Selektiver Projektwettbewerb | 05/2021
Neubau Sportzentrum in Zürich-Oerlikon (CH)
©Visualisierung: studio blomen
Architektur: Boltshauser Architekten AG
1. Rang / 1. Preis
Preisgeld: 55.000 CHF
Architektur
Andreas Geser Landschaftsarchitekten AG
Landschaftsarchitektur
Caretta+Weidmann Baumanagement AG
Projektsteuerung
TGA-Fachplanung
TGA-Fachplanung
Verkehrsplanung
Bauphysik, Brandschutzplanung
sonstige Fachplanung
JOP Josef Ottiger + Partner AG
TGA-Fachplanung
sonstige Fachplanung
sonstige Fachplanung
TGA-Fachplanung
planbar ag | entwickelt und plant gastronomie
sonstige Fachplanung
Lichtplanung
Erläuterungstext
Das rund 20 Meter hohe Gebäude gliedert sich in horizontale Schichten, die der Stapelung des Raumprogramms entsprechen. Eine Art Kranzgesims aus PV-Elementen bildet den oberen Abschluss. Es wird von kräftigen Lehmzylindern gestützt, die als Entfluchtungs- und Entlüftungselemente, aber auch als thermische Wasserspeicher dienen. Die horizontalen PV–Paneele und die Treppen, die sich um die Zylinder winden, stehen mit ihrer filigranen Leichtigkeit im Kontrast zu den massiven Türmen.
Funktional gibt es drei Hauptbereiche: die übereinandergestapelten Eishallen, das Spring- und das Wettkampfbecken sowie das Freizeit- und das Lernschwimmbecken. Sie alle werden übersichtlich über ein gemeinsames Foyer und eine rue intérieure erschlossen. Das Aussenbad liegt, dem Freizeitbereich angegliedert, im Westen der Anlage.
Der Entwurf hat sich konstruktiv und bezüglich der Gebäudetechnik den Anliegen des klimafreundlichen Bauens verschrieben und entwickelt daraus einen zeitgemässen architektonischen Ausdruck. Die oberirdische Gebäudestruktur besteht im Wesentlichen aus einem Holzbau, was dem Ziel Ausdruck verleiht, die CO2-Emissionen zu minimieren. Aufgrund der erheblichen Spannweiten von bis zu 45 Metern wurde eine innovative Tragstruktur mit vorgespannten Brettschichtträgern entwickelt. Lediglich die Knotenpunkte bei den Stützenanschlüssen, welche die Vorspannungen aufnehmen, bestehen aus Beton.
Ein wesentlicher Aspekt des Konzepts liegt darin, neben der Minimierung des Energiebedarfs, eine Maximierung der Energieproduktion und, durch die Nutzung der Abwärme aus der Eisproduktion, ein wärmetechnisch autarkes Gebilde mit geschlossenen Kreisläufen zu entwickeln. Die Kombination von Schwimmbad und Eisbahn schafft dafür ideale Voraussetzungen, wobei die von aussen sichtbaren Türme als Wärmespeicher unverzichtbar sind. Sie verhindern Verluste, indem sie überschüssige Energie für eine spätere Nutzung zurückbehalten. So können Phasenverschiebungen zwischen Angebot und Nachfrage ausgeglichen werden. Im Sommer, wenn keine Abwärme aus der Eisproduktion anfällt, wird die Kältemaschine als Wärmepumpe eingesetzt, um die thermischen Speicher zu füllen. Die dafür benötigte elektrische Energie stammt aus den Photovoltaikanlagen. In der Berechnung zeigt sich, dass sich mit dem gewählten Energiekonzept der gesamte Wärmebedarf abdecken lässt und das neue Sportzentrum wärmetechnisch autark betrieben werden kann.
Beurteilung durch das Preisgericht
Die Pappeln stellen im Freiraum weiterhin das prägende, identitätsstiftende Element dar, mit dem in der Überarbeitung räumlich weitergearbeitet wurde. So sind entlang der Wallisellen- und Siewerdtstrasse Spielräume entstanden, die durch engmaschige Pappelreihen klar gefasst sind und für Orientierung und Charakter zugleich sorgen. Eine sowohl gestalterisch als auch funktional klar gegliederte Parkanlage bildet die Adresse des neuen Sportzentrums und schafft es, den hohen ökologischen Anforderungen in diesem Bereich gerecht zu werden. Die Aktivierung des Grünzugs am Riedgraben durch einen Eingang im nördlichen Teil des Sportzentrums und die parkartige Verbreiterung im südlichen Teil schaffen Anbindung an die umliegenden Quartiere, was die Jury weiterhin sehr schätzt.
Die Rasentribünen im Grünzug Kühried wurden in durchgehende, multifunktionale Grünflächen umgewandelt.
Die doppelte Wegführung entlang der Strasse erscheint redundant und wäre hier noch zu optimieren.
Die sorgfältige Überarbeitung hat das Projekt sowohl an innenräumlicher Qualität als auch an Funktionalität gewinnen lassen. Durch die Umlagerung der Garderoben von der südseitigen Fassade in die Mitte der Anlage können die unterschiedlichen Badbereiche einfacher voneinander getrennt und erschlossen werden. Der Hauptzugang ist deutlich grosszügiger angelegt und mit einem überschaubaren und räumlich interessanten Atrium ergänzt. Zusammen mit der besser angeschlossenen und aufgewerteten «Rue Intérieure» wird wesentlich mehr Aufenthaltsqualität geboten. Das Gleiche gilt für die beiden Gastronomiebereiche, die nun erdgeschossig und gut einsehbar zur Hauptstrasse positioniert sind. Diese quartierbelebenden Räume und das Foyer mit direktem Blick zu den Hauptnutzungen Schwimmen und Eissport tragen ebenso zur Identität bei wie der zeitgemässe und architektonisch adäquate Ausdruck des Gebäudes.
Die Tragwerke des Projekts wurden stark überarbeitet. Dabei konnte das Konzept der Stützen-Trägersysteme auf wenige Elemente vereinfacht werden. Gleichzeitig bietet das überarbeitete Projekt eine Palette von innovativen Vorschlägen für die Bauteile. Dabei ist vor allem der Ersatz der vorfabrizierten Betonträger durch vorgespannte Holzträger zu nennen. Den unterschiedlichen Anforderungen entsprechend, wird Baubuche für hochbeanspruchte Bauteile wie Stützen oder kürzer gespannte Träger verwendet, während das konventionelle Fichten-Tanne- Brettschichtholz mit seinen stärkeren Abmessungen bei weitgespannten schwingungsanfälligen Trägern eingesetzt wird. Die Vorspannung der Holzträger ermöglicht eine Herstellung in kürzeren Einzelelementen; auch verbessert sie die Tragsicherheit der Holzträger, indem sie mit ihrem parabelförmigen Verlauf einen Anteil der nach unten wirkenden Kräfte kompensiert. Aus dem Einsatz der Vorspannung ergeben sich die betonierten «Beschläge» an den Trägerenden, die einerseits zur Verteilung der konzentrierten Ankerkräfte dienen, andererseits eine Krafteinleitung und Kraftdurchleitungen in die Pfosten ermöglichen. So werden die üblichen Fragen der Querdruckpressung elegant vermieden.
Die umfassend beschriebenen konstruktiven Gedanken von AMMONIT behandeln auch die Konstruktion der Energiespeicher und Treppentürme in einer Art bewehrter Lehmbauweise, wie auch die Stahltragwerke der Photovoltaikanlage. Die Fundation erfolgt mit einer kombinierten Pfahl-Plattengründung, die differenziert auf die unterschiedlichen Lastintensitäten abgestimmt werden kann.
Insgesamt zeugen die Konstruktionsprinzipien von AMMONIT von einer sehr engagierten Entwicklungsarbeit des Entwurfsteams im Hinblick auf eine Synthese von Ökologie, Tragwerk und Architektur. Mit seiner einzigartigen Atmosphäre und seiner vielschichtigen inneren Erlebniswelt entsteht ein überaus attraktives Sportzentrum, welches beispielhaft für die 2000-Watt-Gesellschaft in Zürich stehen wird.
©Visualisierung: studio blomen
Architektur: Boltshauser Architekten AG
©Visualisierung: studio blomen
Architektur: Boltshauser Architekten AG
©Visualisierung: studio blomen
Architektur: Boltshauser Architekten AG
©Visualisierung: studio blomen
Architektur: Boltshauser Architekten AG
©Plan: Boltshauser Architekten AG
Architektur: Boltshauser Architekten AG
©Plan: Boltshauser Architekten AG
Architektur: Boltshauser Architekten AG
©Plan: Boltshauser Architekten AG
Architektur: Boltshauser Architekten AG
©Plan: Boltshauser Architekten AG
Architektur: Boltshauser Architekten AG