorgesehen. Des Weiteren werden in den nichttragenden Innenwänden Leichtbausysteme mit FSC-zertifizierten Holzständer und Lehmträgerplatten vorgesehen und die Pfosten-Riegel-Fassade mit recyceltem Aluminium Außen sowie im Innern mit Echtholz hergestellt. Der Blendschutz wird ebenfalls aus rezyklierten Fasern hergestellt.
Der aufgeständerte Hohlraumboden ist ebenfalls vollständig rückbaubar und so segmentiert, dass Wartung und Instandhaltung sehr einfach möglich sind. Als Bodenbelag wird auf FSC-zertifiziertes Parkett oder Teppich mit recycelten Nylonfasern zurückgegriffen. Die Glasfaserbetonelemente der Fassade sind vollständig rezyklierbar.


Zur Förderung der Elektromobilität werden die Parkierungsflächen mit zahlreichen Ladesäulen ausgestattet, die sowohl PKW als auch (Lasten-)Fahrräder versorgen können und durch die hauseigene PV-Anlage gespeist werden. Für Fahrräder wird zudem eine kleine Servicestation mit Luftpumpen und Werkzeug integriert. Die Kombination und Optimierung der unterschiedlichen technischen, funktionalen und gestalterischen Komponenten bei hoher Energieeffizienz und geringen Emissionen in wirtschaftlicher Bauweise ermöglichen eine Gebäudezertifizierung in DGNB-Gold. Eine konsequente Verfolgung einzelner Themen, u.a. der Materialökologie, führt zu einer positiven Bewertung im Rahmen der EU-Taxonomie.

Entwurfsverfasser:
Hadi Teherani
Sebastian Appl
Dr. Christian Bergmann

Projektleiter:
Pouria Babakhani

Mitarbeiter/innen:
Luis Sereno
Patrick Hesse
Sepehr Sabour
Lasse Schulz
Kim Fenk

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf verzahnt einen geometrisch relativ einfachen, weitgehend rechteckigen Baukörper zum Breslauer Platz, der terrassiert zum Kunibertsviertel in der Höhe zurückspringt. Damit gelingt es dem Entwurf, zwei sehr unterschiedliche Stadträume adäquat zu adressieren. Insbesondere die stark begrünten Terrassen mit der gerundeten Eckausbildung zur Brandenburger Straße werden städtebaulich und immobilienwirtschaftlich sehr positiv bewertet. Der siebengeschossige Hochpunkt orientiert sich an seiner vertikalen Umgebung und versucht eine klare Ecke zu definieren. Die Qualität der Gesamtkomposition wird unterschiedlich bewertet. Weniger überzeugend ist besonders die Eckausbildung der Fassade am Breslauer Platz. Die eng gesetzten Fenster und Fassadenelemente an der Gebäudeecke wirken gedrängt. Die Fassade am Breslauer Platz nimmt die zweigeschossige Gliederung des Nachbargebäudes auf. Sie ist solide, hat aber keinen starken Wiedererkennungswert und lässt keine Innovation erkennen.

Die Positionierung der Eingänge ist schlüssig, mit einem zum Bahnhof orientierten Haupteingang und einem am Ausgang der Stadtbahn liegenden Nebeneingang. Die Erweiterung des Gehwegs durch einen Rücksprung im Erdgeschoss verhilft den Eingängen zu einer Vorzone und versucht, zur Überdachung des Stadtbahneingangs zu vermitteln. Der Erdgeschossgrundriss ermöglicht eine flexible Zuordnung von Nutzungseinheiten und eine lebendige Erdgeschossnutzung. Dadurch gelingt eine gute Adressierung an den Stadtraum und ein vielfältig und gut nutzbarer Lobby-Bereich, der mit Gastronomie und Co-Working gut ergänzt wird.

Die Bürogrundrisse sind gut und flexibel nutzbar. Die Ideen für das Dachgeschoss (Retentionsdach, Photovoltaik, Bar und Aussichtsterrasse) werden allgemein positiv bewertet, sind aber insgesamt noch nicht sehr weit ausgearbeitet. Die Tiefgarage ist funktional, der über einen Aufzug erreichbare Fahrradkeller weist den Bedarf nach, ist aber im Hinblick auf Nutzerkomfort nicht optimal gelöst. Die Arbeit orientiert sich stark an der im Vorfeld entwickelten Machbarkeitsstudie. Sie besticht durch ihre Zurückhaltung, wirkt dadurch aber besonders an der wichtigsten Seite zum Breslauer Platz wenig prägnant und kann sich in dem sehr heterogenen Bahnhofsumfeld nicht optimal behaupten. Der Entwurf ist insgesamt sorgfältig durchgearbeitet und zeigt eine sehr solide Auseinandersetzung mit der Aufgabe.