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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Um- und Ausbau Schloss Neuenburg in Freyburg

Domänenhof

Domänenhof

2. Preis

Preisgeld: 24.000 EUR

pape+pape architekten

Architektur

plandrei Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Reitz & Pristl Ingenieurgesellschaft mbH

Tragwerksplanung

energydesign braunschweig GmbH

Energieplanung

modellwerk weimar | Architekturmodelle, Modellbau, Frässervice, Laserservice

Modellbau

Erläuterungstext

Mit der Weiterentwicklung von Schloss Neuenburg werden die Voraussetzungen für ein lebendiges und nachhaltig genutztes Denkmalensemble mit überregionaler Strahlkraft geschaffen.
Die geplanten architektonischen und freiraumplanerischen Interventionen erzeugen ein sensibles, ruhiges und qualitätvolles Ganzes, wahren den Genius Loci und tragen zur Attraktivierung der Gesamtanlage und zur Stärkung des Burgerlebnisses bei. Alle vorgenommenen Eingriffe erfolgen bestandsschonend unter größtmöglicher Rücksichtnahme auf das vorhandene Baudenkmal.

Räumliches Kontinuum
Unter Einbeziehung des vorhandenen Gebäudebestands und der verbliebenen Reste historischer Mauern und ehemaliger baulicher Strukturen entsteht zusammen mit dem neu gestalteten Freiraum ein selbstverständliches räumliches Kontinuum, das die ganzheitliche Wirkung der Vorburg im Einklang mit der sich anschließenden Kernburg wiedererlebbar macht.

Ganzheitlichkeit und bauliche Geschlossenheit
Um die ursprünglich abgeschlossene räumliche Wirkung von Vor- und Kernburg erlebbar zu machen, werden die ausgewiesenen Baulücken in Anlehnung an die prägenden historischen Zustände und unter Berücksichtigung der erhaltenen Gebäudesubstanz bebaut.

Raumbildende Volumina
Die nicht für eine Bebauung ausgewiesenen aber historisch baulich relevanten Felder bleiben unbebaut, ihre ursprünglichen Konturen werden jedoch mit Naturstein-Umfassungsmauern herausgearbeitet und mit raumbildenden Platanenhainen besetzt.

Wehrhafte Wirkung nach Osten
Entlang der östlichen Mauerkante entsteht auf diese Weise eine durchgängige bauliche Kante, die die wehrhaft anmutende räumliche Wirkung der historischen Bauten und baulichen Anlagen eindrucksvoll nachempfinden lässt (von Nord nach Süd):

Neuer Haupteingang – Anschluss Dicker Wilhelm
Die Konturen der ehemaligen Jagdzeughausbebauung werden kraftvoll aufgenommen und als ablesbare äußere Begrenzungsmauer nach historischem Vorbild an den Dicken Wilhelm angeschlossen. Die Stützpfeiler werden nach überlieferter Vorlage abgebildet, um die Massivität und Wehrhaftigkeit unmittelbar im Hauptzugangsbereich zu illustrieren.

Adressbildung - prägende Eingangsgeste
Die östliche Außenwand der Langen Scheune wird von der Zeughauswand abgelöst (nach dem überlieferten Vorbild der Langscheune aus dem mittleren 18 Jhd., reduziert wird lediglich der nach 1870 angesetzte Teil), so dass eine offene, klar wahrnehmbare Eingangsgeste entsteht. Die Giebelwand des Scheunenbaus wird in differenzierter Materialität wiederaufgebaut und bildet ein sehr einfaches prägendes Signet für den neuen Burgeingang. Die mit dem charakteristischen Knick der Langscheune korrespondierende Doppeltoranlage weckt Assoziationen an das ursprüngliche Kammertor, ohne dies zu imitieren.

Platanengehölze als Raumkörper
Dicht gestellte breitkronige Platanenhaine auf den Mauerbastionen erzeugen hohe paketartige Raumkörper, die an die Dimension der ursprünglichen Bebauung im Bereich des einstigen Zeughauses und des an die Lange Scheune angrenzenden ehemaligen Schafstalls erinnern.
Gleichzeitig entsteht eine attraktive und ruhige, von der Wirkung von Naturstein und Grün geprägte neue Burgsilhouette, die sich bis zur wiedererrichteten Eckbebauung des neuen Veranstaltungsbereichs erstreckt.

Freiraum
Mit der Neugestaltung des Freiraums erfolgt die funktionale Neuordnung und Zonierung der historischen Burganlage. Der gestalterische Ausdruck nimmt dabei den vorhandenen Duktus auf und führt diesen in eine angemessene, moderne Architektursprache. Der Respekt vor der Geschichte ist dabei ebenso wichtig wie die Umsetzung nachhaltiger, robuster und funktionaler Gestaltungsansätze. Die Selbstverständlichkeit in Bezug auf Orientierung, Nutzung und Teilhabe aller Besucher ist die Grundlage für das „neue Burgerlebnis“ auf Schloss Neuenburg.
Erschließung und funktionale Gliederung
Die Besucherführung erfolgt auf einer Wegefläche aus historischem Pflaster entlang einer prägnanten Steinrinne, die vom Eingangsbereich des Besucherzentrums bis zur Kernburg leitet. Neben der Funktion zur Ableitung des anfallenden Niederschlagswassers dient sie auch der taktilen Führung. Die einzelnen Räume des Eingangshofs, Vorburghofs, Domänenhofs und Kernburghofs reihen sich entlang dieser Wegeachse auf und erzählen wie ein architektonischer roter Faden in Etappen von diesem besonderen Ort. Ein Informations- und Leitsystem entlang des Weges gibt Hinweise zur Geschichte und zu interessanten Orten. In der Mitte des Vorburghofs wird ein maßstäbliches Bronzemodell der Gesamtburganlage eingeordnet. Hier wird die städtebauliche und funktionale Grundstruktur der Anlage nachvollziehbar erklärt. Im weiteren Verlauf der Wegeachse betritt der Besucher den Bezahlbereich der Kernburg. Vom Kernburghof wird der Besucher durch einen Gang im Neubau der Verwaltung in den Wurz- und Baumgarten geführt. Hier ist neben der Darstellung von mittelalterlicher Gartenkultur, einem Burgspielplatz auch eine kleine Neugierde eingeordnet, die den Blick ins Tal und auf die Stadt ermöglicht. Entlang des Mauerwegs, der die historische Umfassungsmauer begleitet, gelangt man zum “Dicken Wilhelm“, dem Wahrzeichen Freyburgs. Der Weg der Besucher ist als Rundweg konzipiert und kann sowohl im öffentlichen Bereich der Vorburg und des Domänenhofs, sowie im Bezahlbereich der Kernburg mit Museum, Doppelkapelle, Baum- und Wurzgarten und “Dicken Wilhelm“ unabhängig voneinander genutzt werden.
Die Verkehrsführung für Besucher mit PKW und Bussen erfolgt über die Straße Schloss, entlang des Vorplatzes, in Einbahnverkehr Richtung Parkplatz. Die neue Straßenführung funktioniert wie eine Umfahrt und schafft somit klare und störungsfreie Abläufe. Ver- und Entsorgungs-, Liefer- und Rettungsverkehre können sowohl durch den Haupteingang am Besucherzentrum, als auch über das Barocktor in die Anlage einfahren. Fahrradstellplätze sind auf dem Vorplatz am Besucherzentrum eingeordnet.


Beurteilung durch das Preisgericht

Leitbild des Entwurfes ist die Schaffung eines sensibel, ruhig und qualitätsvoll gestalteten Ensembles unter Wahrung des Genius loci. Die Verfasser zonieren den Freiraum den Funktionen entsprechend neu und gestalten einen robusten, nachhaltigen Außenraum. Dieser wird durch schattenspendende Platanenpakete gefasst, welche die historischen Kubaturen des ehemaligen Zeughauses und des Schafstalles abbilden. Diese „waldartige“ Zäsur erscheint nachvollziehbar, ist jedoch aus denkmalpflegerischer Sicht in ihrer Nachbildung fragwürdig.
Der Vorplatz wird von einem Signet aus Solitärbaum und Rundbank betont und bietet funktionalen Raum für Ankommen, Sammlung und das Abstellen von Fahrrädern. Der hohe Giebel des Besucherinformationszentrums markiert den neuen Zugang zur Anlage deutlich und doch angemessen. Die nur wenigen Öffnungen in der äußeren Fassade unterstützen weiterhin den wehrhaften Charakter einer Burg. Die Verlängerung des Satteldaches über das Silogebäude führt insgesamt zu einer Beruhigung der Situation. Im Inneren wird ein großzügiger und einladender Raum geboten, der sich gut und bei Bedarf auch flexibel bespielen lässt. Die Neben- und Verwaltungsräume werden im Silo konzentriert. Eine Einschränkung bildet allerdings der Zugang zum Bezahlbereich, der außerhalb des Gebäudes erfolgt und u. U. mehr Personal erfordert.
Nach Passieren des Empfangsgebäudes und des Kassenbereiches öffnet sich der durch Schlichtheit geprägte kostenfreie Raum der Vorburg. Im Mittelpunkt auch hier ein Solitärbaumsignet mit Rundbank und ausgebildetem Platzcharakter. Angenehm setzen sich die Entwerfer der Arbeit mit der Wegeführung auseinander und entscheiden sich schlussendlich für eine sternförmige, weniger hierarchische Lösung mit einer zurückhaltenden Leitfunktion mittels Entwässerungsrinne. Ob dieses Element in Anbindung und Stimmigkeit sinnvoll gewählt ist, wird hinterfragt. Eine gute Lösung zur erschütterungsarmen Befahrung und Erhaltung der historischen Befestigungen scheint jedoch der 3 m breite Pflasterstreifen aus gesägtem Material zu sein.
Für den nördlichen Bereich im kostenpflichtigen Teil der Anlage konstruieren die Verfasser einen Gartenraum mit barocker Anmutung, stellen jedoch den funktionalen Charakter zur Selbstversorgung mit Obstgehölzen, Kräutern und Nutzpflanzen heraus. Während die strenge, barockisierende Durcharbeitung zeitlich hinterfragt werden kann, ist der Wechsel unterschiedlicher Freiraumqualitäten zu begrüßen. Es ist jedoch zu bemerken, dass die barocke Zeitlinie dem Burgcharakter weniger entspricht. Darüber hinaus bedingt die Positionierung des Turnierplatzes im Gefällebereich umfassende Erdbewegungen und ggf. Abstützungen. Die Anordnung der Funktionen im Außenraum wäre daher zu überdenken, gegebenenfalls auch der Erhalt des Siedlerhauses. Außerdem wird die Ausweisung eines zweiten Bühnenstandortes vermisst.
Die Domäne wird typologisch klar zur dreiseitig geschlossenen Hofanlage ergänzt. Veranstaltungssaal und Nebennutzungen sind klar zu erkennen und schaffen so eine eindeutige Adressbildung. Auch aus funktionaler Sicht ist dieser Bereich gut gelöst. Das Verwaltungs- und Werkstattgebäude ergänzt den Bestand mit einer ruhigen Geste. Diskutiert werden sollte allerdings die Ausbildung des Durchgangs zum Garten, der an dieser Stelle auch einen Durchbruch in der Zwingermauer erfordert. Durch die einhüftige Ausbildung der Büros entstehen teilweise ungünstige Raumzuschnitte. Aus denkmalpflegerischer Sicht wird das durchgängige Fensterband zum Kernburghof kritisiert.
Die Architektursprache ist von angemessener Zurückhaltung, indem bestehende Mauern erhalten und in Holzständerbauweise ergänzt werden. Leider werden noch keine Aussagen zum konstruktiven und bauphysikalischen Umgang mit diesen getroffen. Auch wenn das Erscheinungsbild der angegrauten Dachflächen in Holz in der Wirkung sympathisch erscheint, wird diese Materialwahl jedoch nicht dem Anspruch auf Langlebigkeit gerecht. Hier sollte in Alternativen gedacht werden.
Insgesamt lassen die Umsetzung des Raumprogramms und die gewählten Konstruktionen auf eine Einhaltung des Kostenrahmens schließen.
Visualisierung Domänenhof

Visualisierung Domänenhof

Eingang Vorburg

Eingang Vorburg

Lageplan Domänenhof

Lageplan Domänenhof

Lageplan

Lageplan

Visualisierung Haupteingang

Visualisierung Haupteingang

Lageplan Eingangshof

Lageplan Eingangshof

Lageplan Kernburg | Wurz- und Baumgarten

Lageplan Kernburg | Wurz- und Baumgarten

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Blatt_2

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Blatt_3

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Blatt_4

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