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5. Rang 6 / 6

Projektwettbewerb, Selektives Verfahren | 02/2024

Wohnsiedlung Promulins in Samedan (CH)

Visualisierung

Visualisierung

6. Rang

Preisgeld: 4.000 EUR

Baseli Candrian

Architektur

BÖE studio

Landschaftsarchitektur

Annina Meier Architektur

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Das weilerartige Ensemble «VITURIN» wird aus zwei viergeschossigen Gebäudepaaren mit herausgelöstem Gemeinschaftsraum gebildet und auf entspannte Art entlang der Via Promulins arrangiert. Zwischen den Bauetappen mit je einem Paar aus Punkthaus und Riegelbau entsteht ein kleiner windgeschützter «Dorfplatz» mit Brunnen als Treffpunkt für die neuen Bewohnenden. Hierhin orientiert sich auch der atelierartige Gemeinschaftsraum mit seiner Feuerstelle. Ortsbaulich und volumetrisch überzeugt das Ensemble durch einen Wechsel aus baulicher Dichte und Durchlässigkeit zum Landschaftsraum der Isla Glischa. Die gestalteten Freiräume sind kontrastreich: An der Strasse wird eine grosszügige, versiegelte Vorzone mit Kopfsteinpflaster angelegt. Nur vereinzelt gliedern Pflanzbeete und Lärchen-Gruppen den Raum, der unmittelbar auf die Gebäude trifft. Hier wechseln sich in den Riegelbauten im Erdgeschoss überhohe Essküchen und Eingangsräume ab. Die Wohnungen im Hochparterre der Punkthäuser werden über kurze Treppenläufe an die Vorzone angebunden. In diesen Schwellenräumen überlappt sich das Private mit dem geteilten Raum. Die Kargheit der Vorzone kann im besten Fall als Robustheit und mehrfunktionale Ausgangslage gedeutet werden, die unterschiedliche Formen der Aneignung erlaubt. Für eine erhöhte Aufenthaltsqualität und einen ökologischen Mehrwert werden jedoch nur zurückhaltend Massnahmen ergriffen. Richtung Inn und Isla Glischa greifen Mauerfragmente in die Landschaft und weisen Gärten für die Bewohnenden aus. Die orthogonale Einfassung mit flachen Natursteinmauern wirkt plangrafisch und hinterlässt Fragen: Welches Angebot bieten die eingefassten Gärten wirklich für die Bewohnenden? Werden sie gemeinsam bewirtschaftet und die Intensität der Nutzung kollektiv verhandelt? Wird der gartenseitige Freiraum des Gemeinschaftsraums nicht zu stark der ersten Etappe zugewiesen, um sich an alle Bewohnenden zu richten? Gänzlich unklar ist die Bedeutung der Mauerstücke, die vereinzelt die Parzellengrenze nachzeichnen. Sie bilden Resträume aus und schaffen nur wenig Mehrwert im Zwischenraum. Die am Ort verankerten Freiraumtypen Dorfplatz, gepflasterter Vorplatz und Garten vermögen ihr Potenzial noch nicht vollumfänglich entfalten.

Die Tiefgarage wird unterirdisch neben den Baukörpern organisiert und im Westen von der Via Promulins erschlossen. Auch wenn die Garageneinfahrt ins Haus integriert wird, entsteht ein eher unattraktiver Auftakt für die neue Überbauung. Das betroffene Gebäude hat zudem seinen Eingang im Westen losgelöst von der kollektiven Vorzone. Die Adressierung wird besonders kritisch, wenn vorerst nur die erste Etappe realisiert wird: die Eingänge weisen dann zusammenhanglos voneinander weg und es entfaltet sich wohl wenig gemeinschaftliches Leben entlang der Strasse. Der Gebäudeausdruck wird aus dem typischen Engadiner Haus und seinen begleitenden Ökonomiegebäuden abgeleitet. Unter dem Prinzip «Masse und Struktur» treffen schwere, robuste Sockel aus hellem, kalkverputzen Einsteinmauerwerk und dunkle, natürlich vergrauende Holzlauben aufeinander. Die Übersetzung des Motivs und die Anreicherung mit weiteren baulichen Elementen wie Mauern und Toren erfolgt sorgfältig, die aufwändigen Modellbilder vermitteln eine vertraute, stimmungsvolle Atmosphäre, jedoch hätte eine stärker zeitgenössische Interpretation dem Projekt gutgetan. Die Frage, wie sich die PV-Elemente der Brüstungen in den Ausdruck einfügen würden, wäre z.B. ein möglicher Antrieb für eine überraschende Transformation gewesen, der sich die Verfassenden bedauerlicherweise entziehen. Eine weitere tragende Idee des Projektes liegt im «versenkten» Sulèr als mehrfachnutzbarem Erschliessungs- und Begegnungsraum. Die intensive Auseinandersetzung der Projektverfassenden mit Schwellenräumen setzt sich damit im Gebäude fort und schliesst auch die Schnittfigur mit ein. Die kleine Raumerfindung ist interessant, bringt jedoch auch gewisse Nachteile mit sich: die Zugangsrampen schneiden sich in den Vorplatz ein und sind kaum wintertauglich und die Lichtverhältnisse unter Terrain eingeschränkt.

Das «Werkhöfli» als Gartenausgang des Sulér und Ort zum Umtopfen, Spielen oder Reparieren ist etwas klein geraten, um ein starkes Element der Freiraumgestaltung zu sein. Von hohem Durcharbeitungsgrad sind die Wohnungen: der konsequente typologische Aufbau mit einer zentralen Wohnhalle, die fein differenziert zwischen Eco- und Standard-Typ unterschiedliche Nutzungsangebote macht, überzeugt durch einen grossen Wohnwert. Fast alle Wohnungen profitieren von Aussicht und Besonnung, die Individualräume sind vielfältig nutzbar. Lediglich die schmalen, winkelförmigen Zimmer in den kleinen Wohnungen eignen sich kaum als Schlafraum für zwei Personen. Die Maisonette-Wohnungen im Sockel erfüllen noch nicht die Anforderungen an eine hindernisfreie Architektur. In der Gesamtbetrachtung ist das Projekt reich an Ideen, die durch eine sorgfältige und inspirierte Recherche aus dem Ort abgeleitet werden. Vorallem im Zusammenspiel von Gebäude und Freiraum und im Ausdruck werden jedoch noch einige Schwächen erkannt.
Grundriss

Grundriss

5. Rang 6 / 6