modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Studienauftrag im selektiven Verfahren | 02/2021

Neues Areal Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen (CH)

Gewinner

Hosoya Schaefer Architects AG

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

gus wüstemann

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

S2L GmbH Landschaftsarchitekten BSLA SIA

Landschaftsarchitektur

Transitec

Verkehrsplanung

Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG

Bauingenieurwesen

Gartenmann Engineering AG

Bauphysik

Beurteilung durch das Preisgericht

Seeterrasse – das Kennwort ist Programm und dieses wird konsequent umgesetzt. Die grüne Lücke beim Bahnhof Herrliberg – Feldmeilen mit Blick über den See wird zur eigentlichen Terrasse ausgebaut, die Charakteristik des einzigen Bahnhofs am rechten Seeufer mit Aussicht weiter gestärkt. Aufnahmegebäude, Güterschuppen und Wohnbauten reihen sich in volumetrisch abwechslungsreicher Folge entlang der Gleisanlagen auf, alle mit Anteil an der Seesicht. Die differenzierte Staffelung der Bauten erweist sich in mehrfacher Hinsicht als geschickte Strategie. Die volumetrische Gliederung schafft räumliche Durchlässigkeit für Durchblicke, Wegverbindungen und kühlende Winde. Die einzelnen Bauten können sehr spezifisch auf die anspruchsvolle Topografie reagieren. Darüber hinaus wirkt die Überbauung als Ganzes nicht monolithisch und unterstützt damit die massstäblich gute Einordnung in den gebauten Kontext. Geschmälert wird der gute Eindruck im südöstlichen Bereich des Perimeters, die sogenannten Punktbauten und ihre Sockel wirken ungelenk und wenig präzise. Als höchstes Gebäude setzt das Aufnahmegebäude den markanten Auftakt zur neuen Bebauung. Die brückenartige Konstruktion, die das Erdgeschoss mit den darauf gestapelten Wohngeschossen überspannt, verleiht dem Gebäude einen prägnanten, seiner städtebaulichen Bedeutung angemessenen Ausdruck. Die Grundrissstruktur liesse eine stärkere Öffnung der beiden Schmalfassaden - zum Bushof ebenso wie zur restlichen Bebauung - zu; dies würde nicht als Schwächung des konzeptuellen Ansatzes empfunden, sondern, ganz im Gegenteil, als Stärkung. Die besondere Qualität, die die BahnnutzerInnen bei der Ankunft mit dem Weitblick über den See geniessen, wird – in kleinerem Mass - gespiegelt mit dem Durchblick zur Gleisebene auf der grünen Hangseite. Dabei wird das Potenzial des grösstenteils frei bespielbaren Erdgeschosses für eine attraktive Bahnnutzung noch zu wenig ausgeschöpft. Der Güterschuppen behält seine Lage und seinen Bezug zur Gleisebene. Mit dem Absenken resp. dem Zusammenführen der beiden Stränge der General-Wille-Strasse auf das Niveau der unteren Ebene und dem Freilegen des Untergeschosses als baulichen Sockel erhält er neu eine eigenständige Adresse an der Strasse. Die vorgeschlagene Gastronutzung ermöglicht Synergien mit dem bereits etablierten Kulturbetrieb und trägt zur Belebung des neuen Bahnhofgebiets bei. Der Güterschuppen wird so ganz selbstverständlich transformiert und integriert, mit seiner historischen Bausubstanz zum identitätsstiftenden Herzstück der neuen Bebauung, erzählt er seine Geschichte weiter. Die differenzierte Thematisierung des Sockels findet sich auch bei den weiter südöstlich anschliessenden Wohnbauten, den Patiohäusern im schmaleren Grundstücksbereich und den Punktbauten, wo das Grundstück breiter wird. Beiden Typologien gemeinsam ist, dass die Bauten direkt auf und an der Strasse stehen, mit entsprechend guter, bei den Patiohäusern über angemessene dimensionierte Gebäuderücksprünge, sehr schöner Adressbildung, die sowohl der Nutzung wie der Zentrumslage sehr gut entspricht. Die differenzierte Ausbildung der beiden Geschosse zwischen Strassen- und Gleisebene lässt verschiedene Nutzungen zu. Die gewerblich-kommerzielle Nutzung, die aktuell bei den Patiohäusern vorgeschlagen wird – Bäckerei, Buchhandlung, Grafikatelier – unterstützt den Zentrumscharakter und ist ebenso gut vorstellbar wie, je nach Nachfrage, Atelierwohnungen. Die Einstellhalle bei den Punktbauten ist natürlich belichtet und könnte, in naher oder fernerer Zukunft, auch durch einen Gewerbebetrieb genutzt werden. Das Wohnangebot ist, den unterschiedlichen Gebäudetypologien entsprechend, vielfältig. Auf die Lärmimmissionen von der Seestrasse wird, wo nötig, mit Loggien reagiert, über welche die betroffenen Zimmer seitlich belüftet werden. Bis auf die Punktbauten, die, wie bereits erwähnt, insgesamt noch zu wenig überzeugen, weisen alle Wohnbauten gut geschnittene Grundrisse mit unterschiedlich nutzbaren und attraktiven, privaten Aussenräumen aus. Die Gestaltung der Fassaden variiert je nach Typus und trägt damit wesentlich zum lebendigen, abwechslungsreichen Charakter der General-Wille-Strasse bei. Dagegen wirkt die Gleisseite fast etwas vernachlässigt. Eine gleichwertigere Bearbeitung, möglicherweise auch stärkere Gliederung, wäre durchaus wünschenswert. So unterschiedlich der architektonische Ausdruck, so einheitlich ist die konstruktive Haltung. Konsequent wird auf eine hybride Bauweise gesetzt, mit Recyclingbeton, wo immer möglich, und Schweizer Holz. Der Verzicht auf eine weitere Oberflächenbearbeitung der rohen Materialien ist nicht bloss architektonische Absicht, die den konzeptuellen Ansatz stützt, sondern folgt durchaus auch wirtschaftlichen Überlegungen. Der Entwurf setzt konsequent auf die Lage am See und auf Erdgeschossnutzungen und Adressen entlang der General-Wille-Strasse. Damit wird die Lagegunst des «einzigen Bahnhofs auf der Strecke mit Weitsicht zum See» auch für die Freiräume gut genutzt. Mit unterschiedlichen Gebäuden, berankten Fassaden und Vorzonen wird die General- Wille Strasse in einem wohltuenden Massstab rhythmisiert und zu einem belebten und dörflich anmutenden Strassenraum. Attraktives Herzstück bildet die öffentliche Seeterrasse mit Rundblick über See und Berge, ein vielseitig nutzbarer Freiraum mit Aufenthaltsqualität, der bei Bedarf auch als Festplatz oder Markt bespielt werden kann. Grosse, hochstämmige Bäume bieten Schatten und schaffen einen atmosphärisch dichten Ort. Ob die vorgeschlagene Baumart für diesen Ort die Richtige ist, sollte nochmals überprüft werden. Topografisch tiefer liegt ein Spielplatz, der sehr wertvoll für die neuen Wohnungsangebote, aber auch für die Nachbarschaften ist. Für die Öffentlichkeit resultiert insgesamt ein hoher Mehrwert im Freiraum. Rund um die Neubauten werden mit viel Fantasie unterschiedlichste Grünräume vorgeschlagen, sei es mit Fassadenbegrünung, ausgestattete Eingangsnischen oder gemeinschaftlich genutzte Dachterrassen, welche an diesem Ort äusserst attraktiv für die dazugehörigen Wohnungen sind. Der Güterschuppen steht ebenso konsequent an der Strasse wie die anderen Gebäude und entwickelt eine starke Präsenz. Hingegen benötigen die beiden südöstlichen Gebäude und ihre Freiräume noch einer Präzisierung, ebenso ihr Sockel und dessen Anschluss an das nördlich angrenzende Gebäude. Die Bushaltekanten sind auf den Bushof nördlich des Aufnahmegebäudes und dem Strassenraum davor bzw. vor dem Güterschuppen aufgeteilt. Bahnhof und Seeterrasse werden so zur Drehscheibe des Bushofs und tragen zur Belebung des Strassenraums Richtung Zentrum Feldmeilen und dem Güterschuppen bei. Die Auffindbarkeit der Haltekanten ist trotz der Aufteilung gegeben, da sie der Logik der Buslinien folgt; bei den südlichen Haltekanten sind die Buslinien Richtung Meilen angeordnet, bei den nördlichen Haltekanten die Linien Richtung Herrliberg. Die Zugänge zur Bahn sind im Strassenraum wenig ersichtlich und könnten prominenter ausgestaltet werden. Der Strassenraum wird geprägt durch die unterschiedlichen Gebäudevolumen, Freiflächen und Erdgeschossnutzungen. Zudem ist die Adressierung konsequent auf die Strasse ausgerichtet. Der Strassenraum gliedert sich dadurch sehr gut in die bestehenden kleinräumigen Strukturen ein und unterstützt das Nebeneinander der Verkehrsarten ebenso wie ein angemessenes Verkehrsverhalten. Die Lage der öffentlichen Parkfelder für den motorisierten Verkehr und Veloverkehr ist schlüssig. Die Verknüpfung zwischen Bahntechnik, öffentlichen Parkfeldern und Veloparkierung führt jedoch zu Nachteilen bei der Nutzung der Veloparkierung. Die Zufahrt zur privaten Einstellhalle nützt die Strassentopographie geschickt aus und ist sehr gut gelöst. Die Auslagerung der Bahntechnik in ein eigenständiges Gebäude an der Ecke Forchstrasse -Gleisanlagen ermöglicht die etappenweise Umsetzung. Gesamthaft betrachtet bewegen sich die Abweichungen bei den Erstellungskosten aller Projekte in einem, dem Bearbeitungsstand entsprechenden, vernachlässigbaren Bereich. Die Kennwerte des vorliegenden Projekts lassen für beide Teilbereiche, Bahnnutzung und Wohnbauten, sowie den Bushof, eine durchschnittliche Wirtschaftlichkeit für die Erstellung wie den Unterhalt erwarten und wären sicherlich weiter zu optimieren. Das Projekt «Seeterrasse» besticht mit seinem klaren Konzept und dessen konsistenter Umsetzung. Es überzeugt mit seiner städtebaulichen Setzung, die die Qualitäten des Ortes aufgreift und stärkt, die sich trotz der dichten Bauweise gut verträglich in den Kontext einbindet, mit attraktiven Freiräumen, die mit ihrer Aufenthaltsqualität nicht nur für die neuen Wohnbauten, sondern auch für die Nachbarschaft wertvoll sind und einem gut funktionierenden Bushof, der sich sehr selbstverständlich integriert. Offensichtlich ist es dem Team gelungen, die drei Disziplinen Städtebau/Architektur, Freiraum und Verkehr gleichwertig zu verbinden und ein kohärentes, stimmiges Ganzes für die anspruchsvolle Aufgabe zu erarbeiten.