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3. Rang 4 / 4

Nichtoffener Wettbewerb | 11/2023

Neubau für Schulraumerweiterung und Tagesstrukturen, Schulanlage Zelgli in Schlieren (CH)

4. Rang / 4. Preis

Preisgeld: 16.000 CHF

Dürig AG Architekten

Architektur

vetschpartner Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Basler & Hofmann AG

Tragwerksplanung

uas unternehmen für architektur und städtebau ag

Projektsteuerung

Erläuterungstext

Das Schulensemble Zelgli in Schlieren ist ein über die Jahre entstandenes heterogenes Patchwork. Es ist ein Abbild der Entwicklung von Schlieren, das als Agglomerationsraum von Zürich in rasantem Tempo gewachsen ist. Der Freiraum greift dies konzeptionell auf und gliedert den Perimeter in einzelne Patches. Sensibel wurde ermittelt, welche Bereiche des Schulareals eine Aufwertung benötigen, welche Bereiche im Bestand funktionieren und so einen Teil zur Identität der Schule beitragen und welche Patches von Grund auf neu gedacht/gestaltet werden müssen, um der Schule eine spürbare Aufwertung zu verleihen.

Um den attraktiven Baumbestand zu würdigen, wurde entschieden den Neubau sanft mit den Bäumen auf dem Bauperimeter zu verweben. Die nahe an der Fassade stehenden Bäume sind zum einen charakterstiftendes Element der neuen «Waldschule», sorgen aber auch für eine ruhige, lernfreundliche Atmosphäre, sowie ein angenehmes Mikroklima in Innen- und Aussenräumen. Der «Waldpatch» auf dem das neue Schulgebäude zu liegen kommt, verbindet Innen- und Aussenraum. Er ist als Abenteuerraum begehbar und wartet mit Überraschungen auf, die es zu entdecken gilt. Er funktioniert als Rückzugsraum und wirkt als Filter zum regen Treiben auf dem angrenzenden Schulareal.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden des Projekts «Baumhaus» schlagen einen quadratischen Punktbau vor, eingebettet zwischen Bäume. Während der Haupt-Baukörper orthogonal zur bestehenden Schulanlage positioniert ist, vermittelt eine dazu verdrehte Terrassenschicht zur Geometrie der Parzelle. Das bestehende Ensemble von Gebäuden und Freiräumen wird als heterogenes Patchwork verstanden; entsprechend werden die neuen Eingriffe nicht als fortschreibende, sondern als komplementäre Bausteine konzipiert.

Obwohl das ehemalige Wäldchen für den Neubau dezimiert werden muss, entwickelt das Projekt aus dem Thema Wald einen eigenständigen, starken und stimmungsvollen Charakter. Ein Garten aus Bäumen umspielt den Neubau mit einheimischen Gehölzen in verschiedenen Höhen. Wo möglich werden vorhandene Bäume erhalten und in das Gesamtkonzept integriert. Ein reichhaltiges Stück Natur entsteht, welches angenehme Lebensbedingungen für Mensch und Tier schafft. Ein Wasserspiel, durchlässige Bodenbeläge und Retentionsflächen unterstützen die kühlende Wirkung und tragen zur Biodiversität bei. Die alten Passerellen in der Mitte des Areals werden abgebrochen zugunsten eines organisch ausformulierten, zentralen Pausenhofs, der im Einklang mit dem Waldthema an eine Lichtung erinnern soll. Als Ersatz für das Biotop wird eine ökologische Ausgleichfläche im Norden des Betrachtungsperimeters aufgezeigt, welche für schulische Zwecke mit einem Lern- und Erlebnispfad kombiniert wird. Dem verführerischen Konzept einer Schule inmitten von Bäumen kann die Jury viele Qualitäten abgewinnen, auch wenn das Angebot an Freiflächen klein ist (Ballspiel): Es entsteht eine wild anmutende Naturwelt mit eigener Identität, die sich zu einem vielseitigen Freiraum entwickeln kann.

Im Mittelpunkt des Entwurfs steht eine ausdrucksstarke Skelettkonstruktion. Über einer erhöhten Betonbodenplatte ist ein Holzbau mit Stützen und Trägern angedacht. Hohlkastendecken überspannen dabei die geringen Achsabstände des Primärtragwerks. Die weit auskragenden, umlaufenden Balkone sind mit Zugstangen an der aufwendigen Dachkonstruktion in Stahlbau aufgehängt. Eine horizontale Aussteifung des Gebäudes ist aus dem Konzept hingegen nicht ersichtlich. Der architektonische Ausdruck leitet sich unmittelbar aus dem in Szene gesetzten Tragwerk ab und besticht durch seine Expressivität. Fassade und nichttragende Innenwände werden als strukturelle Ausfachungen des sehr flexibel nutzbaren Tragskelettes ausformuliert.

In der Gebäudemitte befindet sich als Dreh- und Angelpunkt eine grosse Wendeltreppe, umringt von einer Erschliessungs- und Garderobenzone, welche durch die eingestellten Service- und WC-Räume allerdings beengt und verwinkelt ist. Danach folgen die Hauptnutzungsräume, welche in Anlehnung an das bestehende Schulhaus windmühlenförmig angeordnet und zweiseitig belichtet sind. Als Überleitung zum Aussenraum schliessen ausgedehnte Dreiecks-Balkonterrassen das Gebäude ab. Diese können mittels Falt-Schiebe-Fenstern dem Unterricht bei Bedarf zugeschaltet werden, wobei die Entfluchtung noch geklärt werden müsste. Obwohl Terrassen durch das Klima in unseren Breitengraden nur bedingt als Aussenklassenzimmer nutzbar sind und damit auch eine beachtliche Verschattung einhergeht, anerkennt die Jury dieses Zusatzangebot als Mehrwert.

Das Programm wird konsequent nach Geschossen organisiert: Im Erdgeschoss befindet sich der Hort, im 1. Obergeschoss sind die Unterrichtsräume und im 2. Obergeschoss der Lehrpersonenbereich inklusive Spezialräume untergebracht. Dem klaren Layout zuliebe müssen allerdings einige Abstriche bei der Raumdisposition gemacht werden, vor allem im Hort, wo auch zwei Ruheräume und zwei Gruppenräume fehlen. Zudem müssen die Projektverfassenden die Technik- und Infrastrukturräume in den Untergrund drücken, was unerwünscht ist.

Das Thema Gebäudetechnik ist leider nicht weit bearbeitet; vieles wird nur angedeutet oder gar nicht beschrieben. Das Lüftungskonzept erwähnt mehrere Lüftungsgeräte auf dem Dach, welche die Luft direkt in die Räume bringen. Es ist jedoch nicht weiter nachvollziehbar, wie dies genau erfolgen soll und ob auf horizontale Leitungsführung verzichtet werden kann.

Im Hinblick auf die Gesamtkosten ist «Baumhaus» das unwirtschaftlichste der rangierten Projekte. Obwohl ein sehr gutes Verhältnis von Hauptnutzfläche zu Geschossfläche vorliegt, machen die zusätzlichen Balkone und das damit einhergehende, teure Primärtragsystem sowie das Untergeschoss das Projekt kostspielig.

«Baumhaus» schafft eine inspirierende Balance zwischen prononciertem Städtebau, stringenter Struktur, Innovation und poetischem Ausdruck. Die eigens aus dem Ort entwickelte Atmosphäre einer Schule inmitten eines Waldgartens wird von der Jury als Beitrag mit grosser Strahlkraft gewürdigt. Letztlich wird aber der Bogen hinsichtlich der Aufgabe etwas überspannt: Neben raumorganisatorischen Einbussen bedeutet die aufwändige Konstruktion einen nicht unerheblichen Mehraufwand, der sich nicht vollends rechtfertigen lässt.
3. Rang 4 / 4