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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2021

Erweiterung der Hauptverwaltung Emschergenossenschaft und Lippeverband in Essen

Anerkennung

Preisgeld: 21.500 EUR

GD - Die Planer Leipzig GmbH

Architektur

ventury GmbH

TGA-Fachplanung

Codema International GmbH

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

GRUNDLEGENDE ENTWURFSGEDANKEN
Der Neubau schließt die vorhandene Baulücke zwischen den Bauteilen A und E indem er die Rundung des Bauteiles E adaptiert. Durch Splitgeschosse wird in jedem Geschoss ein barrierefreier Übergang zwischen den Gebäudeteilen A und E ermöglicht. Gleichzeitig entstehen anregende und vielseitig nutzbare Arbeitswelten. Die Materialien des Altbaues: Steinsockel, Kalksandstein- Gesimse, Klinkerflächen und Lisenen finden sich wieder in den klar gegliederten Betonfertigteilelementen des Erdgeschosses und den umlaufenden Gesimsbändern sowie den keramischen Lisenen und Flächen in den geschlossenen Wandbereichen der Obergeschosse.

STÄDTEBAULICH | ARCHITEKTONISCHE LÖSUNG
Der neugeschaffene Gebäudeteil ordnet sich wie auch die anderen Anbauten dem markanten Ursprungsbau unter. Gleichzeitig soll er als Bindeglied zwischen diesen fungieren. Dies erscheint uns als am besten möglich, wenn er die runde Form des Baukörpers A spiegelt. Gleichzeitig kann er elegant zwischen den unterschiedlichen Höhen und Formen der Anbauten vermitteln.
Möglich wird dies durch die plastischen, vertikal orientierten Lisenen, die in ihrer Reihung eine stark vereinheitlichende Wirkung haben.
Die geschwungene Entwicklung der Lisenen übernimmt den Gedanken des bewegten Wassers und gibt der ansonsten strengen Fassade etwas Leichtigkeit. Gleichzeitig werden die Materialien des Altbaus modern interpretiert:

- Der Natursteinsockel des Altbaus erscheint wieder in den Betonfertigteilen der
Erdgeschossfassaden.
- Die Kalksandsteingesimse des Altbaus finden sich in den hellen Geschossbändern der
Obergeschosse.
- Die Klinkerflächen und breiten Lisenen des Altbaus spiegeln sich in den unterschiedlich
hervortretenden keramischen Lisenen und den dazwischenliegenden Keramikflächen
des Neubaus wider.

Diese Konstruktion könnte auch vor die Fassaden der bereits vorhandenen Anbauten gestellt werden. Um allerdings tatsächlich auch deutliche Verbesserungen im Schall- und Wärmeschutz zu erreichen ist es sicher unumgänglich, vor allem auch die Fenster und Festverglasungen der Anbauten zu erneuern. Dazu wären aber noch vertiefende Untersuchungen zu führen.

FUNKTIONELLE LÖSUNG
Erdgeschoss
Das Erdgeschoss ist gegenüber den anderen Geschossen etwas eingerückt und bietet mit den gegenläufig geschwungenen Glasfassaden einen überdachten repräsentativen Eingangsbereich, der den öffentlichen Zugang zu dem multifunktionalen Kantinen- und Veranstaltungsbereich ermöglicht. Die unterschiedlichen Sitzbereiche im Inneren bieten Platz für 100 Kantinennutzer aber auch für Teambesprechungen, Abteilungstreffen oder zwanglose Besprechungen. Die sich über die Tiefgaragenzufahrt schiebende Leseecke lässt sich auch als Zusatzbühne für Betriebsveranstaltungen nutzen, während der große, teilbare Konferenzsaal sich ebenso für Konzertabende und Vorträge nutzen lässt. Der Speisesaal/ Konferenzbereich ist intern direkt von den beiden angrenzenden Flügeln aber über einen Windfang auch vom Innenhof zugänglich, dessen angrenzenden Terrassen im Sommer auch von den Kantinenbesuchern mit genutzt werden können.

Obergeschosse (Bürogeschosse)
Die versetzt angeordneten Obergeschosse (Splitgeschosse) binden an die jeweiligen Geschosse der Nachbargebäudeteile (A, E) an und ermöglichen so einen barrierefreien Zugang und Übergang in jedem Geschoss. Über einen Durchlader Aufzug ist das Erd- und Dachgeschoss aus allen Ebenen direkt erreichbar.
In den Außenspangen der Bürogeschosse befinden sich vor allem abgetrennte Doppel- und Gruppenbüros, während die Flächen zum Innenhof größeren und offeneren Büroformen vorbehalten bleibt. Dazwischen schieben sich die offen Multispace- und Loungegruppen, aber auch Kopier- und Pausenecken sowie Teeküchen finden hier ihren Platz. Hier verbinden sich Erholung mit Kommunikation, werden Ideen besprochen und entwickelt.

Dachgeschoss
Das Dachgeschoss wird ähnlich wie in den Bauteilen A und E nur geringfügig überbaut. Der zentrale Erschließungskern wird über Dach geführt und erhält einen transparenten Besprechungsraum, der zum Denken, Diskutieren, Konzipieren einlädt. Gleichzeitig entsteht in Fortsetzung der kleinen Geschossdachgärten ein großer, organisch gegliederter Dachgarten mit verschiedensten Bereichen für die Erholung und die kreative Projektarbeit.

Erschließung | Tiefgarage
Die Tiefgaragen im 1. und 2.Untergeschoss werden um die Fläche des Neubaus erweitert. Um eine größtmögliche Stellplatzanzahl zu erreichen, werden die neuen Parkflächen nur über kurze Stiche an die bestehenden Fahrgassen angebunden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Neubau schließt die südwestliche Ecke mit einer Rundung, welche sich in Radius und Höhe analog zum bestehenden Bauteil A verhält. Auf diese Weise gelingt es den Verfassern, ein stadträumlich homogenes Erscheinungsbild zum südlich gelegenen Bernewäldchen zu formulieren.
Der Eingang wird von der Mozartstraße aus geführt. Er führt in ein offenes Foyer, welches eine Durchsicht zum Innenhof erlaubt. Es erschließt weiterhin die Kantine und den Veranstaltungssaal auf selbstverständliche Weise. Positiv hervorzuheben ist weiterhin, dass die Konzeption des aus der Flucht des Bauteils E herausgeschobenen Baukörpers im Bereich des Hofs eine ebenerdige Anbindung des Bauteils A im Erdgeschoss aufweist, die ein Alleinstellungsmerkmal dieser Arbeit darstellt.

Der Erschließungskern ist gut platziert, sodass in allen Geschossen eine einfache Auffindbarkeit von Aufzug und Treppenhaus sowie eine funktionale Erschließung gewährleistet ist.
Die geschickte Ausformulierung einer Zwischenzone mit kombinierten Sitzstufen und Ausgleichtreppen im Gebäudebereich parallel zur Mozartstraße, führt zu flexibel und informell nutzbaren Grundrissangeboten, die eine sinnfällige Ergänzung der sonstigen Büroraumkonzeptionen (Zellenbüro, Gruppenbüro, open space) darstellen. Es wird darauf jedoch darauf hingewiesen, dass die geringen Geschosshöhen von im Mittel 3,25m nicht ausreichend sind, um eine Grundrissflexibilität von Flächen > 100qm gem. Vorgaben der Arbeitsstättenrichtlinie zu ermöglichen.
Das Raumprogramm ist vollständig umgesetzt. Es bestehen leichte Abweichungen zur Vorgabe im Bereich des Veranstaltungssaals, sowie der Funktions- und Nebenräume.

Die Fassade soll nach Angaben der Verfasser mit ihren geschwungen ausgebildeten Lisenen, den „Wasser“ als Leitmotiv transportieren. Die Materialität nimmt hierbei den Natursteinsockel des Altbaus auf und entwickelt hieraus die Idee einer Betonmaterialität. Ebenso werden Kalksteingesimse in die Gestaltung integriert, wie auch die Klinkerflächen des Altbaus in keramische Fliesen uminterpretiert werden, und auch hier eine Nähe zu den Gestaltungsmotiven des „Wilhelm-Kreis“-Gebäudes gesucht wird. Die Umsetzung dieser Absichten erscheint in der Makrobetrachtung als interessant und durchaus filigran. Jedoch gelingen insbesondere die problematischen Höhenübergänge zwischen Bauteilen unterschiedlicher Geschosshöhen als ungelöst.

Die denkmalpflegerische Einschätzung der Fassadenidee attestiert dem Konzept grundsätzlich eine Verträglichkeit. Die Anschlüsse an die angrenzenden Bauteile sind gut gelöst. Die Wirkung der Fassade im Verhältnis zum Baudenkmal wird als sinnfällig eingestuft, ohne jedoch bereits im Detail zu überzeugen.

Es werden Vorschläge zur Begrünung und Nutzung der Hof- und Dachflächen gemacht, die insgesamt positiv gewertet werden, da sie Themen der Ökologie, mikroklimatische Aspekte und Nutzungsoptionen dezidiert nachweisen.

Bezüglich der Gebäudetechnik werden Vorschläge zur Regenwassernutzung, Trinkwasserversorgung und Wärmeerzeugung und -verteilung gemacht, die sinnfällig sind, ohne jedoch eine wesentliche innovative Konzept vorzutragen.

Die Tragwerkkonzeption zeigt einen Massivbau unter Verwendung einer Stahlbetonkonstruktion. Genauer betrachtet wurde die Aufstockung des Bauteils am Bernewäldchen (Bauteil A), bei welchem eine Überlappung zwischen Neubau und Bestand unausweichlich ist. Es werden Kragträger zu Vermeidung direkter Lasteintragungen in die Bestandskonstruktion verwendet. Dieses Konzept wäre im weiteren Planungsverlauf auf Alltagstauglichkeit hin zu verfizieren.

Aussagen zur Zertifizierung (Nachhaltigkeit) werden keine getroffen. Die vorgeschlagene Materialität (Beton / Keramik) wird als wenig nachhaltig eingestuft. Der Vorschlag des Einsatzes von Fernwärme ist zwar pragmatisch, jedoch wenig innovativ. Die teilweise große Gebäudetiefe stellt eine Minderung in Bezug auf Tageslichtnutzung dar.

In der Summe stellt die Arbeit durch ihre differenzierte und gute Grundrissgestaltung und die sensible Haltung in Bezug auf den Umgang mit dem denkmalgeschützten Bestand einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgabe dar.
Lageplan I Ansicht

Lageplan I Ansicht

Eingangsebene

Eingangsebene

Bürogeschoss

Bürogeschoss

Dachgarten

Dachgarten