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Begrenzt offener Realisierungs-Wettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungs– und Auswahlverfahren | 04/2005

Erweiterung der Evangelisch-Lutherischen Kirche

Ankauf

BKS & Partner Architekten Bauer Reichert PartGmbB

Architektur

kübertlandschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die 1934 erbaute Kirche bleibt erhalten. Nach wie vor nimmt sie ihre Identifikationsaufgabe für die Gemeinde wahr. Dabei wird sie durch die neue Landschaftsgestaltung unterstützt. Nähert man sich den Wettbewerbsgelände von Norden über den Burgstallerweg, trifft man wie gewohnt auf die \"Kirche am grünen Hügel\". An der Kreuzung Burgstallerstrasse / von Seckendorff-Straße entdeckt man dann das neue Gebäude. Es übernimmt die Aufgaben der bestehenden Kirche, die allerdings durch die gewünschten Anforderungen erweitert wurden.
Auch im neuen Zentrum ist die vorhandene Kirche als Raum für das Gemeindeleben ein wesentlicher Bestandteil. Sie nimmt den Geschwister-Beck-Gemeindesaal auf, der durch eine flexible Trennwand teilbar gemacht wird. Es entstehen so zwei multifunktionale Räume zu 50 m², vielseitig nutzbar für Gruppenveranstaltungen und Besprechungen. Die zum Boden verlängerten Fenster geben dem Raum Transparenz und verbinden ihn direkt mit dem Kirchenvorplatz. Saal und Vorplatz können so bei Veranstaltungen oder Festen als Einheit genutzt werden.
Das vorhandene Kruzifix aus dem Altarraum kann in der zum Gemeindesaal umgenutzten Kirche verbleiben.
Die Nebenräume und Büros sind in einem einfachen Anbau untergebracht. Zusammen mit dem neuen Kirchenraum und der umgenutzten Kirche bildet dieser ein großzügiges Foyer für Ausstellungen, Präsentationen oder den gemeinsamen gedanklichen Austausch vor und nach dem Gottesdienst.
Sakraler Mittelpunkt des neuen Gemeindezentrums ist jedoch der neue Kirchenraum. Zentral konzipiert bietet er – in seiner die Meditation unterstützenden Abgeschlossenheit - Geborgenheit und Ruhe zum Gebet. Er ist für große Gottesdienste oder Konzerte geeignet. Durch seine variable Bestuhlung kann er den unterschiedlichsten Anforderungen und den veränderlichen Besucherzahlen angepasst werden, ohne dass der Eindruck eines unangemessen großen Raumes entsteht.
Das Tageslicht wird indirekt in den Innenraum geführt über gestreut verteilte Lichtklappen in den Wänden und ein umlaufendes Lichtband zwischen Decke und Wand, das den Eindruck eines über dem Raum schwebenden Daches entstehen lässt. Die Lichtklappen und das Lichtband belichten auch bei Abendveranstaltungen den Raum mit unsichtbar integriertem Kunstlicht und signalisieren gleichzeitig durch ein interessantes Lichtspiel an der Fassade die Aktivitäten im Inneren des Kirchenraums nach draußen.
Die Einrichtung ist einfach und flexibel. Holz an Decke und Wand und ein heller Steinboden geben dem Raum einen freundlichen Charakter.
Die vorhandene Orgel wird auf einer kleinen Empore an der Kirchenrückwand untergebracht. Der Gemeindebau aus den 50-er Jahren wird bis auf eine Garage mit Geräteraum rückgebaut. Durch die damit verbundene Freistellung erhält das Pfarrhaus eine gewisse Privatheit, die der Familie des Pfarrers zugute kommt.
Zwischen der neuen Kirche und dem Pfarrhaus liegt der neu gestaltete Pfarrgarten, der der Gemeinde zum Entspannen, zum Spielen, für Veranstaltungen, aber auch für Gottesdienste unter freiem Himmel dienen kann.
Auf dem Wettbewerbsgrundstück vermitteln die Dachformen zwischen den Steildächern der umliegenden Wohnbebauung und den Flachdächern der im Norden angrenzenden Bildungseinrichtungen. Städtebaulich fügen sich die Neubauten wie selbstverständlich in die Umgebung ein.

Beurteilung durch das Preisgericht


Außen
Die baukörperliche Komposition wirkt ad hoc maßstäblich und gut integriert.
Logisch scheint, wie der Würfel über ein Foyer an die Kirche gefügt ist. Allerdings
täuscht das Ensemble unterschiedliche Werte und Inhalte vor. Nicht die tradierte
Kirchenbauform, sondern der klar geometrische Würfel nimmt den an sich anmutenden
Kirchenraum auf. Mit der westlichen Außenwand des Würfels wird ein Eingangsplatz
bezeichnet, aber ebenso der Grundstücksbereich vor der Kirche vom östlichen
Grundstück geschieden. Der Nebenraumtrakt an der nördlichen Grundstücksgrenze
stört die Massenkomposition.
Die Chance, den westlichen Vorbereich der Kirche als aktiv genutzte Zone für die
Gemeinde auszubilden, wird nicht wahrgenommen. Mit zurückhaltender Bauhöhen
entsprechen die Neubauteile der angrenzenden Nachbarbebauung.

Innen
Na ja, einfach einen neuen Kirchenraum neben den Bestand zu stellen – eine sehr
freie Auslegung der bisherigen Absicht. Dann auch noch so eine neutrale Box – da
bleibt die Seele des sakralen doch im Bestand. Dann aber: der neue Kirchenraum
ist wirklich schön, vom Licht, von der Proportion, der Stimmung, die hier anklingt,
sehr überzeugend. Ein differenziertes, liturgisches Geschehen ist hier mit Sicherheit
gegeben. Es ist klug, das Alte so zu nutzen, wie es ist – und es ist als Gemeindesaal
bestimmt brauchbar.
Der Gewinn dieses „Etikettenschwindels“ hat schon Gewicht: ein schlüssiger,
sakraler Raum, ein eindeutiges, unverbautes Erbstück bleibt erhalten, die
Nebenräume ergänzen das Ensemble zu einem modernen, lebendigen Gemeinde-
zentrum. Das Pfarrhaus erhält seine eindeutige klare Nutzung, ohne „Geschwister-
Beck-Saal“. In der Klarheit und Unabhängigkeit bzw. Eindeutigkeit der Räume
und ihre Brauchbarkeit hat dieser Entwurf einen unbedingten Wert.
Der Preis: ein additives Konzept.

Realisierung
Die alte Kirche bleibt fast vollständig erhalten, allerdings bleibt der Widerspruch
zwischen äußerem Erscheinungsbild und innerer Nutzung unaufgelöst.
Die Konstruktion der neuen Kirche ist einfach und wirtschaftlich. Nicht wirtschaftlich
jedoch sind der Abriss des bestehenden Gemeindesaals und der Umbau des Pfarrhauses.
Aufwändig erscheinen die nicht näher beschriebenen großflächigen Horizontal-
verglasungen über dem Foyer und die interessant und schön gestaltete Fassade des
Kirchenraums.