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Mehrfachbeauftragung | 01/2016

COLOGNEO I - Baufelder MI1 und MI2

2. Preis / Mit der Realisierung beauftragt Baufeld MI1

Preisgeld: 5.000 EUR

kadawittfeldarchitektur

Architektur

Erläuterungstext

Leitideen für die Wohnbauten MI 1 und MI 2


Geradlinige Raumkanten innerhalb des Bebauungsplanes:

Zwei schlagkräftige Blockrandbebauungen mit jeweils fünf Etagen und Staffelgeschoß bilden den geforderten Wohnungsmix ab. Beide Wohn- Blöcke ergänzen das Cologneo- Quartier aus Solitär- Gebäuden und schaffen klare Raumkanten im Sinne der städtebaulichen Leitidee.
Die Ringstrukturen bestehen im Wesentlichen aus einer differenzierten Erdgeschosszone, einem darüber homogen gestalteten Volumen und einem kontrastierenden Staffelgeschoß mit leichtem Pergola- Dach.
Der „Sockelbereich“ bzw. die Erdgeschosse beider Häuser sind gestaltprägend abwechselnd ein- oder zweigeschossig, mal bodentief verglast, mal mit erhöhten Loggien ausgestattet. Teils doppelgeschossige Nutzungseinheiten stehen neben eingeschossigen Modulen und verleihen beiden Blockrandhäusern entlang des Fußgänger- Niveaus zu allen Seiten ein für das Quartier Identität stiftendes Äußeres. An weithin sichtbaren, strategisch sinnvollen Stellen entstehen zwischen den Erdgeschoß- Modulen großzügige Öffnungen für Zugänge (separate Erschließungen) von Wohnungen in den oberen Etagen. Trotz des hohen Differenzierungsgrades der EG- Fassaden stehen beide Häuser eindeutig „am Boden“ und innerhalb der B- Plan- Grenzen.


Differenzierte „Sockelzone“ für Sondernutzungen und individuelles Wohnen:

Die „räumliche und atmosphärische“ Befeuerung der Erdgeschosse im Innenhof und an den Außenseiten der Gebäude ist keineswegs „nur“ Gestaltungswille. Vielmehr werden Sondernutzungen und individuelle Wohntypen im Erdgeschoß nach außen ablesbar.
Dies garantiert eine lebendige, nachvollziehbare Durchmischung von Nutzungen und Nutzergruppen, vielfältigen Grundrissen, Loft- und/ oder Maisonette- Wohnungen sowie Räumlichkeiten für kombiniertes Wohnen und Arbeiten für alle Altersgruppen.
Beide Häuser besitzen an ihren vier exponierten Ecken im Erdgeschoß weithin sichtbare Laden- oder Café- Flächen. Sechs großzügige Lobbies (je drei an den Längsseiten der Gebäude) mit je einer Treppe und einem Aufzug in Haus MI 1 (MI 2: acht Lobbies) bilden die Adressen bzw. Zugänge für die Wohnungen in den Obergeschossen. Die „Sonderwohneinheiten“ im Erdgeschoß sind grundsätzlich „durchgesteckt“ organisiert und für kombiniertes Wohnen und Arbeiten bzw. Produktion ausgelegt. Sie gliedern sich typologisch in vier Typen:

1 Hochparterre:
Dieser Typus beschreibt die konventionelle eingeschossige Wohneinheit, die durch ihre Höhenlage sowohl nach außen als auch in den Innenhof größte Privatheit für Bewohner im Erdgeschoß garantiert. Je nach Wunsch können beide Stirn- Seiten als Wintergärten oder Loggien ausgebildet werden.

2 Split- Level:
Die eingeschossigen Split- Level- Wohnungen sind in den Hof hinein höher gelegt, an den Außenseiten jedoch ebenerdig ausgeführt. Dies ermöglicht beispielsweise ein kombiniertes Wohnen (hinten) und Arbeiten (vorne) oder das Wohnen auf unterschiedlichen Niveaus. Auch diese Einheiten können zum Hof entweder mit einer erhöhten Loggia oder mit einem Wintergarten bestückt werden.

3 Maisonette:
Die Maisonette- Wohnung besitzt zwei Etagen und einen doppelgeschossigen Luftraum über dem Esszimmer mit Küche. Der Essbereich befindet sich stets an der Straßenseite. Der Maisonette- Typ kann je nach Vorliebe oder Nutzer entweder als Hochparterre oder ebenerdig ausgeführt werden. Die Hochparterre- Lösung ist nach außen mit einer offenen Loggia und zum Innenhof mit einem Wintergarten oder einer weiteren Loggia bestückt. Im Regelfall schläft man in dieser Einheit im Obergeschoss und wohnt unten.

4 Atelier:
Atelier- Einheiten sind gänzlich ebenerdig und eingeschossig gestaltet. Dieser Typus eignet sich am besten für kleinere gewerbliche Nutzungen wie Schneidereien, Modeateliers, Reinigungen, Boutiquen, Handwerksbetriebe, Werkstätten oder Popup Stores.

Während alle Wohnungstypen im Erdgeschoß zu den öffentlichen Straßen- oder Platzseiten hin bündig in die Gesamtfassaden der Gebäude integriert sind, ragen die Einheiten in den Innenhöfen wie „Guckkästen“ oder Schatullen plastisch über die obere Fassadenkontur hinaus. So ist die Sockelzone in den Höfen räumlich abwechslungsreich und für die einzelnen Bewohner Identität stiftend. Jeder besitzt sein eigenes individuelles „Häuschen“ am Hofgarten.


Homogenität in den Obergeschossen- Wohnungsmix gemäß Auslobung im Gebäude- Schaft und wirtschaftlich leistungsfähige Struktur:

Die Obergeschosse 1- 4 gliedern sich in beiden Gebäuden in Ost- West- und Nord- Süd- Flügel.
Im Norden und Süden (Gebäudetiefe 14m) gelegene Wohnungen werden „durchgesteckt“, die Ost- West Spangen (Gebäudetiefe 18m) sind jeweils mit Mittelgang organisiert.
Die im Osten und Westen gelegenen Wohnungen erreicht man über 4 Kerne (Treppe und Aufzug) an den innenseitigen Gebäude- Ecken. Diese Treppenhäuser sind über Fenster zum Hof dennoch natürlich belüftet.
Die „innere Straße“ dieser Spangen ist mit großzügigen Lobby- Zonen vor den Erschließungskernen ausgestattet und über Raum hohe Fenster an den Stirnseiten natürlich belichtet.
Die Nord Süd- Flügel in Haus MI 1 werden zusätzlich über je eine Treppen- und Aufzugsanlage separat erschlossen. In Haus MI 2 liegen ebendort je zwei Kerne.
In den Ost West Spangen befinden sich größtenteils 1,5 und 2 Zimmer Wohnungen, während die 3 Zimmer Einheiten gleichmäßig in beiden Flügeln und eher in den oberen Etagen angeordnet sind.
In beiden Häusern besitzen alle Wohnungen nach außen Loggien und nach innen in den Hof Terrassen.
Bei einer Bruttogeschoßfläche von 38.465m² (MI 1 und MI 2 gesamt) und einer Wohnfläche von etwa 29.550m² (inklusive 50% Loggien- und Terrassen- Flächen) beträgt der Wirtschaftlichkeits- Faktor etwa 77%.


Leichte Pergola- Dächer über den Staffelgeschossen:

Die Lebendigkeit der beiden Wohnbauten findet Ausdruck in einem spielerisch gestalteten Staffelgeschoß mit Pergola- Dach. Während der Schaftbereich der Gebäude (1.OG- 4.OG) eine geradlinige und homogene Fassadengestaltung besitzt (außen Loggien/ innen Terrassen), sind die Staffelgeschosse individuell gestaltet. Grundsätzlich befinden sich ganz oben alle 4 und 5 Zimmer Wohnungen mit eher offenen Grundrissen. Freistehende „Pavillon- Wohnungen“ auf der Nord Süd- Seite sind von Dach- Terrassen umspült. Alle Einheiten erhalten durch locker vor- und rückspringende Fassadenkonturen ihre nötige Privatheit auf den Terrassendecks.
Die Staffelgeschosse der Ost- West- seitigen Einheiten sind jeweils die Obergeschosse der von OG 4 zugänglichen Maisonette- Wohnungen.
Über der „freien“ Grundriss- Kontur liegt das rechteckige, alle Staffelgeschoß- Einheiten überspannende Dach, welches stellenweise wie eine Pergola mit Lamellen Schatten unter freiem Himmel spendet.


Materialität und Konstruktion: Industrieller Charme

Die Neubauten sollten den industriellen Charme des Gesamtquartieres Cologneo (Backstein, historische Stahlkonstruktionen, rohe Oberflächen) widerspiegeln und dem Anspruch an eine zeitgemäße Interpretation Rechnung tragen.
Beide Häuser- Fassaden erhalten überwiegend ein Blendmauerwerk aus Backsteinen. Während beide Gebäude die gleiche Fassadenstruktur aufweisen, unterscheiden sie sich in der Farbgebung. So erhält MI 1 einen kräftigen, rostroten Farbton und MI 2 ein gedeckteres Braun mit geringerem Rotanteil. Die differenzierte, in den Innenhöfen plastisch in Erscheinung tretende Erdgeschoßzone gliedert sich in einzelne Module, die wie Schatullen (außenliegende, umlaufende Metall- und Stahlblech Rahmen in Anthrazit) in die „Backsteinkörper“ eingeschoben werden. Raumhohe Verglasungen in den innenseitig mit Stahlblech verkleideten Öffnungen und Holzbodenbeläge in Loggien und auf Terrassen kontrastieren mit den Ziegel- Oberflächen. Die Metallrahmen werden durch Schattenfugen vom Blendmauerwerk getrennt. Die Schatullen sind als Referenz zu bekannten Industriebau- Motiven zu verstehen (siehe Beispielbilder auf Plakat).
Die gestalterischen Themen der Außenfassaden werden in die Erdgeschosszonen der Innenhöfe übertragen und dort unterschiedlich interpretiert. Podeste für Loggien und Terrassen, Gärten und „Holzdecks“ schaffen gleichermaßen Privatheit wie abwechslungsreiche Außenraumgestaltung.
Das Staffelgeschoß besitzt abwechselnd raumhohe Verglasungen und hinterlüftete Aluminiumpaneele in Weiß und Silber (siehe bitte auch Schaubilder und Detailschnitt).


Außenanlagen: Urban Patchwork im Innenhof

Die Innenhöfe beider neuen Gebäude sind mit unterschiedlich großen, teils begrünten, oder mit Holz gedeckten „Inseln“ ausgestattet, welche bewusst –einem Patchwork gleich- versetzt angeordnet sind. So besitzen die Höfe keine zentrale Mitte, sie sind vielmehr in ein Netz aus Wegen zum Lustwandeln gegliedert. Die „Pfade“ laden dazu ein, die Höfe diagonal zu durchqueren, oder sich an unterschiedlichen Orten niederzulassen. Je nach Funktion sind die Inseln wie Intarsien in einen Natursteinbelag gebettet (Kinderspielflächen aus Sand, Rasen oder Holz) oder wie begrünte Podeste aus Beton oder Holz (zum Sitzen, für Zierpflanzen, niedrige Bäume) ausgebildet (siehe bitte auch Erdgeschossplan und Schaubild Innenhof).


Brandschutz:

Die Tiefgaragen der Baufelder MI 1 und MI 2 werden jeweils in zwei Rauchabschnitte mit einer Fläche von weniger als 2.500 m² unterteilt. Jeder Rauchabschnitt verfügt über zwei bauliche Rettungswege, die über die notwendigen Treppenräume und die davor gelagerten Schleusen erfolgt.
Im Erdgeschoss kann jeweils eine Entfluchtung unmittelbar ins Freie erfolgen.
Die Wohnungen ab 1. Obergeschoss werden zum Großteil über einen vorgelagerten notwendigen Flur erschlossen, der zu zwei notwendigen Treppenräumen führt. Eine Sicherstellung des ersten und zweiten Rettungsweges ist somit gewährleistet. Bei Wohnungen, die nicht an die notwendigen Flur angrenzen, sondern unmittelbar über notwendige Treppenräume erreicht werden können, erfolgt der zweite Rettungsweg entweder über eine interne Treppe der Maisonette- Wohnungen ins Erdgeschoss oder der Rettungsweg kann über Rettungsgeräte der Feuerwehr und einer anleiterbaren Stelle gewährleistet werden. Der Bereich zwischen beiden Gebäuden ist gemäß Bebauungsplan als Grünfläche ausgelegt, so dass eine Befahrung durch die Feuerwehr nicht oder ggf. nur eingeschränkt möglich ist. Eine Anleiterung der Wohnungen, die zu dieser Seite ausgerichtet oder nur zum Innenhof gelegen sind, ist somit nicht garantiert. Zur Sicherstellung des zweiten Rettungsweges sind vor diesen Wohnungen Balkone angeordnet, die Übergänge zu den weiteren Treppenräumen ermöglichen. Dadurch kann auch für diese Wohnungen ein zweiter baulicher Rettungsweg, der unabhängig von der Innenhofgestaltung und der Nutzung des Grünstreifens ist, sichergestellt werden. Die bauordnungsrechtlichen Anforderungen werden somit erfüllt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept, die Baublöcke über drei ablesbare Gebäudeschichten zu entwickeln, wurde auch in der zweiten Phase beibehalten. Dabei wurden die vormals kritisierten unruhigen Bereiche im Sockel und Dach durch einfache Mittel beruhigt und das Gebäude „geerdet“. Die Arbeit ist detailliert ausgearbeitet und erfüllt funktional viele Anforderungen. Insbesondere der Umgang mit dem Erdgeschoss und die hohe Flexibilität der Grundrisse überzeugen die Jury. Hierin wird die Stärke der Arbeit gesehen. Durch die Möglichkeit im Erdgeschoss mit verschiedenen Levels unterschiedlichste Grundrisse anzubieten, die sowohl als kleine Atelier- und Ladeneinheiten, kombinierte Wohn- und Atelierlösungen oder Wohnungen mit innovativeren Grundrissen funktionieren, wird einerseits ein Beitrag zur Belebung der Erdgeschosszonen erreicht und gleichzeitig dem Investor die Möglichkeit gegeben, flexibel auf Nachfragen zu reagieren. Die Besonderheit des Ortes mit seiner Geschichte und auch dem kreativen Potential wird durch die aufgezeigten Erdgeschosslösungen auf die neuen Blöcke MI1 und MI2 übertragen. Allerdings kann im Gegensatz zur aufgezeigten und überzeugend dargestellten Lösung für das Erdgeschoss die Fassade noch nicht überzeugen. Auch hier erfüllt der Entwurf funktional alle Anforderungen, das Gebäude wirkt jedoch schematisch und es fehlt an Ausstrahlung. Die Wahl der Materialität entspricht zwar dem Umfeld und damit dem gewünschten Materialkanon, letztlich fehlt jedoch eine detaillierte und liebevolle Auseinandersetzung mit diesem. Die Jury würde sich hier eine Gestaltung wünschen, die durch eine Differenziertheit und einem Spiel die Blöcke in ihrer Massivität „entschärft“ und ihnen etwas Besonderes gibt. Die in den Plänen und im Vortrag gewählten Beispiel und Zitate sind durch die vorgeschlagene Gestaltung derzeit noch nicht erreicht. Nicht überzeugen kann das gewählte „Flugdach“, das wie ein Deckel auf den Gebäuden sitzt, dies wäre zu überarbeiten.