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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2014

Umbau Zehntstadel Steinheim zum Bürgergemeinschaftshaus

Detailschnitt

Detailschnitt

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 15.500 EUR

Bembé Dellinger Architekten und Stadtplaner GmbH

Architektur

merz kley partner

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Gegenstand des Wettbewerbs ist der Umbau des Steinheimer Zehntstadls zu einem Bürgergemeinschaftshaus, das den zahlreichen Vereinen, Organisationen und Gruppierungen der Bevölkerung zur Verfügung stehen soll und als Veranstaltungsort für Feste, Ausstellungen und Vorträge multifunktional genutzt werden kann.

Die Ruhe und Einfachheit und davon ausgehende Kraft des Gebäudes markiert im Zusammenspiel mit der „Alten Schmiede“, der „St.-Martins-Kirche“ und zahlreichen anderen historischen Bauten entlang der Egelseer- und Heimertinger- Straße den Auftakt zum historischen Dorfkern Steinheims.

Alle neu zu treffenden baulichen Maßnahmen sollen sich dieser Einfachheit unterordnen. Nur Weniges und absolut Notwendiges an der äußeren Erscheinung verrät die neue Zeit: das hölzerne Spalier im Westen mit dahinter liegender nötiger Fluchttreppe und dem neuen Guckfenster in den Saal, die neuen Gauben, traditionell gedeckt, aber mit neuer Lamellenverglasung und die neuen großen Tore der Tenne, die nur im Veranstaltungsfall geöffnet den Blick ins Innere frei geben und das Neue dort zeigen.

Ansonsten prägt eine denkmalpflegerisch - konservatorische Haltung das Äußere: die Mauerwerkflächen werden von neuzeitlichen Putzschichten befreit und präsentieren, mit einer feinen hellen Kalkschlämme überzogen, das Bestandsgebäudes sowie die Sandsteintafel aus dem Erbauungsjahr 1751. Die alten, verwitterten Dachziegel werden wiederverwendet und Holzkastenfenster mit feiner Besprossung markieren den Wohnteil von 1852.

Die Freianlagen nehmen das Typologische der Bauernhäuser auf: im Osten vor dem Wohnteil spielt der Staudengarten mit dem Thema des tradierten Bauerngartens und im Süden greift die einfache, multifunktionale Fläche thematisch den Wirtschaftshof auf. Von hier aus betritt man das Gebäude, nutzt die Freifläche für Feste im Freien, fürs Maibaumaufstellen oder aber als Erweiterung des Foyers ins Freie. Eine lange Steinbank, dahinter eingegrünt, grenzt die Parkplätze auf einfache Art ab und schafft Aufenthaltsqualität für die vielseitig bespielbare Hoffläche.

Durch den Einbau eines Wohnteils im östlichen Gebäudeteil vervollständigte sich 1852 das heutige Erscheinungsbild aus Wohntrakt, mittiger Tenne mit doppelflügeligen Toranlagen sowie den westlichen Stallungen mit zum Dachstuhl offenen Stapelböden.

Der klassische Mittertennbau ist somit Ausgangspunkt für die Anordnung der Funktionen des Raumprogramms.

Der Entwurf sieht die beiden großen Veranstaltungsräume für die dörfliche Musikkappelle sowie den multifunktionsalen Mehrzweckraum im Bereich des landwirtschaftlichen Teils des Gebäudes vor. Eine sensibel eingestellte Rahmenkonstruktion aus mehreren geschichteten Spalierstabwänden wird zum Instrumentarium der Grundrissorganisation neben der neuen, notwendigen Statik und bildet auf Höhe der bestehenden Zerrbalkenlage eine horizontale Plattform für den Proberaum der Musikkapelle aus.

Die Spalierstabwände dienen zugleich als planerisches Vokabular für die Ausformung zahlreicher infrastruktureller und räumlicher Anforderungen innerhalb und außerhalb des Gebäudes und ermöglichen dadurch eine entwerferische Verwebung von Innen- und Außenraum.

Das Abrücken der neuen Decke und der neuen Wände von den historischen Längsaußenwänden und die andersartige Materialisierung machen einen großen Teil des ehemaligen Volumens des Zehntstadls aus der Erbauungszeit wieder erlebbar. Durch das Entfernen der Stallungen wird hier kritisch auf den Urzustand Zehntstadl zurückgebaut.

Die mittige, zweigeschossige Tenne dient als großes Foyer und ermöglicht die funktionale Verbindung der großen Veranstaltungsräume zum östlichen Wohnteil, in dem unter anderen das repräsentative Sitzungszimmer in der alten Stube des Gebäudes mit weitgehend erhaltenen Wand- und Deckentäfern seinen Platz findet.

Durch die Bespielung des Wohntraktes mit kleinteiligen Raumgruppen wird ein größtmöglicher Erhalt der denkmalpflegerisch sensiblen Bausubstanz wie Innentüren, Fensteranlagen sowie der Wandverkleidungen ermöglicht.

Konstruktiv und statisch funktioniert der eingestellte Stabbau aus in den umliegenden Forsten geschlagenen Hölzern als eigenständiges System, das durch horizontal eingelegte stählerne Zugbänder eine Stabilisierung der historischen Bausubstanz sowie des Kehlbalkendaches ermöglicht.

Bei der Einrichtung einer belastbaren Stahlbetonbodenplatte wurde auf minimale Eingriffe in die bestehende Gebäudegründung geachtet. Zugleich kann die Sanitär- und Technikinstallation Ziel führend im unterirdischen Stahlbetonkeller konzentriert werden. Die handwerklich gearbeitete hölzerne Rippendecke mit Stahlbetonverbund bietet Platz für den problemlosen Verzug lufttechnischer und elektrischer Installationen, schont damit das umgebende Bestandsgebäude und steift diese zugleich horizontal aus.

Um die innenräumliche Erscheinung und materielle Wertigkeit im Bereich der Stallungen und Tenne aus leicht geschlämmten Ziegelwänden sowie sichtigen Holzbalken weitest möglich zu belassen, wurde eine hochwertige Aufsparrendämmung in Verbindung mit einer innen liegenden Dämmung innerhalb der Brückenfeldern gewählt. Filzflächen innerhalb der Brückenfelder dienen dabei der akustischen Ausformulierung.

Um die innenräumliche Erscheinung und materielle Wertigkeit im Bereich der
Stallungen und Tenne aus leicht geschlämmten Ziegelwänden sowie sichtigen Holzbalken weitest möglich zu belassen, wurde eine hochwertige Aufsparrendämmung in Verbindung mit einer innen liegenden Dämmung innerhalb der Brückenfelder gewählt.

Durch diese Maßnahmen bleibt sowohl das ästhetische Erscheinungsbild des Dachstuhls als auch die typischen Brückenbauweise des Ziegelmauerwerks erlebbar. Das Gebäude stellt sich selbst aus.

Der entwerferische Umgang mit dem Wohntrakt und seinem reichhaltigen bauhistorischen Befund an Tür- und Fensterelementen sowie reich verzierten Wandtäfern wird von einer denkmalpflegerisch- konservatorischen Haltung geprägt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit zeigt eine gelungene städtebauliche Positionierung. Es gibt einen großzügigen Freibereich mit guter Aufenthaltsqualität. Die Situierung der Parkplätze am südlichen Ende ist verkehrstechnisch gut gelöst.

Anzuerkennen ist beim Zehntstadel die Beibehaltung der historischen Struktur, mit den zusätzlichen Einbauten, die als neue Elemente erkennbar im Material additiv hinzugefügt sind. Der Mehrzweckraum kann bei Bedarf zum Außenbereich hin geöffnet und somit mitbenutzt werden. Der großzügige Eingangsbereich mit klarer und übersichtlicher Treppenführung ist gut gelöst, wenn auch die Positionierung des Aufzugs nochmal zu überdenken wäre.

Die Situierung der Lagerräume im Zwischengeschoß könnte optimiert werden. Der Probenraum für die Musik entspricht in seinem Zuschnitt und in der Räumlichkeit den Vorgaben. Wegen der fehlenden akustischen Abgrenzung, bedingt durch die großzügige Erlebbarkeit des Dachraumes, sind Nutzungseinschränkungen zu erwarten (bei gleichzeitiger Nutzung von Mehrzweckraum und Proberaum).

Hervorzuheben ist die Lösung des ersten Rettungsweges, welcher als neues Element an der Westseite des Gebäudes angebracht ist, mit dem gleichen Gestaltungselement, das im Gebäude wiederzufinden ist.

Sehr gut gelöst ist die funktionale Lage und Wirtschaftlichkeit des Kellers, welcher auf die Gegebenheiten des Gebäudes Rücksicht nimmt.
Die Jury lobt die Beibehaltung des historischen Gebäudecharakters, welcher durch die Wiederbelebung der Klappläden prägnant erfolgt. Ebenso ist die Idee des quadratischen Lichtelements an der Westfassade hervorzuheben, welches einen großzügigen Blick auf die Landschaft freigibt.

Der Entwurf zeigt eine gute räumliche Gliederung im dorfgemäßen Charakter. Das Außenlager ist gut situiert und von der Größe her überzeugend. Das Bauerngarten-Zitat mit Staudenflächen und Sitzmöglichkeit auf der Ostseite ist lobend hervorzuheben.
Hervorzuheben ist der sehr behutsame Umgang mit dem Denkmal; lediglich die Dichte und die Platzierung der Gauben bedürfen einer Überarbeitung.
Erdgeschoss und Freianlagen

Erdgeschoss und Freianlagen

Ansicht West

Ansicht West

Querschnitt Tenne

Querschnitt Tenne

Ansicht Süd

Ansicht Süd