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Einladungswettbewerb | 09/2012

Nutzungskonzeption Schloss Schwarzburg

3. Preis

Preisgeld: 2.000 EUR

Rittmannsperger Architekten GmbH

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

„Licht und Schatten in der Deutschen Geschichte“

Alleinstellungsmerkmal / Steigerung der Attraktivität

Alleinstellungsmerkmal ist die historische Schlossanlage selbst mit ihren historischen Brüchen mit ihrem geordneten und gepflegten Umfeld. Ein neu hinzugefügtes Alleinstellungsmerkmal beinhaltet der Entwurf nicht; da er in sich schlüssig ist, wird es auch nicht vermisst.

Der Entwurf inszeniert die Gesamtanlage durch eine neue, zusätzliche Wegeführung. Diese führt über den ganzen Bergsporn hinweg, erschließt so das gesamte Schlossplateau und bezieht auch die heute nicht erschlossenen Bereiche mit ein, die dadurch zugänglich werden. Die neue Wegeführung verläuft an der Westseite des Plateaus. Durch ihre mäandrierende Führung über das Gelände erhöht sie den Reiz für den Besucher erheblich durch den Wechsel zwischen Enge und Weite, durch wechselnde Ausblicke und neue Blickbeziehungen zwischen der Architektur, dem gestalteten unmittelbaren Umfeld und der umgebenden Natur mit dem Schwarzatal und den gegenüber liegenden Bergrücken. Durch diese gezielte Führung, die auch den Westflügel der Schlossanlage mit einbezieht, wird das räumliche Erleben des Bergrückens erheblich gesteigert. Zusammen mit der historischen Wegeführung an der Ostseite des Bergsporns entsteht so ein spannungsreicher Rundweg, der die gesamte Anlage reizvoll erschließt. Bedingt durch die Topografie des felsigen Bergrückens ist die neue Wegeführung allerdings nicht barrierefrei. Die einzelnen Bauwerke sind jedoch durch die alte Wegeführung barrierefrei zu erreichen.

Umgang mit der vorhandenen Bausubstanz

Die Jury bewertet positiv, dass die vorhandene Bausubstanz schonend behandelt wird. Die historisch gewachsene Situation mit ihren groben Brüchen wird weitgehend belassen. Die hinzugefügten Wege und Ausstellungsflächen werden dem Vorhandenen berührungslos hinzugefügt. So bleiben die Brüche in der Geschichte des Bauwerks erkennbar und erlebbar. Allein der Ahnensaal wird in seiner historischen Dimension wieder hergestellt. Es bliebe der weiteren Bearbeitung überlassen, wie weit eine Rekonstruktion führen sollte.

Eingangssituation

Die neue Wegeführung führt durch den Westflügel hindurch, der damit mehrere Zu- und Eingänge erhält. Für den Ahnensaal im 2. Obergeschoss ist eine eigene Erschließung mit separatem Zugang vorgesehen. Inwieweit sich der Zugang zum Ahnensaal mit der öffentlichen Wegeführung durch den Westflügel überschneidet, ist an den Plänen nicht mit Sicherheit abzulesen. Die Jury kommt zu der Auffassung, dass die Vielfalt der Eingänge und Wegeführung den Reiz des Erlebens dieses Ortes erhöhen kann. Kritisch wir jedoch auch angemerkt, dass die Gestaltung des Wegenetzes – vor allem im Hauptgebäude – aufgrund einer Überinstrumentalisierung teilweise in starke Konkurrenz zur vorhandenen Raumordnung tritt.

Nutzung

Im Westflügel der Schlossanlage werden Flächen für eine Ausstellung „Licht und Schatten in der deutschen Geschichte“ angeboten, die vorwiegend für die warme Jahreszeit, also als Sommernutzung, angeboten wird. Eine Temperierung bzw. Heizung ist für den überwiegenden Teil der Räumlichkeiten im Westflügel nicht vorgesehen, bis auf den ehemaligen Ahnen- und Festsaal, der zumindest in seiner Kubatur wieder hergestellt und offenbar durch eine Heizung auch für eine Nutzung in der kalten Jahreszeit hergerichtet werden soll.

An der Stelle des ehemaligen Kirchflügels wird ein Neubau vorgeschlagen, in dem Empfang, vier Seminarrräume und ein Tagungssaal mit den entsprechenden Nebenräumen (Garderobe, Toiletten etc.) vorgesehen sind, die für eine ganzjährige Nutzung vorgesehen sind. Dieser Neubau erscheint nicht zwingend für das gesamte Nutzungskonzept und könnte optional auch in einem 2. Bauabschnitt umgesetzt werden. Allerdings ist nicht dargestellt, wie der Ort der zerstörten Kirche in der Zwischenzeit ohne diesen Neubau gestaltet werden soll. Überlegungen zu Krypta und Grablege der Schwarzburger Fürsten sind nicht angestellt.

Der Entwurf schlägt Übernachtungsmöglichkeiten für Wanderer und Radfahrer im Forsthaus vor. Auf den Bau neuer größerer Übernachtungskapazitäten wird verzichtet, ausdrücklich um die Nutzung und Verbesserung des Hotelangebots in Schwarzburg zu unterstützen.

Nutzung Seminar / Tagung

Der Entwurf sieht Seminar- und Tagungsräume in einem Neubau an der Stelle des ehemaligen Kirchflügels vor. Der Eingang zum Seminargebäude liegt eher versteckt in einer bewusst angelegten Baufuge zwischen dem Westflügel und den Neubau. Der Vorschlag für den Neubau an Stelle des Kirchflügels ist bereits recht weitgehend durchgearbeitet, die Jury vertritt jedoch die Auffassung, dass die Grundrisse durch eine weitere Durcharbeitung noch verbessert werden könnten. Der auf die Grundform eines Kubus reduzierte Baukörper, bewusst ohne Anklang an historische Architekturformen, soll mit einer Metallhaut mit großer Lochung versehen werden, der die Struktur des darunter liegenden Backsteinmauerwerks von 1940 durch ein anderes Material aufgreift und verfremdet. Die Lochung soll durch Beleuchtung zu einer Leichtigkeit der neuen Architektur führen, die dem Backsteinmauerwerk fremd ist. Der neue Baukörper hält zudem räumliche Distanz zu den bestehenden Mauern, über dem schweren, „nationalsozialistischen“ Backsteinmauerwerk soll der leichte, „demokratische“ Baukörper schweben, der die Seminar- und Tagungsräume enthält, in denen über Demokratie diskutiert wird.

Die Jury erkennt positiv an, dass sich der Baukörper vom Volumen her in die historische Anlage einfügt, sich gegenüber der vorhandenen Architektur zurücknimmt, nicht auftrumpft, und damit der Geschichtlichkeit des Ortes Vorrang und damit weiten Raum gibt.

Für den ruhenden Verkehr sind auf dem Schlossareal keine Flächen vorgesehen, auch eine Vorfahrt ist nicht explizit vorgesehen. Insgesamt sieht der Entwurf ein weitgehend autofreies Schlossareal vor. Die Seminarteilnehmer müssten ihre Fahrzeuge außerhalb unterbringen. An welcher Stelle dies sein könnte, klärt der Entwurf nicht.

Nutzung Gastronomie

Der Entwurf sieht eine gastronomische Einrichtung im Bereich der ehemaligen Pferdeställe vor. Die Jury begrüßt diesen Vorschlag, da die Einrichtung an einer durch Ausblicke auf das Schlossplateau und die umgebende Landschaft sehr attraktiven Stelle angeboten wird.

Architektonische Gestaltung

Die architektonische und landschaftsarchitektonische Gestaltung wird von der Jury in ihrer Grundidee als gelungen und insgesamt durchaus überzeugend betrachtet. Im Einzelnen und in manchen Details wäre sie bei einer weiteren Bearbeitung noch zu verfeinern.

Kosten / Wirtschaftlichkeit

Die Jury beurteilt die zu erwartenden Baukosten als überschaubar. Sie betrachtet es als positiv, dass der Entwurf auch in einzelnen Bauabschnitten umgesetzt werden kann. Auch die zukünftigen Unterhaltskosten schätzt die Jury als eher gering ein, jedenfalls solange der Neubau mit den Seminar- und Tagungsräumen noch nicht errichtet wurde. Die freie Zugänglichkeit der Gesamtanlage und auch des Westflügels erfordert wenig Personal, und durch den weitgehenden Verzicht auf eine Temperierung oder Heizung und damit auf eine Nutzung in der kalten Jahreszeit werden die Betriebskosten niedrig sein.
Erdgeschoss

Erdgeschoss

1. Obergeschoss

1. Obergeschoss

2. Obergeschoss

2. Obergeschoss

Schnitt Hauptgebäude

Schnitt Hauptgebäude

Ansicht

Ansicht