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Studienauftrag im selektiven Verfahren | 10/2021

Gesamtsanierung und Erneuerung Freibad Marzili in Bern (CH)

Teilnahme

Morger Partner Architekten AG

Architektur

META Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Martini Schäfer Baumanagement GmbH

Projektsteuerung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Weite, die durch den Abbruch des Betriebsgebäudes offenere Liegewiese, die geschickt mit einem Rundbecken ergänzte eingelegte Beckenlandschaft sowie ein lineares, langes Betriebs- und Eingangsgebäude prägen zusammen mit einem üppig ergänzten Baumbestand das neue Marzilibad. Geschickt und ebenso pragmatisch stärkt die an den Rand gedrängte Wegverbindung zwischen Spitz und Bueber die neue parkähnliche Offenheit und erhöht die Attraktivität der Liegewiese. In Verkennung der Personenströme, aber auch der städtebaulichen Ausgangslage wird der Haupteingang gegenüber heute nach Süden verschoben und so die Möglichkeit verspielt, zusammen mit der Bäckerei Fürst, der Gelateria und den sich bündelnden Strassen eine gut wahrnehmbare und würdige Eingangssituation zu schaffen. An prominentester Stelle stehen die Entsorgungen, eine Mulde und Betriebsparkplätze, während der Zugangsraum, kombiniert mit einer grosszügigen Veloanlage, hinter dem voluminösen Eingangsgebäude steht. Die Marzilistrasse 39 wird seines zugehörigen Gartens beraubt und als etwas verlorener Solitär ohne Anbindung an die Strasse oder das Bad Teil des Veloplatzes. Dass das Erdgeschoss des Eingangsgebäudes keine Nutzungen zur Attraktivierung des Aussenraumes aufweist, steht sinnbildlich für die unglückliche Konstellation des Zugangsraumes. Zwar geniesst man vom im ersten Obergeschoss angeordneten Restaurant einen wunderbaren Blick auf das Marzilibad, jedoch vergibt man sich damit die direkte und spontane Frequentierung der Zugangsebene und erzeugt zudem hohe Betriebs- und Personalkosten. Die städtebauliche Haltung der Eingangsgebäude steht im Widerspruch zur formulierten Absicht, das Bad mit wenigen Eingriffen nicht zu überformen und die Anlage städtebaulich zu präzisieren. Das Zusammenspiel Pergola – Eingangsgebäude lässt in den Schnittstellen architektonische Fragen offen und kann das Potenzial und die Chance eines empfänglichen Eingangsgebäudes ins Marzilibad nicht erkennen. Die lineare, fein konstruierte und schön rhythmisierte Stahlstruktur lässt zusammen mit der angedachten Begrünung eine in sich stimmige Architektur erwarten. Es stellt sich die Frage, ob die Kleinmassstäblichkeit und die marzilitypische Materialisierung in Holz mit der letztlich grossmassstäblichen, eher freibaduntypischen Intervention in Stahl dem Ort in all seiner Differenziertheit und Vielschichtigkeit städtebaulich wie architektonisch gerecht werden kann. Die entlang der Aare platzierte Buvette, ebenfalls in feuerverzinktem Stahl konstruiert, ist bezüglich Zonenkonformität gemäss Überbauungsordnung fraglich. Sie befindet sich darüber hinaus an einer durch die Personenströme höchst frequentierten, unglücklichen Stelle. Ausserhalb des Bads werden die Kastanien-Baumreihen zu einem tiefen und schönen Baumhain ergänzt, während das Marzilibad selber durch eine freie und parkartige Baumsetzung mit typischen Ufergehölzen wie Eschen, Weiden und Pappeln ergänzt wird. Es entstehen gegenüber heute stimmige Baumräume unterschiedlichster Grösse und Gestalt. Obwohl die bestehenden Bäume entlang des früheren Löifus respektiert werden, wird dessen Verlauf weitgehend überformt und ist als solcher kaum mehr erkennbar. Gegen Depot ausgeliehene Sonnenschirme ergänzen das natürliche Angebot mit individuellen Beschattungsmöglichkeiten. Positiv bewertet wird der Umgang mit den Wasserbecken. Die Beckenanlage wird in ihren Qualitäten anerkannt und behutsam umformuliert. Das Sprungbecken wird moderat vergrössert, sodass zur Steigerung der Attraktivität auch ein 5-m-Sprungturm Platz findet. Ein bezüglich Sicherheit und Übersicht optimales Rundbecken für die Kinder ersetzt sinnfällig und gut positioniert die heutigen Zwillingsbecken. Kritisch ist die Nähe des Nichtschwimmerbeckens zum Schwimmerbecken ohne eine auf den Plänen sichtbare Abgrenzung. Das Entfernen der heutigen Pflanzenstreifen stärkt die Idee des parkartigen, offenen Freiraumes. Temporäre Zäune in den Wintermonaten sorgen für die notwendige Sicherheit. Vorgeschlagen wird ein Löifu light, der als natürlicher Bachlauf der bogenartigen Wegführung folgt und neben der Wiederherstellung der Inselsituation eine neue ökologische Dimension in den Freiraum einbringen soll. Die Konzeption bringt mit sich, dass sich der Bach tief eingräbt und eine starke funktionale Trennung des Freiraumes bewirkt. Obwohl Sitzangebote in den steilen Böschungen vorgesehen sind, ist der Nutzwert des Löifus gering und bezüglich Sicherheit gerade für Kinder problematisch. Ins Gewicht fällt aber insbesondere der erhebliche Verlust an Liegeflächen, welcher durch die wenigen Sitzstufenangebote nicht kompensiert werden kann. Insofern wird das Freiraumkonzept durch den Vorschlag des auch im Unterhalt aufwendigen Löifus nachteilig beeinflusst. Im Spitz verhindert der direkt an die Aare gerückte Hochwasserschutz die vorgesehene Flutung. Bezüglich der grauen Energie ist mit der gewählten Bauweise, Stützenstruktur in Stahlbau und Einbauten in Holzbauweise auf Bodenplatte in Beton mit einem eher schlechten Verhältnis zu rechnen. Der grosse Terrassenund Pergolabereich ist materialintensiv und lässt einen grösseren Unterhaltsbedarf erwarten. Die Erstellungskosten ohne Löifu werden im Quervergleich der Projekte als eher hoch eingeschätzt. Der Projektvorschlag zeugt von einer sorgfältigen Auseinandersetzung mit allen notwendigen Funktionalitäten des zukünftigen Marzilibads. Der ausgeprägte Wille zur Ordnung und Klarheit in der Architektur und der gelungenen Freiraumkonzeption mit einem klugen Wasserbeckenkonzept wird grundsätzlich geschätzt. Nachteilig auf die Gesamtbeurteilung wirkt sich die Grösse, Länge und Konzeption des ganzen Eingangsbereiches sowie mit der gewählten Architektursprache die fehlende kontextuelle Einbindung in das Marziliquartier und das Marzilibad mit all seinen fragmentarischen Qualitäten aus. Der vorgeschlagene natürliche Bachverlauf des Löifus schmälert die ansonsten durchdachte Freiraumqualität.