modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Städtebauliche Entwicklung 37° Nordost in Gladbeck

Lageplan

Lageplan

1. Preis

Preisgeld: 69.625 EUR

Thomas Schüler Architekten und Stadtplaner

Stadtplanung / Städtebau

arbos landscape GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Patchwork City – die Identität des Ortes
Die ursprünglich kleine, ländliche Gemeinde entwickelte sich durch den Kohlebergbau ab Ende des 19. Jahrhunderts zu einer typischen Bergarbeiterstadt. Die alten dörflichen Siedlungskerne verloren ihre Bedeutung und im Umfeld der Zechen entstanden nach und nach Wohnsiedlungen, die teppichartig zu einem vorstädtischen Netz verwebt wurden. Eine zentrale Orientierung der Wohnsiedlungen auf die Innenstadt, wie man sie aus gewachsenen, europäischen Städten kennt, gibt es in den Bergarbeiterstädten und in Gladbeck nicht. Die Stadtgestalt kann vielmehr als ein unhierarchisch gegliedertes Patchwork aus ehemaligen Zechen-, Industrie- und Gewerbestandorten, Wohnsiedlungen sowie Grün- und Freizeitflächen gelesen werden. Diese Merkmale und Stadttypologien werden im Konzept aufgegriffen und weiterentwickelt.

Städtebauliches Konzept
Die neu zu planenden Quartiere sind also nicht nur räumliche Fassungen der Parkpromenade, sondern fügen sich in diese Patchwork City ein. Das vorgeschlagene Konzept entwickelt drei unterschiedliche Quartiere, die auf die spezifischen Rahmenbedingungen reagieren und dabei jeweils einen eigenständigen Charakter ausprägen. Die Freiräume werden in diesem Netz zum wichtigen Verbindungsglied, das die Quartiere untereinander, die Innenstadt mit Butendorf und die Wohnsiedlungen mit der umgebenden Erholungslandschaft verbindet. Die neue Parkpromenade bildet hierbei ein freiräumliches Rückgrat und verbindet als begrünter belebter Stadtboulevard die innerstädtischen Stadtquartiere. Die angrenzenden Teilquartiere entwickeln sich jeweils aus dem Bestand heraus und füllen die stadträumlichen Lücken auf. Die ankommenden Straßen und Wegeachsen werden wie selbstverständlich bis an die Parkpromenade herangeführt und verweben so die bisher getrennten Stadtbereiche zu einem gesamtstädtischen Gefüge.

Teilquartiere mit eigener Identität
Die neuen Teilquartiere ergänzen die bestehenden Nutzungen und erhalten darüber eine eigene Identität. Zentrale Platzräume geben jedem Teilquartier eine grüne Mitte und fördern so Gemeinschaft und Identität. Das urbane Quartier: Das zentrale Baufeld bildet das Herzstück und ergänzt die innerstädtischen Nutzungen. Als gemischtgenutztes Stadtquartier entstehen hier neue Wohn- und Arbeitsformen mit gewerblichen Nutzungen in den Erdgeschosszonen. Die Impulse von neuen Bauformen wie Stadthäuser und Baugruppen mit ihren Kombinationen aus Wohnen+Arbeiten und Gemeinschaftsräume werden genutzt die öffentlichen Räume zu beleben. Den baulichen Mittelpunkt bildet ein innovatives Gebäude für Ateliers, start-ups und co-working, welches zentral als Magnet funktioniert. Die Baufelder gruppieren sich um den zentralen Innenbereich herum, erhalten hierüber ihre Adresse und geben den Bewohnern eine Identität. Differenzierte Einzelgebäude mit verschiedenen Materialien und Architekturstilen schaffen ein individuelles, gewachsenes und lebhaftes Stadtbild. Der klare und robuste Rahmen schafft die Voraussetzung für eine kleinteilige bauliche Entwicklung mit einem Höchstmaß an individueller Freiheit. Zur Promenade hin entstehen größere gewerbliche Flächen, die hier zusammen mit dem boulevardähnlichen Freiraum eine innerstädtische Visitenkarte für Gladbeck bilden. Das Campusquartier: Als städtischer Auftakt entsteht entlang der neuen Verbindungsstraße ein neuer Bildungs- und Forschungscampus, der hier signethaft die Innovationskraft von Gladbeck darstellt. Ein zeichenhafter Hochpunkt definiert den platzartigen Übergang zum Wittringer Wald und zum bestehenden Freibad. Im Randbereich zur bestehenden Wohnbebauung entstehen kleinere Hausgruppen, die sich über Wohnhöfe zu einem Grünzug hin orientieren, der hier als grüner Puffer einen Großteil der Bestandsbäume integriert. Das Waldquartier: Das Teilquartier an der Harsewinkelstraße arrondiert die kleinteilige Wohnbebauung und bildet eine Raumkante zum Grünzug entlang des Wittringer Mühlenbachs. Kleinere Hausgruppen öffnen sich zum Wittringer Wald und schaffen so eine hohe Wohnqualität. Das Quartier bildet so die innerstädtische Stadtkante zum Regionalen Grünzug aus.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit stringenter Baumsetzung und geometrisierter Bebauung entwickeln die Entwurfsverfasser:innen eine starke räumliche Gesamtstruktur, die das Preisgericht kontrovers diskutiert. Einerseits entsteht dadurch ein prägendes räumliches ortsuntypisches Bild, welches sich von den gewachsenen Beständen absetzt, andererseits gelingt es im Entwurf trotz dieser stringenten Haltung spannende Rumfolgen zu entwickeln und mit der Bebauungsstruktur, Nutzung und Dichte sensibel auf die jeweiligen Nachbarschaften einzugehen.

Von Süden kommend wir die neue Stadtstraße im Bereich des Stadions/Freibads als vierreihigen Baumallee gestaltet. Im Osten wird sie mit durchgehender Bauflucht von Forschungs- und Entwicklungsgebäuden besetzt hinter denen ein kleinteiliges Wohngebiet den sanften Übergang zu den bestehenden Nachbarschaften sicherstellt. Hier werden vorhandene Wegebeziehungen vorbildlich berücksichtigt, die Geschossigkeit und Enge der Straßenräume erscheint noch im Übergang zu hoch.

Gegenüber dem historischen Eingangsgebäude zum Freibad wird eine achsiale Freifläche vorgeschlagen, die in Dimension und Stringenz der Gestaltung eher monoton als angemessen wirkt.

Im weiteren Verlauf der Stadtstraße nach Norden wird die zweireihige Baumallee aus der Verplanung übernommen, der Wittringer Wald wird auf die östliche Freifläche erweitert.

Das neu entstehende Waldquartier setzt einen qualitätsvollen südlichen Abschluss zum Mühlenbach mit Quartiersplatz und möglicher Durchwegung. Eine adressbildende Prägnanz ggf. auch mit öffentlichen Nutzungen oder Freiräumen vermisst das Preisgericht. Bis zur Steinstraße wird das beschriebene Raumbild mit zweireihiger Baumallee fortgesetzt, die Haldenflächen werden begrünt.

Ab der Steinstraße wird der Straßenraum wieder sinnvoller Weise als Teil der Stadtmitte gestaltet, mit der grünen, vierreihigen Baumallee, straßenbegleitender Bebauung mit vergleichsweiser hoher Dichte, aktiven Erdgeschossnutzungen und viel Platz für Fußgänger und Radfahrer. Der in der Perspektive dargestellte Raum zeigt ein bislang in Gladbeck nicht vorhandenes Bild, welches aber als Zukunftsperspektive Themen wie die Verkehrswende, Klimakrise, Multikodierung des öffentlichen Raums und kompakte, nutzungsgemischte Bebauung vorwegnimmt.

Im Lageplan erkennt man wieder die bemerkenswerte Sorgfalt in der Gestaltung der Übergänge zu den vorhandenen Nachbarschaften durch eine Reduzierung der Gebäudehöhen, Kleinteiligkeit der Parzellen, von Wegebeziehungen und verbindenden neuen Angeboten im öffentlichen Raum. Die Anzahl der Geschosse erscheint dem Preisgericht im Übergang noch zu hoch.

Bezüglich der Kennzahlen liegt die Arbeit bei der BGF leicht über dem Durchschnitt. Die Verteilung der Nutzungen Wohnen, Arbeiten, Sonstiges erscheint plausibel.

Insgesamt stellt die Arbeit ein gelungenes Grundgerüst für Raumfolgen, Definition von Baufeldern, Nutzungsvorschlägen und Gebäudetypologien zu Verfügung. Die Gleichförmigkeit der Baumstellung entlang der neuen Stadtstraße überzeugt das Preisgericht nicht.
Perspektive Boulevard

Perspektive Boulevard

Perspektive Quartierspark

Perspektive Quartierspark

Leitidee - Stadträumliche Sequenzen

Leitidee - Stadträumliche Sequenzen

Erschließungs- und Mobilitätskonzept

Erschließungs- und Mobilitätskonzept

Nutzungsverteilung

Nutzungsverteilung

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Lageplan