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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2024

Neugestaltung der Von-Galen-Grundschule in Gescher

Lageplan

Lageplan

3. Preis

Preisgeld: 27.000 EUR

BOLLES+WILSON

Architektur

wbp Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

ERLÄUTERUNGEN

Städtebau und Freiraum 
Leitidee des Entwurfes ist eine wirtschaftliche und nachhaltige Konzeption unter Berücksichtigung des historischen Bestands im Sinne einer neuen, modernen Grundschule in Gescher.
Die historische Substanz wird mit Respekt behandelt – ehemalige Schüler*innen identifizieren sich auch in Zukunft mit der Schule, was aber nicht auf Kosten der neuen Schüler*innen und ihrer Schulerfahrung geht. Die von den Straßen sichtbaren Fassaden werden erhalten, instandgesetzt und durch den neuen Baukörper miteinander verknüpft. Der zentrale keilförmigen Baukörper als neues „Herzstück“ macht nicht nur Mensa und Aula von der Straße aus sichtbar, sondern verleiht der Von-Galen-Schule ein eigenes Gesicht an der Von-Galen-Straße. Der Neubau ermöglicht sowohl die barrierefreie Erschließung aller Räume, als auch die Zonierung der Außenanlagen: im Norden gibt es einen großen Spielhof zum Toben und spielerischen Lernen, im Südwesten einen ruhigeren Bereich zum naturnahen Lernen und im Südosten einen grünen Eingangshof.

Gestalt 
Die beiden Grundkörper der historischen Schule stellen die Grundlage für den neuen Verbindungsbau.
Die historischen Gebäude werden der heutigen Nutzung angepasst und in Teilen erweitert. Die Ausrichtung beider Grundkörper werden im neuen Mittelpunkt - dem Foyer - zusammengeführt. Abweichende Winkel werden hier vereint und ergeben einen besonderen Raum zum Treffen und Lernen, während Nutzräume wie Klassen funktionell geplant sind.

Räumliche Organisation und Gestaltung 
Das Ankommen der Schüler*innen bleibt unverändert: zu Fuß, per Bus (Frieterhofstraße), Kiss and Ride (von Galen-Straße) oder mit dem Rad. Vom Norden und Osten gelangen Schüler*innen über den barrierefreien Eingang in die Schule, von Süden kommend können sie über den barrierefreien Haupteingang in das Gebäude gelangen. Hier befindet sich auch die Ver- und Entsorgungszone der Mensa (erdgeschossig), die außerhalb der Stoßzeiten angefahren werden kann.
Das Foyer als zentraler Knotenpunkt verbindet alle Klassen vertikal und horizontal miteinander. Der Hausmeister behält zentral angeordnet die Übersicht.
Das Absenken des Erdgeschosses um 60 cm im Vergleich zu den Bestandsgebäuden erhöht die Geschosshöhe der Mensa und stellt über zwei Rampen die barrierefreie Zugänglichkeit im Erdgeschoss sicher. Im Foyer ist Platz zum Austausch. Die Mehrzweckräume sind direkt angebunden und von allen Nutzer*innen auf kurzem Weg erreichbar. Die WC-Anlagen befinden sich am Kopf der Klassenflügel, um bei größeren Veranstaltungen gut über das Foyer erreichbar zu sein.
Vom Foyer aus gelangt man in den West- oder Ostflügel, die die Klassen beheimaten. Die Flure werden durch Lern- und Differenzierungsflächen begleitet. Durch die optionale Öffnung der Differenzierungsräume in den Flur bilden sich weitere Lernlandschaften für die Schüler*innen. Sämtliche Räume haben durch die Ausblicke einen angenehmen Bezug zur umgebenden Natur. Vom neuen keilförmigen Baukörper, dem Foyer, erreicht man auch das grüne Klassenzimmer im naturnahen Bereich.
Die Ganztagsräume sowie der Verwaltungstrakt bieten neben der ruhigen Lage einen guten Überblick über den grünen Eingangshof. Beim bestehenden Osteingang am Lookamp befinden sich Stellplätze für Hausmeister, Lehrkräfte und Verwaltung. Auch in Materialität und Gliederung passt sich der Neubau dem Bestand an, die Verblender Farbe passt sich an, durch die dunklere Verfugung und die Formensprache lässt sich die Historie der einzelnen Gebäude auch in Zukunft klar ablesen. Das Pultdach des Neubaus verhält sich gegenläufig zu den Satteldächern des Bestands. So entsteht eine Dachlandschaft, die den Eingang weiter betont und zudem eine großzügige Raumhöhe in der Aula ermöglicht.
Freianlagen 
Das Konzept profitiert von der Lage zwischen der Grünfläche im Süden und dem Wäldchen im Norden. Dazwischen spannt sich rund um die neue Schule ein differenzierter Freiraum auf: der eher urbane, mit einem Baumdach überstellte, zum Haupteingang führende Hof im Südosten, der Freibereiche vor der Mensa schafft, der naturnahe Hof im Südwesten mit Grünem Klassenzimmer und Biotop und der offene, zur körperlichen Aktivität einladende Schulhof.
Die so entstehende Struktur berücksichtigt die unterschiedlichen Nutzungsansprüche: Während der naturnahe Hof als alternatives Klassenzimmer genutzt werden kann, ist der Eingangshof eher für ruhige Pausen und Mittagessen und der nördliche Hof für die bewegungsintensiven Pausen, für freies Spielen vorgesehen. Das direkt angrenzende Wäldchen wird einbezogen. Eine Zwischenzone mit Sitzmöglichkeiten, aber auch einigen Spiel- und Sportangeboten verknüpft die beiden Bereiche. Die bestehenden Spiel- und Klettergeräte, die durch den Neubau umgesetzt werden müssen, finden einen neuen Ort im Spielwald im Norden. Der große Hof im Norden erhält mittig einen ruhigen Punkt aus einem Solitärbaum, Bänken und Gräsermulden zum Aufenthalt, aber auch mit Flächen für die Versickerung von Oberflächenwasser.
Rad- und Tretrollerabstellplätze werden entsprechend dem Erschließungskonzept, das die Schule aus mehreren Richtungen erreichbar werden lässt, dezentral angeordnet.
Die barrierefreie Erreichbarkeit der Schule wird trotz dem Erhalt und Weiterbau der über dem Schulhofniveau liegenden Gebäude garantiert. Im Weiteren wird das Gelände so profiliert, dass die Außenflächen direkt barrierefrei anschließen. So kann mit minimalen technischem Aufwand Barrierefreiheit erreicht werden.
Für die Beläge werden helle Materialien verwendet, die neuen Bäume werden mit Baumrigolen versehen, damit das Oberflächenwasser genutzt werden kann. Die Mulde im Süden wird das übrige Regenwasser rückhalten und gleichzeitig einen klimatisch wirksamen grünen Ort bilden.


NACHHALTIGKEIT

Materialität und Ressourcen 
Der neue Baukörper wird als Holz-Hybrid-Konstruktion errichtet. Durch die leichte Sekundärstruktur können Deckendicken minimiert werden. Innenausbauten werden mittels Holzfaserplatten auf Unterkonstruktionen als Holzständerbauwand hergestellt. Die Bestandsfassaden werden saniert und bleiben optisch erhalten, neue Fassaden werden in Anlehnung an den Bestand aus Klinker hergestellt. Die Farbigkeit ist gleich, durch unterschiedlich farbige Fugung kann der Bestand vom Neubau unterschieden werden. Es wird auf den Einsatz lokaler Baumaterialien zur Vermeidung von Emissionen durch Transport geachtet.
Das Dach ist als hochgedämmtes Schrägdach mit Begrünung über BSH-Decken ausgeführt. Dachflächen sind als potenzielle Standorte für PV-Anlagen ausgewiesen, die in Kombination mit Gründächern eine höhere Effizienz aufweisen. Ziel ist ein gutmütiges Gebäude, dass sich mit weitestgehend reduzierter Technik möglichst selbst reguliert und Fehler der Nutzer verzeiht. Kühlung und Heizung erfolgt über Deckensegel. Die sichtbaren Elemente unter den Holzdecken vermitteln schon früh ein Gefühl für Nachhaltigkeit und Technik. Nachrüstung und Wartung ist somit im Handumdrehen erledigt! Die befestigten Flächen im Außenraum werden auf das notwendige Maß reduziert. Stattdessen lassen helle, überwiegend wasserdurchlässige Materialien sowie schattenspendende Bäume einen klimatisch wirksamen und in heißen Sommertagen kühlen Freiraum entstehen. Das Regenwasser wird im naturnahen Lernbereich in einer Mulde zurückgehalten, Überschuss wird zur Versickerung gebracht.

Funktionalität und Wirtschaftlichkeit 
Schon in der frühen Entwurfsphase wird der Bestand analysiert und durch fehlende Puzzlestücke komplettiert. Bestehende Ressourcen werden genutzt und durch neue Technologien ergänzt und auf Stand gebracht.
Die bestehenden Haupttreppenhäuser werden durch drei Fluchtwege ergänzt, um alle Bereiche mit zwei baulichen Rettungswegen auszustatten. Da das Nebengebäude erst kürzlich saniert wurde, wird nun dem Hauptgebäude besondere Aufmerksamkeit gewidmet: Die Decke über dem 1. Obergeschoss sowie die Decke über dem Keller werden gedämmt, Fenster werden ausgetauscht und Wände bedarfsweise gedämmt. Kellerräume und Dachstuhl dienen als Lagerflächen und bleiben wie im bereits sanierten Nebengebäude unbeheizt. Große Heizflächen ermöglichen den Einsatz niedriger Vorlauftemperaturen. Die Wahl des Energieträgers ist flexibel, es kann beispielsweise auf Wärmepumpen gesetzt werden. Auf diese Weise werden Baukosten minimiert, die Nutzung der bestehenden Bausubstanz unterstreicht darüber hinaus die Wertschätzung für das Vorhandene. Die Erweiterung der bestehenden Baukörper stellt schon jetzt die Weichen für eine gegebenenfalls zukünftige Zweit- und Drittverwertung. In allen Räumen wird Tageslichtnutzung priorisiert, so unterstützt etwa variabler außenliegender Sonnenschutz den sommerlichen Wärmeschutz. Durch tageslicht- und präsenzabhängige Regelung der Beleuchtung und der Nutzung von LED-Leuchten wird der Energiebedarf der Beleuchtung und die daraus resultierende Abwärme wirksam reduziert. Die intelligente Kombination der Bestandserhaltung in Kombination mit neuen, angemessenen Technologien halten Instandhaltungs- und Lebenszykluskosten gering.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen eine städtebauliche Figur vor, bei der die Bestandsgebäude durch Neubauten zu einer durchgängigen, zusammenhängenden Gebäudeensemble verbunden werden. Diese sind geschickt und proportional richtig gefügt. Es entstehen drei hofähnliche Außenbereiche, deren Verknüpfung untereinander, vor allem zum nördlichen Bereich des Grundstücks, als zu gering empfunden werden.

Dem in den Empfehlungen zur 2. Runde geäußerten Aspekt, dass der Zugang und die Eingangssituation klarer herausgearbeitet werden sollen, wird durch ein Schnorchel-ähnlichem Bauteil entsprochen, der als nicht gelungen bewertet wird. Die Flurflächen sind gegenüber dem ersten Konzept aufgeweitet worden und bieten nun Flächen für Lernräume mit differierenden Raumatmosphären, deren Nutzbarkeit kontrovers diskutiert wird. Die Verhältnismäßigkeit der langen Wege wird im Preisgericht unterschiedlich diskutiert. Die Qualität der Fassaden erscheint nach wie vor überarbeitungsfähig, allerdings erscheint der Vorschlag der Verwendung von rotem Klinker für den Ort angemessen.

Die vorgeschlagene Baukörperfigur vermittelt eine gewisse Leichtigkeit und Lockerheit, die einer Grundschule gut zu Gesicht steht und sich gut in den städtebaulichen Kontext einfügt. Es entstehen gut bis sehr gut belichtete Räume, die durch ihre Unterschiedlichkeit ein interessantes Raumerlebnis bei der Durchwegung des Gebäudes erwarten lassen. Ebenso werden abwechselnde Ausblicke und Sichtverbindungen in die Außenräume angeboten. Diese sind allerdings gerade im Bereich des Foyers und der Mensa nicht stark genug herausgearbeitet, um die Übergänge zu den Außenräumen in einem stärkeren Maße anzubieten. In diesem Zusammenhang können auch die Abstandsgrünstreifen, direkt an den Gebäuden anliegend, nicht überzeugen. Ebenso ist kritisch zu vermerken, dass dem OGSBereich zu wenig direkt bespielbare Außenbereiche zugeordnet sind.

Die Großzügigkeit und Weitläufigkeit der Verkehrsflächen führen zu weiten Wegen, andererseits bieten sie auch eine Vielzahl an Nutzungsmöglichkeiten und Bespielbarkeiten, die als Begegnungsräume entwickelt werden können. Die Qualität dieser Zonen wird allerdings im Preisgericht unterschiedlich diskutiert. Die Auffindbarkeit des Bereichs der Schulverwaltung relativ weit weg vom Eingang stößt nicht auf Gegenliebe. Eine Umsetzung in einer Holz-Hybrid-Konstruktion wird begrüßt. Es wird bemängelt, dass diese Konstruktionsart in den Grundrissen nicht ablesbar ist und eine konstruktiven Sinnfälligkeit nicht durchgängig gegeben ist.

Das vorgeschlagene Konzept führt zu einem großen Flächenbedarf und dadurch zu einer eher mäßigen Wirtschaftlichkeit.

Der Entwurf zeigt unterschiedliche Aspekte einer nachhaltigen Planung. Ökologisch wertvoll ist der Umgang mit dem Bestand, die robuste und wartungsarme Struktur der ergänzenden Gebäudeteile sowie ein Technikkonzept, das sich durch einfache und effiziente Lösungen (natürliche Lüftung, HeizKühldecken mit niedrigen Vorlauftemperaturen) sowie den Einsatz regenerativer Energien auszeichnet. Die Gliederung der Baukörper führt zu einer weitläufigen Anlage, eine effiziente und flexible Flächennutzung ist daher nur bedingt gegeben.

Insgesamt ein erfrischendes Entwurfskonzept, das trotz einzelner Mängel als entwicklungsfähiger Lösungsansatz bewertet werden kann.

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss 1. OG

Grundriss 1. OG

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht West

Ansicht West

Schnitt

Schnitt

Skizze Eingangssituation

Skizze Eingangssituation

Skizze Innenraum

Skizze Innenraum