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Award / Auszeichnung | 11/2023

Architekturpreis Vest Recklinghausen und Gelsenkirchen 2023

Terrasse und Garten

Terrasse und Garten

Marcel-Callo-Haus in Castrop-Rauxel

DE-44575 Castrop-Rauxel, Widumer Str. 19

Anerkennung

gernot schulz : architektur GmbH

Architektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Kultur-, Veranstaltungsgebäude, Sport und Freizeit

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2023

Projektbeschreibung

Am Anfang steht die Idee des kath. Pastoralverbunds Castrop-Rauxel-Süd ein Modellprojekt zur Förderung von Begegnungen zwischen Menschen aller Generationen und Herkunft zu initiieren. Als multikulturelles Begegnungszentrum werden verschiedene Institutionen und Angebote gebündelt. Der erste Bauabschnitt umfasst den Neubau des Marcel-Callo-Hauses, der Jugendeinrichtung der St. Lambertus-Kirchengemeinde, und das Familienbüro der Stadt Castrop-Rauxel. Das Grundstück ist geprägt durch die städtebauliche Lage zwischen dem Landschaftspark der ehem. Zeche Erin und der Altstadt Castrop-Rauxels. Das von weitem erkennbare Industriedenkmal des Förderturms und der Kirchturm der St. Lambertuskirche sind visuelle Fixpunkte zwischen denen sich das Grundstück verortet. Der groß gewachsene Baumbestand auf dem Grundstück bildet schon heute eine grüne Mitte mit Bewegungsangeboten für Kinder und Jugendliche. Der 1. Baubabschnitt entsteht als südlichster Teil des Ensembles an der Schillerstraße. Marcel-Callo-Haus und Familienbüro erhalten separate Eingänge, können sich jedoch innenräumlich bewusst auf beiden Geschossen über eine Flurverbindung in Ihren Nutzungen ergänzen und Synergien aus dem gemeinsamen Bau ziehen. Die gemeinsame Nutzbarkeit von Aufzug, barrierefreiem WC und Küche bietet eine im Hinblick auf den Kosteneinsatz angemessene Lösung und stärkt das nachbarschaftliche Zusammenleben. Eine durchgängige Barrierefreiheit wurde berücksichtigt.

Die Fassade ist bewusst spielerisch angelegt. Die Reduzierung auf das Bauteil „Fenster“ ermöglicht eine wirtschaftliche Umsetzung und grenzt sich in der Gestaltung vom gewohnten Erscheinungsbild des umgebenden Stadtraums ab. Der zufällig erscheinende Wechsel von Fensterformaten und -tiefen transportiert die besondere Nutzung nach Außen und verleiht dem Gebäude seinen besonderen Charakter. Ein zum Hof ausgerichtetes Glaskunstfenster mit abstrakter Darstellung einer Friedenstaube unterstreicht das Leitbild des Projekts. Durch Schiebetüren können die flexiblen Erdgeschossflächen in den Außenraum erweitert werden. Die Atmosphäre der Innenräume wird durch den reduzierten Einsatz von Sichtbeton, Holz- Bauteilen und farbig akzentuierte Einbauten geprägt und lässt Platz zur Gestaltung durch den Nutzer. Einheitliche Pflasterflächen kommen sowohl am Vorplatz, den Eingangsbereichen, sowie den Terrassenflächen zum Einsatz und verbinden den Straßenraum mit dem Hofbereich. Beton, Holz, sowie Klinkersteine und Mineralwolle für die Fassaden werden in der Region hergestellt. Auf den Einsatz rückbaufähiger und recyclebarer Materialien wurde besonderen Wert gelegt. Pflegeaufwendungen der Fassade werden durch ein robustes, langlebiges Ziegelmauerwerk auf ein Minimum reduziert. Im Innenraum lassen die Wände aus Sichtbeton, Brüstungen aus Stahlblech und der Boden aus Linoleum eine hohe Lebensdauer erwarten. Die extensive Dachbegrünung wirkt der Überhitzung des Stadtraums entgegen, bietet Pflanzen und Insekten Lebensraum und verzögert den Regenwassereintrag in die Kanalisation. Das als Low-Tech-Gebäude konzipierte Gebäude wird natürlich belüftet und über eine Erdsonden-Wärmepumpe versorgt. Ein textiler Sonnenschutz steht der Überhitzung des Innenraums entgegen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Marcel-Callo-Haus ist der Jugend gewidmet und wird bereits frohgemut von ihr angenommen. Ein jetzt schon geliebtes Haus, das stilistisch sitzt und materialästhetisch schwingt. Als Bauwerk eine Komposition aus Farbe und Form, Fassade und Fenster sich gegenseitig befruchtend und aufs sparsamste, aber effektivste durchdringend. Der an changierend schwarzes Grubengold erinnernde Fassadenkubus mitsamt den spezifisch Schulz´enschen Fenstervariationen, gefasst in an frisches Rostrot anmutende Holzlasur, erweisen sich gegenseitig einen tadellosen Dienst, ein trefflich sparsamer “Muntermacher-Effekt” bei maximal reduziertem Gestaltduktus.

Im Innen wiederholt sich die eindrückliche Flächendynamik im Vexierbild nun aus Sichtbetonwänden und wiederum den klug gesetzten Fensterlaibungen. Eigenwillige variantenreiche Grundrisse und Deckenverläufe sowie ein farblich und gestalterisch ansprechendes Interieur öffnen die Innenräume spielerisch und erweitern damit grad der Jugend einen erlebbaren Gestaltradius über die Eindrücklichkeit sinnlich-sensibler Architektur. Eine kostbare Erfahrung, die gute Gestaltung an die nächste Generation in der Lage sein kann, weiterzugeben. Nachhaltigkeit im Bauen und Naturverbundenheit im Surrounding runden das Bild eines Bauwerks als Klangkörper seiner Bestimmung.

Städtebaulich ein verheißungsvoller Wurf, schaut man vor allem auf die vorliegenden scribble zur geplanten Erweiterung als Trias: mit offensivem Blickbezug zu der dem irischen Gründervater Thomas Mulvany geschuldeten ehemaligen Zeche “Erin” (grüne Insel) mit dem verbliebenen signifikanten Förderturm sowie dem markanten Campanile der Mutterkirche St. Lambertus. Man darf auf die Fortsetzung sehr gespannt sein.

Text: Marion Taube
Strassenansicht des ersten BA

Strassenansicht des ersten BA

Familienbüro

Familienbüro

Multifunktionsfläche

Multifunktionsfläche

Eingang Familienbüro

Eingang Familienbüro

Sicht aus Richtung Parkplatz

Sicht aus Richtung Parkplatz

Detail

Detail

Am Abend

Am Abend