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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Um- und Ausbau Schloss Neuenburg in Freyburg

Anerkennung

Preisgeld: 12.000 EUR

Burger Rudacs Architekten

Architektur

Und Mang Architektur

Architektur

Wamsler Rohloff Wirzmüller FreiRaumArchitekten

Landschaftsarchitektur

Kayser+Böttges / Barthel+Maus Ingenieure und Architekten GmbH

Tragwerksplanung

PETER GÖTZ | sehen + verstehen

Modellbau

Erläuterungstext

Reduktion und Klärung- das Vertrauen in den Bestand
Im Außenbereich der Vorburg suchen wir nach Klärung und Beruhigung der Situation. Die wesentlichen Wegebeziehungen werden verdeutlicht, besondere Orte durch Ausdehnung von Belagsflächen betont, dienende Erschließungen mit ihren Pflasterbändern und breiten Rasenfugen visuell abgestuft und auf das funktional notwendige Maß beschränkt.
Die Topographie und bestehende historische Mauern werden im Wesentlichen belassen, Höhenunterschiede durch steile exakte Rasenböschungen gefasst- Verunklarungen der historischen Strukturen werden so aufgehoben bzw. vermieden.
Diesem Ansatz folgend bleibt auch das Materialkonzept dem Bestand verpflichtet: bestehende Natursteinbeläge werden aufgenommen und wiederverwendet. Die Barrierefreiheit wird durch oberseitiges Sägen und Flammen bzw. Stocken des vorhandenen Materials hergestellt; bruchrauhe und gesägte Beläge bilden eine gestalterische Einheit.
Die notwendige Zonierung von frei zugänglichem und Bezahlbereich ergibt sich ebenfalls beinahe selbstverständlich durch die Bespielung vorhandener Zäsuren:
Von Osten kommend empfängt den Besucher ein kleiner Vorplatz der eindeutig zum neuen Besucherzentrum leitet. Dieses bildet auch den Verteiler zwischen frei zugänglichem und Bezahlbereich. Über eine behindertengerechte Rampe – eingefügt zwischen Neubau und bestehender historischer Gebäudewand führt der Rundgang auf ein oberes Plateau mit Wegebeziehungen zum Dicken Wilhelm und Richtung Kernburg. Der Weg begleitet die Burgmauer und überwindet die Zwingermauer bewusst am Berührpunkt von Zwinger- und Burgmauer- hier öffnet sich die Perspektive zu einem weiten Blick in die Landschaft. Die Belagsfläche leitet selbstverständlich zum Durchgang im Verwaltungsgebäude durch den man den Hof der Kernburg erreicht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Setzung des Besucherinformationszentrums als freistehendes Objekt in dem durch die Bestandsmauern gefassten Zugangsbereich wirkt gleichermaßen überraschend wie selbstverständlich, wird aber auch kontrovers diskutiert. Hinter den Mauern aufragend, gewinnt das neue Bauteil – trotz vergleichsweise geringer Abmessungen – auch in der Nachbarschaft des „Dicken Wilhelm“ eine angemessen zeichenhafte Qualität. Die Führung der Besucher durch das Gebäude ist sehr gut, die notwendigen Flächen für Besucher sind im Erdgeschoss auf knapper Fläche sinnvoll angeordnet. Die Nutzung des ehemaligen Mühlensilos als zusätzlicher „offener Empfangsraum“ für Einführungen o.ä. ist folgerichtig. Auch die Führung des „Rückwegs“ über eine Rampe zurück zum Foyer ist gut.
Gut organisiert ist auch der Veranstaltungsbereich im Domänenhof. Das zusätzliche Bauteil für Foyer und Nebenräume leistet eine maßstäbliche Ergänzung des Dreiseithofs. Die geringfügige Unterschreitung der Fläche des Versammlungsraums zugunsten der offenen Aussichtsterrasse erscheint hinnehmbar, die Lagerfläche ist allerdings im Hinblick auf eine Bespielung der Hoffläche zu klein. Das Verwaltungsgebäude ergänzt die Gebäudefigur am Inneren Burghof durch konsequente Fortsetzung des vorhandenen Querschnitts. Die Ergänzung wird einhüftig hinter (und über) der Bestandmauer organisiert. Auch wenn die geforderten Nutzflächen nachgewiesen werden, resultieren daraus zum Teil ungünstige Raumzuschnitte.
Der restauratorische Erhalt der Kalksteinmauern ist Ausgangspunkt des Entwurfs. In die bestehenden Mauern sollen neue Bauteile als „hölzerne Intarsien“ eingefügt werden. Das Prinzip ist sorgfältig durchgearbeitet und verzichtet konsequent auf die (problematische) Belastung der Bestandsmauern. Die Mauerkronen können auf einfache Weise statisch gesichert und durch die jeweils auskragenden Dachflächen vor Witterung geschützt werden. Aus den hinterlüfteten „Kaltdächern“ entwickeln die Verfasser ein „robustes Low-Tech-Klimakonzept“, das auch zu einem gestaltprägenden architektonischen Prinzip weitergedacht wird. Allerdings kann die vorgeschlagene Ausführung der Dachdeckungen in Gussglas-Biberschwanzziegeln nicht überzeugen. Das Material wirkt im Kontext der historischen Bauteile aufdringlich und führt zu einer nicht erwünschten, überzogenen Inszenierung der neu eingefügten Bauteile. Zudem werden für die hinterlüfteten Dachbereiche zusätzliche Wartungsprobleme generiert.
Das Konzept minimiert die baulichen Eingriffe und den Umfang neu herzustellender Volumina. Es ist daher in der Herstellung und – wenn die offenen Fragen zur Wartung der Kaltbereiche geklärt werden – auch im Unterhalt ein sehr wirtschaftlicher und ressourceneffizienter Entwurf. Mit Ausnahme des Dachmaterials kann das Prinzip auch im Umgang mit der geschützten Substanz überzeugen. Dieses sehr eigenständige und architektonische Konzept und die bemerkenswerte Neuinterpretation der Freianlagen ergänzen einander zu einem schlüssigen und zukunftsweisenden Entwurf.
Im Freiraum löst sich der Beitrag radikal von der Bestandsituation in der Vorburg. Die Verfasser entscheiden sich für eine völlig neue Erschließungssituation und nutzen die Freiheit für eine minimale und betont schlichte Führung der Wege. Diese werden randlich geführt und vermeiden Zerschneidungen, wo es geht (auch wenn manche Beläge notwendiger Zufahrten allzu zurückhaltend dargestellt sind). So entsteht ein weitläufiges grünes Zentrum mit wenigen Baumsetzungen. Die Schlichtheit stellt ganz die Baulichkeiten der Burg ins Zentrum. Der Reliefsprung zwischen Nord- und Südbereich ist entschieden gefasst und schließt als fortgesetzte Mauer an das Eingangsensemble an. Durch diese wenigen Setzungen gelingt eine hervorragende Ablesbarkeit des Rundweges und Orientierung für den Besucher. Trotz der Verarbeitung des anstehenden Materials wird die Figur des Hofes sofort als zeitgenössisch erkennbar.
Die bewusste Setzung des Besucherzentrums ins Zentrum des Platzraums in der Ruine lässt das Haus zum selbstverständlichen Teil des Weges werden. Der Zugang vom Bezahlbereich bindet wieder im Gebäude an und macht es zum zentralen Knoten der Erschließung. Auch programmatisch bleibt der Entwurf seinem Minimalismus treu: Konkreter formuliert ist die gut situierte große Bühnensituation mit den Sitzstufen unter Bäumen vor der Kulisse der Mauer. Ansonsten ist der Freiraum karg ausgestattet und führt zur kontroversen Frage, wie viele neue Angebote nötig sind. Kritisch zu bewerten sind die völlig unnötigen Verluste von Bestandsbäumen und die allzu formale Ausprägung des Platzteppichs vor dem Haupteingang, der nicht die notwendigen Funktionen abbildet. Ein Entwurf, der mit wenigen Mitteln einen neuen Blick auf den zentralen Freiraum eröffnet und vielleicht allzu sparsam mit neuen Nutzungsangeboten umgeht.
Lageplan

Lageplan

Grundriss Eingangsgebäude

Grundriss Eingangsgebäude

Schnitt Eingangsgebäude

Schnitt Eingangsgebäude

Grundriss Veranstaltungssaal

Grundriss Veranstaltungssaal

Fassadenschnitt Eingangsgebäude

Fassadenschnitt Eingangsgebäude

FassadenschnittBüro- und Werkstattgebäude

FassadenschnittBüro- und Werkstattgebäude

Piktogramm Besucher*innenrundgang

Piktogramm Besucher*innenrundgang