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Einladungswettbewerb | 12/2023

Neubebauung Bahnhofsplatz in Nürnberg

ein 4. Preis

Preisgeld: 11.000 EUR

O&O Baukunst

Architektur

hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz GmbH

Brandschutzplanung

HTW Hetzel, Tor-Westen und Partner Ingenieurgesellschaft mbH & Co. KG

TGA-Fachplanung

RSP Remmel+Sattler Ingenieurgesellschaft mbH

Tragwerksplanung

Monath und Menzel

Modellbau

Indievisual AG

Visualisierung

Erläuterungstext

Neubebauung Bahnhofsplatz 2, Nürnberg

Städtebau
Mit den Neubauten am Bahnhofsplatz erhält der Nürnberger Hauptbahnhof eine neue städtebauliche und architektonische Fassung. Im Gegenüber formulieren die beiden Hochpunkte westlich und östlich zusammen mit der lang gestreckten Figur des Bahnhofgebäudes einen einprägsamen, weit offenen Eingangsraum in die Stadt.

Architektonisches Konzept
Die Neubebauung auf der Westseite entsteht als ein parzelliertes bauliches Ensemble aus zwei autonomen Bausteinen mit unterschiedlichen Nutzungen und eigenen Adressen.

Der achtgeschossige Hotelbau mit 80 Serviced Apartments führt die Bebauung am Frauentorgraben mit zweifach gestaffeltem Rücksprung oberhalb der Traufkante fort und orientiert sich dabei mit klassisch steinerner Lochfassade an der vorgefundenen Typologie. Nach Süden und Westen hin bildet der im Grundriss L- förmige leicht gestaffelte Bau unter Einhaltung aller Abstandsflächen einen ruhigen Gartenhof mit hoher Aufenthaltsqualität.

Hoch und schlank adressiert sich der 13-geschossige Büroturm an seiner Breitseite mit zweigeschossiger Kolonnade zum Bahnhof. Am Frauentorgraben zeigt er sich an der Schmalseite eigenständig und figurativ ausgearbeitet mit präzisem Anschluss an die Traufkante und die Staffelgeschosse des Hotelbaus. Die Terrassierungen auf drei Ebenen erzeugen hier Freiräume mit weitem Blick über die Nürnberger Altstadt in Form von schmalen Austritten und einer gut nutzbaren Dachterrasse.

Fassaden und Materialisierung
Die Materialisierung der zwei unterschiedlichen Fassaden erfolgt in Analogie zur umgebenden Bebauung aus regionalem Naturstein. Die flächige Fassade des Hotels erhält eine Bekleidung aus einem rötlich-grauen fränkischen Muschelkalk (Kirchheimer oder Krensheimer Muschelkalk); die strukturierte, in Stützen und Bänder gegliederte Fassade des Büroturmes entsteht aus einem gräulich-beigen Muschelkalk (Crailshaimer Muschelkalk), ebenfalls aus der Region.

Die Fassade des Büroturms gliedert sich nach Westen in Sockel, Schaft und Abschluss. Trauf- und Firstlinien aus dem Frauentorgraben werden durch die Figur in der Nordfassade baukörperlich übersetzt. Oberhalb des zweigeschossigen gegliederten Sockels und der Kolonnade wird die Fassade des Turms im gleichmäßigen Hauptachsmaß von 2,70m mit Anschlussmöglichkeit an Massivstützen und die Fensterfassade alle 1,35 ausgebildet. Eine gestalterische Akzentuierung der Ecken durch Doppelstützen erfolgt vor dem Hintergrund der allseitig plastischen Wirkung der Gesamtfigur im Stadtraum und mit dem Ziel der optischen Verschlankung der Breitseiten.

Die Fassade wird aufgrund der engen Kostenvorgaben und des Schallschutzes als konventionelle Lochfassade mit einem hohen Grad an Vorfertigung ausgeführt. Die Fensterkonstruktionen werden zudem im Hinblick auf die angestrebte Zertifizierung in DGNB Gold als Holz-Alukonstruktionen mit außen liegendem Sonnenschutz konzipiert. Jeder zweite Fensterflügel wird für den Nutzer öffenbar mit Glasbrüstung ausgebildet. Neben dem Vorteil einer Komfortlüftung wird hiermit auch die Reinigung und die Revisionierbarkeit der Fassade von Innen sichergestellt. Der Verglasungsanteil der Fensterfassade, bezogen auf den Innenraum liegt bei 62%.

Brandschutz
Das betrachtete Gebäude besteht aus dem Büroteil als Hochhaus < 60 m nach der Hochhausrichtlinie HHR und dem Hotelteil als Beherbergungsstätte nach der BayBO i. V. m. BStättV. Die Gebäudeteile werden durch Brandwände als Gebäudeabschlusswände voneinander getrennt, um eine Realteilung umsetzen zu können.

Beide Gebäudeteile sind mit jeweils einem innenliegenden Sicherheitstreppenraum ausgestattet, die zulässige Rettungsweglänge bis zum Vorraum wird eingehalten. Davon ausgehend sind die Zimmer des Hotels über notwendige Flure erschlossen. Die Büroflächen im Hochhaus binden als zulässige Erleichterung der HHR aufgrund der dort geplanten Sprinkleranlage direkt an die Vorräume an. Der Feuerwehraufzug im Hochhaus schließt an dieselben Vorräume an.

In beiden Gebäudeteilen wird eine automatische Brandmeldeanlage gemäß bauordnungsrechtlichen Anforderungen vorgesehen. Die Garage in den Untergeschossen wird gesprinklert.

Konstruktionsbeschreibung Tragwerk
Zielsetzung des Tragwerkskonzeptes ist die Wirtschaftlichkeit in der Errichtung bei gleichzeitig hoher Flexibilität in der Nutzung sowie niedrigen grauen Emissionen. Dies gelingt durch die Planung eines Tragwerks mit hoher Regelmäßigkeit, die konsequente Durchführung der maßgeblichen vertikalen Tragglieder bis zur Gründung und die Wahl von Deckenspannweiten, welche einen idealen Kompromiss zwischen Nutzungsflexibilität und Materialeffizienz darstellen.
Die Tragkonstruktion des Bürohochhauses besteht aus einem aussteifenden Stahlbetonkern, Randstützen im Raster von 2,7 m, Innenstützen im Abstand von 5,4 m bzw. 8,1 m sowie Flachdecken mit Spannweiten um 6 m. Zwischen Innen- und Randstützen lässt sich die Flachdecke optional durch eine Rippendecke ersetzen, was hier etwa 50% des Betonvolumens einsparen und somit das Eigengewicht und den CO2-Fußabdruck signifikant reduzieren würde. Da die Rippendecke mit identischer Konstruktionshöhe ausgeführt werden kann, führt diese Option weder zu einer Verringerung der lichten Raumhöhe noch zu einer Einschränkung für die Installation der Gebäudetechnik. Aufgrund des gleichmäßigen Bauteilrasters ist eine effiziente Vorfertigung der Rippendecke mit hohem Wiederholungsgrad und damit ein schneller Baufortschritt vor Ort möglich.
Im Bereich der nordseitigen Staffelung der Hochhausgeometrie werden die maßgeblichen Randstützen ohne Versatz vertikal weitergeführt, sodass keine aufwendigen Abfangmaßnahmen notwendig werden. Gleiches gilt für die in Richtung Bahnhofsplatz orientierten Randstützen; die Aufweitung des Stützenrasters von 2,7 m in den oberen Geschossen auf 5,4 m im Bereich des Arkadengangs wird allein durch die geschossweise angeordneten Randunterzüge ermöglicht.
Im Hotelgebäude sind die lastabtragenden Bauteile der oberen Regelgeschosse optimal auf die Nutzung in den unteren Geschossen abgestimmt. In den Regelgeschossen werden die südliche Flurwand des straßenseitigen Flügels sowie die mittlere Zimmertrennwand des hochhausseitigen Flügels tragend ausgebildet. Gemeinsam mit den Kern- und Außenwänden bilden diese die Auflager für eine Flachdecke. Am Übergang zu den Untergeschossen werden die tragenden Innenwände strukturell aufgelöst, indem sich diese auf Stützen sowie den Kern- und Außenwänden absetzen; zusätzliche Bauteile zur Abfangung sind nicht erforderlich.
Bei allen tragenden Bauteilen kann ein Beton mit zementreduzierter Rezeptur verwendet werden, wodurch der CO2-Fußabdruck gegenüber konventionellem Beton bei gleichem Volumen um etwa 30 % verringert werden kann.

Energiekonzept
Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen
Im Sinne des Gedankens „Schwammstadt“ wird das Regenwasser in Retentionsflächen auf den Dächern zurückgehalten. Das überschüssige Regenwasser kann unterirdisch zwischengespeichert werden. Das gespeicherte Regenwasser kann dann als Betriebswasser während der Vegetationsperiode zur Bewässerung der Grünanlagen genutzt werden.

Wärme- und Kälteversorgung
Die Wärmeversorgung wird über eine Kombination aus Fernwärmeanschluss und Geothermie mit einer Wasser-/Wasser-Wärmepumpe sicherstellt. Die Kälteversorgung erfolgt mit einer Kompressionskältemaschine für die Spitzenlastabdeckung und ebenfalls über die Geothermie mit der Wasser-/Wasser Wärmepumpe. Im Winter wird mit der Erdwärme geheizt und im Sommer kehrt sich der Prozess um und das Temperaturniveau des Erdreichs wird somit regeneriert.

Über Solar-Luftabsorber (Solar-Hydridkollektoren), die unter den Photovoltaikmodulen auf dem Dach verortet sind, wird zusätzlich Wärme aus der Umgebungsluft und der Sonneneinstrahlung bereitgestellt. Diese dient ganzjährig der Vorerwärmung der zentralen Trinkwarmwasserbereitung.

Die Klimatisierung der Büroflächen (Beheizung und Kühlung) erfolgt über Heiz-Kühlsegel, die flächendeckend verortet werden.

Die Hotelzimmer werden zur Beheizung und Kühlung raumweise im Zugangsbereich mit Gebläsekonvektoren ausgestattet.

Raumlufttechnische Anlagen
Die Bürobereiche sowie die Hotelzimmer werden flächendeckend mit einem hygienischen Mindestluftvolumenstrom mechanisch be- und entlüftet. Die Luft für diese Bereiche wird gefiltert, im Winter erwärmt und befeuchtet, im Sommer gekühlt, entfeuchtet und über ein Kanalnetz den Räumen zugeführt. Die Lufteinbringung erfolgt in den Büroflächen über die Heiz-Kühlsegel und in den Hotelzimmern über Gebläsekonvektoren.

Die Besprechungsräume werden mit einer zusätzlichen Luftvolumenstromregelung ausgestattet, so dass eine Intensivlüftung bei Vollbelegung dieser Räume möglich wird. Sämtliche mechanische Lüftungsanlagen werden mit hocheffizienten Wärmerückgewinnungssystemen versehen, um den Primärenergieverbrauch und damit verbunden, den CO2-Footprint zu senken. Die Lüftungsanlagen werden über die ÖKO-Designrichtlinie hinausgehend mit niedrigen Luftgeschwindigkeiten in den Kanalnetzen und Zentralgeräten ausgelegt, um den für die Luftförderung benötigten Strom zu minimieren.

Starkstromanlagen
Auf den Dachflächen über den Solar-Luftabsorbern (Solar-Hydridkollektoren) werden Photovoltaikmodule für die Eigenstromversorgung verortet. Der gewonnene Strom kann ganzjährig für Beleuchtungszwecke, den Bürobetrieb und für E-Mobilität genutzt werden. Die Stromversorgung der Büroarbeitsplätze ist über den Hohlraumboden mit Bodentanks geplant. Die Beleuchtung der Arbeitsplätze soll über Stehleuchten mit Präsenzmeldern und Tageslichtsensoren erfolgen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ein 13-geschossiges Hochhaus und ein 8-geschossiger Verbindungsbau – so einfach und konsequent lässt sich das geforderte Programm städtebaulich darstellen. Vorgeschlagen werden unaufgeregte und klare Stadtbausteine, die nicht versuchen, dem Hauptbahnhof, dem zentralen öffentlichen Gebäude am Platz, die Show zu stehlen, nicht mit ihm in Konkurrenz treten. Die Gebäudeflucht am Frauentorgraben wird verlängert und im stumpfen Winkel um die Ecke geführt, fertig. Zwei Nutzungen, zwei Häuser. Das Appartementhaus greift die Wandhöhe des westlich angrenzenden Bestandsgebäudes auf, ein leicht zurückgesetztes Staffelgeschoss, fertig.
Der Zugang zum Hochhaus in der Gebäudeeck wird zweigeschossig überhöht – ein klassisches Motiv. Der Eingangsbereich präsentiert sich für ein Hochhaus in zentraler Lage mit einem vielleicht etwas knappen Raumangebot, hier würde man sich etwas mehr Großzügigkeit und innenräumliche Qualität wünschen. Der Anschluss der Außenfassade an den vorhandenen U-Bahnabgang ist nicht gelöst. Ein zentraler Küchenbereich im Erdgeschoss wäre in der Lage, die beiden Gebäudeteile zu versorgen, was sicher ein guter Gedanke ist. Ein kleiner Innenhof vermag für ein wenig Licht und Luft zu sorgen. In den aufgehenden Geschossen sind die Gebäude und die Nutzungen klar getrennt.
Die Obergeschosse des Hochhauses folgen einem klassischen Bürohausprinzip mit zentralem Kern. Die Chance eines einzigartigen Blicks auf die Altstadt und das gesamte Stadtgebiet wird kaum genutzt, auch im obersten Geschoss sind die Büroräume standardmäßig an der Außenwand aneinandergereiht. Die oberen Geschosse des Apartmenthauses mögen grundsätzlich funktionieren, die Doppelung des Treppenhauses ist zumindest gewöhnungsbedürftig. Die zweigeschossige Tiefgarage mit Autoaufzug ins zweite UG mag nach etwas Überarbeitung funktionieren, unattraktiv jedoch ist die abseitige Lage der Fahrradstellplätze.
Ähnlich schlicht wie der Städtebau wirken die Fassaden, insbesondere die des Hochhauses. Hier droht die Einfachheit im positiven Sinn zur Banalität zu kippen, zumindest ist der Grad ein schmaler. Auch wenn aus denkmalpflegerischer Sicht wohl mit der Gestaltung des Hochpunktes mitgegangen werden kann, eine etwas klarere Schichtung, etwas mehr Varianz, eine stärkere Herausarbeitung der Sockelzone wären wünschenswert. Die Anmutung des Verbindungsbaus mit seinen Fensterläden wirkt im städtischen Kontext fremd, die Erdgeschosszone scheint im Fußweg zu versinken. Insgesamt fehlt den Erdgeschosszonen ein Bezug zum Kontext.
Insgesamt ist dies ein Entwurf, der durch seine klare städtebauliche Haltung überzeugt, jedoch in Grundriss und Fassadengestaltung hinter seinen Möglichkeiten bleibt.

Wirtschaftlichkeit / Kosten
Die Flächenkennwerte liegen im vorgegebenen Soll- bzw. Mittelwertbereich. Der Entwurf erreicht eine überdurchschnittliche BGF für den Bürobereich. Die klaren Geometrien und durchgängige wirtschaftliche Fassadenkonstruktion lassen eine mittlere wirtschaftliche Bewertung zu. Die Kostenbenchmarks des Entwurfsverfassers liegen realistisch geringfügig über den Sollwerten.

Fassadengestaltung
Die Fassadengestaltung wird als Kombination aus Tradition und Moderne ausformuliert. Die Bürofassade wird als Lochfassade steinern, plastisch aus hellbeigen Glasfaserbetonplatten in Kombination mit den zurücktretenden gedeckt grünen Fenster- und Sturzbekleidungen sowie grünen Aluminiumfensterprofilen, dem grünen Raffstore- Sonnenschutzanlagen und den grünen Stabgeländerkonstruktionen ausgebildet.
Die Fassadengestaltung differenziert sich zwischen der eher geschlossen wirkenden Service Wohnen-Fassade als Putzfassade mit Lochfensterelementen und den grünlich beschichteten Schiebeläden als Sonnenschutz und der steinern, plastischen Büro-Lochfassade, welche geprägt ist durch ihre 3-achsige Ausbildung. Die horizontal verfahrbaren Schiebeläden-Anlagen stellen ein seltenes aber ohne Zweifel auch sehr schönes und für den Ort ungewöhnliches Gestaltungselement dar, was in Bezug auf dessen Handhabung in gewerblicher Wohnnutzung ungewöhnlich, aber interessant ist. Die Gebäudegliederung mit der Eigenständigkeit der Nutzungen spiegelt sich somit in der Fassadengestaltung wider.
Neben dem Alleinstellungsmerkmal der beschriebenen Fassadengestaltung als Kombination aus Tradition und Moderne punktet der Fassadenentwurf außerdem durch die technische Ausformulierung in Bezug auf die geforderten Flexibilitätsanforderungen, was bedeutet, dass in jeder Büroachse Trennwandstellungen an der Fassade und somit verschiedenste Büroformen möglich sind. Weiterhin wird durch einen moderaten raumseitigen Glasflächenanteil der Bürofassade von ca. 54% ein guter Mittelwert aus Tageslichteintrag und solarer Einträge erzielt. Im Bereich der Serviced Appartements ist der raumseitige Glasflächenanteil geringer gewählt, bei ca. 42%, was eine gute Ausgewogenheit zwischen Privatsphäre, Außenraumbezug und Lärmschutz widerspiegelt.
Die Fassaden-Investkosten sind vergleichsweise geringer zu bewerten und liegen insbesondere für die Serviced Appartement-Fassade aufgrund des größeren opaken Fassadenanteils als Putzfassade innerhalb der Referenzkosten. Jedoch ist die Materialität der Serviced Apartement-Fassade als WDVS hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit, Betriebskosten/Pflege (Verschmutzung, regelmäßiges Streichen) negativ zu bewerten. Es werden durch den Entwurfsverfasser keine Angaben zur Reinigung und Wartung der Fassade getroffen, jedoch wird aufgrund der Fassadenausbildung voraussichtlich eine Befahranlage auf der Dachfläche erforderlich.
Detail

Detail

Axonometrie

Axonometrie

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss Regelgeschoss Turm

Grundriss Regelgeschoss Turm

Lageplan

Lageplan