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Studienauftrag | 05/2023

Quartiersentwicklung Neustadtstrasse Süd Rorschach (CH)

Gartenwohnungen

Gartenwohnungen

Gewinner

illiz architektur

Stadtplanung / Städtebau

Westpol Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

k18

Visualisierung

Erläuterungstext

Städtebau
Der fast dreieckige Perimeter spannt sich in einer sehr heterogenen Umgebung auf. Südlich angrenzend an das Baugebiet befinden sich in unmittelbarer Nähe eine Bahnstrasse mit den dahinter liegenden Hochhäusern im Stadtwald, welche einen markanten Hochpunkt im Städtebau darstellen. Im Gegensatz hierzu befinden sich im Norden, Osten und Westen überwiegend klassische, historische Mehrfamilienhäuser.

Das «Entwicklungskonzept Neustadt» sieht auf den Parzellen vier Punktbauten in Form von Mehrfamilienhäusern vor. Östlich zur Reitbahnstrasse hin schließt ein 3- bis 7 geschossiger Längsbau das städtebauliche Gesamtbild ab. Er setzt gezielt einen Akzent im Quartier und bietet den Wohnungen eine weite Sicht auf den See.

Die städtebauliche Setzung basiert auf dem Leitplan «Entwicklungskonzept Neustadt» und wird weiter ausformuliert und präzisiert. So entsteht durch die sensible Umverteilung der Baumassen eine klare Rhythmik und sanfte Silhouette, die der Neustadtstrasse eine abwechslungsreiche und doch ruhige Fassung geben. Durch die Modellierung der zueinander gerichteten Gebäudekanten werden die Zwischenräume zu «grünen Fugen» trichterförmig aufgeweitet und schaffen spannungsvolle Perspektiven und Durchsichten. Das zentrale kleine Bauteil 3 wird kompakter gestaltet und schafft so – passend zur öffentlichen Nutzung – Raum für eine grosszügige gemeinschaftliche Mitte. Den östlichen Abschluss der Parzelle markiert ein Gebäuderiegel, welcher eine Flanke zur Reitbahnstrasse ausbildet und den südlichen Abschluss zur Bahn durch einen Hochpunkt markiert. Dieser wendet sich trapezförmig der gemeinsamen Mitte zu und wirkt adressbildend und identitätsstiftend über das Ensemble hinaus.

Architektur
Die Grundrisstypologien werden als 3- bzw. 4-Spänner entwickelt, welche jeweils über ein kompaktes, innenliegendes Treppenhaus erschlossen werden. Die immer zweiseitige Orientierung der Wohnungen stellt eine optimale natürliche Belichtung zu verschiedenen Tageszeiten sicher und ermöglicht eine wirksame Querlüftung und Kühlung der Wohnungen im Sinne der klimatischen Behaglichkeit. Die Erschliessungskerne werden kompakt mittig im Gebäude angeordnet und sind durch grosszügige Entrées und Oberlichter natürlich belichtet. Unmittelbar an die Hauszugänge angegliedert befinden sich hindernisfrei erreichbare Velo- und Kinderwagenräume.

Grundrissprägendes Merkmal aller Wohnungen ist die in die Fassade eingeschnittene Loggia mit Balkon und anliegendem Gartenzimmer als privater Aussenraum. Dieses Gestaltungselement rezitiert die klassische «Stadtvilla» auf zeitgenössische Art und Weise und erweitert den fliessenden Wohn-/Essbereich nach Aussen. Die Wohnungsgrundrisse werden zoniert in einen privateren Bereich mit Individualräumen und einen allgemeinen Bereich mit großzügiger Wohnküche und angegliedertem «Gartenzimmer». Dieses zuschaltbare Zimmer kann in unterschiedlichen Szenarien flexibel genutzt werden: als Gäste-, Arbeits- oder Kinderzimmer oder als verschränkt genutzter Wohnraum, z.B. für Hobby, Spiel und Fernsehen.

Die Wohnungen im Erdgeschoss werden als Hochparterre konzipiert. Mit der Anhebung vom angrenzenden Niveau wird die Privatheit der Wohnungen erhöht und die Einsicht von außen reduziert. Die Wohnungen im Gartengeschoss verfügen über nach Westen orientierte Privatgärten, die durch grüne Pufferzonen und sanft modellierte Schwellen vom halböffentlichen Bereich abgetrennt werden.

Auf den Dächern werden Dachgärten vorgesehen, welche den Wohnungen im obersten Geschoss als private Grünräume dienen und über einen weiten Ausblick bis zum Bodensee verfügen. Eine interne Treppe verknüpft den Dachgarten über einen thermisch konditionierten Wintergarten direkt mit dem darunter liegenden Wohnbereich. Eingebettet in üppiges Grün und durch berankte Pergolen beschattet, entstehen lauschige Freiräume, die individuell gestaltet werden können.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt überzeugt gesamthaft durch seine sensible Reaktion auf das gebaute und natürliche Umfeld. Ohne den Leitplan „Entwicklungskonzept Neustadt“ im Grundsatz zu hinterfragen denken die Verfasser die Konzeption weiter und schlagen Modifikationen vor. So vergrössern sie z.B. den Fussabdruck des Kulturzentrums und erreichen dadurch eine ausgewogene Volumenverteilung sowie eine wertvolle Freiraumausweitung im Süden. Ebenso erkennen sie die städtebauliche Rolle des zweifach adressierten östlichen Baukörpers, in dem sie den Südflügel an der Reitbahnstrasse anheben und als Vermittler zu den „Wohntürmen Stadtwald“ agieren lassen. Es gelingt die Balance zwischen abwechslungsreicher räumlicher Staffelung und geordneter strassenseitiger Orientierung.

Ausgehend von den städtebaulichen Anforderungen wird auch der Qualität der Wohnungen grosse Beachtung geschenkt. Spezifische räumliche Situationen erfordern unterschiedliche volumetrische Reaktionen. Dies zeigt sich in der Konzeption der Nordost-Wohnung, die mit einem subtilen Gebäudevorsprung ins Südlicht gerückt wird. Bei der Nordwestwohnung wird darauf verzichtet und eine Gewichtung zugunsten des Städtebaus gemacht. Sorgfältige Abwägungen zwischen Innen- und Aussenraum führen schliesslich zu einer massgeschneiderten Volumetrie. Als roter Faden dient die rhythmisch gegliederte Fassade durch Erker, Loggien und Balkone. Der Zwischenraum zwischen Haus 4 und 5 fällt wegen der fehlenden Gliederung etwas ab. Zudem entsteht eine bedrängte räumliche Situation zum hohen Südflügel.

Zur Neustadtstrasse hin sind zusätzlich zu Nebenräumen im Hochparterre auch Wohnungen angeordnet, was zur Belebung der Strassenseite und Adressbildung führt. Die westliche Tiefgarage führt über eine Einbahnrampe ins Haus und ermöglicht eine diskrete Einfahrtsituation. Im Zuge der Reduktion der Parkplätze könnte durch kreisartige Weiterführung der Einfahrtsrampe sogar eine kompaktere Anlage angestrebt werden, was für die Anpassungsfähigkeit der vorgeschlagenen Konzeption spricht. So wäre es möglich die Unterbauziffer nochmals deutlich zu optimieren. Ungünstig präsentiert sich die östliche Tiefgarage mit Doppelspur und riesiger Tiefgaragenöffnung ausgerechnet am Auftakt der Wohnüberbauung. Dieser neuralgische Ort weist ein grosses Optimierungspotenzial für eine diskretere Einfahrtslösung aus. Es stellt sich zudem die Frage, ob der platzintensive Wohnhauszugang des Südflügels von Haus 5 nicht effizienter von Süden her gelöst werden könnte und damit mehr Gartenfläche geschaffen würde.

Die Holzfassade ist mit umlaufenden Simsen gegliedert. Die Fenster sind raumhoch und vermitteln trotz Leichtigkeit der Konstruktion eine elegante Vertikalität, die der urbanen Situation gerecht wird. Die ökologisch nachhaltige Holzkonstruktion ruht auf einem Betonsockel, der die komplexen Terrainanschlüsse einfach zu lösen vermag.

Treppenhäuser bilden einladende Zugangssituationen. Die Wohngrundrisse sind windradartig um das zentrale Treppenhaus angeordnet. Grosszügige Entrées erschliessen die Zimmer direkt. In den 4 ½ - Zimmerwohnungen bieten breite Korridorzonen Offenheit und Wohnkomfort. Der offene Wohn-Essbereich ist durch das eingeschobene Eckzimmer in zwei Bereiche gegliedert was für Möblierungsflexibität und differenzierte Raumatmosphären sorgt. In der genauen Betrachtung zeigt sich in diesem Bereich noch Optimierungsbedarf. Gewisse räumliche Versätze schaffen unausgewogene Raumverteilungen. Die Küchenzeilen sind teilweise nachteilig, fensterlos in die Raumtiefe gesetzt.

Das stimmige und den ortsbaulichen Gegebenheiten optimal angepasste Freiraumkonzept geht von einer Erweiterung der naturnahen Gestaltung des Bachraumes in die Umgebungsgestaltung der einzelnen Bauten aus. Die privat zugeordneten Flächen beschränken sich auf hausnahe Bereiche und Bereiche auf den vielfältig begrünten Dächern.

Geschickt werden Blumenwiesenflächen und Sträucherpflanzungen als nicht starre Puffer zwischen verschiedenen Nutzungsansprüchen eingesetzt.

Die Fusswegverbindung mit optimalen Anschlusspunkten an die Neustadtstrasse und die Reitbahnstrasse bildet Rückgrat für naturnah gestaltete Spielbereiche und einen kleinen Quartierplatz beim Kulturzentrum. Die Vorgärten werden, aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen, nur teilweise mit einer Sockelmauer gegenüber dem Trottoir abgeschlossen. Die hier vorgesehene Sträucherpflanzung wird als Adaption der klassischen Vorgartengestaltung verstanden, steht aber stellenweise im Widerspruch zu den notwendigen Sichtweiten.

Die nach Süden orientierten, privaten Aussenräume der Erdgeschosswohnungen sollen durch terrassierte, individuell gestaltete Pflanztröge begrenzt werden.

Das Beurteilungsgremium hegt Zweifel daran, ob die an und für sich interessante Kombination von Abgrenzung, Terrainüberwindung und individuellen Bespielen des Inhalts der Tröge wirklich zielführend ist und fragt sich, ob die Massnahme nicht eher dazu führt, die abgesenkten Bereiche und die Enge noch zu betonen.

Bei den beiden Häusern im Westen verstärkt ein auf der Krone der Tröge geführter und an einer Stützmauer endender Trampelpfad die Bedenken des Gremiums.

Die frisch und ermutigend präsentierten Vorschläge für Spielstationen im Gewässerraum, wie die archimedische Schraube und eine bachquerende Seilrutsche werden eher als Anregung verstanden, den Bachraum in Besitz zu nehmen, denn als Vorschlag zur präzisen Umsetzung im Rahmen des weiteren Perimeters.

Insgesamt zeichnet sich Petanque durch ein umfassend durchgearbeitetes Projekt hoher architektonischer Qualitäten aus. Es besteht eine ausgesprochene Ausgewogenheit zwischen Ansprüchen an den Innenraum wie an den Aussenraum. Das lustvoll präsentierte und erwartungserweckende Freiraumkonzept überzeugt mit der vielfältigen, naturnahen Gestaltung und den vom Beurteilungsgremium als Diskussionsbeiträge verstandenen Ideen zu Ausstattung und Details.
Südlicher Freiraum

Südlicher Freiraum

Gesamtes Areal

Gesamtes Areal

Situationsplan

Situationsplan