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Einladungswettbewerb | 02/2024

Umnutzung und Umgestaltung Versöhnungskirche Ev. Kirchengemeinde Köln-Dellbrück/Holweide

Kirchraum

Kirchraum

3. Preis

Preisgeld: 2.500 EUR

gernot schulz : architektur GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Ziele

Größtmöglicher Erhalt der innenräumlichen Atmosphäre des Kirchraums und somit auch urheberrechtsschützender Umgang mit dem Bauwerk.
Beachtung des geringen Budgets durch einen ressourcenschonenden Aufwand.
Größtmögliche Multifunktionalität der Räume.

Architektonische Umsetzung

Ein einfacher U-förmiger Einbau als Lehm-/Holzbau-Hybrid nimmt die neuen Nutzungen auf und erhält gleichzeitig die atmosphärische, räumliche Wirkung – insbesondere bestehend aus monolithischen Wänden, skulpturaler Decke und ringförmigem Oberlicht. Bewusst wahrt der Einbau Abstand zur Glaswand zum Hof, um die großartige Transparenz zwischen Außen- und Innenraum, wie vom Architekten Otto Rasch erdacht, zu erhalten.

Die Höhenlinien des Einbaus nehmen – wie zuvor die Bestandsgalerie – die Linien des Bestands (Betonüberzug der Hoföffnung) auf und fügen sich somit proportional angelehnt an die Ideen des Urhebers in den Bestand ein.

Die so entstehende Empore kann für den Erhalt/Neupositionierung der Orgel genutzt werden, bei Konzerten oder ähnlichen Veranstaltungen ist hier eine Verortung von Technik und Beleuchtung möglich und bei großer Nutzeranzahl (Weihnachten/Ostern/Konzerte) kann sie als Galerie zur Verfügung stehen. Der fehlende zweite Rettungsweg kann in solchen Fällen durch eine „Brandwacht“ der Feuerwehr kompensiert werden.

Die Sakristei wird Lager und Technikraum z.B. für Stühle und Speicherbatterien für den Solarstrom. Die Bestandsbänke, Altar und Kreuz würden proportional nicht zum neuen verkleinerten Kirchraum passen und werden durch neue Elemente ersetzt.

Die Öffnung des U-förmigen Einbaus zum Innenhof betont die Beibehaltung und Wechselwirkung des Außen- und Innenraums des Originalentwurfs. Die hierfür erforderliche und baulich notwendige Wegnahme der Bestandsüberdachung und der Galerie in der Kirche verstärkt sogar noch den Dialog des Innen- und Außenraums, da die Teilung aus „geführtem Weg“ und Hof entfällt. Der Hof erhält hierdurch auch eine neue Programmierung, indem dieser als von Gebäuden umstellter kleiner Dorfplatz wirkt und das Nebenhaus (heutige KITA/Gemeindezentrum) räumlich stärker einbezieht. Es wird hierfür empfohlen, bei einer zukünftigen Umnutzung des Gebäudes die EG-Fassade deutlicher als heute zum Hof zu öffnen.



Auch die Eingangssituation von der Buschfeldstraße ändert sich durch die Wegnahme und das „nicht Ersetzen“ des Vordachs, da nunmehr ein kleiner Platz das Entrée bildet und nicht mehr ein überdachter linearer „Passionsweg“ zum Kirchenbau. Die Breite der Öffnung in der Einfriedungswand wird erweitert, so dass das Öffnungsmaß mit dem rechten Feld der Glasfassade des Kirchenraums referenziert. Optional kann der Hof durch ein neues Schiebetor geschlossen werden.

Die Belichtung und Belüftung der an den Seiten angeordneten Räume erfolgt über kleinmaßstäbliche neue quadratische Fenster, die des Multifunktionsraums über ein Deckenoberlicht und die Glaswand zum Kirchraum. Ein CO2-Messgerät macht auf einen notwendigen Luftaustausch im Mehrzweckraum aufmerksam.

Der verbleibende Kirchraum ist mit dem Multifunktionsraum durch Öffnen der großen Glas-Faltwand zusammenschaltbar. Ein Vorhang kirchraumseitig vor der Glaswand ermöglicht einerseits bei geöffnetem Zustand den Lichteinfall und Sichtbezug zum Kirchraum, andererseits das Abschotten des Sichtbezugs zwischen Kirchraum und Multifunktionsraums sowie zu den Zugängen der Räume in den Seiten, um so einen konzentrierten Kirchraum für den Gottesdienst herzustellen.

Der Vorhang bzw. ein geeignetes Schienensystem ermöglichen optional die Farbe des Vorhangs gemäß des Kirchenjahres zu wechseln oder mehrere Vorhänge in den Kirchenjahrfarben auf mehreren Schienen zu installieren.


Baukonstruktive Umsetzung

Vor Entscheidungen zur baukonstruktiven Umsetzung stehen Überlegungen zum Budget, zum ressourcenschonenden Aufwand und zur Bauphysik.

Eine komplette normgerechte Ertüchtigung des gesamten Kirchenraums überstiege das Budget, stünde auch nicht im Einklang mit einer zeitgemäßen Antwort auf die Frage, wie ressourcenschonend die gestellte Bauaufgabe zu lösen ist.

Es wird daher vorgeschlagen, so wenig wie möglich des Bestands „anzufassen“. Z.B. ist gedacht, den Fußboden im Kirchenraum nur dort zurückzubauen, wo der neue U-förmige Einbau erfolgt. Dieser U-förmige Einbau wird zu allen angrenzenden Räumen und Bauteilen normgerecht wärmegedämmt. Beheizt wird über elektrische Heizflächen, welche über neue Solarmodule auf dem Dach der Kirche, ggf. auch auf dem Dach des Gemeindezentrums gespeist werden. Der Kirchenraum selbst benötigt eine Temperierung ausschließlich im Nutzungsfall. Diese kann durch elektrische Infrarotheizpolster auf den Stühlen oder Bänken sehr kostengünstig für Investition und Betrieb realisiert werden.



Die notwendige Stromzufuhr erfolgt über die Fugen des Bestands-Fußbodens. Zur Ressourcen- und Budgetschonung ist beim Fußboden des verbleibenden Kirchenraums angedacht, die Bestandsfugen zu entfernen, mittels Trasszement neu zu verfugen und die Oberfläche anschließend – zur Vermeidung von Unebenheiten/Stolperfallen – zu schleifen. Es entsteht somit ein Terrazzo-artiges Fußbodenbild.

Die gleiche Behandlung wird für den Hof-Bodenbelag geplant. Bänke und Grün des Hofs bleiben an Ort und Stelle erhalten.

Auch die Außenwände sollen im Wesentlichen nur gereinigt, schadhafte Fugen ausgetauscht werden, sowie außenseitig eine diffusionsoffene Hydrophobierung gegen das Eindringen von Feuchtigkeit, Veralgungs- und Graphitischutz aufgebracht werden.

Die wichtigste zu betrachtende bauphysikalische Komponente ist nicht der Wärme- sondern der Feuchtegehalte der Luft. Kälte – zumal auf beiden Seiten der Außenwände – schädigt die Konstruktion nicht.

Um den Feuchtegehalt der Luft im Kirchenraum – insbesondere bei erhöhter Zahl von sich darin aufhaltenden Menschen wie bei Gottesdiensten an hohen Feiertagen, Konzerten o.ä. – werden Feuchte- und CO2-Wert gesteuerte Lüftungsmodule im sowieso zu erneuernden Dach-Oberlicht-Rings integriert. Nur bei für die Konstruktion der Außenwände potenziell schädigenden Feuchte- und Wärmeunterschiede zwischen Innen und Außen öffnen sich diese.

Da die Dachkonstruktion wegen des Erneuerns des Dach-Oberlicht-Rings und des Aufbringens der PV-Elemente sowieso „angefasst“ werden muss, empfiehlt sich auch das Erneuern der Dämm- und Dichtungsschichten, um das Haus für die nächsten Jahrzehnte zu konditionieren.

Die eingestellte Stampflehmwand erfüllt zwei Erfordernisse: Zum einen ist sie – ebenso wie die Holzkonstruktion der Innenwandbekleidung der Außenwand als auch der Deckenkonstruktion des Einbaus – ohne Gerüst- und/oder Hebezeuge im Innenraum der Kirche zu erstellen, zum anderen kann die Lehmwand die Feuchteregulierung des Kirchenraums unterstützen, da Lehm Feuchte schnell aufnehmen und langsam wieder an die Umgebung abgeben kann.

Zuletzt sei der Blick auf die großartige Glaswand zwischen Kirchraum und Hof gelenkt. Die Idee ist, diese im Original zu erhalten. Jede neue Glaskonstruktion wird die Qualität der vorhandenen in Eleganz und Transparenz unterlegen sein. Ggf. werden die Glasscheiben erneuert und die Metallkonstruktion ertüchtigt werden müssen und der Abfluss von Kondenswasser beachtet und ermöglicht werden.

Die Lage der Eingangstür bleibt somit erhalten. Ein einfacher schwerer Vorhang erfüllt im Winter die Windfangfunktion. Die neue Deckenkonstruktion des U-förmigen Einbaus ist bewusst bis an die Westfassade geführt, um eine neue räumliche Qualität, die typisch ist für Kirchräume, einzuführen: die des niedrigen Eingangsraums bevor der hohe Kirchraum betreten wird.

Haltung

Es versteht sich von selbst, dass alle Ideen des Wettbewerbentwurfs in der anschließenden Vertiefung der Realisierung nochmals hinterfragt und abgestimmt werden. Das bezieht sich sowohl auf Funktionalitäten, für die wir uns einen partizipativen Dialog mit den Nutzern wünschen, genehmigungsrelevante Fragestellungen die zu klären sind, als auch auf baukonstruktive/bauphysikalische/baukonservative Notwendigkeiten, die im Sinne einer Aufwand/Nutzen-Effizienz optimiert werden sollen.

Die grundsätzliche Haltung soll aber immer die der Anfangsthesen bleiben:

Größtmöglicher Erhalt der innenräumlichen Atmosphäre des Kirchraums und somit auch urheberrechtsschützender Umgang mit dem Bauwerk.
Beachtung des geringen Budgets durch einen ressourcenschonenden Aufwand.
Größtmögliche Multifunktionalität der Räume.


Beurteilung durch das Preisgericht

Das Preisgericht würdigt die klare und saubere Aufteilung des Entwurfes. Diese ist allerdings in der Grundrissgestaltung nicht stimmig. Der Eingang / Zugang in das Gebäude erfolgt in ein zu kleines Foyer. Die einzelnen nachgeschalteten Räume sind nur schwer erreichbar. Die durch die Einbauten entstehende Empore wirkt überdimensioniert und wird durch die im gefangenen Raum befindliche Treppe unzureichend erschlossen.
Multifunktionsraum

Multifunktionsraum

Kirchraum

Kirchraum

Plan 01

Plan 01

Plan 02

Plan 02