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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2021

Ersatzneubau GISA Siedlung Affoltern in Zürich (CH)

1. Rang

Preisgeld: 26.000 CHF

Esch.Sintzel Architekten

Architektur

Masswerk Architekten AG

Architektur

KOLB Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

merz kley partner

Tragwerksplanung

studio durable - Planung und Beratung GmbH

Bauphysik

Quantum Brandschutz

Brandschutzplanung

WSP Suisse AG

TGA-Fachplanung

Wichser Akustik & Bauphysik AG

Akustikplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Quer zur Binzmühlestrasse liegende Zeilen bilden zwei Eingangsplätze, zwei Gassen und drei Gartenhöfe. In Längsrichtung dazu schützen Kopfbauten die Freiräume vor Lärm, übernehmen mit ihrer relativ kleinen Kubatur den Rhythmus von Volumen und „hervorquellendem“ Grün der gegenüberliegenden Bebauung und betten damit die Grossform im Vergleich zu anderen Projekten konfliktarm in den Kontext ein. Die klare Adressen bildende – „jedem Kind verständliche“ – Grundkonzeption städtebaulicher Archetypen wird überlagert durch räumliche Querverbindungen („aus der Froschperspektive wahrnehmbare Querungen und Schleichwege“), durch die ganze Siedlung hinweg. Sie führen auch zu den Rändern, wo sich als Anschluss zu den umliegenden Quartieren Sondernutzungen finden, die durch bestehende Häuser und Bäume ausgezeichnet sind. Ein sehr schöner zweigeschossiger Kindergarten, ein „Ideenhaus“ im Altbau an der Südostecke, das Seniorenhaus an der Hürststrasse und an der Südwestecke vorläufig ein Provisorium für temporäres Wohnen bilden überzeugende Anschluss- und Auftaktpunkte. Das Torhaus an der Neunbrunnenstrasse beherbergt eine der Einfahrten zur Tiefgarage sowie drei günstige Kleinwohnungen. Erfreulich ist, dass trotz symmetrischer Disposition mit 5 Zeilen keine davon ausgeschlossen wirkt. Mit niedrigeren Bauten finden die Gartenhöfe einen lockeren Abschluss in Richtung des nördlichen Quartiers. Das Quartier am Stadtrand ist geprägt von einer Vegetation aus Bäumen und Sträuchern. Die Projektverfasser knüpfen daran an und führen das üppige Grün durch die Gartenhöfe bis zur Binzmühlestrasse. Nebst einem einzigen Baum bleiben alle Bäume bestehen, die durch zusätzliche Baumpflanzungen aus heimischem Pflanzenmaterial ergänzt werden. Die Plätze empfangen die BewohnerInnen mit einer Baumkulisse als Föhrengruppe in einer Chaussierung. Darin eingelegt werden ein grosses Wasserbecken, eine lange Bank oder ein Sitzrondell um den bestehenden Spitzahorn, um damit den öffentlichen Charakter des Auftaktes zur neuen Siedlung zu betonen. Die Gassen werden mit einer tanzenden Birkenreihe bepflanzt, als Besonderheit der Hausadresse. Der hohe Anteil an mineralischen Bodenflächen zwischen Asphalt und eingelegten Betonplatten ergeben ein vielfältiges Belagsmuster und bieten Nährboden für eine artenreiche Krautvegetation. Das Mikroklima verspricht dadurch im heissen Sommer kühl und angenehm zu sein. Die Gartenhöfe bieten Grillplatz, Spielbereiche und Treffpunkte mit Aufenthaltsqualität. Das chaussierte Wegenetz führt informell durch die Gartenhöfe und ist mit der umliegenden Umgebung verknüpft. Nicht nur, aber vor allem für die Kinder wird hier eine reiche Gartenwelt erschaffen, angereichert mit kreisförmigen Retentionssenken und aufgewertet mit ökologischen Kleinstrukturen, die viel Spielraum für das Entdecken der Natur bieten und als Anregung der Phantasie dienen. Der Aussenraum des Kindergartens liegt gut gelegen im Schatten der grossen Hainbuche. Zusammen mit dem Ideenhaus als Reminiszenz des ehemaligen Eckhauses hat der Ort grosses Potenzial, zum Treffpunkt für die Jugend zu werden. Einzig der Übergang zur stark befahrenen Binzmühlestrasse ist zu prüfen. Die ins Haus integrierte Tiefgarage fügt sich gut ins Gesamtbild. Der Unterbau im westlichen Gartenhof scheint für die Baumpflanzung verträglich zu sein, insbesondere durch die Baumwahl von Birken mit dem hohen Anteil an Feinwurzeln. Der Unterbau im östlichen Bereich mit wenig Aufbau schränkt kaum ein. Insgesamt überzeugt das Aussenraumkonzept auf verschiedenen Ebenen. Gestalterische, funktionale und ökologische Themen treffen sich im Einklang mit einer Architektur, die das menschliche Augenmass nicht verloren hat. Als Leitmotiv des Projektes wirkt das Ordnungsprinzip eines Teppichs von Annie Albers. Interessant an dessen räumlicher Umsetzung ist die Balance zwischen den Nord-Süd-Räumen (gross, klar gefasst, öffentlich, siedlungsgemeinschaftlich) und den Ost-West-Räumen (feinteilig, offen, informell, hausgemeinschaftlich) mit offenen Treppenhäusern, privaten Gartenlauben und wohnungsinternen Raumbezügen, welches die Grafik in sinnstiftende Funktion überträgt. Sie verbildlicht ein Prinzip, dem alle Aspekte des Projektes folgen, vom Pflanzkonzept über die Schnittbildung bis zu den Wohnungsgrundrissen. Konsequent wird der Sockel der Häuser mit Maisonetten belegt, die bodenbezogen für Familien die gesuchte Gartenwelt nutzen und befruchten und mit einem überhohen Treppenraum die Zweigeschossigkeit erleben lassen. Konzeptbedingt erfolgt der Eintritt direkt in die Wohnküche als öffentlichsten Raum der Wohnung. Bei einigen Wohnungen im südlichen Teil fehlt dabei eine Garderobe. Die darüberliegenden Geschosswohnungen sind nutzungsneutraler konzipiert und über mittige Treppenhäuser sowie über die zwischen den Gebäuden liegenden Treppenlauben erschlossen, die in den oberen Geschossen mit privaten Aussenräumen von Kleinwohnungen verbunden sind. Jeder Geschosswohnung ist eine Balkonlaube als Aussenzimmer zugeordnet, die auch dem Wohnen im 2. und 3. Obergeschoss einen hochwertigen Bezug zum Gartenhof ermöglicht. Ergänzt wird das Angebot mit Waschküchen auf dem Dach und Attikawohnungen, die über Dachterrassen verfügen. Um an der Strasse den für ihre zukünftige Entwicklung wichtigen freundlichen und quartieradäquaten Auftritt zu schaffen, werden die Wohnungen südorientiert konzipiert. Zusammen mit der eher kleinmassstäblichen Kubatur und der guten Grundrisskonzeption entsteht damit ein - im Quervergleich - sehr guter Vorschlag für den Umgang mit dem Lärm. Die gelben Räume werden über die rückwärtigen privaten Lauben belüftet, die dank schönem Raumbezug zu den Gartenhöfen eine hohe Qualität aufweisen. Der architektonische Ausdruck der Gebäude ist geprägt durch die offenen Aussenräume und deren Bewachsung, wodurch die Gestalt der Häuser selber im eigentlichen Sinne des Wortes in den Hintergrund tritt und dementsprechend noch wenig beurteilt werden kann. Zu den mehr technischen Aspekten des Vorschlages ist durchwegs Positives zu berichten: Die Zweiteiligkeit der Tiefgarage führt zu einer kompakten und gut vernetzten Parkierung, die Haustechnik ist gut überlegt (wenn sie auch viele sanitäre Steigzonen erfordert), die konstruktive Durchbildung ist bis hin zum Brandschutz überlegt. Dank der einfachen Gebäudekubatur ohne Vor- und Rücksprünge, der ausserhalb des Dämmperimeter liegenden Treppenhäuser, der hohen Ausnutzung und der grossen Wohnungsanzahl ergeben sich im Quervergleich für die Ökonomie günstige Kennwerte. Für den Holzbau sind die Grundrisse klar zoniert, wobei die Verschnitte jeweils bei der Erschliessungszone vollzogen werden. Die offene, stirnseitige Erschliessung und die Treppenhäuser mit Lift-Kern sind in massiver Stahlbetonbauweise. Die statische Struktur ist klar in den Mittelachsen der Grundrisse geführt und gezeigt; daraus ergeben sich einfache Baukörper mit repetitiven Elementen. Grundsätzlich sind die Gebäude solid und unterhaltsarm konstruiert. Insgesamt erfreut das Siedlungskonzept „Anni A.“ durch das Spannungsfeld zwischen einfacher und zwingender Klarheit und einer feinfühligen, bis ins Detail gedachten Umsetzung. Es zeigt ein abwechslungsreiches Spiel von grossen und kleinen Häusern, von engen und weiten Räumen, die damit sowohl das umgebende Quartier reflektieren, wie auch im Siedlungsinneren klare Hierarchien und Zuordnungen schaffen und damit ideale Voraussetzungen schafft für ein aktives, nachbarschaftliches Wohnen. Die – auch atmosphärische – Vielfalt des Angebotes an halböffentlichen, halbprivaten und privaten Freiräumen, an offenen Laubentreppen als informelle Begegnungszonen, an Terrassenlauben als private Geschossgärten, an Gassen, Plätzen und Gartenräumen, an Querungen und Längssichten schafft eine eindeutige Identität und regt die Phantasie an, was hier alles passieren kann. In Anbetracht der Grösse der Siedlung und der damit einhergehenden Befürchtung des „Zuviel vom Gleichen“ ist dies ein zentraler Wert. Unter Verwendung von sparsamen Mitteln und mit dem Einsatz einer hohen städtebaulichen, räumlichen und sozialen Intelligenz wird hier eine Siedlung vorgestellt, die mit ihrem reichen Innenleben das Quartier beleben und bereichern wird.