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Einladungswettbewerb | 12/2023

Neubebauung Bahnhofsplatz in Nürnberg

Blick vom Bahnhofsplatz

Blick vom Bahnhofsplatz

1. Preis

Preisgeld: 38.000 EUR

KSP ENGEL

Architektur

SINFIRO GMBH & CO. KG vormals Ingenieurbüro Riesener GbR

Brandschutzplanung

Seidl & Partner Gesamtplanung GmbH

Tragwerksplanung, TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Städtebauliche Figur
Durch die zentrale Lage direkt am Bahnhofsplatz fällt dem geplanten Neubau auf dem Grundstück des „Ergo-Hochhauses“ eine besondere Bedeutung zu. Gemeinsam mit dem Hotelhochhaus im Osten bildet unser Entwurf eine städtebauliche Klammer für den Bahnhof und zugleich den westlichen Platzrand des Bahnhofsplatzes. Der Neubau gliedert sich in einen 50 Meter hohen Turm und einen 6 bis 7-geschossigen Flügelbau. Als Nutzungen sind vor allem Büroflächen und Serviced Apartments vorgesehen. Das Hochhaus orientiert sich mit seiner Hauptfassade (Längsseite) zum Bahnhofsplatz, der niedrigere Flügelbau in Richtung Frauentorgraben. Beide Baukörper sind miteinander verbunden. Der Sockelbereich des Turms ist offen und transparent gestaltet. Hier befinden sich an der Nordost-Ecke auch die beiden Eingänge für die Büronutzung und für die Serviced Apartments.

Gliederung
Der Neubau bietet Raum für Büronutzung und rund 80 Serviced Apartments. Auch eine spätere Umnutzung der (Büro)Flächen soll möglich sein. Daher sieht unser Entwurf vor, die Büro- und Wohnnutzung nicht in zwei separate Gebäude aufzuteilen, sondern in der Höhe zu stapeln. Die ersten vier Ebenen sind für die Serviced Apartments vorgesehen, während die Obergeschosse ab dem 5.
Obergeschoss als Büroflächen genutzt werden. Um eine möglichst hohe Flächeneffizienz zu erzielen, sind beide Nutzungen über einen gemeinsamen zentralen Erschließungskern im Hochhaus zugänglich. Ein weiterer Erschließungskern im niedrigeren Bauteil am Frauentorgraben kann daher entfallen. Die Aufzüge sind als Durchlader-Kabinen konzipiert und somit sowohl von der Lobby für die Serviced Apartments als auch von der Bürolobby aus zugänglich. Die Nutzer der Apartments und diejenigen der Büroflächen können somit denselben Aufzugskern benutzen, ohne dass sich ihre Wege kreuzen. Im zentralen Erschließungskern im Turm befinden sich neben den drei Aufzügen noch ein Sicherheitstreppenhaus, sowie die Schächte für die vertikale Versorgung. Im Flügelbau am
Frauentorgraben ist lediglich noch ein weiteres Fluchttreppenhaus vorgesehen. Durch die Stapelung der Nutzungen sind zwischen den beiden Bauteilen auch keine Versprünge in den Geschossdecken erforderlich. Die Geschossdecken für beide Bauteile können als durchgehende Geschossebenen erstellt werden. Dies wird die Erstellung des Rohbaus und eine spätere Umnutzung der Flächen
erheblich vereinfachen.

Erschließung, Nutzungen und Adressbildung
Der Eingangsbereich ist transparent und offen gestaltet und soll durch die hier vorgesehenen öffentlichen Nutzungen den Stadtraum beleben. Neben den beiden Lobbys für die Apartments und Büronutzung sind ein Restaurant in Richtung Frauentorgraben und ein Coffee Point in Richtung Bahnhofsplatz vorgesehen. Die ab dem 2. Geschoss auskragenden Obergeschosse bilden für die Eingänge einen geschützten Vorbereich aus. Über die jeweilige Lobby gelangt man über den zentralen Erschließungskern in die Obergeschosse mit Wohn- und Büronutzung. Die Wohnnutzung erstreckt sich vom 1. bis 4. Obergeschoss. Die Wohn- und Schlafbereiche der jeweils rund 24 m² großen Wohneinheiten sind an den Fassaden angeordnet, die Nebenräume (Bad und Küchenzeile) hingegen
innenliegend am Erschließungsflur. Die lichte Raumhöhe für die Serviced Apartments beträgt 2,60 Meter. Darüber befinden sich die Ebenen mit Büronutzung (5. bis 13. Obergeschoss) mit einer lichten Raumhöhe von 3,00 Metern. Die Büroflächen der Regelgeschosse des Hochhauses gliedern sich in zwei Mieteinheiten und lassen sich je nach Nutzerwunsch flexibel aufteilen. Alle Arbeitsplätze sind entlang der Fassade angeordnet und können somit optimal natürlich belichtet werden. Die Nebenräume und Toiletten gliedern sich
direkt an den Kern an. Der Aufzugsvorraum orientiert sich nach Osten in Richtung des Bahnhofsplatzes und sorgt somit für eine gute Orientierung innerhalb des Gebäudes. Im 5. bis 7. Obergeschoss ergeben sich in Verbindung des Hochhauses mit dem Flügelbau besondere Grundrisslayouts: Im 5. Obergeschoss entsteht eine größere zusammenhängende Bürofläche, die aus drei Nutzungseinheiten besteht, wobei die beiden Nutzungseinheiten in Richtung Frauentorgraben eine zusammenhängende Mieteinheit ergeben. Im zurückspringenden 6. Obergeschoss sind großzügige Besprechungsräume mit einer vorgelagerten begrünten Terrasse geplant. Auch im 7. Obergeschoss ist eine Dachterrasse mit attraktivem Außenbereich und Ausblick auf die Altstadt angeordnet. Das gewählte Büroausbauraster von 1,35 Metern ermöglicht eine große Flexibilität für die Büronutzung. Das Tragwerksraster (4,05 und 5,40 Meter) und das Fassadenraster (2,70 Meter) sind als Vielfaches hiervon ebenfalls modular aufgebaut. Die Erschließung und die Flexibilität der Büroflächen eignen sich sowohl für eine kleinteilige Vermietung als auch für einen Großmieter (Single Tenant), der das Gebäude als repräsentative Adresse am Bahnhofsplatz für sich alleine nutzen möchte. Die Tiefgaragenzufahrt erfolgt wie bisher von der Eilgutstraße und führt mit einer Rampe in die zweigeschossige Tiefgarage für 60 Stellplätze.

Fassadengestaltung und Materialität
Plastisch hervortretende mehrgeschossige Lisenen aus hellem Architekturbeton betonen die vertikale Ausrichtung des 50 Meter hohen Turms und steigern die Schlankheit und Höhe des Hochhauses. Diese vertikale Gliederung der Fassade wird ebenfalls dadurch betont, dass jeweils zwei Geschosse optisch von einem feinen horizontalen Gesims zusammengefasst werden. Die Fensterflächen sind in
dunkle Fensterprofile eingefasst und treten optisch in den Hintergrund. Während die Lisenen in den Geschossen mit Wohnnutzung (1. bis 4. Obergeschoss) breiter sind und somit die klassische Lochfassade modern interpretieren, verjüngen sich die Lisenen von Geschoss zu Geschoss nach oben. Der Fensteranteil vergrößert sich somit nach oben hin und sorgt für eine Leichtigkeit und große Transparenz im Gebäudeabschluss. Die Fassadengestaltung macht die Schichtung der Büro- und Wohnnutzung innerhalb des Gebäudes dezent ablesbar. Die Fassadenelemente sind jeweils 2 Ausbauachsen breit (2,70 Meter) und eignen sich für beide Nutzungen gleichermaßen. Um die hohen Schallschutzanforderungen zu erreichen, sind die Fenster als Kastenfenster-konstruktion mit einer Prallscheibe konzipiert. Neben dem verbesserten Schallschutz ermöglicht dieser Fassadentyp den Sonnenschutz wind- und witterungsgeschützt im
Fensterzwischenraum zu führen – ein Vorteil insbesondere beim Hochhaus mit seinen höheren Windlasten. Eine hohe Flexibilität erreichen wir durch die Möglichkeit zur individuellen Komfortlüftung mit einer schallgedämmten Lüftungsklappe in jeder zweiten Ausbauachse, welche die mechanische Be- und Entlüftung ergänzt. Einen weiteren Vorteil der von uns gewählten Fassadengestaltung sehen wir darin, dass wir eine gemeinsame Fassadensprache für beide Nutzungen verwenden. Auch eine spätere Umnutzung ist mit dieser Fassadengestaltung und -gliederung problemlos möglich. Über den Vorbereich, der dank der Auskragung des Turms witterungsgeschützt ist, gelangen die Nutzerinnen und Nutzer zu den jeweiligen Zugängen. Der Eingang zu den Serviced Apartments
befindet sich entlang des Frauentorgrabens, die Zugänge für die Büronutzung auf der Ecke zum Bahnhofsplatz.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Gestaltung des Gebäudes überzeugt durch eine klare Struktur und eine einheitliche Fassade. Der skulpturale Baukörper zeigt Einschnitte sowohl beim Haupteingang im Erdgeschoss als auch bei der Verbindung der zwei Gebäudeteile. Der offene, transparente und überdachte Eingangsbereich schafft eine einladende Atmosphäre.
Besonders positiv wird die großzügige Auskragung in den öffentlichen Raum zum Frauentorgraben und zum Bahnhofsplatz hin bewertet. Allerdings wird angemerkt, dass die Details des Tragwerks in diesem Bereich noch nicht vollständig schlüssig sind. Der Vorsprung des Gebäudes zum Frauentorgraben hin trägt dazu bei, den Bahnhofsplatz städtebaulich gut zu erfassen.
Die Erschließung des Gebäudes ist klar ablesbar und vertikal organisiert, mit einem zentralen Treppenhauskern, einer Aufzugsanlage und einem zusätzlichen Fluchttreppenhaus, was wirtschaftlich gelöst wurde. Diese vertikale Struktur ermöglicht eine horizontale Nutzungsgliederung und führt zu gut organisierten und belichteten Grundrissen im Turm.
Die Grundrisse zeichnen sich durch eine hohe Flexibilität aus, die durch ein einheitliches 1,35m Raster sowohl bei den Service-Appartements als auch bei den Büroflächen erreicht wird. Die großzügige Dachterrasse am Frauentorgraben, mit Blick auf die Altstadt, stellt für die Büronutzung ein zusätzliches positives Angebot dar.
Es wird jedoch angemerkt, dass die Notwendigkeit der Doppelfassade in Frage gestellt wird. Auch die Höhe des Glasanteils an der Fassade wird kritisch betrachtet, sowohl aus funktionaler als auch aus denkmalpflegerischen Gesichtspunkten.

Wirtschaftlichkeit / Kosten
Die BGF oberirdisch liegt leicht über den Sollvorgaben der Auslobung. Es ist jedoch festzustellen, dass die BGFBüro um ca. 1.700 m² deutlich unter dem Sollwert die BGF Büro liegt. Entsprechend höher sind die BGF-Werte der Serviced Appartement-Flächen. Die vom / von der Entwurfsverfasser/-in ausgewiesenen Kosten sind als zu gering einzustufen.
Insbesondere die aufwändige Fassadenkonstruktion sowie die beschriebenen Ausbaustandards sorgen für eine höhere Einstufung des Kostenbenchmarks der oberirdischen Flächen und die wirtschaftliche Bewertung liegt über dem Mittelwert aller Teilnehmer.

Fassadengestaltung
Die Besonderheit des Projektes liegt in der Fassadengestaltung aus plastisch gefalteten Fassadenelementen der Architekturbeton-Lisenen und der verglasten Doppelfassade mit 2-geschossiger Optik sowie der Akzentuierung der großzügig verglasten 2-geschossigen Sockelzone. Der Hochhausturm erfährt durch die 2-geschossige Optik der Architektur-Lisenen und die Verjüngung der Lisenen von unten nach oben eine elegante vertikale Betonung. Eine weitere Besonderheit ist, dass durch die Schichtung der Nutzungen übereinander (unten Serviced Appartements, ab 5.OG Büronutzung) eine einheitliche Fassadenausbildung für das Gesamtgebäude formuliert wird. Die Fassadengestaltung erfährt durch die Skulpturalität ein Alleinstellungsmerkmal und städtebauliche Setzung.

Die Doppelfassade wird aus 2-achsigen Fassadenelementen gebildet, welche in jeder Achse raumseitig einen bodentiefen Reinigungsflügel zur Wartung und Reinigung des Fassadenzwischenraums erhält. Weiterhin wird in jeder 2.Achse, versteckt hinter der Architekturbeton-Lisenenbekleidungen eine Lüftungsklappe zur Komfortlüftung angeboten. Die Sonnenschutzanlagen werden als hochhaustaugliche Raffstoren ausgebildet und erfüllen durch ihre wind- und wettergeschützte Lage im Fassadenzwischenraum hinter der Prallscheibe die Anforderungen an die Windstabilität mit einer sehr guten Verfügbarkeit. Die Flexibilitätsanforderungen werden für die Bürofassade vollumfänglich erfüllt, in jeder Fassadenachse von 1,35 m besteht die Möglichkeit eine Trennwand anzuschließen, so dass verschiedenste Büroformen möglich sind.

Der raumseitige Glasflächenanteil der Bürofassade liegt im Vergleich mit den weiteren Teilnehmern mit ca. 54 bzw. 63% im höheren Bereich, mit positiver Auswirkung auf den Tageslichteintrag und Außenraumbezug. Die Ausbildung der Fassade als Doppelfassade weist neben dem Aspekt der witterungsgeschützten Einbaulage des Sonnenschutzes einen weiteren Pluspunkt bzgl. des Schallschutzes gegen Außenlärm auf, insbesondere im Hinblick auf die erhöhten Anforderungen der Serviced Appartements. Die Notwendigkeit der Ausbildung einer Doppelfassade wäre diesbezüglich sowie im Hinblick auf die gläserne Anmutung zu untersuchen.

Die Fassaden-Investkosten liegen aufgrund der Ausbildung als Doppelfassade mit Prallscheibe und zusätzlichen Reinigungsflügeln sowie der skulpturalen Ausformulierung der Lisenen-Bekleidung im höheren Preissegment und liegen somit sehr deutlich über der Kostenbenchmark. Aus der Ausbildung als Doppelfassade ergeben sich zusätzliche Aufwendungen für die Reinigung und Pflege der Fassade, da zusätzliche Glasoberflächen gereinigt werden müssen, was zu erhöhten Betriebskosten führen wird und die Ausbildung einer Befahranlage auf dem Dach zur Reinigung und Wartung der Fassade erforderlich macht.