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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2020

Wohnungsbau WGP im Alanbrooke Quartier in Paderborn

Anerkennung

Preisgeld: 11.000 EUR

Baumschlager Eberle Architekten

Architektur

USUS Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

wh-p Ingenieure

Bauingenieurwesen

Ingenieurbüro Quednau

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Städtebau und Außenraum – Dialog zwischen Häusern und Grünraum
Das heterogene Gebiet um die Alanbrooke-Kaserne erhält mit dem neuen Quartier eine städtebaulich signifikante Struktur, die präzise auf die räumlichen Rahmenbedingungen eingeht. Gemeinsam sind den drei Bauplätzen die klar definierten Raumkanten mit vorgelagerten Grünbereichen, sodass die Näherung an die Häuser selbst rhythmisiert wird. Struktur und Rhythmus sind die grundlegenden Elemente für die Identifikation mit dem neuen Quartier.
Die drei Bauplätze unterscheiden sich allerdings in ihrer Dichte. Sie ist am Baufeld 12 gegenüber dem Park etwas niedriger als auf den Feldern 13+14. Dort stehen jeweils ein L-förmiger, größerer Baukörper im Dialog mit einem Punkthaus. Auf Feld 13 schließt der L-förmige Baukörper die Ecke Erzbergerstraße/Theodor-Heuss-Straße ab, während sich das Punkthaus im Hof befindet. Auf Feld 14 zieht sich der größere Baukörper in den Hof, das Punkthaus steht an der Theodor-Heuss-Straße.
Wenn man, Raum als Beziehung zwischen den Dingen beschreibt, so ist die städtebauliche Disposition auf jeden Fall schlüssig. Der Dialog zwischen den Punkthäusern und den größeren Baukörpern wird ergänzt durch die das Baufeld übergreifende Verschränkung der größeren Baukörper. Die vier Punkthäuser am Baufeld 12 bilden eine gemeinsame, aufgelockerte Quartierskante, die eine Durchlässigkeit gegenüber dem nahen Park und Kinderspielplatz charakterisiert.
Das Konzept für den Außenraum basiert auf einem engen Zusammenwirken von Freiraum und Architektur und zielt darauf ab, die Qualität des Alanbrooke Quartiers erheblich zu steigern. Die Verbindung von privaten mit halböffentlichen Freiräumen bietet vielfältige Möglichkeiten. Die private Aneignung ist ebenso möglich wie die nachbarschaftliche Begegnung.
Die klaren Linien der Gebäudeformen spiegeln sich im Freiraum wider. Private Terrassen mit direktem Zugang zu privaten Nutzgärten stellen Rückzugsorte für die Bewohnenden dar. Sie sind mit Mauern abgefangen und durch Hecken gefasst, speziell an den Punkthäusern im Baufeld 12.
Selbstverständlich findet Öffentlichkeit auch im Freien statt. Die zwanglose Begegnung der Bewohner*innen fördern zwei Spielplätze, eine Fläche zum Boule spielen und der Gemeinschaftsgarten im Zentrum des Quartiers. Großzügige Rasenflächen leiten zum nahen Park im Norden über. Die Bepflanzung erfolgt mit Hecken, die auch die Gliederung des Außenraumes unterstützen. Staudenbeete mit hoher Artenvielfalt rahmen das Areal.

Erschließung und Funktion – hohe Flexibilität der Wohnungen
Die Häuser der Baufelder 12 und 13 werden von den äußeren Straßenräumen aus erreicht. Bedingt durch die Lage an der grünen Achse gelangt man zu den Häusern von Baufeld 14 über den Innenhof. Abfahrt und Ausfahrt der baufeldübergreifenden Tiefgarage befinden sich im Haus auf Baufeld 13 entlang der Theodor-Heuss-Straße.
Ein besonderes Charakteristikum der Anlage sind die verschließbaren Durchgänge in den Erdgeschossen der einzelnen Gebäude. Sie ermöglichen die vollständige Durchquerung des Hauses und bieten eine kurzläufige Verbindung zu den Hofbereichen. Außerdem sind auf diese Weise die Gebäude im wahrsten Sinn des Wortes „durchschaubar“. Treppenhäuser und Aufzüge, samt den üblichen Nebenräumen, werden ebenfalls von den Durchgängen aus benützt. Jedes Treppenhaus ist außerdem mit der Tiefgarage verbunden.
Die Wohnungen zeichnen sich konstruktionsbedingt durch ihre hohe Flexibilität aus. Sie verfügen aber auch über räumliche Qualitäten, die das Niveau des Üblichen hinter sich lassen. Sehr viele von ihnen sind durchgesteckt und / oder über „Eck‘“ gestellt. Die Vorteile einer solchen Disposition liegen auf der Hand: bessere Aussicht und Querlüftung. Alle Wohnungen haben außerdem ihre eigenen Freibereiche in Form von kleinen Gärten, Loggien und / oder Balkonen. Das Angebot an privaten Freibereichen wird in den oberen Etagen durch die signifikante Setzung von Loggien und Balkonen erfüllt. Je nach Baulinie oder Baugrenze gibt es Loggien oder Balkone sowie den Mix aus beiden Elementen.
Etwas abweichend von den Vorgaben der bodentiefen Fenster sind Brüstungen mit einer Höhe von 65 Zentimetern geplant. Die Anforderung an ein stehendes Fensterformat werden erfüllt, es ergeben sich durch die Verwendung von Brüstungen mit den notwendigen Absturzsicherungen (2 Geländerstangen) einige Vorteile. Sie erleichtern die Möblierbarkeit, erhöhen die Speichermasse und schützen die Privatsphäre. Außerdem wird die Positionierung der Heizkörper in den geförderten Wohnungen deutlich erleichtert.
Die Wohnungen lassen sich zudem frei oder gefördert finanzieren, sodass hier ein Angebot entsteht, das abgestimmt auf die finanziellen Möglichkeiten der Bewohner*innen leistbar und attraktiv zugleich ist.


Konstruktion und Material – einfache Mittel für die Errichtung
Das statische Konzept sieht einen Schotenbau mit tragenden Kernen und Außenwänden vor. Auf diese Weise werden nutzungsneutrale Flächen zwischen den Erschließungsbereichen und den Fassaden aufgespannt, sodass die Wohnungen den jeweiligen Markt- wie auch Lebensbedingungen ohne besonderen Aufwand angepasst werden können.
Die einfache Konstruktion verfügt über einen direkten Lastabtrag. Die Deckenstärken betragen 22 Zentimeter, die der Außenwände 50 Zentimeter. Insgesamt können die Häuser mit einem hohen Vorfertigungsgrad und kurzen Baustellenzeiten errichtet werden.
Die Materialien an den Fassaden werden je nach Bautypus abgewandelt. Bei den Punkthäusern ist es Putz, bei den L-Häusern sind es Klinkerriemchen. Beide Materialien sind in Körnung bzw. Ausrichtung variabel. Die Balkone sind aus Betonfertigteilen mit thermischer Trennung geplant.

Ökonomie und Ökologie – Ergänzung der Systeme
Beide Parameter für zeitgemäßes Bauen ergänzen hier im Alanbrooke-Quartier einander schlüssig. Die Volumina der Baukörper sind im höchsten Maß kompakt, das spart Bau- und Energiekosten. Die einfache Konstruktion trägt das ihre dazu bei. Außerdem wird, wo möglich, der Einsatz von Haustechnik zurückgefahren. Das Konzept sieht den Verzicht einer kontrollierten Wohnraumbelüftung vor. Die Nachweise für die Möglichkeit auf diesen Verzicht werden über die gewählten Fassadenverhältnisse (Glas zu Massiv) und dem Außenwandaufbau aus Porotonmaterial sichergestellt. Die Häuser benötigen daher keine traditionelle Dämmung der Fassaden. Die Tiefe der Außenwände bringt dazu noch den Verzicht auf Sonnenschutzelemente mit sich.
Wiederholende Elemente sind in der Bauproduktion wirtschaftlich durch die serielle Herstellung, so werden etwa nur zwei Fenster-Formate und zwei Bädertypen benötigt. In der Tiefgarage und in den Fahrradabstellräumen sollten Stellplätze mit E-Ladestationen für Elektroautos und -fahrräder ausgerüstet werden.
Die Krönung der Energiegewinnung sind die Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern. In Summe tragen die genannten Maßnahmen dazu bei, nachhaltige, weil langlebige Gebäude errichten zu können.

Die Architektur – Ästhetik der Nachhaltigkeit
Konstruktion und Bauweise werden in der Haltung zur Architektur reflektiert. Sie bedient sich nicht fremder Bilderwelten, etwa aus der Aerodynamik oder Biomorphie.. Architektur wird daher bewusst auf ihre elementaren Fähigkeiten zurückgenommen. Dazu zählen der Dialog von Geometrie und Plastizität, die Wechselwirkung von Licht und Material, sowie der Rhythmus aus Öffnungen und den geschlossenen Flächen.
In der Akzeptanz dieser Vorgaben bedarf es allerdings auch der Feinschärfung. Dazu zählen Proportionen und Akzente im Detail: Wenn etwa Loggien und Balkone sehr elegant in die Kurve an den Ecken gehen und die Idee der Kommunikation im Quartier visualisieren, oder der beliebten Klinkerriemchen am Sockel der L-Häuser im Langformat angebracht werden, um dann ins Normalformat zu wechseln. Die Punkthäuser bilden zum Rot ihrer Nachbarn ein helles Gegenüber, wobei der körnige Putz die Berührung des einfallenden Sonnenlichts verstärkt. Die Mittel der Architektur werden hier auf bestmögliche Weise ausgelotet. Denn eines ist klar: die Schönheit eines Gebäudes ist der wesentliche Beitrag der Ästhetik zur Nachhaltigkeit. Häuser, die von Bewohner*innen und Passanten akzeptiert werden, leben nämlich länger.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das äußere Erscheinungsbild ist geprägt durch ein fast schon expressionistische Anmutung, mit gerundeten Gebäude- und Balkonecken und durchgängig geschlossenen Brüstungsbändern.
Der Verzicht auf bodentiefe Verglasung sorgt für einen maßvollen Fensterflächenanteil und wirkt sich positiv auf die energetischen Eigenschaften des Gebäudes aus.
Die Wohnungsgrundrisse zeichnen sich durch eine gute, funktionelle Anordnung der Räume und Ausrichtung aus. Viele Balkone sind an den Gebäudeecken angeordnet und ermöglichen so eine gute Besonnung und vielfältigen Ausblicke. Die lichte Raumhöhe liegt mit 2,66 m etwas über dem Durchschnitt. Der Wohnungsmix weicht mit dem Anteil der 1,5-Zimmer und 4-5-Zimmer Wohnungen von der Vorgabe ab. Das etwas unter dem Durchschnitt liegende Verhältnis von Wohnfläche zu Bruttogrundfläche begründet sich auch durch die vielzahligen und großzügig geplanten Abstellräume für Fahrräder und Kinderwagen im Erdgeschoss.
Nachteilig wirken sich die großzügigen und offenen Durchgänge in den Erdgeschosszonen zum Innenhof aus, die auch als Angsträume wahrgenommen werden könnten.
Der Freiraum bietet sowohl private, als auch gemeinschaftliche Räume. Diese reagieren sehr differenziert auf die Gebäudeseiten. Private Gärten werden vor den Wohnseiten der Erdgeschoss-Wohnungen angeboten. Sie heben sich im Straßenbereich aufgrund von Stützmauern vom öffentlichen Raum ab, sodass sie gut geschützt sind. Die übrigen Gebäudeseiten werden größtenteils mit Heckenscheiben gepuffert. Die Gemeinschaftsflächen konzentrieren sich auf zwei großzügige Freiräume mit vielfältigen Angeboten. Die Fahrradabstellräume sind sinnvollerweise an einem der Quartiersplätze angeordnet und bringen dadurch zusätzliche Frequenz in den Freiraum.
Die Warmwasserbereitung ist bereits für die Wärmpumpe vorgesehen. Bei der Wärmübergabe wird auf Heizkörper gesetzt und daher ist eine Wärmerzeugung mit Pelletanlage oder BHKW konsequent. Da dies dem gewünschten Konzept wiederspricht, sollte hier auf Fußbodenheizung und einer Anbindung an dem Low-Ex-Nahwärmenetz gewechselt werden. Eine Photovoltaik-Anlage ist vorgesehen.
Insgesamt handelt es sich bei dem Beitrag um eine umsetzbare Arbeit mit einigen Schwachpunkten insbesondere im Bereich des Erdgeschosses.
Modellbild

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