modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 02/2024

Neugestaltung Am Röttgen in Krefeld

2. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

Architekten BKSP

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Am Röttgen
Das städtebauliche Planungskonzept Am Röttgen beschreibt die Innenentwicklung einer öffentlichen Parkplatzfläche in zentraler Lage, zu einem urbanen Stadtplatz, der durch eine ergänzende Teilbebauung seine räumliche Fassung erhält. Am Röttgen liegt am westlichen Rand der historischen Kernstadt Uerdingen. Sowohl Bus-, als auch Bahnhaltestellen prägen den Ort heute und in Zukunft. Die gewachsene Bebauung des städtebaulichen Umgriffs ist überwiegend kleinteilig und weist 2 bis 4 Geschossebenen sowie geneigte Dächer auf. Als Nutzung überwiegt Wohnen und kleinteiliges Gewerbe/Dienstleistung im Erdgeschoss. Eine Besonderheit in Dimension und Funktion nimmt das E-Center ein, das als großformatiger Baustein Nahversorgung, medizinische Dienstleistung und bewirtschaftete Stellplatzflächen bündelt. Für die Parkplatzfläche Am Röttgen wird im Westen eine geschlossene Teilbebauung vorgeschlagen, die etwa 2/3 der bisherigen Fläche einnimmt und im Osten den neuen Stadtplatz räumlich klar fasst. Der neue Stadtplatz spannt in Nord-Süd-Richtung vom E-Center bis zum markanten Wohn- und Geschäftshaus Ecke Am Röttgen/Alte Krefelder Straße, im Osten bezieht er die Bestandsbauten entlang der Kurfürstenstraße ein. Der neue Stadtplatz Am Röttgen ist barrierefrei und inklusiv als shared space für ÖPNV (Bus/Bahn) sowie Fuß-/Radverkehr entworfen. Der MIV ist Anliegern gestattet. Der Durchgangsverkehr wird zur Bahnhofstraße verlagert. Die historische Kernstadt bleibt über die Alte Krefelder Straße und Von-Brempt-Straße angebunden. Der neue Stadtplatz Am Röttgen bildet somit den städtebaulichen Antritt für die historische Kernstadt und Auftakt für die Raumfolgen Am Röttgen, Marktplatz, Uferpark, Rheintor, Rheinpromenade. Auf dem Platz wird der Baumbestand weitgehend erhalten und durch Neupflanzungen zu einer grünen Intarsie ergänzt. Im Schatten der Bäume bietet der Platz für verschiedene Nutzergruppen Raum zum Verweilen, Spielen, sich treffen. Der bestehende Kiosk wird erweitert, um zu allen Seiten des Platzes ein zusätzliches Angebot schaffen zu können. Die geplante Neubebauung ist als ein aus Einzelgebäuden zusammengefügter Cluster entwickelt, der die umliegenden öffentlichen Räume klar fasst und einen ruhigen grünen Innenhof bildet. Der Baumbestand entlang der öffentlichen Räume wird weitgehend erhalten und durch Neupflanzungen ergänzt. Der Wohncluster ist lesbar aus Einzelhäusern additiv gefügt, die die städtebauliche Körnung des Ortes reflektieren. Der Wohncluster weist entlang des neuen Stadtplatzes 4 bis 5 Geschossebenen auf, während an der Wehrstraße im Westen und Süden 3 Geschossebenen überwiegen. Im Wohncluster Am Röttgen werden unterschiedliche Gebäudetypologien für diverse Wohn-/Lebenskonzepte gebündelt, um Wohnraum für eine breit angelegte soziale Mischung zu bieten. Entlang der öffentlichen Räume im Süden und Osten wird das Wohnangebot durch Gemeinschafts- und Versammlungsflächen, sowie Sozial-/Mobilitätsdienstleistungen bereichert. Am Röttgen wird ein klares städtebauliches Konzept geschaffen, das einen robusten Rahmen für die folgenden Entwicklungsschnitte der nächsten Jahre bildet.
Die schöne Stadt
Artikulierte Raumfolgen sind prägende Elemente der schönen Stadt. In Uerdingen beginnt in Zukunft die Raumfolge zum historischen Ortskern Am Röttgen. Der neue Platz, in angemessener Dimension zu Stadt und Funktion, bildet mit seinen klaren Raumkanten den städtebaulichen Antritt zu Ortskern und Rheinufer. Im Zusammenspiel mit dem historischen Marktplatz, dem Uferpark, Rheintor und Rheinpromenade entsteht eine Abfolge von attraktiven Freiräumen unterschiedlicher Dimension, Prägung und Nutzungsintensität. Mit der Bündelung von ÖPNV (Bus/Bahn), MIV (Parkdeck E-Center), Fuß- und Radverkehren kommt dem Röttgen eine zentrale Willkommensfunktion zu, die in einer inklusiven Gestaltung Ausdruck findet. Die zentrale Lage, insbesondere die grüne Intarsie der Platzmitte vereint Identität gebende Gestaltung mit Angeboten zum Treffen, Verweilen, Spielen, etc. Die neue, den Platzraum im Westen fassende Raumkante, bildet ein Gebäudecluster, der die zentrale Lage mit einem vielfältigen Angebot an Wohnungen ergänzt, und öffentlichen und sozialen Angeboten eine prägnante, neue Adresse schafft.

Klimaresiliente Urbanität
Unsere Städte stehen vor der Herausforderung, sich dem Klimawandel anpassen zu müssen. Neben vielen anderen Aspekten des nachhaltigen Bauens, wie Innenentwicklung, Dichte, Kompaktheit, Wandelbarkeit, Verwendung nachwachsender Baustoffe, Etablierung einer lokalen Kreislaufwirtschaft, Versorgung mit CO²-neutraler Energie, etc. sind klimaregulierende Maßnahmen im städtebaulichen Maßstab von besonderer Bedeutung. Einen hohen Stellenwert für die zukünftige Klima-Resilienz unserer Städte nehmen die miteinander verzahnten Themenfelder Wasser und Grün ein. „Schwammstadt“ beschreibt die Eigenschaft der zukünftigen Stadt, Regenwasser zu puffern und vor Ort nutzbar zu machen. Die Entsiegelung von bisher versiegelten Flächen, sowie die blaugrüne Dachfläche der Neubauten bilden wichtige Bausteine des stadtplanerischen Konzepts Am Röttgen für die Versickerung oder Speicherung und zeitverzögerte Nutzung des anfallenden Regenwassers vor Ort (Zisterne). Zusammen mit einer intensiven Begrünung der öffentlichen und privaten Freiräume (Verschattung), ergänzt um begrünte Dächer und Fassaden (Kühlung), wird Am Röttgen ein dämpfend wirkendes Mikroklima erzeugt, das ein Baustein im klimaresilienten Umbau der Stadt Uerdingen sein kann.
Mobilität im Wandel
Die Mobilität der europäischen Stadt befindet sich im Wandel. Die Dominanz des MIV im öffentlichen Raum wird zurückgedrängt, um mit mehr Raum für ÖPNV, Fuß-/ Radverkehr, die Attraktivität der Stadt zu steigern und Flächen zu gewinnen, für Klimaresilienz und sozialen Austausch. Am Röttgen wird vom MIV-Parkplatz zu einem urbanen Stadtraum gewandelt, der neben zukunftsorientierter Mobilität auch Raum bietet für vielfältige Wohnangebote, grüne Verweilflächen und soziale Treffpunkte. Am Röttgen ist der stadträumliche Antritt in die Uerdinger Kernstadt und Knoten für Bus/Bahn. Der MIV wird aus dem barrierefrei gestalteten Platzraum verdrängt (Anliegerfrei), so dass die Überwindung der (ehemaligen) Kurfürstenstraße keine Barriere für Fußgänger/Radfahrer darstellt, sondern Am Röttgen und Kernstadt mit einladender Geste verknüpft. Den Bushaltestellen vis a vis gelegen, ergänzen E-Car-Sharing/ Roller/ (Lasten-)Fahrräder den ÖPNV um weitere CO²-neutrale Mobilitätsangebote. Für den MIV bestehen bereits bewirtschaftete Stellplatzflächen im E-Center. Der Neubau des Wohnclusters Am Röttgen erfordert gemäß Stellplatzsatzung ca. 65 TG-Stellplätze.
Das soziale Quartier
Der neue Platz Am Röttgen wird geprägt durch seine Funktion als ÖPNV-Knoten und Antritt in die historische Kernstadt Uerdingen. Darüber hinaus sind Platz und Teilneubebauung Bausteine zur Entwicklung eines sozialen ausgewogenen Quartiers. Dem öffentlichen Raum kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Am Röttgen wird als inklusiver, barrierefreier Stadtplatz geplant, der vielen unterschiedlichen Akteuren der Stadtgesellschaft bespielbare Räume zum Angebot macht. Verkehrlich ist der Platz als shared space für ÖPNV und Fuß-/Radverkehr entwickelt, während der MIV nur den Anliegern vorbehalten ist. Mit der Reduktion des Verkehrs wird Raum gewonnen für Aufenthaltsflächen mit schattenspendender Begrünung, die den sozialen Austausch anregen. Der den Platz nach Westen begrenzende Wohncluster bietet eine breite Diversität an Wohn-/ Lebenskonzepten. So sind Baugruppen wie auch (betreute) Wohngruppen (unterschiedlichster sozialer Ausprägung) kombiniert mit seniorengerechten-, familiengerechten Wohnungen (von 30m² - 125m²) mit sozialer Förderung realisierbar. Zu den öffentlichen Räumen im Süden und Osten ergänzen soziale Dienstleistungen, Gemeinschafts-/ Versammlungsflächen und alternative Mobilitätsangebote den Wohnungsbau entlang der Wehrstraße reicht die Wohnnutzung bis ins Erdgeschoss.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der städtebaulichen Setzung liegt eine Überlegung zugrunde, die so einfach wie schlüssig ist: ein großzügig dimensionierter Platz schafft einen attraktiven Auftakt in die Uerdinger Altstadt. Dieser Platz liegt als Erweiterung der Kurfürstenstraße richtig an der Ostseite des Areals. Er nutzt in dieser Lage geschickt die attraktiven schönen Bestandsbauten als Platzwand und inszeniert insofern einen neuen attraktiven Ort von charakteristischem Uerdinger Flair.

Leider ist das Problem der Anleiterbarkeit an Martkttagen nicht gelöst und es fehlt an Abstand zum Schutz der Erdgeschosslagen.
Die städtebauliche Figur der neuen Gebäudestruktur entwickelt sich westlich des Platzes wie selbstverständlich als geschlossener Block. Seine Ränder sind klar und vermitteln räumliche Kraft. Kontrovers diskutiert die Jury die Qualität der städtebaulichen Einfügung und das Maß der Durchlässigkeit. Auch wenn die Hoffigur gezielt und sensibel gewählte Einschnitte aufweist, wird die durchgehende Bebauung -insbesondere an der Wehrstraße- als zu massiv und die Baukörper als zu lang, auch die Innenhofgröße von Teilen der Jury als zu klein bemessen erachtet; eine kleinteiligere Reaktion auf Charakter und Körnigkeit der gegenüberliegenden Bebauung wird allgemein vermisst.

Die klare Trennung öffentlicher und privater Freiräume wird im Wesentlichen positiv gewertet, die nicht mögliche Durchwegung des komplett geschlossenen Blockes gleichwohl kontrovers diskutiert, dies auch im Hinblick auf die nicht sicher gestellten Flucht-und Rettungswege der zum Hof hin orientierten Wohnungen.

Typologisch weisen die Grundrisse durchaus brauchbare und erprobte Strukturen für Wohnungen unterschiedlicher Größen auf, vom Dreispänner über Laubengang-Erschließungen wird ein breites Angebot gemacht, das flexible Nutzungsmöglichkeiten erwarten lässt.
Architektonisch zeigt die Arbeit eine gewisse strenge zeitgemäße Fassaden- und Dachgestaltung auf. Ein städtebaulicher Hochpunkt an der süd-/östlichen Ecke setzt einen richtigen Akzent. Gut wird der „Burghof“ „(Eckhaus Am Röttgen/Alte Krefelder Straße) städtebaulich freigestellt und als Attraktionspunkt am südlichen Platzende schön inszeniert.

Die Fragen der Erschließung und der Unterbringung des ruhenden Verkehrs sind schlüssig gelöst, die Einfahrt in die Tiefgarage liegt richtig. Im Sinne eines zukunftsfähigen grün-blauen klimaresilienten Umgangs mit den Freiflächen sichert der nur in Teilen unterbaute Innenhofbereich ausreichend Platz für tiefwurzelnde erdgebundene Bäume und Grün. Auch das ergänzende Angebot eines Mobility Hubs im EG in unmittelbarer Nähe zum Busbahnhof scheint sinnvoll.

Insgesamt überzeugt die Arbeit durch ihre klare städtebauliche Figur, die Angemessenheit ihrer Dichte und formalen Ausformulierung und durch die räumliche Qualität ihres Platzes.
Platz Am Röttgen

Platz Am Röttgen