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Einladungswettbewerb | 09/2019

Teilumnutzung der Kirche St. Walburga in Emden zu einem Kolumbarium

Anerkennung

Preisgeld: 2.000 EUR

Hollenbeck Architektur

Architektur

Erläuterungstext

Kolumbarium St. Walburga in Emden
Katholische Kirchengemeinde Christ König Emden, Bistum Osnabrück

„Seit über 40 Jahren gehe ich in die Kirche St. Walburga. Jetzt gibt es hier auch ein Kolumbarium. Trotzdem habe ich immer noch das Gefühl in meine alte Kirche zu gehen.“
Es war uns wichtig, die Identität des Raumes zu erhalten. Die Urnengräber nehmen die Reihung der alten Bänke auf. Nichts ragt in die Höhe. Der Blick bleibt frei.

„Das Rot der gebrannten Grabplatten erinnert mich an die norddeutsche Keramikkunst. Für mich ist es ein Stück Heimat. Es ist schön, dass ich meinem Vater eine Blume aufs Grab stellen kann. Der Anblick der vielen unterschiedlichen Blumen ist sehr tröstlich.“
Wir haben ein typisch norddeutsches Material gewählt. Die Abdeckplatte, die Vase und das Kerzenloch werden aus einem Material geformt und zunächst einfach gebrannt. Für eine Urnenbeisetzung wird die Abdeckplatte beschriftet, glasiert und final gebrannt. Dieser Prozess kann von den Hinterbliebenen begleitet werden und ist Teil der Trauerarbeit.

„Beim Gottesdienst sitze ich immer direkt neben dem Grab meiner Frau. Hier steht eine Bank und ich kann den Pfarrer gut hören. Genau hier haben wir früher immer zusammen gesessen.“
Der Feierraum ist räumlich nicht vom Kolumbarium getrennt. Lediglich die Beleuchtung und die Materialität unterscheiden die beiden Funktionen. Beide Räume haben eine vollständig eigene Raumstimmung. Der Feierraum erweitert sich über die Möblierung mit den Bänken in das Kolumbarium. So kann der Gottesdienst zusammen mit den Verstorbenen erlebt werden.

„Ich komme immer montags abends in den Sakralen Garten. Hier genieße ich die Stille. Doch oft komme ich mit anderen Menschen ins Gespräch, was mir bei meiner eigenen Trauer sehr hilft.“
Der Sakrale Garten ist sehr schlicht gehalten. Er richtet sich nach Innen und wird durch eine Hecke von der Umgebung getrennt. Das zentrale Aschegrab und der Baum des Lebens liegen im Zentrum des Gartens. Die umlaufende Sitzbank bietet vielen Menschen einen Platz zum Verweilen. Hier begegnen sich Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Der Eine will schweigen, der Andere trauern und wieder Andere freuen sich über ein Gespräch. All das ist hier möglich.

„Das Grab meiner Mutter wurde nun nach 20 Jahren aufgelöst. Der Weg aus dem Kolumbarium in den Sakralen Garten war sehr würdevoll und die Zeremonie auch nach 20 Jahren wichtig. Ich bin sehr froh, dass am Ort der Erinnerung der Name meiner Mutter immer noch zu lesen ist.“
Das zentrale Aschegrab haben wir im sakralen Garten gemeinsam mit dem Baum des Lebens auf einer Rasenfläche inszeniert. Am Ort der Erinnerung werden die Namen der Verstorbenen auf kleine Keramiktafeln geschrieben, damit auch nach über 20 Jahren ihrer weiterhin gedacht wird.

„Ich war erstaunt, wie voll die Kirche an Weihnachten war. Alle haben einen Platz gefunden und konnten in gewohnter Anordnung sitzen.“
Der Feierraum lässt sich auf unterschiedliche Weise bestuhlen und in das Kolumbarium erweitern. Bis zu 112 Sitzplätze sind möglich, so dass die Kirche auch an hohen Feiertagen für alle Besucher Platz bietet.

„Ich kann ohne Probleme mit meinem Rollstuhl in den Feierraum fahren.“
Das Neue Kolumbarium ist vollständig barrierefrei konzipiert. Eine Rampe auf dem Kirchvorplatz führt Rollstuhlfahrer in den Kirchraum. Direkt aus dem Kirchraum führt eine weitere Rampe seitlich des Turms die Rollstuhlfahrer in den Feierraum und bietet auch hier vier Plätze für Rollstuhlfahrer an.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf hebt sich von den übrigen Vorschlägen dadurch ab, dass die Urnenfelder des Kolumbariums in niedriger horizontaler Ebene in Assoziation zu blumengeschmückten Gräberfeldern angeordnet sind. Daraus ergibt sich eine klare Zonierung der Funktionen Kolumbarium und Feierraum ohne trennende Elemente. Die Verwendung des erdverbundenen und regionaltypischen Materials Ton wird gestalterisch überzeugend umgesetzt. Die Leitidee ermöglicht es, dass der Innenraum als Ganzes erlebbar bleibt und wird daher vom-Preisgericht lobend anerkannt.
Die Nähe zur Erdbestattung wird jedoch zum Teil kritisch gesehen. Praktische Bedenken gibt es hinsichtlich der Beisetzung von Urnen in den mittig gelegenen Urnenfeldern und der Pflege der mit Blumen und Schmuck zu belegenden Grabplatten. Die Urnenwände in den Seitenschiffen lassen sich nicht überzeugend in das Gesamtkonzept integrieren. Die Feier des Gottesdienstes mit im Kolumbarium verstreut sitzenden Gläubigen ist aus pastoraler Sicht nicht gewünscht.
Der vorgeschlagene dem Gebäude vorgelagerte kontemplative Garten lädt aufgrund seiner Lage an der verkehrsbelasteten Kreuzung aus Sicht des Preisgerichtes eher nicht zu Ruhe und Stille ein.