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Offener Wettbewerb | 03/2021

Erneuerung Textilmuseum in St.Gallen (CH)

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 22.000 CHF

Christian Kerez

Architektur

Caretta+Weidmann Baumanagement AG

Projektsteuerung

Dr. Schwartz Consulting AG

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Vorhaben fügt sich in Volumen, Gebäudehöhe und Dachform in den städtebaulichen Kontext und die Dachlandschaft ein. Es geht aus von einer grundlegenden Neudisposition der Flächen und Funktionen, insbesondere von der weitaus überwiegenden Unterbringung der Sammlungsdepots mit Lager- und Technikflächen in einem neuen, zweigeschossigen Dachaufbau sowie der Unterbauung des Bestands mit einer grosszügigen unterirdischen Ausstellungshalle. Büro-, Werkstatt- und Restaurierungsbereiche im 3. Obergeschoss rücken damit näher an die zu bearbeitenden Sammlungsbestände heran; Wechselausstellungen sind in der neuen Untergeschosshalle für die Öffentlichkeit leichter zugänglich. Zugleich können mit den im Dachund Untergeschoss neu entstehenden geschlossenen Räumen die empfindlichen Sammlungsund Ausstellungsobjekte konservatorisch angemessener deponiert und präsentiert werden. Das Projekt geht aus von der Absenkung des gesamten Hochparterres und allseitigen Öffnung des Sockelgeschosses auf Strassen- bzw. Hofniveau. Die mit Freisitzen im Hof- und Strassenraum erweiterte Gastronomie im östlichen Risalit, ein im zentralen Eingangsbereich angesiedelter Shop sowie der im Westrisalit ausgewiesener Lounge-/Ausstellungsbereich profitieren von den ebenerdigen Öffnungen und leiten über zu den öffentlich zugänglichen Ausstellungs- und Veranstaltungsbereichen im ersten und zweiten Ober- sowie im Untergeschoss. Die erhaltene repräsentative historische Treppenanlage erschliesst die überlieferten drei Obergeschosse, die weitestgehend im historischen Bestand mit den charakteristischen Stützenreihen und Fensteröffnungen in den Seitenrisalit-Sälen erhalten und genutzt werden können. Ein neuer Aufzug mit Fluchttreppenhaus in die Ober- und Dachgeschosse sind im Gebäudezwickel parallel zum historischen Treppenhaus angelagert. Das Ausstellungsgeschoss ist über einen Lift und eine auslandende Wendeltreppe aus dem Erdgeschoss erreichbar und über eine gewendelte Rampe vom Hof aus anlieferbar. Ermöglicht wird diese in zwei Bauetappen vorgesehene höchst rationale Neudisposition der Flächen und Funktionsverteilung durch eine kühne – und aus denkmalpflegerischer Sicht höchst fragwürdige – architektonische-konstruktive Intervention. Das Projekt schlägt eine in den Hof- und Strassenraum ragende, etappenweise Unterfangung des Altbaus und seine Lagerung auf einem «Kassettendecke» genannten mächtigen Gitterrost vor, dessen Balken die darüber befindliche Struktur des historischen Tragwerks nachzeichnen und überwiegend ausserhalb der Grundfläche des Bestandsbaus auf neuen Schlitzwänden gründen. Vermittels des dadurch entstehenden Tragwerks entsteht ein «Tisch», auf dem der Altbau gelagert, sozusagen abgestellt, und zugleich ein stützenfrei überspanntes Untergeschoss als grosszügige Ausstellungsfläche geschaffen werden kann. Das Raumprogramm überschreitet die Testplanung mit 4 243 m2 um ca. 20 Prozent. Der Entwurf besticht durch die radikale Konsequenz, mit der die Vision einer funktionalen Neukonzeption des Textilmuseums im und gegen den denkmalgeschützten Bestandsbau durchgeplant ist und unerwartete Möglichkeiten für die angestrebte Erneuerung des Hauses und der Einrichtung eröffnet, und er irritiert durch die radikale Konsequenz, mit der das konservatorische Anliegen ignoriert und die historisch-architektonische Visitenkarte des «Palazzo Rosso» von St. Gallen überschrieben wird.