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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2024

Umbau und Erweiterung Bildungscampus Weiherbach in Aichtal

Visualisierung

Visualisierung

2. Preis

Preisgeld: 45.000 EUR

&MICA GmbH

Architektur

wbp Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Unsere Leitidee: Herzlich willkommen auf dem neuen Bildungscampus!
Aus der bestehenden Weiherbachgrundschule in Aichtal-Grötzingen wird ein lebendiger und zukunftsweisender Bildungscampus. Umbauten, Anbauten und ein Neubau lassen das neue Ensemble zu einem zentralen Ort des aktiven Stadtlebens für alle Generationen werden, an dem Bildung, Kultur und Gemeinschaft Hand in Hand gehen. Um alle Funktionen des neuen Bildungscampus gut strukturiert und sinnfällig auf dem Areal verteilen zu können und gleichzeitig ein einladendes Entree für den Campus von der Schulstraße zu schaffen, setzt unser Entwurf auf den Neubau eines ausgesprochen kompakten Baukörpers, der in zwei miteinander verschränkten Bauteilen Platz für eine modern gestaltete Kita bietet und gleichzeitig mit Aula, Stadtbücherei und Vereinsräumen viel Platz für öffentliche Gemeinschafträume schafft. Dabei ermöglicht die Kompaktheit des neuen Gebäudes nicht nur eine maximale Freifläche zum Spielen. Sie zeichnet sich auch durch eine optimalen Flächeneffizienz in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Ressourcenverbrauch bei gleichermaßen hoher Innenraumqualität aus. Zusammen mit moderaten Eingriffen in die Architektur der Grundschule, einem Erweiterungsbau zwischen Grundschule und Verbindungsbau und dem Anbau an die Schulkindbetreuung entsteht so ein lebendiges Zentrum des Lernens und der Gemeinschaft, das mit kurzen Wegen zwischen den einzelnen Gebäuden vielfältige Synergien zwischen den Funktionen erlaubt.

Die Grundschule (Umbau: Bauteil A und B): So viel wie nötig und so wenig wie möglich
Das denkmalgeschützte Schulgebäude aus den 1920er-Jahren (Bauteil A) prägt gemeinsam mit seinen beiden „Torbauten“ das Entree des Bildungscampus. Alle Eingriffe in die Bausubstanz sind daher bewusst subtil gehalten und auch die baulichen-konstruktiven Ertüchtigungen fallen moderat aus: Ein Retentionsdach, eine neue Wärmedämmung und 3-fach-verglaste Holzfenster ertüchtigen den Schulbau klimatisch. Im Innern entstehen durch den Umbau helle, freundliche und auf die Bedürfnisse der Schüler:innen zugeschnittene Räumlichkeiten. Um das zu erreichen, basiert unser Entwurf auf zwei funktionalen Grundentscheidungen: Um ideale (Lern-)Bedingungen zu schaffen, ist die Positionierung der Klassenräume und die sinnfällige barrierefreie Erschließung aller Etagen von zentraler Bedeutung. Zudem werden alle Bereiche in einen zusammenhängenden Ring um den etwas aufgeweiteten Hof herum angebunden. Diese strukturierte Anordnung ermöglicht eine effiziente Nutzung des Raumangebots und schafft gleichzeitig eine klare und leicht verständliche Gebäudestruktur. Um moderne Arbeits- und Unterrichtsformen zu unterstützen, werden Clusterbereiche und Lerninseln geschaffen, die eine dynamische Lernumgebung fördern. Besonderes Augenmerk wurde zudem auf die natürliche Belichtung gelegt, indem Gänge zum Fenster hin geöffnet wurden, sodass deutlich mehr Tageslicht in alle Bereiche der Schule fällt.
Bei der Innenausstattung legt unser Entwurf Wert auf Qualität, Lebensdauer, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Ausgewählt wurden daher hochwertige Materialien und langlebige Oberflächen wie z.B. Gussasphaltoberflächen im Treppenhaus, Linoleumböden und Silikatfarben für die Wände. Die Kerneinbauten werden mit Holzoberflächen versehen.
Ein neuer Erschließungsbaukörper zwischen denkmalgeschütztem Bau und dem Erweiterungsbau aus den 1990er-Jahren ermöglicht die barrierefreie Erschließung der Grundschule vom UG bis zum 2. OG. Der darüber hinaus notwendige Aufwand an Durchbrüchen und baulichen Ergänzungen bewegt sich im wirtschaftlichen Rahmen.

Die Kita (Neubau Bauteil C): Kita, Aula, Stadtbücherei und Vereinsleben – hier findet alles seinen Platz
Der Erhalt des 1960er-Jahre-Gebäudes (Bauteil C) ist nach intensiver Prüfung aus funktionaler und wirtschaftlicher Sicht nicht zu rechtfertigen. Vor allem durch die Größe der Lagerflächen im UG wären aufwendige Abfangung der Fundamentbereiche erforderlich bzw. müsste der Bestand aufwendig unterkellert werden. Zudem ließen die vorgegebenen komplexen Funktionsabhängigkeiten durch den Bestand sowohl funktional als auch konstruktiv Nachteile entstehen. Der Komplettrückbau bietet die Chance für einen zeitgemäßen und nachhaltigen Baukörper, der architektonischen Anspruch, pädagogische Vorstellungen und Nutzungsanforderungen vereint und gleichsam einen positiven Beitrag zur Umgebung leistet.
Der Neubau wird durch zwei zueinander um 90 Grad verdrehte und leicht versetzte dreigeschossige Baukörper geformt, die das gesamte Raumprogramm der Kita aufnehmen und in der auch alle „öffentlichen“ Funktionen ihren Platz finden: Stadtbücherei, Aula sowie multifunktionale Büro- und Versammlungsräume für die ortsansässigen Vereine. Durch den Versatz der beiden Baukörper verringert sich die Gebäudeansicht, sodass eine gewisse Kleinteiligkeit entsteht, die sich gut in die bestehende Struktur des Schulensembles mit seinen denkmalgeschützten Bauten einpasst und gleichzeitig der Maßstäblichkeit der Bauaufgabe (Kita) angemessen ist.
Im leicht nach hinten versetzten Bauteil lädt die Stadtbücherei zwischen Grundschule und Kita im EG zum Entdecken und Lesen ein. Als Ort des lebenslangen Lernens wird sie durch ihre zentrale Stellung auf dem Campus zum markanten Treffpunkt, der von Eltern, Kindern und Stadtbürger:innen auf direktem Weg angesteuert werden kann. Die Vereinsräume und die Aula hingegen sind über ein separates Treppenhaus zu erreichen. Ohne Stützen im Innenraum ist die Aula als feierlicher, gut proportionierter Veranstaltungsraum geplant, der zu einer festen Größe im Grötzinger Kultur- und Vereinsleben werden kann. Ein Ort, an dem Gemeinschaft zusammenkommt – sei es für Schulveranstaltungen, kulturelle Events oder inspirierende Vorträge. Die Nutzung der öffentlichen Funktionen (Aula, Bücherei, Vereinsräume) ist unabhängig vom Kita- und Schulbetrieb möglich. Andererseits sind die Aula und die Stadtbücherei sowohl von der Kita (Verbindungstüren) als auch von der Grundschule trockenen Fußes zu erreichen.


Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf für einen Umbau mit Erweiterung des Bildungscampus Weiherbach in Aichtal-Grötzingen formuliert ein differenziertes städtebauliches Ensemble, das die vorhandenen Strukturen des alten Schulcampus neu interpretiert und ausbildet. Ein winkelförmiger Neubau wird überzeugend auf dem zur Verfügung stehenden Gelände situiert und in die vorhandene stadträumliche Situation eingebettet. Zwei Kuben werden ineinander verschränkt und helfen die Baukörper in Ausdruck, Proportion und Körnung in den städtebaulichen Kontext einzufügen. Wenngleich die plastische Ausprägung der Baukörper im Detail noch nicht in Gänze zu überzeugen weiß. So wird der zu geringe Höhenversatz zwischen Aula und Vereinsbereich/KITA eher kritisch gesehen. Durch ihre Ausrichtung auf dem Grundstück definieren die Kuben neue Raumkanten. Sie treten in einen wohltuenden Dialog mit den Bestandsbauten. Die geschaffenen Abstände zwischen den Gebäuden werden als angenehm empfunden. Einzig im Erdgeschoß wird der Neubau mit den Bestandsgebäuden A und B verbunden.

Vom südlich gelegenen Schulhof aus gelangt man in den zentralen Eingangsbereich zwischen Neubau und Bestand. Von hier aus werden sämtliche Funktionsbereiche gut und übersichtlich erschlossen. Die zentral gelegene Bücherei im Erdgeschoß, die Kita, die Vereinsräume und die Aula im Neubau verortet werden, während die Grundschule mit ihren Funktionen in die Bestandsgebäude A und B organisiert wird.

Die Gemeinschaftsfunktionen im Schulbereich sind konsequent in der Eingangsebene verortet. Die Klassenräume mit den dazugehörigen Nebenräumen befinden sich in den beiden Obergeschossen und werden über eine ringförmige, um einen zentralen Innenhof gelegenen Erschließungsflur, erreicht. Ihre räumliche Ausprägung erscheint ausreichend und verspricht Lern- und Aufenthaltsqualitäten. Lage und Organisation der Klassenräume unterstützen die pädagogische Arbeit. Hier sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die konstruktiven Eingriffe in die Bestandsbauten mit großem Geschick und sehr zurückhaltend vorgenommen wurden. Dies wird als konzeptionelle Stärke des Entwurfs empfunden.

Die KITA wird im Westen Richtung Weiherbach positioniert. Der Außenbereich erscheint, in Anbetracht des sehr knappen Grundstückszuschnittes, als gerade ausreichend. Nachteilig wirkt sich hier die Nordorientierung einiger Fläche aus. Der Hauptzugang von der Schulstraße ist richtig positioniert und ermöglicht ein problemloses Bringen und Abholen der Kinder. Die innere Organisation folgt konsequent den einzelnen Nutzungsbereichen und ist geschossweise strukturiert. Im Erdgeschoß befinden sich die Ü3 Gruppen. Die direkten Außenbezüge werden begrüßt.
Allerdings wird die vorgeschlagene Lage der Schlafräume, aufgrund der äußeren Lärmbelastung, eher kritisch beurteilt. Darüber, im 1.Obergeschoß, liegen die U3 Bereiche. Sie können unabhängig über 2 Treppen und einen Aufzug vom Erdgeschoß aus erreicht werden. Damit sind überflüssige Störungen im Ü3 Bereich auf ein mögliches Minimum reduziert. Die Verwaltungs- und Aufenthaltsbereiche für das pädagogische Personal werden im 2. Obergeschoß verortet, was die inneren Abläufe der Kita nicht beeinträchtigt. Hier befinden sich auch die Vereinsräume und die Aula. Die Lage der Aule im 2. Obergeschoß begünstigt eine räumliche Überhöhung und deren konstruktive Ausbildung.

Als ausgesprochen vorteilhaft wird die Konzentration der Schulkinderbetreuung im Bauteil D empfunden. Durch eine kleine Erweiterung des Bestandsgebäudes auf der Südseite gelingt es den Verfasserinnen das gewünschte Raumprogramm zu realisieren und somit ungünstige Betreuungsabläufe zu vermeiden. Die konstruktive Lösung und die Materialität der Innenräume im Allgemeinen erscheinen angemessen. Die klare, ruhige Fassadengliederung des Neubaus in Holzbauweise weiß zu überzeugen, wirkt allerdings in Teilen auch etwas uninspiriert. Der konstruktive Ansatz des Tragwerks wird allerdings kritisch bewertet. Der Umgang mit den Bestandsbauten erscheint hingegen überaus angemessen und verspricht minimale Eingriffe in den Bestand, was ausdrücklich begrüßt wird.

Betrachtet man die Kenndaten, bewegt sich der Entwurf eher im mittleren Bereich, was seine Wirtschaftlichkeit betrifft. Einzig das A/V Verhältnis und die Hüllfläche liegen in einem günstigen Bereich. Das resultiert aus einer relativ kompakten Ausbildung der Baukörper.

Die Bildung der Bauabschnitte, 1. BA (KITA) und Schulkind-Betreuung im Süd-Westen und 2.BA (Grundschule) im Osten, entspricht den gewünschten Vorgaben und erscheint realistisch.
Das beschriebene Energiekonzept erscheint plausibel. Durch die Holzhybridbauweise können die Speichermassen (freie Böden) leider nicht aktiviert werden. Lüftungsflügel in den Fassaden ermöglichen eine individuelle Lüftung der Räume. Im Bereich des Brandschutzes sind die notwendigen Brandabschnitte nachzuweisen.

Die Verfasser schlagen eine Hybridbauweise unter Verwendung von Stahlbetonstützen und Stahlbetonträger für die Primärstruktur und Holz-Beton-Verbunddecken für die Flächenbauteile vor. Hier sieht die Jury Potential durch die Verwendung von Hochleistungswerkstoffen und leistungsfähigen Bausystemen, welche der Holzbau heute bietet, ein erhöhtes Potenzial für die Verwendung des nachwachsenden Rohstoffes Holz. Die Anordnung der Aula im 2. Obergeschoss ist verbunden mit den notwendigen großen Spannweiten aus Gründen des Lastabtrags sinnvoll. In den vorgelegten zeichnerischen Darstellungen ist eine Ausbildung als Trägerrost erkennbar. Dies erscheint bei konsequenter Umsetzung angesichts des fast quadratischen Grundrisses sinnvoll. Die konsequente Weiternutzung der historischen Schulgebäudes A für die notwendigen Klassenräume wir sehr begrüßt und ist dem Gebäude angemessen.

Mit der Platzierung der Gebäude entsteht ein zentraler Zugangshof, der sich mit dem Freibereich des denkmalgeschützten Bestandes gut verzahnt. Die Freiflächen des Kindergartens umfließen die Räumlichkeiten und bilden zusammen mit dem Freiraum der Schulkinderbetreuung einen angenehmen grünen Kontrast zu den steinernen Höfen. Parkierung und Anlieferung sind gut geordnet, Konflikte mit fußläufiger Erschließung werden weitgehend vermieden. Im Hof der denkmalgeschützten Gebäude überzeugt eine klare funktionale Flächenteilung. Das Nebengebäude für Spielgeräte und Müll wirkt hier aber unglücklich, ebenso wie die Stellplätze an der wichtigen Auftaktsituation.

Die architektonische Gestalt wirkt der Aufgabe gegenüber angemessen, besonders in Bezug auf die funktionalen, innenräumlichen Aspekte. Es handelt sich hier um eine insgesamt gute Arbeit mit besonders überzeugenden Lösungsansätzen und einem behutsamen Umgang mit den Altbauten. Der neue Schulcampus verspricht als zukünftiger, funktionaler Schnittpunkt ein lebendiges, schulisches Gemeinschaftsleben.
Fassadenschnitt Bestand

Fassadenschnitt Bestand

Fassadenschnitt Neubau

Fassadenschnitt Neubau