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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Entwicklung Innovationsquartier Straßenäcker in Erlenbach

Modell

Modell

2. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

asp Architekten GmbH

Stadtplanung / Städtebau

TREIBHAUS Landschaftsarchitektur Berlin/Hamburg

Landschaftsarchitektur

MS Architekturmodelle

Modellbau

Erläuterungstext

Innovationsquartier Straßenäcker

Aufgabe
Die Entwicklung des Innovationsquartiers Straßenäcker bietet enormes Potenzial für die Gemeinden Erlenbach und Neckarsulm. Die große Chance besteht darin, den Trendpark Neckarsulm um einen weiteren Baustein auf Erlenbacher Gemarkung zu erweitern, näher an den Ortsteil Binswangen heranzurücken und so die Identität des Trendparks zu stärken. Dies ist Voraussetzung um einen attraktiven Firmenstandort zu entwickeln, der im Konkurrenzkampf um Gewerbeansiedlungen im Heilbronner Raum langfristig bestehen kann. Der vorliegende Entwurf ergreift die Chance mit einem innovativen, gemischtgenutzten Quartier, das hochwertige Büro- und Gewerbeflächen und sowie einen zukunftsweisenden Lebensraum ausbildet.

Gesamträumliches Konzept
Die Neuplanung des Innovationsquartiers stellt einen wichtigen Baustein im Siedlungsgefüge dar und sollte deshalb nicht isoliert entwickelt werden. Das Quartier erweitert zusammen mit dem Neubau der Bäckerei Härdtner den Trendpark Neckarsulm und findet zusammen mit der Vinosphäre einen baulichen Abschluss nach Süden. Die Nähe zum Trendpark ermöglicht Synergieeffekte, die die aufgewerteten Korridore Friedrich-Gauss-Straße und Werner-Heisenberg-Straße zu nutzen wissen. Entlang dieser Achse sieht das Konzept ein erweitertes gastronomisches Angebot vor, dass sowohl die Beschäftigten des Trendparks als auch die NutzerInnen des Innovationsquartiers wahrnehmen können. Diese wichtige Hauptverbindung ist Teil eines größeren Fuß- und Radwegenetzes, das Verbindungen nach Erlenbach, Neckarsulm und Heilbronn ermöglicht. Eine neue Verknüpfung zum Naturraum entlang der Sulm orientiert sich an bestehenden landwirtschaftlichen Wegen und führt gesäumt von Obstbäumen hinab zum Wasserlauf. Der Entwurf bezieht die malerische Umgebung aus Weinbergen, Grünzäsur, Naturräumen und landwirtschaftlichen Flächen ein und führt das Grün in Form einer zentralen grünen Mitte bis weit in das Quartier hinein.

Städtebauliche Leitidee

Der Aufgabe, ein lebendiges Innovationsquartier zu entwerfen, begegnet der Entwurf mit einem großzügigen, öffentlichen Stadtraum. Hier findet ein lebendiges Nebeneinander von öffentlichen Nutzungen, autoarmen Bewegungsraum und performativem Freiraum ausreichend Platz. Klare Bockstrukturen mit geradlinig gesetzten Baukörpern flankieren diese Mitte und aktivieren mit ihren lebendigen Erdgeschosszonen den öffentlichen Raum. Am neuralgischen Kreuzungspunkt von Grüner Mitte und der Verbindung zu den Bildungseinrichtungen der Schwarz-Gruppe spannt sich ein wohldimensionierter Quartiersplatz auf. Zwei städtebauliche Hochpunkte unterstreichen die Wichtigkeit dieses Raumgefüges. Das nördliche Ende der Grünen Mitte bildet eine weitere kleinere Platzsituation, die von Mobilitätsangeboten der benachbarten Quartiersgarage belebt wird. Das südliche Ende des Stadtraums markiert das Scharnier mit der östlichen Zufahrt über den Straßenäcker, bevor der Freiraum in die neu ausgewiesene Grünzäsur mündet. Im Südwesten des Quartiers schirmen ein erweiterter Lärmschutzwall, der gleichzeitig Wegeverbindung und Aussichtspunkt ist, sowie robuste, großmaßstäbliche Strukturen das Quartier gegenüber den Lärmemissionen der Autobahn ab. Die gastronomisch geprägte Achse zum Trendpark findet den südlichen Abschluss an einem Ensemble aus Vinosphäre, Schnitzelhof und zusätzlichen gastronomischen Angeboten im Innovationsquartier. Die Höhenentwicklung des Quartiers berücksichtigt die ausgeprägte Topographie auf dem Gelände und die umliegenden Gebäudehöhen. Während die Produktionshallen und die Kita eine geringe Gebäudehöhe haben besteht der Großteil der Baukörper aus vier- bis fünfgeschossigen Gebäuden. Lediglich die Quartiersmitte markieren städtebauliche Hochpunkte, die mit sieben Geschossen unter der Hochhausgrenze bleiben.

Nutzungen, Architektur und Nachhaltigkeit

Die Arbeitswelt hat sich stark verändert und wird sich durch die Digitalisierung und die Anforderungen an ein nachhaltiges Wirtschaften und Leben weiter radikal verändern. Lebens- und Arbeitsorte müssen wir deshalb als vernetzte Wissensorte entwickeln. Strukturelle Flexibilität, programmatische Vielfalt sowie Qualität und Identität der Begegnungsorte sind dabei zentrale Faktoren neuer Typologien. Für den vorliegenden Entwurf bedeutet das ein attraktives, identitätsstiftendes Arbeitsumfeld mit lebendiger Nachbarschaft zu schaffen. Hierfür werden abwechslungsreiche Erdgeschosszonen ausgebildet, die die öffentlichen Räume bespielen und eine heterogene Nutzungsmischung bewirken. Die gemeinschaftlichen Höfe sind multikodiert. Unterschiedliche Freiraumkonzipierungen ermöglichen Begegnung und Austausch unter den NutzerInnen. Sie können sich Freiräume aneignen, ihren Arbeitsplatz in den Außenbereich expandieren, Rückzugsorte aufsuchen oder in größeren Gruppen zusammenkommen. Innovation und Nachhaltigkeit bilden die beiden Hauptmerkmale des Entwurfs. Innovative Bauformen erlauben höchste Flexibilität, um auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können. Das Konzept gibt dabei klare und simple Baukörper vor, die mit unterschiedlichen Konfigurationen ausgefüllt werden können. Ressourcenschonende sowie leicht rückzubauende Materialien wie Holz, Lehm oder Recyclingbeton sind im Sinne des Zirkulären Bauens vorgesehen. Der Einsatz von Mechanische Lüftungs- und Kühlungssysteme senken den Energiebedarf der Gebäude drastisch. Photovoltaikanlagen, Solarthermiepaneele und begrünte Dächer sind für alle Baukörper vorgeschrieben.

Klima, Grünvernetzung und Freiraum
Zukunftsorientierte Stadtentwicklung soll nicht nur den Menschen, sondern auch der Natur zugutekommen, beides in Einklang miteinander bringen. Neben Fragen zum Umgang mit dem Klimawandel und rückläufiger Artenvielfalt steht die Qualität von Begegnungs- und Erholungsräumen im Vordergrund. Der Entwurf entwickelt ein robustes Netz an Grünräumen, das das Quartier durchzieht und diesen mit dem umliegenden Landschaftsraum und Freiräumen verbindet. Die dabei entstehenden differenzierten Freiräume – grüne Fugen/Mitte, Quartiersplätze, grüne Innenhöfe, Gartenterrassen und durchgrünte Dachflächen – bieten den Beschäftigten und BewohnerInnen wie auch den angrenzenden Nachbarschaften ein vielfältiges Angebot und stärken die Identität des Areals. Diese Flächen sorgen für einen geringeren Versiegelungsgrad und eine effiziente blaugrüne Infrastruktur, die einen wichtigen Baustein der klimagerechten Stadtentwicklung darstellt. Die Quartiersmitte wird durch einen grünen Platz mit anliegenden aktiven EG-Nutzungen gefasst. Der Platz soll als sozialer Treffpunkt mit Möglichkeiten für Aufenthalt und Gastronomie dienen. Ein adäquater Umgang mit anfallendem Regenwasser, der den Abfluss in die Kanalisation drastisch reduziert, die Kühlung des Quartiers fördert und die Vegetation in Trockenzeiten bewässert, ist unabdingbar. Das Konzept des nachhaltigen Regenwassermanagements besteht dabei aus drei wesentlichen Komponenten: Begrünte Dächer halten den Niederschlag für bestimmte Zeit zurück und reduzieren bei Sonneneinstrahlung die Temperatur der Gebäudehülle. Darüber hinaus ermöglichen Grünflächen, Mulden und Retentionsbecken die Rückhaltung und Verdunstung des Regenwassers im Öffentlichen Raum. Dem Gefälle des Areals folgend, füllen sich bei Starkregenereignissen zuerst die Rückhalteflächen im Norden, bevor das Wasser schließlich in die süd-östlichen Retentionsbecken geleitet wird. Zudem beinhaltet das Konzept die Nutzung von Grauwasser - sowohl innerhalb des Gebäudes, zum Beispiel für die Toilettenspülung als auch außerhalb des Gebäudes für die Bewässerung des öffentlichen Grüns. So können große Laubbäume, die einen effizienten Beitrag zur Klimaanpassung im Quartier leisten, langfristig gesichert werden. Straßenseitig zur Autobahn wird das Quartier von einem grünen Hügelband begrenzt. Dieses nimmt die Bestandstopografie auf, entwickelt und ergänzt diese weiter zu einer multifunktionale Lärmschutzlandschaft. Die Verbindung zum Wasserlauf der Sulm bewegt sich durch die landwirtschaftlichen Bestandsflächen und fügt Erlenbach ein Baustein Richtung Biotopverbund hinzu. Hier sollen Landwirtschaft und Natur miteinander funktionieren und die Weinlandschaft erlebbar gemacht werden. Saumartige Wiesenstrukturen werden mit Obstbäumen sowie Aufenthalts- und Ruheorten für Wanderer und Entdecker ergänzt.

Anbindung, Erschließung und Mobilität
Ein innovatives Mobilitätskonzept bildet die Grundvoraussetzung für ein nachhaltiges Stadtquartier. Einen wichtigen Bestandteil stellt dabei die Buslinie 92 dar, die das Quartier mit zwei neuen Haltepunkten an das ÖPNV-Netz anschließt. Die Grüne Mitte lebt von intensiver Inanspruchnahme unterschiedlicher Nutzergruppen und MobilitätsteilnehmerInnen. Zwei Quartiersgaragen mit direkten Zufahrten an den Quartierseingängen ermöglichen eine autoarme Nachbarschaft und stärken den Charakter der Grünen Mitte. Designierte Aufstellflächen für Anlieferung ordnen konfliktfrei den öffentlichen Raum. Der MIV-Verkehr wird hauptsächlich über die Werkstraße abgewickelt, die sich wie eine Klammer durch das Quartier zieht und die wichtigen Andienungsverkehre der Produktion aufnimmt. Den Quartiersgaragen angeschlossene Logistik- und KEP-Zentren fangen den Großteil der Warenströme bereits an den Quartierseingängen ab. Hier übernehmen emissionsfreie Transportmittel wie Lastenräder, E-Scooter, Zustellroboter, E-Kleintransporter oder Drohnen die Waren sowie Produkte und beliefern deren EmpfängerInnen. Neben Parkierungs- und Logistikfunktionen sowie Angeboten für Car- und Bikesharing im Erdgeschoss entsteht im Tiefgeschoss der Quartiersgaragen ein integriertes Center für Tausch, Recycling und Reparatur, dass die Rückführung von Waren und Produkten in den Stoffstromkreislauf ermöglicht.

Bauabschnitte
Das Phasenkonzept des Innovationsquartiers basiert auf einer flexiblen Grundstruktur, die die vorherrschenden Rahmenbedingungen berücksichtigt und zukünftige Entwicklungen antizipiert. Den Auftakt markieren die an die Bäckerei Härdtner angrenzenden Baukörper, die unmittelbar die Verknüpfung zum Bestand herstellen. Die Quartiersgarage stellt die Funktionsfähigkeit des ersten Bauabschnitts sicher. Ein weiterer Baustein parallel zur Autobahn schützt die ersten Ansiedlungen vor Lärmimmissionen. Der nördlichste der Hochpunkte markiert frühzeitig den Stellenwert des Quartiers und schafft einen hohen Wiedererkennungswert. Der zweite Bauabschnitt beinhalten neben weiterer Lärmschutzbebauung die Kindertagesstätte, die die Attraktivität des Quartiers als Wohnstandort weiter erhöht. Das Quartiershaus stellt die soziale Versorgung des Areals sicher und rahmt zusammen mit weiteren Baukörpern die zentrale Mitte. Im dritten Bauabschnitt findet das Quartier seinen Abschluss innerhalb der Werkstraße. Die zweite Quartiersgarage stellt – wenn benötigt – weitere Stellplätze zur Verfügung. Die drei im Ideenteil des Wettbewerbs gelegenen Baukörper schließen das Innovationsquartier nach Süden hin ab und bilden den Übergang zur Grünzäsur aus.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfasser bilden mit ihrem städtebaulichen Entwurf ein sehr klares Grundgerüst aus, welches mit gut definierten Baufeldern und geradlinig gesetzten Baukörper das Planungsgebiet strukturieren. Als zentrales Freiraumelement verbindet die grüne Fuge die unterschiedlichen Quartiersbereiche und ermöglicht dabei sehr vielfältige Nutzungsangebote. Die Erschließung wird als zusammenhängender Ring in Form einer Werkstraße ausgebildet, die an neuralgischen Punkten an den Bestand anschließt. An diesen Punkten befinden sich auch die Quartiersgaragen, die den Stellplatzbedarf im gesamten Quartier abdecken und ein autoarmes Quartier erwarten lassen. Durch das gut durchgearbeitete Mobilitätskonzept kann im Quartier vollständig auf Tiefgaragen verzichtet werden und somit ein wesentlicher Beitrag zur CO2-Reduktion geleistet werden. Zirkuläres Bauen und nachhaltige Bauweisen lassen den Charakter eines Innovationsquartiers erwarten und tragen zu einer zukunftsfähigen Entwicklung bei. Darüber hinaus lässt die bauabschnittsweise Umsetzung eine hohe Flexibilität zu und ermöglich auch eine Anpassung auf sich zukünftig veränderten Situationen und Erwartungen. Entsprechend der gewünschten Nutzungsmischung im Quartier finden sich die Angebote für Gewerbe, Wohnen, Dienstleistung und Produktion im gesamten Gebiet und sorgen für ein ausgewogenes Miteinander und der Etablierung einer produktiven Stadt. Dabei funktioniert die Mischung nicht nur in der Fläche, sondern auch in den baulichen Strukturen übereinander.
Neben der Auseinandersetzung mit den baulichen Aufgaben, setzen sich die Verfasser*innen auch intensiv mit klimatischen und ökologischen Themen auseinander. Ein sich über das gesamte Quartier spannendes Regenwassermanagementkonzept geht sehr sensibel mit den Niederschlägen um und sorgt für einen Kreislauf der wertvollen Ressource Wasser. Über oberflächlichen Abfluss und Retentionseinrichtungen entsteht so ein lebendiger grün-blauer Freiraum mit multifunktionalen Angeboten. Die vorgeschlagenen Grünstrukturen binden das neue Innovationsquartier gut in die Umgebung ein und ermöglichen vielfältige Fuß- und Radwegeverbindungen.
Darüber hinaus wird über gut gesetzte „Fauna-Passagen“ auch der Tier- und Pflanzenwelt Rechnung getragen und eine ganzheitliche Städtebauliche Entwicklung angestrebt.
Die im Ideenteil vorgeschlagene Grünverbindung zur Sulm wird gewürdigt und der Weinlandschaftserlebnisweg ist von allen Beteiligten vorstellbar. Die städtebaulichen Setzungen im Ideenteil fügen sich harmonisch in das Gesamtbild ein, sollten jedoch in der Höhenentwicklung zum Landschaftsraum überprüft werden.
Insgesamt leistet die Arbeit einen zukunftsweisenden und innovativen Beitrag zur gestellten Aufgabe und lässt eine hohe Qualität auf allen Ebenen erwarten. Dabei sind die ökologischen, sozialen sowie ökonomischen Belage hierbei beispielhaft berücksichtigt.
Hinsichtlich einer möglichen weiteren Überarbeitung sollten die teilweise stringenten Strukturen der Baufelder etwas aufgelockert werden und die Thematik der Lärmschutzbebauung zur Autobahn vertiefend betrachtet werden. Darüber hinaus wird die Dichte im Quartier vom Preisgericht kontrovers diskutiert und in einer Überarbeitung eine Überprüfung gewünscht.