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Städtebauliche Studie | 03/2023

Entwicklung Beissel Boulevard in Bergheim

Quartiermitte

Quartiermitte

Teilnahme

Preisgeld: 18.000 EUR

Thomas Schüler Architekten und Stadtplaner

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Stadträumliche Einbindung

Das Umfeld der Beisselstraße zeigt sich heute als ein Freiraum in Randlage, der weder städtebaulich noch freiraumplanerisch in das Stadtgefüge Bergheims eingebunden ist. Nach Freiwerden des HIT-Marktes besteht die Möglichkeit das Areal neu zu strukturieren und es in den innenstädtischen Kontext zu integrieren.

Das Weiterführen der städtischen Bezüge und der ankommenden Wegachsen wird dabei genauso wichtig, wie die repräsentative Lage als neue Stadtkante der Innenstadt. Dabei steht das Gelände im Spannungsraum zwischen der Kleinteiligkeit der historischen Stadt und den innerstädtischen Handelsflächen entlang der Hauptstraße.


Die historische Stadtmauer

Das Konzept sieht vor, den historischen Stadtgrundriß der mittelalterlichen Stadt nachzuzeichnen. Hierfür wird die Stadtmauer freigestellt und erlebbar gemacht, so das ein attraktiver öffentlicher Rundweg entstehen kann. Dieser verbindet sich über kleine Gassen mit dem zentralen Innenbereich – dem neuen Beissel Boulevard.

Als langgestreckter Stadtraum bildet dieser einen innerstädtischen Boulevard entlang der historischen Stadtgrenze. Er funktioniert als Verteiler für die unterschiedlichen Wegeverbindungen, sowohl entlang der Stadtmauer, als auch in die Innenstadt hinein. Die bestehenden Gassen bilden hierbei die Verknüpfung zur Hauptstraße und machen den Beissel Boulevard zu einem Teil des städtischen Gefüges.

Das Konzept einer verkehrsberuhigten Fußgängerzone in der Innenstadt wird bis an die Stadtmauer herangeführt und definiert so den nördlichen Stadteingang. Durch eine differenzierte Belagsgestaltung wird das bereits angefangene Konzept aufgegriffen und fortgeführt.


Auftakt an der Erft

Im Übergangsbereich zur Erft bildet ein markantes Kopfgebäude eine neue Raumkante und lenkt die Wegebeziehungen und Blickachsen in den Beissel Boulevard hinein. Der vorgelagerte Platz öffnet sich zur Erft und bindet an seine Grünräume an. Die Gastronomie mit seiner großen Außenterrasse mit Blick auf die Erft besitzt hier eine Magnetfunktion. Der Bezug zum Wasser und die besonnte, attraktive Lage schaffen einen Ort mit hoher Aufenthaltsqualität.


Zentraler Stadtplatz

Im Kreuzungspunkt der Wegeachsen entsteht der zentrale Stadtplatz, der hier die Mitte des Boulevards betont. Die ankommenden Wege münden hier ein und schaffen eine pulsierenden Drehscheibe.

Als Stadtplatz besitzt er eine nutzungsoffene Freifläche für Märkte, gemeinschaftliche Veranstaltungen und integriert zentrale Spiel- und Aktionsflächen. Die locker gestellten Bäume auf einer wassergebundenen Fläche sorgen für eine schattenspendende Wirkung und schaffen eine angenehme Aufenthaltsqualität. Eine Wasserfläche mit Fontänenfeld bildet ein belebendes Moment.


Neue Wohn- und Geschäftsquartiere

Das Konzept gliedert sich in drei unterschiedliche Baufelder mit jeweils eigener Identität. Den baulichen Mittelpunkt bildet ein Solitärgebäude mit kulturellen Nutzungen, gerahmt von den beiden Baufeldern mit Wohn- und Geschäftshäusern. Sie geben dem Boulevard seine Raumkanten und definieren den öffentlichen Stadtraum.

In den Erdgeschossen befinden sich grundsätzlich gewerbliche Nutzungen wie Gastronomie, Cafes und Geschäfte die hier als Frequenzbringer den öffentlichen Raum beleben. Über den gewerblichen Nutzungen befinden sich Wohnnutzungen mit introvertierten Hofsituationen, die ein innerstädtisches ruhiges Wohnen schaffen.


Baufeld 1 – gemeinschaftliche Wohnformen an der Erft

Als erster Bauabschnitt entsteht auf den freien Flächen das zentrale Auftaktgebäude. Hier befinden sich innovative gemeinschaftliche Wohnformen als Mehrgenerationenhaus. Kleinere Wohnungen mischen sich mit Wohngemeinschaften und Cluster-Wohnungen, die sich um einen innenliegenden Laubengang gruppieren und so Kommunikation und Gemeinschaft stärken.

Im Sockelgeschoß befinden sich das zentrale Cafe und ein Nachbarschaftstreff. Die Hauszugänge orientieren sich zur Nordseite, wo sich auch Fahrradstellplätze und Räume der Hausgemeinschaft befinden. Ebenso können sich hier hausnahe Mobilitätsstation und zusätzliche kleine Büros für die Kombination Wohnen + Arbeiten befinden. Die Tiefgarage kann 2-geschossig ausgeführt werden und als Quartiersgarage ausgebildet werden, mit Zugang über den belebten Boulevard.


Baufeld 2 – Kultur und neue Arbeitsformen

Als zweiter Bauabschnitt entsteht der zentrale Kulturkubus als zeichenhaftes Solitärgebäude. Hier befinden sich flexible Flächen für neue Arbeitsmodelle wie co-working, Ateliers und kulturelle oder gemeinschaftliche Einrichtungen im Erdgeschoß.

Im Zwischenraum zur Stadtmauer entsteht ein begrünter Gartenhof der den Abschluß des Rundwegs ausbildet. Als Kulturgarten dient er als geschützter Außenbereich für Veranstaltungen wie Lesungen und kleine Konzerte. Die Stadtmauer bildet hierbei einen stilvollen Rahmen. Der vorgelagerte Stadtplatz kann darüber hinaus ebenfalls für Außenveranstaltungen genutzt werden.

Die notwendigen Stellplätze befinden sich innerhalb der Quartiersgarage in Baufeld 1.


Baufeld 3 – Nachnutzung HIT Markt

Der dritte Bauabschnitt erfolgt auf den Flächen des bestehenden HIT Marktes. Dieser kann sich durch Rückbau und Aufstockung in das städtebauliche Konzept integrieren oder auch nach Abriss neu entwickeln. In beiden Varianten kann die bestehende Tiefgarage integriert werden, wobei die Rampe in den nördlichen Zufahrtsbereich verlegt wird.

Variante Umbau:
Die bestehenden Ladenflächen werden neu strukturiert und orientieren sich zukünftig zum Boulevard hin. Der bisherige rückseitige Bereich wird durch die Hauszugänge und gemeinschaftliche Nebenräume aufgewertet, wodurch eine Belebung des Mauerwegs geschaffen wird. So entsteht ein Gebäude welches allseitig auf den öffentlichen Raum ausstrahlt, ohne Rückseiten.

Variante Neubau:
Bei einem möglichen Abriss sollte die Möglichkeit genutzt werden das große Gebäudevolumen zu gliedern. So entstehen zwei Baufelder auf der Grundfläche der bestehenden Tiefgarage. Im westlichen Baufeld kann sich zukünftig ein kleinerer Lebensmittemarkt befinden. Im Weiteren befinden sich Cafes, Gastronomie und kleinere Läden. In den Obergeschossen befinden sich hochwertige Wohnungen mit einer besonderen Lagequalität.

Das Bauvolumen legt sich als anspruchsvolle Architektur mit zeitgemäßer Wohnnutzung vor die Innenstadt, ermöglicht durch Fugen neue Durchblicke und schafft eine attraktive Stadtsilhouette.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfasser entwickeln mit der Setzung von 4 Gebäudekuben den neuen Beissel-Boulevard als langgestreckten Stadtraum, der die unterschiedlichen städtebaulichen Bezüge aufnimmt und Wegeachsen weiterführt. Die bestehenden Gassen stellen die Verbindung zur Hauptstraße her, in Kombination mit den neuen Gassen erfolgt die Vernetzung des Beissel-Boulevards bis an die ehemalige Stadtmauer heran.

Im Kreuzungspunkt der Wegeachsen entsteht auf selbstverständliche Weise ein zentraler Stadtplatz, der die Linearität des Boulevards aufbricht und dessen Mitte betont. Die Positionierung eines Solitärgebäudes mit kultureller Nutzung ist hier folgerichtig und nachvollziehbar.

Die angrenzenden Baufelder sind als Wohn – und Geschäftshäuser konzipiert. Deren Ausformung mit Handelsflächen im Erdgeschoss und aufgesetzten u-förmigen Wohngeschossen wird von der Jury kritisch diskutiert. Insgesamt wirken die Baukörper schematisch, die Ausrichtung und Orientierung der Wohngeschosse kann in ihren Bezügen zum Stadtraum nicht überzeugen, auch die Höhenstaffelung wirkt willkürlich. Mit der Positionierung des Auftaktgebäudes zur Erft findet der Beissel-Boulevard mit einem viergeschossigen Querriegel an dieser Stelle einen markanten Abschluss, jedoch wird damit die Chance einer großzügigen Verknüpfung des Naturraums Erft zum Beissel Boulevard nicht ausgeschöpft.

Auch die Freistellung der Stadtmauer kann in Bezug auf Ihre Erlebbarkeit und die Qualität der öffentlichen Räume nicht überzeugen. Die angebotenen Grünflächen erscheinen unter Berücksichtigung der Anfahrbarkeit der Tiefgaragenrampen und ebenerdigen Stellplätze fragwürdig. Insgesamt ist der Anteil der Grünflächen niedrig. In den Visualisierungen sind die geplanten Grünbereiche nicht dargestellt.

Die Nutzungsanordnung in den einzelnen Baufeldern ist schlüssig und nachvollziehbar. Die Wohngeschosse sind gut organisiert und ermöglichen ein differenziertes Wohnungsangebot. Für das Baufeld des bestehenden HIT Markt bietet die Arbeit sowohl für den Rückbau mit Aufstockung als auch für den Abriss mit Neubau unterschiedliche Optionen. Die Integration und Erhaltung der Tiefgarage ist innerhalb der neuen städtebaulichen Konzeption nachgewiesen, wobei die Machbarkeit der Verlegung der Rampe in den nördlichen Zufahrtsbereich kritisch diskutiert wird. Insbesondere bei der Variante Neubau wird eine entschlossene Aufwertung des Mauerweges vermisst. Die Arbeit bietet die höchsten Kennzahlen in Bezug auf bebaute Flächen, Nutzflächen und Anzahl der Wohneinheiten.

Trotz des Bestrebens mit der städtebauliche Grundkonfiguration die Neubebauung mit dem Stadtgefüge vernähen zu wollen, gelingt es nicht eine für den Ort angemessene und gleichzeitig eigenständige Adresse und Identität zu bieten. Insgesamt bietet die Arbeit eine klare städtebauliche Grundkonfiguration, die jedoch bei näherer Betrachtung schematisch bleibt und nicht in der gewünschten Weise die Potentiale der unterschiedlichen stadträumlichen Anknüpfungspunkte ausschöpft.
Platz an der Erft

Platz an der Erft

Beissel Boulevard mit Läden und Gastronomie

Beissel Boulevard mit Läden und Gastronomie

Weg entlang der historischen Stadtmauer

Weg entlang der historischen Stadtmauer

Lageplan

Lageplan