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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2023

Umgestaltung der Fußgängerzone in Marl-Hüls

Blick über den Lipper Platz

Blick über den Lipper Platz

Teilnahme

scape Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Identität und Stadtgestalt
Ausgangssituation für die Gestaltung ist die landschaftliche Lage von Marl am Flusslauf der Lippe sowie die prägende historische Baustruktur der Ortsmitte von Hüls. Es wird ein Konzept entwickelt, dass auf innovative Weise auf die ökologischen und klimatischen Anforderungen reagiert und gleichzeitig einen prägnanten, qualitätvoll gestalteten Stadtraum mit hohen Aufenthalts- und Nutzungsqualitäten schafft.
Das Gestaltungskonzept unterstreicht die vorhandenen Raumfolgen aus Verbindungen und Plätzen. Das südliche und nördliche Entrée der Hülser Straße bilden zwei klar herausgearbeitete Auftaktplätze: Im Norden der Victoriaplatz mit dem Auguste-Victoria-Denkmal und im Süden der Lipper Platz, der durch ein neues Sitz- und Brunnenpodest markiert wird und zum lebendigen Empfangsraum der Fußgängerzone wird. Die neu gestaltete Fußgängerzone zeichnet sich durch eine grünbetonte, freie Gestaltung mit lockerer Baumstellung aus, welche im Kontrast zu den klaren Baufluchten des gründerzeitlichen Stadtgrundrisses steht. Dadurch können Blickbeziehungen auf die charakteristischen Gebäudeansichten gezielt freigehalten werden, während weniger attraktive Fassaden durch Baum- und Fassadengrün belebt werden.


Hülser Straße - Einkaufs- und Kulturerlebnis für alle Generationen
Die Gestaltung der Hülser Straße nimmt Bezug auf die naturräumliche Lage von Marl-Hüls im Gewässer- und Niederungssystem der Lippe. Grüne Inseln in fließenden Formen und eine freie Baumstellung überstellen die Fußgängerzone. Eine mittige, 8,50 m breite Pflasterintarsie wird von Einbauten freigehalten und dient als Flanierzone. Das farblich abgesetzte Band nimmt die historische Dreiteilung der Straße (Gehweg/Fahrspur/Gehweg) auf und zeichnet die Linearität der Straße nach. Seitlich angrenzend besteht ein ausreichendes Platzangebot für Außengastronomie und Sitzgelegenheiten unter Bäumen.

Auf den Plätzen und in der Fußgängerzone sind grüne Vegetationsinseln wie Kiesel in der Flusslandschaft platziert. Sie werden mit artenreichen Staudenmischpflanzungen und mehrstämmigen, schattenspendende Bäumen bepflanzt. Ihre niveaugleichen Baumscheiben dienen der Sammlung des Oberflächenwassers. In der Hülser Straße sind drei verschiedene, klimaangepasste Baumarten vorgesehen: Zürgelbaum (Celtis australis), Baummagnolie (Magnolia kobus) und Herbstflammen-Ahorn (Acer x freemanii) bieten durch ihre Blütenflor, das filigrane Laub und eine intensive Herbstfärbung attraktive jahreszeitliche Aspekte. Durch die freie Baumstellung ist eine optimale Kronenentwicklung sichergestellt. Die Grüninseln werden von jeweils zwei geschwungenen Sitzbänken flankiert, die zum Ausruhen und Aufenthalt im Schatten der Bäume einladen und gleichzeitig die Vegetationsflächen vor dem Betreten schützen. Weitere Baumpflanzungen sind mit offenen Baumscheiben aus wassergebundener Wegedecke vorgesehen. Auf den Plätzen bringen Blauglockenbäume einen zusätzlichen Blütenaspekt in die Ortsmitte stellen farblich einen Bezug zum Leitmotiv des Wassers her.

Auf die bestehenden Arkadendächer wird zugunsten einer großzügigen Flanierzone, der Freistellung der Sichtbeziehungen auf die historischen Fassaden und einem großzügigen multifunktionalen Flächenangebot für Veranstaltungen verzichtet. In der Nähe des Gastropavillons, der das vorhandene Provisorium ersetzt, ist eine Spielinsel im Schatten eines neu gepflanzten Baumes vorgesehen. Sie ist mit einem Fallschutzbelag, Sitzhockern und Holz- und Netzelementen, die zum Kinderspiel einladen, ausgestattet. Neben der klaren Nord-Süd-Ausrichtung nimmt der Entwurf die bestehenden Durchgänge in Ost-West-Richtung auf und verknüpft die Fußgängerzone mit dem Grünzug entlang des Loemühlenbachs, dem Kaufland, mit den mittelfristig als grüne Spiel- und Wohnhöfe zu entwickelnden Höfe in Richtung Friedrichstraße und dem Marktplatz. In der Hülser Straße werden die Querungen durch in den Belag eingelassene Cortenstahl-Bänder markiert. Als "Geschichtsspuren" knüpfen sie an die besondere Lage der Stadt am Wasser an, stellen Bezüge zur Geschichte von Marl-Hüls dar und dienen der Orientierung.


Victoriaplatz - Pulsierender Ankunftsort und grünes Entrée
Der Victoriaplatz bildet das nördliche Entrée zur Fußgängerzone. Als Auftakt wird die historische Statue der Auguste Victoria in die Hauptachse versetzt, auf einem niedrigen ca. 15 cm hohen Podest platziert und bekommt so einen gebührenden Rahmen. Am östlichen Rande des Victoriaplatzes wird eine grüne Insel mit bodengleicher Einfassung und einer Rundbank angeordnet, die in Richtung der Fußgängerzone ausgerichtet ist. Der Victoriaplatz erstreckt sich über die angrenzenden Straßen Bergstraße und Victoriastraße nach Norden bis an den Ahornweg. Der Straßenquerschnitt wird auf das notwendige Min-
destmaß von 6,50 m reduziert und mit einer farblich angepassten Deckschicht versehen. Eine Baumreihe aus Zieräpfeln leitet die NutzerInnen von Norden kommend in Richtung Fußgängerzone. Auch hier laden Bänke zum Aufenthalt ein.


Lipper Platz - Südlicher Auftakt und urbaner Treffpunkt
Im Süden der Hülser Straße empfängt der Lipper Platz die Besucherinnen und Besucher der Fußgängerzone. Prägendes Element des Platzes ist ein kreisförmiges Sitz- und Brunnenpodest, das als zentraler Treffpunkt und Verweilort dient. Die Gestaltung nimmt Bezug zu Marl und seiner Lage am Fluss. Der Lippe-Brunnen zeichnet sich durch ein kreisförmiges Brunnenpodest mit umlaufender Holzauflage aus und dient gleichzeitig als großzügige attraktive Rundbank mit direktem Bezug zum Wasser. Die von Wasser überströmte, teils gesägte teils bruchrauhe Natursteinoberfläche des Brunnenbeckens stellt den abstrahierter Lauf der Lippe als Lebensader der Stadt Marl dar. Fontänenelemente und Nebeldüsen laden zum Spiel am Wasser ein und bieten sommerliche Abkühlung. Vor dem Kino entsteht eine weitere mit Bäumen überstellte grüne Insel. Sie wird mit artenreichen Blütenstauden bepflanzt und durch geschwungene Bänke gerahmt. Ausreichender Platz für Außengastronomie ergänzt das Angebot auf dem Lipper Platz. Am Lipper Weg werden Parkbuchten und ein Stellplatz für körperlich beeinträchtigte Personen geschaffen. Eine Baumreihe aus Zieräpfeln bildet den südlichen Abschluss des Lipper Platzes.


Trogemannstraße - Flanieren und Verweilen unter Bäumen
Die Trogemannstraße bleibt niveaugleich und erhält zwei Intarsienbänder mit einem graugelb/beige changierenden Natursteinplattenbelag. Alternativ können die Bänder auch abh. vom Nutzungsdruck mit einer wassergebundenen Decke befestigt werden. In der Mitte der beiden Intarsien werden jeweils eine Baumreihe und Holzbänke in linearer Form platziert. Die neue einreihige Baumpflanzung ermöglicht optimale Standortbedingungen mit einem ausreichenden Abstand zu den Fassaden. Als Baumart werden Lederhülsenbäume (Gleditsia triacanthos „Shademaster“) als lichte Baumart mit
filigranem Laub und halbtransparentem Baumschatten vorgeschlagen. Am östlichen Ende der Trogemannstraße dient eine weitere grüne Bauminsel als Ziel- und Gelenkpunkt im Übergang zum Marktplatz.


Klima und Nachhaltigkeit
Für das Stadtklima ist es von großer Relevanz, dass die Vegetation mit ausreichend Wasser versorgt wird und diese durch Verdunstung zur Kühlung des urbanen Raumes beitragen kann. Sämtliches Oberflächenwasser wird gesammelt und den grünen Vegetationsinseln und Baumstandorten zugeführt, wo es in ausreichend dimensionierten Baumrigolen gespeichert wird und den Pflanzen in Trockenzeiten zur Verfügung steht. Auch der Brunnen trägt zur sommerlichen Kühlung und Verbesserung des Stadtklimas bei. Schattenverträgliche Staudenflächen und Zwiebelpflanzen setzen Farbakzente und
erhöhen die Biodiversität.


Ausstattung und Materialität
Als neuer charakteristischer Pflasterbelag der Ortsmitte von Marl-Hüls ist ein hochwertiger graugelb-braun changierender Klinker im Fischgrätverband, vorgesehen. Der durchgängige Pflasterteppich bildet einen ruhigen Hintergrund zu den charakteristischen gründerzeitlichen Fassaden und harmoniert mit diesen. In den Pflasterteppich werden Intarsienbänder aus mittel- bis großformatigen Natursteinplatten in unterschiedlichen Reihenbreiten eingefügt, die durch ein hellbeiges 50 cm breites Plattenband aus Naturstein eingefasst werden. Entlang der wichtigen Laufbeziehungen ist ein durchgängiges System aus taktilen Leit- und Orientierungslinien vorgesehen. Alle Angebote und Gebäude sind barrierefrei erreichbar. Zur Förderung des Fahrradverkehrs und des Fahrradtourismus sind Ladestationen für E-Bikes, ausreichend Fahrradbügel in der Nähe der Geschäfte und verschließbare Abstellplätze auf den Plätzen geplant. Das Möbelsystem zeichnet sich durch eine hohe Transparenz und schlichte Formensprache aus. Die Rundbänke, die dem radialen Verlauf der grünen Inseln folgen, erhalten eine Sitzauflage aus heimischem Holz mit einer filigranen Metallunterkonstruktion. Der vorhandene, stark genutzte Gastropavillon wird durch einen neuen transparenten Glaspavillon ersetzt, der einen Wetterschutz für das gastronomische Angebot bietet. Alle Ausstattungselemente werden in einem graubraunen Farbton passend zur Farbigkeit der Klinker- und Pflasteroberflächen lackiert.


Beleuchtungskonzept
Die Ausleuchtung der Fußgängerzone erfolgt durch schlichte Pendelleuchten, die an Seilsystemen abgespannt werden und in ihrer Position auf die geplanten Baumstandorte reagieren. Der Lippe-Brunnen, das Auguste-Victoria-Denkmal und die prägenden Einzelbäume werden durch Licht akzentuiert und markieren auch in den Nacht- und Abendstunden den Auftakt in die Fußgängerzone. Lichtstelen in der Formensprache des restlichen Mobiliars werden in freier Stellung auf den Plätzen platziert. Auch die Straßenverläufe des Lipper Weges und der Trogemannstraße werden durch Lichtstelen begleitet. Es
entsteht eine angenehme Aufenthaltsatmosphäre, die die Hülser Ortsmitte auch außerhalb der Geschäftszeiten attraktiviert.


Nutzungen und Veranstaltungen
Ob beim Spiel auf der Spielinsel, beim Verweilen auf einer der Rundbänke im Schatten der Bäume oder am Rande des Lippe-Brunnens, NutzerInnen jeder Altersgruppe finden in der Fußgängerzone in Marl-Hüls attraktive Aufenthaltsangebote und Nutzungsmöglichkeiten. Im gesamten Planungsgebiet wurde eine min. 5,50 m breite Fahrspur für den Lieferverkehr und die Feuerwehr freigehalten. Das Konzept bietet außerdem ausreichend Platz für Außengastronomie und Veranstaltungen. Die räumliche Anordnung des Mobiliars sowie der grünen Inseln ermöglicht eine flexible Anordnung von
temporären Verkaufsständen, Bühnen und sonstiger Veranstaltungsinfrastruktur.

Ziel des Konzeptes ist es, durch die hochwertige Freiraumgestaltung und die Schaffung neuer zukunftsgerechter Aufenthalts-, Nutzungs- und ökologischer Qualitäten der Fußgängerzone in Marl-Hüls als Einzelhandelsstandort und Lebensumgebung positive Impulse zu geben und eine neue Identität zu verleihen. Eine wassersensible und grüne Gestaltung trägt zur Förderung einer nachhaltigen klimagerechten Stadtentwicklung bei.
Blick in die Fußgängerzone

Blick in die Fußgängerzone

Lageplan 1:500

Lageplan 1:500

Lageplan 1:250

Lageplan 1:250

Beleuchtungskonzept / Nachtsimulation

Beleuchtungskonzept / Nachtsimulation

Detail Fußgängerzone 1:50

Detail Fußgängerzone 1:50

Detail Lipper Platz 1:50

Detail Lipper Platz 1:50

Konzept

Konzept

Möblierungskonzept

Möblierungskonzept

Schnitt Regenwasserkonzept 1:100

Schnitt Regenwasserkonzept 1:100