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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2023

Neubau Kindergarten Zum Guten Hirten in Friedrichshafen

Teilnahme

SCHMIDTPLOECKER - Schmidt Plöcker Architekten PartG mbB

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Setzung und Architektonisches Konzept
Das Ziel des Wettbewerbsentwurfs für eine Kindertagesstätte besteht darin, durch eine äußerst kompakte Gebäudestruktur ein Höchstmaß an Funktionalität und architektonischer Qualität zu erreichen. Aufgrund des Verhältnisses zwischen der kleinen Grundstücksfläche und dem komplexen Raumprogramm ist es unverzichtbar, die Aufenthaltsqualität im Freien zu maximieren, indem das Gebäude einen minimalen "Fußabdruck" aufweist. Auf diese Weise wird eine weit größere Außenfläche als erforderlich geschaffen, und der Entwurf legt besonderen Wert auf ein vielfältiges Angebot an Spiel- und Grünflächen im Freien. Die Kompaktheit des Entwurfs soll nicht zuletzt einen wegweisenden Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, da eine kompakte Gebäudestruktur insbesondere in Bezug auf den geringen Primärenergiebedarf (A/V-Verhältnis) und konstruktive/materialtechnische Aspekte von großer Bedeutung ist.

Eine KITA, aber schnell!
Die geplante Kindertagesstätte wird in Holzmodulbauweise konzipiert, um eine wirtschaftliche und nachhaltige Bauweise zu gewährleisten. Dieser Ansatz zeichnet sich durch einen hohen Grad der Vorfertigung und eine damit verbundene beschleunigte Bauzeit aus. Die Verwendung von Holzmodulen ermöglicht zudem eine hohe Gestaltungsqualität, da die Module in einer kontrollierten Umgebung präzise gefertigt werden können. Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die Kreislaufgerechtigkeit des Materials. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der bei richtiger Bewirtschaftung und Aufforstung nachhaltig genutzt werden kann. Dieser ganzheitliche Ansatz gewährleistet nicht nur eine schnelle Realisierung der Kindertagesstätte, sondern betont auch ökologische und gestalterische Aspekte, die für die Entwicklung von Kindern von großer Bedeutung sind.
Die Module kommen vormontiert inklusive Deckenheizkörpern, Beleuchtung und aller Anschlüsse auf die Baustelle und werden dort in kürzester Zeit aufgestellt. Vor Ort erfolgen die Montage und Verbindung der Module, um das fertige Gebäude schnell und effizient zu errichten. Dieser Ansatz ermöglicht eine beschleunigte Bauzeit und minimiert Störungen in der Umgebung der Kindertagesstätte während des Bauprozesses.
Der Zentrale Erschließungsflur dient als funktionales & emotionales Rückgrat des Hauses. Hier kommt ein Holz- Stabtragwerk zum Einsatz, welches mit Lehmsteinen (2DF) ausgefacht ist. Die Lehmsteine sind raumseitig mit einen Lehm-Streichputz verputzt. Als Geschossdecke kommt eine fertig Vormonierte Holz-Kassettendecke zum Einsatz. Die Kombination holzsichtiger Decken & Stützen mit den Lehmoberflächen ergibt einen natürlichen Materialmix mit hoher haptischer Qualität. Zudem bleibt die Konstruktion des Gebäudes sicht- & erlebbar sowohl für Kinder als auch Erwachsene.
Der Ablauf der Baustelle für die Kindertagesstätte erfolgt in mehreren Phasen, um eine reibungslose Umsetzung zu gewährleisten. Dabei entscheidet sich der Entwurfsverfasser für die zeitweise Auslagerung des Betriebs in ein temporäres Gebäude, um die optimale städtebauliche Setzung des Baukörpers auf dem Grundstück zu ermöglichen. Das temporäre Gebäude besteht dabei aus Raummodule, die nach dem Rückbau des bestehenden Gebäudes in den Neubau integriert werden.
Zunächst werden im nördlichen Teil des Grundstücks ca. die Hälfte der später für den Neubau verwendeten Holzmodule auf einem Trägerrost aus Leimbindern und Schraubfundamenten platziert. Diese Module dienen während des Rückbaus und der vorbereitenden Maßnahmen für den Neubau (Bodenplatte, Hausanschluss, Grundleitungen) als vorübergehende Gruppenräume, um die Kontinuität der Kinderbetreuung sicherzustellen.
Währenddessen wird das bestehende Gebäude zurückgebaut und im Anschluss die Bodenplatte für den Neubau erstellt. Sobald die Bodenplatte fertig ist, erfolgt in kürzester Zeit die Fertigstellung des Neubaus. Die Holzmodule werden dann umgezogen, sorgfältig abgedichtet und final ausgebaut, um eine moderne und funktionale Kindertagesstätte zu schaffen. Dieser phasenweise Ablauf gewährleistet eine effiziente Bauplanung und minimiert Unterbrechungen im Betrieb der Einrichtung.

Innere Organisation
Der zweigeschossige Baukörper beherbergt das geforderte Raumprogramm der neuen KiTa. Der Eingangsbereich wird als großzügiges Forum ausgebildet und erstreckt sich über einen Luftraum, über beide Stockwerke. Die Mensa und der Mehrzweckraum können dem Forum zugeschaltet werden, sodass ein multifunktionaler, weitläufiger Raum entsteht. Dieser kann für Events genutzt werden. Die zentrale Sitztreppe dient als vertikale Erschließung und gibt vor allem Eltern einen Ort zum Austauschen und Verweilen. Der gewünschte Inklusionsbereich ist im westlichen Gebäudeteil verortet. Er ist über einen separaten Eingang, sowie über das Forum erschließbar. Eingeschränkte Kinder können ihn aufgrund seiner Position gut erreichen.
Der Krippenbereich befindet sich folgerichtig im Erdgeschoss. Die Kleinkinder können barrierefrei zwischen dem Innen- und Außenbereich wechseln. Der großzügige Spielflur wird über transluzente Wände zu den Kleingruppenräumen natürlich belichtet. Der Flur wird durch Spielnischen rhythmisiert, die zum Entdecken einladen.
Zentral, im oberen Geschoss, kann sich das Personal zurückziehen und besprechen. Die Gruppenräume der KiTa befinden sich rechts und links der vertikalen Erschließung. Somit zonieren die Hauptaufenthaltsräume das Obergeschoss und die kleinen Bewohner:innen können sich schnell und einfach orientieren. Jedem Gruppenraum ist ein Kleingruppenraum zugeordnet. Zudem sind die Gruppen- und Kleingruppenräume flexibel zusammenschaltbar. Die Wege zu den Schlaf- und Sanitärräume sind kurz. Sie liegen gegenüber der Gruppenräume. Nach der gleichen Logik des Erdgeschosses, weitet sich auch der Spielflur im Obergeschoss punktuell auf. Das macht den Spielflur zu einer Aufenthaltsfläche mit großen Qualitäten. Ein umlaufender Laubengang, sowie eine überdachte Außenklasse, ermöglichen allen Kindern einen direkten Zugang ins Freie.

Nachhaltigkeit
Bei der Erstellung des Energiekonzeptes standen die Nutzung von natürlichen Ressourcen und passive Maßnahmen im Vordergrund, um aktive technische Komponenten im Sinne eines Lean-Building-Konzeptes (Schlanke Gebäudetechnik) zu minimieren. Dadurch werden die Lebenszykluskosten der technischen Anlagen und der Energiebedarf des Gebäudes deutlich verringert.
Die kompakte Bauweise (A/V-Verhältnis), die baukonstruktive Eigen Verschattung, sowie die Gebäudehülle mit geringen Transmissionswärmeverlusten (Primärenergiebedarf ≤ 15 kWh/(m2a) fördern den ressourceneffizienten Betrieb des Gebäudes. In der Abwägung solarer Gewinne im Winterfall und übermäßiger Aufheizung im Sommer ist der sommerliche Wärmeschutz als vorrangig zu betrachten – insbesondere vor dem Hintergrund der internen Gewinne durch die hohe Anzahl an Personen während der Nutzungsdauer.
In der Kombination mit Niedrigenergielösungen, wie beispielsweise natürlicher Belüftung, guten Tageslichtverhältnissen und Nachtauskühlung, sowie dem Kamineffekt im Atriumbereich werden die Kohlendioxidemissionen langfristig reduziert.
Trotz leichter Holzbauweise, wird durch den Einsatz von gemauerten Lehmziegelwänden (Ausfachung der Holzrahmen) ausreichend Speichermasse für eine passive Kühlung generiert, um die sommerliche Überhitzung zu vermeiden und den thermischen Komfort gleichmäßig in allen Räumen zu steigern. Auch wird das gute Feuchtepuffervermögen des Materials Lehm aktiv eingesetzt, d. h. seine Eigenschaft, bei hohen Raumluftfeuchten Feuchte aufzunehmen und entsprechend wieder abzugeben, wenn die Luftfeuchte im Raum sinkt. Diese Eigenschaft beeinflusst zwar die Festigkeitskenngrößen von Lehmsteinmauerwerk, stabilisiert im Gegenzug – wie kein anderer Baustoff – das Innenraumklima und trägt zur Vermeidung feuchtebedingter Schimmelpilzbildung bei.
Das Raumkonzept mit Tageslichteinfall von mehreren Seiten, ermöglicht eine hohe Tageslichtautonomie und unterstützt dabei den optimierten Stromverbrauch. Ein hybrides Lüftungskonzept sieht für den Sommerfall vor, mittels maschineller Grundlüftung den Anstieg des CO2-Gehalts in Gruppenräumen zu verlangsamen und mittels freier Fensterlüftung den CO2-Gehalt wieder auf Außenluftniveau zu bringen sowie über natürliche Nachtlüftung (entladen des thermischen Speichers in der Nacht) einer sommerlichen Überhitzung zu begegnen. Im Winter erbringt die maschinelle Lüftung mit zentraler Wärmerückgewinnung den benötigten Luftwechsel, um Lüftungswärmeverluste zu minimieren. Für die technische Versorgung sollen regenerative Energien zum Einsatz kommen. Das Dach ist großflächig mit PV-Elementen belegt. Ein Niedrigtemperatur-Heizsystem aus einer Luft- Wasser-Wärmepumpe dient zur thermischen Vorkonditionierung der Zuluft auf 18 Grad und zur Warmwasser- Bereitung.
Durch eine adiabate Abluftkühlung, auch unter Ausnutzung von Regenwasser, kann das Konzept des sommerlichen Wärmeschutzes ergänzt werden, sodass über die Lüftungsanlagen im Sommer passiv vorgekühlte Luft in die Räume gelangt. Die Zuluftkanäle für die maschinelle Lüftung sollen zusätzlich einmal unter der Bodenplatte hindurchgeführt werden, um zusätzlich das Erdreich als thermischen Speicher zu aktivieren.

Freiraumkonzept
Durch die Lage der neuen Kindertagesstätte im Süden und durch die Orientierung zur Kornblumenstraße entsteht ein großzügiger Freiraum im Norden des Neubaus. Ein landschaftlicher und weich geführter Rundweg erschließt als Erlebnispfad unterschiedliche Spielstationen, die sämtliche Grundspielarten gemäß den pädagogischen Anforderungen abdecken (Konstruktions- und Gestaltungsspiel, Rollenspiel, Funktionsspiel, Regelspiel und Bewegungsspiel). Der Weg umschließt eine große offene Rasenfläche, das Herz der Anlage. Die Spielangebote für die Altersgruppen der unter- und über-Dreijährigen sind räumlich getrennt angeordnet und den innenräumlichen Funktionen zugeordnet. Der Baumbestand kann nahezu komplett erhalten werden. Verluste werden durch eine große Zahl an Neupflanzungen kompensiert. Das Konzept sieht vor, dass zur Peripherie der Außenanlage die Nutzungsintensität abnimmt, und deshalb werden am Rand aus pädagogischen Gründen auch ökologische Inhalte (Totholzinseln, Bienenhotels, Trockenstandorte) integriert sowie Flächen zur Steigerung der Biodiversität angelegt. Die Erschließung erfolgt nun von der Kornblumenstraße, wo ein einladender Vorplatz mit einer Elternbank geschaffen wird. Die erforderlichen Stellplätze für die Autos sind im Westen untergebracht. Die Fahrradstellplätze liegen zum Teil von der Witterung geschützt am Gehweg entlang der Kornblumenstraße und nahe dem Hauptzugang.