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Einladungswettbewerb | 02/2024

Neubau TÜV SÜD in Filderstadt

3. Preis

Preisgeld: 69.350 EUR

heinlewischer

Architektur

Gänßle + Hehr Landschaftsarchitekten PartGmbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der TÜV Süd ist an mehr als 800 Standorten in Deutschland, Europa, Amerika und Asien vertreten. Um den Standort in Filderstadt in baulich-räumlicher Hinsicht zu optimieren, ist ein Neubau der Geschäftsstelle mit Verwaltung, Laboren und einer Prüfstelle geplant.

Das neue Quartier entsteht als Komposition aus vier, in den Landschaftsraum des Fleinsbaches eingebetteten, geometrisch klaren und einfachen Baukörpern. In der heterogenen Umgebung mit Bauten großer Beliebigkeit bildet dieses neue Ensemble durch die Ruhe der Komposition und die Vernetzung mit dem Landschaftsgrün eine identitätsstiftende Adresse. Ein Platzraum an der Karl-Benz-Straße und eine grüne Gartenterrasse zum Fleinsbach definieren die Ein- und Übergänge in die neuen Gebäude. Die Fugen zwischen den Baukörpern erzeugen eine starke Vernetzung mit der Bachaue, die zur Karl-Benz-Straße erlebbar wird.

Die Prüfstelle und das Parkhaus sind im östlichen Baukörper untergebracht, die Labore und Werkstätten im Westen. Mittig bilden das weithin sichtbare Bürohochhaus und der über eine gläserne Erschließungshalle angebundene Flachbau – beide mit Büros in den Obergeschossen und Veranstaltungs- und Speisebereichen mit fließenden Übergängen im Erd- und Gartengeschoss – das Zentrum.

Die Entwicklung aller Gebäude folgt einem einfachen, orientierungsfreundlichen, funktionalen und sehr flexiblen Layout. Das Bürogebäude organisiert die Nutzflächen ringförmig um einen kompakten Kern, im Flachbau und im Laborgebäude sind die Nutzungen um einen begrünten Innenhof angeordnet. Die in erster Linie Fahrzeugen dienenden Flächen – die Stellplätze und die TÜV-Prüfstelle – sind synergetisch und flächensparend im ersten Gebäude des Ensembles vereint.

Die große Nutzungsflexibilität und die einfache, optimierte, ressourcensparende Bauweise tragen gemeinsam mit dem Einsatz vorgefertigter Bauelemente sowie recyclingfähiger Baustoffe und Konstruktionen in besonderer Weise zum Erreichen der hoch gesetzten Nachhaltigkeitsziele bei.

Team: Hanno Chef-Hendriks (verantwortlicher Partner), Julia Rudolph, Michael Ettwein, Paul Thum, Philippa Volz, Victoria Gómez Ballesteros, Katarzyna Glogowska, Artem Melashvili, Modell: Philipp Jenckel, VgV: Britt Bergholter

Beurteilung durch das Preisgericht

Als städtebauliche Antwort liefern die Verfasser ein starkes, sehr eindrückliches Statement zur gestellte Planungsaufgabe.
Zunächst, im Detail gelingt den Verfasser*Innen eine schöne, qualitätsvolle Verwebung der neuen Baumaßnahme mit den angrenzenden Außenräumen. Die Gebäude verorten sich gleichzeitig an dem nördlichen Landschaftraum, mit fließenden Übergängen zwischen der Parklandschaft und dem höher liegenden offiziellen Eingangsniveau, und eben der Erschließungsstraße im Süden. Drei der vier Bau-steine, die die neuen Einrichtungen für den Neubau TÜV-Süd beherbergen, gruppieren sich an einem zentralen, angemessen großen und öffentlichen Zugangsbereich.
Die Seminar- und Besprechungsräume sind zum Landschaftraum orientiert, die Kantine und die Barista-Bar Richtung Süden und unmittelbar an den Hauptzugängen – das ist klug gemacht und wirklich attraktiv.

Die vier Bausteine erklären sich aus den unterschiedlichen Nutzungen, die hier vorgesehen werden.
Die Prüfstelle im Osten liegt richtig, sie ist überbaut von einer Hochgarage. Hier ist nicht nachvollziehbare, warum das eindeutig geforderte Layout für die Prüfstelle im Erdgeschoss nicht abgebildet ist, sondern eine wesentlich Vorgabe ganz offensichtlich ignoriert wurde – das ist bitter, denn die Lage der Auffahrtsrampen für die PKWs ist so nicht umsetzbar. Gleichzeit entspricht das Gesamtvolumen, den für den TÜV notwendigen Abmessungen, so dass diese Idee, die Stellplätze über der Prüfstelle anzuordnen, prinzipiell umsetzbar wäre und eine überaus lohnende Überlegung darstellt. Das Volumen an diesem östlichen Grundstücksrand ist wirklich prima, die Fassade – wie im Modell erkennbar – eine ruhige, textil erscheinende Hülle, verschafft der technischen Prüfstation ein stattliches Volumen.

Am westlichen Grundstück positioniert sich das Werkstatt- bzw. Laborgebäude: sachlich, angemessen gute Raumzuschnitte, schön belichtet durch einen kleinen Innenhof.

Mutig ist die Setzung der beiden Bürogebäude, warum zwei – stellt sich hier als Frage? Aus der Komposition der Bauteile erklärt sich diese Haltung. Beide Gebäude zeichnen sich durch äußerst brauchbare Grundrisse aus, die sich aus der Teilbarkeit in präzise Einzelmietflächen erklären.
Die Komposition, der ganze Entwurfsvortrag erklärt sich aus der Höhenentwicklung, die die eigentliche Charakteristik dieses Entwurfs auszeichnet. Hier wird ein zehn- / elfgeschossiges Gebäude vorgestellt, eine Landmarke für den TÜV-Süd. Und das führt zu einer lebhaften Diskussion über das Angemessen, über Erwartungen und Zielsetzungen – über Maßstab und Selbstverständliches.
Ist es nicht eine Chance in einer „Nicht-Stadt-Umgebung“, einem diffusen Stück bebauten Ort, eine Prägung und damit eine Adresse durch eine unmissverständlich erkennbare, wiedererkennbare, architektonische Haltung zu gewinnen? Das gelingt diesem Entwurf zweifelsohne. Zumal die Plandarstellungen und die Aussagen eine konzentrierte, sorgfältige und durchdachte Planung dokumentieren.
Ein Hinweis, ob die lauten Werkstätten besser in Nähe der Parkgarage angeordnet wäre, die Büros und das hohe Haus dadurch näher an den westlichen Landschaftraum rücken sollte, ist dabei untergeordnet.

Es ist wieder einmal die feine Balance zwischen dem Angemessenen, dem Angepassten – welches gewöhnlich einen Bestand sichert (- aber welchen Bestand?) - und dem Besonderen und Zeichenhafte, das einen neuen Wert an einem Ort generiert – eine Balance, die die Jury beschäftigt und zu einer offenen und anregenden, sehr ausdrücklichen Diskussion führt.