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Offener Wettbewerb | 07/2020

Duale Hochschule Gera-Eisenach - Neubau eines Lehr- und Forschungsgebäudes am Campus Gera

3. Preis

Preisgeld: 7.500 EUR

Osterwold°Schmidt EXP!ANDER Architekten BDA PartGmbB

Architektur

SGHG Planungs- & Prüfgesellschaft Bautechnik mbH

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Der nächste Neubau zum Lehren, Lernen und Forschen an der Dualen Hochschule Gera-Eisenach fügt sich als Seitenflügel zum vormaligen Wasserschloß Tinz. Der langgestreckte Baukörper nutzt dabei das sehr beschränkte Grundstück so aus, dass eine rahmende Wirkung entlang der historischen Wasserlinie nachgezeichnet wird, der Neubau in Höhe und Dimension sowie architektonischer Zurückhaltung die dem barocken Hauptgebäude angemessene Präsenz unterstreicht und gleichermaßen dessen architektonische Ordnungsprinzipien in zeitgemäßer Weise übersetzt - zur eigenen Wirksamkeit als auch in Korrespondenz zur Umgebung.

Gemeint sind damit die Gliederungselemente des gleichmäßigen Stützenrasters in der differenzierten Höhenstaffelung des dreigeschossigen Baukörpers. Gleichmäßig zeichnen sie sich allseits ab und werden dennoch dabei in Abhängigkeit der inneren Funktionen und äußeren Bezüge modifiziert. So zeigt sich beispielsweise die Westfassade in perforiertem Wechsel offener und geschlossener Felder für ein ausgewogenes Belichtungsverhältnis des dahinter liegenden Erschließungsbereiches. Dieser schirmt über die gesamte Länge die wesentlichen Funktionen von der verlärmenden Siemensstraße ab. Die Ostseite hingegen erhält in Orientierung zum Schlosspark und Hochschulcampus eine strukturierende Tiefenausbildung, die gleichermaßen einfachen Witterungs- und Sonnenschutz bildet, v.a. aber zum Wandelgang der äußeren Längserschließung wird.
Der äußere Weg bildet den Neubau sowohl an die schlossnahe Brücke an als auch an eine gute Erreichbarkeit von der südlichen Allee. Zwei großzügige Eingangssituationen unterstützen das Prinzip des Wandelns im Schlosspark (zum erholen, reflektieren, lernen, sinnieren an der frischen Luft) und schaffen foyerartige Situationen im Innern mit angemessener Raumgröße vor den großen
Seminarräumen. Deren Stuhlreihenüberhöhung wird so vorgeschlagen, dass eine Erreichbarkeit auch vom oberen Geschoss bzw. ein Nebennutzen der darunter befindlichen Fläche gegeben sein kann.
Während sich die wesentlichen Lehr- und Forschungsräume an der Ostseite aufreihen und vertikal so organisiert sind, dass sich Seminarräume und Labore in EG bis 1.OG verteilen und die Büros im obersten Geschoss untergebracht werden, ist auf der Westseite die Erschließung hergestellt. Einläufige Treppen bilden in abtrennbaren Bereichen zwei unabhängige bauliche Rettungswege. Im Erdgeschoss sind sie an vier Ausgangsmöglichkeiten angebunden. Türen, die im Brandfall schließen, schirmen die Treppenbereiche im Bedarfsfall ab, so dass zunächst die Großzügigkeit der Erschließungselemente im Hausinnern wirken kann. Unterstützt wird diese Wirkung durch Galeriebereiche, die zum einen für vertikale Blickbeziehungen sorgen und zum anderen räumlich zum Abgrenzen der gewünschten Lernbereiche auf den verschiedenen Ebenen sorgen.
Die bauordnungsgemäße maximale Größe von Nutzungsbereichen wird mit diesem Prinzip einfach erfüllt. Zusätzliche Türen entlang der Ostfassade können in den aufgereihten Räumen zusätzliche Erreichbarkeiten der Fluchtwege ermöglichen.
Das Gebäude wird nicht unterkellert und oberhalb des Hochwassergefährdungsbereiches konzipiert. Die Konstruktion wird in Brettsperrholzbauweise für Stützen und Decken errichtet, deren Dimensionierung neben der erforderlichen Tragfähigkeit selbstverständlich den Brandschutzanforderungen erfüllt und dabei gleichermaßen ökologisch nachhaltigen Zielen (Material, Anschaffung, Unterhaltung, Entsorgung) gerecht wird als auch für eine effiziente Bauzeit sorgen wird. Die Stützenkonstruktion erlaubt längerfristig wandlungsfähige und änderbare Räume.
Das neue Lehr- und Forschungsgebäude bildet sich äußerlich auch in dieser Intention als moderner Holzbau ab. Seine Architektursprache lotet den Spannungsraum zwischen strenger Gleichmäßigkeit tektonischer Mittel zum barocken Nachbarn aus (Stütze, Wand, Pilaster, Lisene, Gesims, Bosse, Lamelle, Fenster etc. etc.) und sucht gleichermaßen eine „weiche“ und tiefe Übersetzung in Holz - sowohl als Querverweis zu früheren einfachen hölzernen Nebengebäuden als auch als selbstbewußtes Bekenntnis zeitgenössischen und zukunftsorientierten Ansprüchen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der dreigeschossige Baukörper fügt sich ruhig in das Gesamtensemble ein. Die gleichmäßige Gliederung vermittelt glaubhaft den Holzbau, der als nachhaltiges Konstruktionsprinzip für diesen Entwurf gewählt wurde. Ein auf der Ostseite vorgesetzter, dreigeschossiger Wandelgang kann als Reminiszenz an eine Orangerie verstanden werden und nimmt in der geschossweise kleinteiliger werdenden Fassadengliederung Bezug zu den Bestandsgebäuden am Standort. Durch opak ausgebildete Fassadenpaneele und einen vorgesetzten Sonnenschutz kann auf Anforderungen des sommerlichen Wärmeschutzes reagiert werden.

Die funktionale Aufteilung der Grundrisse folgt konsequent dem Raster der Holzkonstruktion. Die Hauptnutzungen werden schlüssig zur straßenabgewandten Ostfassade und damit zur barocken Gartenanlage orientiert. Die Aufteilung der Funktionen wird durch den Nutzer äußerst positiv bewertet. Insbesondere die Anordnung der Seminarräume an den Kopfenden des Baukörpers überzeugt.

Das mit der gewählten Holzkonstruktion am Standort neu eingeführte Konstruktionsprinzip wird in punkto Nachhaltigkeit anerkannt, jedoch gerade auch bei den weitgehend ungeschützt im Außenraum eingesetzten Konstruktionshölzern mit Blick auf die anfallenden Betriebs- und Instandhaltungskosten gleichzeitig etwas kritisch gesehen. In diesem Zusammenhang wird auch hinterfragt, ob die Einführung eines neuen Konstruktionsmaterials, welches sich auch in der Gebäudehülle abbildet, zur Komplettierung des Standortes notwendig und angemessen ist.