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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2024

Umwandlung Fliegerhorst Fürstenfeldbruck in ein Wohn- und Arbeitsquartier

Perspektive Park

Perspektive Park

ein 3. Preis / 2. Stufe

Preisgeld: 21.250 EUR

Schellenberg + Bäumler Architekten GmbH

Stadtplanung / Städtebau

caspar.

Stadtplanung / Städtebau

studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Fliegerhorst FFB - Parkmeilen mit vielfältigen Nachbarschaften

Leitbild:
Die Grundstruktur des Gebiets wird durch die Landschaft und die Kulturgeschichte des Ortes definiert. Sie lässt sich von der Siedlungsgeschichte, der Natur, den umliegenden Wäldern sowie der Weite inspirieren. Aus der Verbindung bestehender Strukturen und neuer Grün- und Stadträume entsteht eine neue Identität. Gesamtstädtisch wird die Stadterweiterung genutzt eine ökologische Strukturierung und Biotopvernetzung der Landschaft zu erreichen. Ein neuer Grüner Ring sowie zusätzliche Freiraumkorridore Richtung Amper binden den Fliegerhorst in die übergeordnete Stadt- und Freiraumstruktur ein. Aus einem abseits gelegenen Standort wird ein integrierter neuer Stadtteil mit großem Entwicklungspotential für Fürstenfeldbruck sowie die Nachbargemeinden. Die Realisierung erfolgt in Etappen, die eine Offenheit für zukünftige Entwicklungen berücksichtigten.
Städtebau und Freiraum:
Drei Nord-Südverlaufende Klima- und Grünkorridore aus Wald, Wiese und Landwirtschaft gliedern das Gesamtgebiet. Sie prägen die städtebauliche Entwicklung. Es entstehen verschiedene Quartiere, die sich an die landschaftlichen Gegebenheiten anpassen und in die Landschaft einfügen. Als Wald-Inseln, Stadt-Natur und Campus-Felder entwickeln sie gemäß Ihrer Lage spezifische städtebauliche Leitbilder. Die Parkmeile bildet als zentraler Rentetions-Klima-Park mit Spiel-, Sport-, Freizeit-, Erholungs- und Kommunikationsangeboten das Bindeglied sowie den inneren Bezugsraum für das Gesamtgebiet. Darüber hinaus schließt sie den neu entstehenden Grünen Ring Fürstenfeldbrucks. Es entstehen ortssensible und zugleich spezifische Strukturen mit charaktervollen Freiflächen und somit vielfältige und attraktive Orte für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen.
Vernetzung mit der Umgebung:
Der Entwurf greift sämtliche Anknüpfungspunkte aus dem Bestand auf, verstärkt und verwebt diese zu einem feinmaschigen Netz. Vielfältige Bezüge in die Frei- wie auch in die Stadträume verbinden die Stadterweiterung ganz selbstverständlich mit den Siedlungsstrukturen, den Freiräumen sowie dem Grünen Ring.
Integration des baulichen und freiräumlichen Bestandes:
Das Vorhandene und die Geschichte des Ortes bilden die Basis der Entwicklungsstrategie. Sowohl strukturgebende Elemente, Gebäude, wie auch Biotopflächen und der Baumbestand werden auf Basis ihrer Lage und räumlichen Potentiale hin transformiert und bilden ein robustes und zugleich zeitloses Grundgerüst für die einzelnen Entwicklungsabschnitte. Dieses bietet die Chance für den Ort, ein schlüssiges Narrativ zu entwickeln und ihn spezifisch prozesshaft in die Zukunft zu entwickeln.
Siedlungs- und Nutzungsstruktur:
Für die Siedlungsstrukturen Stadt-Natur und Campus-felder werden ganz unterschiedliche Leitbilder entwickelt, die sich an die landschaftlichen Gegebenheiten anpassen und in die Landschaft einfügen. Die Teilquartiere innerhalb einer jeden Siedlungsstruktur variieren wiederum auch innerhalb des spezifischen Leitbildes. So finden sich bei der Stadt-Natur neben einem Zentrumsquartier mit Versorgungsfunktion, gemischt genutzte Quartiere des Alltags bis hin zu Wohnquartieren mit punktueller Mischnutzung. Die vorgeschlagene Bebauung zeigt auch hier eine Kombination verschiedener Bautypologien und bietet mit einer horizontalen und vertikalen Nutzungsmischung die Basis für ein breites Angebot an Wohn- und Arbeitsformen und somit für eine heterogene Bewohnerschaft. Die Campus-Felder reagieren auf die Veränderungen in den Arbeitswelten und der Nachfrage nach attraktiven Standorten mit urbanen Qualitäten. Es entstehen ein Forschungspark mit Biodrom, ein Gewerbepark sowie ein Bildungspark mit flexiblen prozesshaften Strukturen. Eine Staffelordnung untergliedert den Forschungspark mit Biodrom in zwei Staffeln. Sie bilden den städtebaulich gestalterischen Rahmen für die Ansiedlung von einem möglichst breiten Nutzungsspektrum zwischen kleineren Gewerbe-, Forschungs- und Dienstleistungsbetrieben (2.000 – 5000 qm) bis hin zu größeren klassischen Gewerbenutzungen (10.000 – 20.000 qm). Ein breiter Mieterbesatz samt diversifizierten Branchenmix ist somit gewährleistet. Synergien werden genutzt und ein Nachbar profitiert vom anderen. Das Rahmengerüst ist dabei nicht statisch, sondern kann bedarfsgerecht und flexibel auf Nachfragen reagieren und entsprechend angepasst werden. Selbst innerhalb der Baustaffeln gibt es große Flexibilität bei der Ausweisung einzelner Parzellen. Eine enge Verzahnung von Forschungs-, Produktions-, Büro- und Servicebereichen ist somit möglich. Besteht z. B. der Bedarf nach mehr Büro- oder Serviceflächen können sie mit Hilfe von Mezzaninebenen und Büroboxen schnell, flexibel und an den Nutzerbedarf angepasst, realisiert werden.
Flex Spaces ermöglichen es, Hallenflächen durch Zwischenwände oder Einbauten beliebig aufzuteilen und zu erweitern. Vermieter können diese Flächen je nach Bedarf umwandeln, Mieter können leichter expandieren oder sich verkleinern – und das ohne das Areal verlassen zu müssen.
Mit dem Ziel, Freiräume zu schaffen und zeitgleich baulich zu verdichten, wird der Fliegerhorst mittels Wohn-, Erholungs-, Bildungs- Gesundheits- und Gewerbeeinrichtungen ein neuer Ort, der weit über Fürstenfeldbruck hinaus strahlt. Jede Nachbarschaft funktioniert für sich und bildet zusammen mit dem Bestand eine integrierte in Etappen entwickelbare Struktur. Der Gebäudebestand wird dabei als kostbare Resource gewertet, die entsprechend ihrer räumlichen Lage bedarfsgerecht genutzt werden kann. Ein ausgeprägter öffentlicher Raum mit differenzierten Gestaltungsqualitäten und -intensitäten bildet zusammen mit den Freiräumen und der vorgeschlagenen sozialen Infrastruktur das qualitätsvolle Rahmengerüst in dessen Zentrum Gemeinschaft und Vielfalt stehen.
Gestaffelte Mobilität mit leistungsfähigen Schnittstellen: Ringerschließung, autoarme Quartiere und autofreie Parkmeile:
Der Klima-Loop übernimmt als Ring die übergeordnete Erschließung des Gesamtgebietes und ist an die B471 angebunden. Eine zweite Anbindung an die Bundesstraße ist im Osten geplant. Im Sinne einer zukunftsfähigen neuen Aufteilung der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur werden hier Flächen überlagernd genutzt und auf das klassische Separieren der Verkehrswege bewusst verzichtet. In der Breite großzügige, auf den Städtebau sowie Freiraum eingehende Geh, Fahrrad- und Grünbereiche schaffen eine vielfältig nutzbare sowie gut integrierte Bewegungsfläche für alle Verkehrsteilnehmenden. Entlang des Loops ist ausreichend Raum für die Abwicklung von Ladezonen, Kiss&Ride, Parken für mobilitätseingeschränkte Personen und sonstige Berechtigte. Der immer noch erforderliche motorisierte Kraftfahrzeugverkehr sowie der notwendige Wirtschaftsverkehr werden damit aufgenommen. Unmittelbar am Loop liegen die Quartiershubs. Diese dienen als multimodale Schnittstellen mit Sharing- und Leihangeboten zum Umstieg auf alternative Verkehrsmittel in die Quartiere. Die Hubs werden über aktive Erdgeschoss- und Dachflächen mit öffentlichen Gemein-schaftsfunktionen zu zentralen Bausteinen der Stadt, wo neben dem Parken auch soziale Aktivitäten und Austausch stattfinden. Die einzelnen Teilquartiere sind autoarm als shared space ausgebildet. Die Parkmeile sowie die daran angrenzenden Plätze sind autofrei. Ein tragfähiger ÖPNV mit E-Express-Bus nutzt die zur Parklane interpretierte Straße der Luftwaffe für eine interkommunale Anbindung. Die drei im Wettbewerbsgebiet zentral gelegenen Haltestellen bieten über kleinteilige Angebote, wie Kioske, Leih- und Fahrradparkhäuser, Aufenthaltsqualitäten sowie Angebote zum Umstieg auf Fahrrad- und E-Lastenräder. Hauptverkehrsträger ist somit neben dem ÖPNV das Fahrrad. Eine kreuzungsfreie Trasse für eine S-Bahnanbindung mit zwei Haltestellen ist als eine Option im nord-östlichen Bereich des Planungsgebietes vorgehalten. Für eine kurzfristigere Anbindung an das überregionale S-Bahnnetz schlagen wir eine urbane Seilschwebebahn für den öffentlichen Nahverkehr zum nächsten S-Bahnhof vor. Neben der Dimension Zeit bietet diese Lösung spektakuläre Ausblicke über das weitläufige Flugfeld und erzeugt eine hohe Ausstrahlungskraft für eine Mobilitätswende. Ein feinmaschiges Fuß- und Radwegenetz verbindet die Nachbarschaften untereinander sowie mit den Freiräumen. Eine neue gesamtstädtische Wege-Route macht den Grünen Ring erlebbar.
Nachhaltigkeit, Energiekonzept, Ökologie und Klimaresilienz:
Die intensive gestalterische Auseinandersetzung mit dem Regenwassermanagement führt zu einer guten blau-grünen Infrastruktur und zugleich zu attraktiven Freiräumen. Wind- und Grünkorridore erzeugen über Durchlüftung und Verschattung gemeinsam mit den Verdunstungsflächen des Wassers sowie schattenspendenden Bäumen ein günstiges Mikroklima. Es wird eine lokale Energieversorgung mit einem lokalen Energiemanagement entwickelt. Ein kaltes Nahwärmenetz mit Kombination aus Erdwärmetauschern, Sondenfeld, Abwasserwärme und PV-Anlagen bildet das übergeordnete Versorgungssystem mit Potential zur CO2 neutralen Versorgung. Synergieeffekte zwischen wärmeproduzierendem Gewerbe und wärmbedürftigen Wohnungen werden genutzt. Hinsichtlich der Umweltverträglichkeit in der Errichtung der Bauwerke ist es beabsichtigt, einen hohen Anteil der verbauten Energie der Gebäude sowie der Infrastruktur zu erhalten bzw. zu recyceln und bei den Neubauten in Verbindung mit dem Einsatz von rezyklierbaren Materialien wiederzuverwenden.
Wirtschaftlichkeit und Entwicklungsstrategien:
Das robuste sowie zeitlose städtebauliche Konzept der Freiräume und Baufelder ermöglicht eine abschnittweise nachfrageorientierte Realisierung, die eine hohe Dichte und damit eine große Anzahl an Wohn- und Gewerbeeinheiten bei gleichzeitig geringer Flächenversiegelung und guter Raumqualität aufweist. Zum Erreichen der Ziele der Fürstenfelder Wohnungspolitik - Vielfalt der Wohnformen und soziale Mischung - bietet das Konzept einen stabilen Rahmen, der eine Änderung des Wohnungsschlüssels verarbeiten kann. Die gesuchte Diversität der Bewohnerschaft auf allen sozialen Stufen und unterschiedlichen Lebensphasen wird mit einer großen Bandbreite von Wohntypologien ermöglicht sowie die Bildung von lebendigen Nachbarschaften gefördert.
Immissionsschutz: Der Lärmschutz spielt eine wichtige Rolle. Ein Staffelkonzept, zu dessen Elementen etwa die Riegelbebauungen an den Außenrändern zu den übergeordneten Erschließungen hin sowie gestaffelte Nutzungen, die in Ihrer Emissionssensibilität zwischen Gewerbe- und Wohnhöfen vermitteln können, sichern einen lärmgeschützten Quartiersinnenbereich gemäß DIN 18005.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Jury erkennt in der vorliegenden Arbeit ein robustes und verständliches städtebauliches Grundgerüst. Die gewünschten Nutzungen erscheinen ausreichend und in einem guten Mix erfüllt.
Bezüglich der übergeordneten Einbindung bildet der große Grünring Fürstenfeldbruck einen wertvollen Gedanken. Bei näherer Betrachtung bleibt die Arbeit jedoch in ihren westlichen und südlichen Anschlüssen der Grünachsen realistische bzw. konsequente Antworten schuldig. Im Westen ist keine ausreichende Fortführung dargestellt, im Süden ist sie nicht realistisch in der gezeigten Dimension umsetzbar.
Die direkt angebundenen Potentialflächen der Nachbargemeinden sind plausibel gesetzt und wären eine gut angebundene wünschenswerte Erweiterung des neuen Stadtteils über die Grenzen der Stadt Fürstenfeldbruck hinaus, der Olchinger Satellit wirkt im Gegensatz dazu leider verloren.
Die einzelnen Quartiere und Cluster sind gut proportioniert und werden von den Grünstrukturen der Parkmeile zusammengehalten.
Ein erster Neubau-Abschnitt im Westen, „Stadtnatur“ genannt, erscheint plausibel. Die Detaillierung der Blöcke ist dabei noch schematisch bzw. bezüglich Belichtung und unterschiedlicher Typologien oder bestandsorientierter Entwicklungsstufen nicht ausreichend differenziert.

Der große Erschließungsloop würde nur im Falle der Ergänzungen der Nachbargemeinden gerechtfertigt sein, anderenfalls wäre es eine Umgehungsstraße am Feld, ohne eine Adressbildung zu fördern. Gewürdigt wird, dass der Loop die Mitte und die Quartiere selbst entlastet.

Die Express-Bustrasse ist eine gute Lösung für das aktuelle Fehlen des S-Bahn-Anschlusses, die zusätzliche Seilbahn wird in ihrem Mehrwert hinterfragt.
Die großen Grünräume scheinen überproportional ausgedehnt und sind gleichförmig mit Wegen und grünen Clumps belegt. Auch deren Übergänge und Abschlüsse können nicht überzeugen. Die Parkräume scheinen sich zu verlieren, anstatt markante Punkte und Orientierung zu bieten.
Die Förderung des Biotopverbunds und die gut ausgebildeten Frischluftschneisen werden positiv bewertet. Es wurde im großen Maße auf den Erhalt der ökologischen Schutzflächen Rücksicht genommen.
Im Vergleich dazu wurde weniger Rücksicht auf den baulichen Bestand genommen. Dabei werden zudem Chancen verpasst, eine markante zukunftsorientierte Haltung für die städtebauliche Entwicklung auszuprägen. Dies spiegelt sich auch in zu wenig ausdifferenzierten Gestaltungen der öffentlichen Grün- und Erschließungsräume an den Schnittstellen wider, insbesondere am Kilometerbau oder in der Ausformulierung einer „Waldrandsiedlung“ als Quartierseingang. Die multifunktionalen Umprogrammierungen der großen Bestandsstrukturen, z.B. des Blauen Palais in ein Zentrum für Kongress, Bildung und Wohnen auf Zeit, werden positiv gewertet.
Bezüglich der Wirtschaftlichkeit wird das überfrachtete Mobilitätskonzept angekreidet (Seilbahn, Quartiersbus). Nur wenige Bestandsstraßen werden rückgebaut.

Die Arbeit liefert einen guten Beitrag zur schrittweisen Konversion des Fliegerhorstes und zu Erweiterungsmöglichkeiten. Die einzelnen Lösungen wirken im Detail großteils stimmig, jedoch auch schematisch.
Lageplan

Lageplan

Perspektive Quartiersplatz

Perspektive Quartiersplatz

Abgabeplan 01

Abgabeplan 01

Abgabeplan 02

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Abgabeplan 03

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Abgabeplan 04

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