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Studienauftrag | 11/2021

Überbauung Kappelmatt in Schwyz (CH)

Gewinner / 2. Phase

Schneider & Schneider Architekten

Architektur

vetschpartner Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Gemeinde Schwyz zeichnet sich schon historisch weniger als geschlossene Siedlung denn vielmehr als heterogene Bebauugsstruktur mit

verschiedenen dichteren Gebieten und offenem Wiesland aus und wird daher auch als Siedlungsflecken bezeichnet. Das zentral darin gelegene Grundstück „Kappelmatt“ ist das Wiesland zum Palais Kyd, einer typisch schwyzerischen herrschaftlichen Hofstatt und damit Teil eines historischen Ensembles. Dieses soll nun behutsam entwickelt und überbaut werden, ohne den ursprünglichen Kontext zu verlieren. Daher braucht es dezidiert städtebauliche Antworten, die auf die Eigenheiten des Ortes eingehen. Der Entwurf „‘Kappelmatt‘ - Wohnen im Mythengarten“ versteht sich als Fortführung eines städtebaulichen Musters, welches wir am Ort vorgefunden haben. Wie einerseits die Kleinteiligkeit des Einfamilienhausquartiers oberhalb der Parzelle mit seinen auf den Parzellen platzierten Einzelvolumen und andererseits das Herrenhaus, welches in seiner Positionierung und Form typisch für die herrschaftlichen Bauten in Schwyz ist. Aus unserer Analyse heraus haben wir diese beiden Themen auf die Mythenvillen im Grünen angewendet und durch eine präzise Setzung in der Topographie ein ausgewogenes Siedlungsmuster erstellt, welches respektvoll mit dem Kontext umgeht. Das Haus am Bach als direkter Abschluss der Parzelle ist auch ein Abschluss des Siedlungsfleckens Schwyz. Die natürliche Barriere durch den Bach macht eine städtebauliche Setzung selbstverständlich. Das Gebäude reagiert durch Rücksprünge differenziert auf den Verlauf des Baches und

folgt der Topographie nach oben. Der Baukörper ist auch in seiner Höhenentwicklung gestaffelt, was ihm in Kombination mit den ausspringenden

Balkonen eine feingliedrige Erscheinung verleiht. Die Neubauten sind so ausgerichtet, dass sie alle bestmöglich von den phantastischen Ausblicken profitieren. Die Wohnungen in den Mythenvillen weisen allesamt eine Orientierung in mindestens drei Himmelsrichtungen auf, während die durchgestossenen Wohnungen im Haus am Bach mit zweiseitigen Balkonen von frühmorgens bis zum Sonnenuntergang über besonnte Aussenbereiche mit verschiedenen Ausblicken verfügen. Somit wird das allseits grossartige Panorama durch die Bewohner optimal erlebbar.


Auf der Kappelmatt entsteht ein vielfältiges Freiraumangebot; ob Wohnen am Bachgarten, im Gemeinschaftsgarten oder im Obstgarten, die Grünräume reagieren auf verschiedenen Nutzungsbedürfnisse und stellen eine atmosphärische Vielfalt an Aneignungszonen und Nischen im Grünraum zur Verfügung. Der naturnahe, begrünte Bachgarten stärkt den Bachraum und bildet einen attraktiven Übergang zum Nietenbach. Der Gemeinschaftsgarten bietet einen wertvollen Spiel- und Begegnungsraum die durch lichte Baumsetzungen akzentuiert werden. In das Wegnetz eingelassene Kiesinseln werden mit Spiel- und Aufenthaltsmobiliar ausgestattet. Sie schaffen zwischen den Gebäuden attraktive Treffpunkte für die Siedlung und laden zu gemeinschaftlichen Nutzungen ein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt greift zwei interessante und nachvollziehbare städtebaulichen Themen auf: Erstens die Bebauung entlang der Falllinie des Nietenbachs. Die Gemeinde Schwyz hat im Leitplan Hinterdorf mit dem Dorfbach eine sehr vergleichbare Situation und verweist darin auf die historisch typische Bebauung parallel zum Bachlauf. Es ist durchaus plausibel, den Nietenbach als westliches Pendant dazu zu betrachten und dessen räumliche Zäsur mit einer Bebauung in der Falllinie spür- und lesbar zu machen. Zudem wird damit die Baustruktur des punktuell bebauten Wohnquartiers zwischen Mättivor und Chappelmatt mit einer linearen Bebauung abgeschlossen. Dass dieser grossmassstäbliche, ortsbauliche Quartierabschluss im Massstab der unmittelbaren Bebauung eine gut wahrnehmbare Durchlässigkeit zum Bach aufweisen muss, wurde von den Verfassern adäquat umgesetzt. In der Konsequenz dieses städtebau-lichen Ansatzes muss die Gebäudeerschliessung von Osten her erfolgen.

Das zweite Thema ist, wie oben bereits angetönt, die in einer „durchfliessenden“ Wiese platzierten Punktbauten. Diese Punktbauten nehmen entfernt eine Analogie zu den Herrenhäusern auf, insbesondere auch durch ihre streng axiale, symmetrische Struktur. Hier liegt allerdings eine Inkonsequenz, indem die Hauszugänge diese formale Strenge durchbrechen, ohne selber eine neue Qualität zu generieren. Es stellt sich die Frage, ob der „copy-paste“-Charakter dieser Punktbauten wirklich richtig ist, oder ob nicht ein feiner gegenseitiger räumlicher Bezug der Grundrisse zwischen den Einzelbauten – z.B. über die Eingangssituationen oder die Loggia-Ausrichtungen – zu einem weniger „UFO-mässigen“ Charakter führen könnte.

Die ortsbauliche Setzung mit einem Riegel entlang des Baches und Punktbauten im Hang ermöglicht eine hohe bauliche Ausnutzung, während gleichzeitig der Wiesenhang zumindest im Ansatz wahrnehmbar bleibt. Die Obstwiese ist hier ein angemessenes Bild, die geplante Baumpflanzung jedoch sehr dicht. Eine gute Lösung wurde für die Privatgärten gefunden. Sie liegen als durchgehende Flächen ohne raumteilende Elemente talseitig vor den Häusern.

Die Wegeführung überzeugt noch nicht: Die Erschliessung des Längsriegels und drei der Punktbauten vom Tobelseite her und innerhalb des Gewässerraums ist so nicht machbar. Die vorgeschlagenen Trampelpfade zwischen den Gebäuden sind für die intensive Wohnnutzung nicht realistisch. Hier wären wenige gebaute Wege vorzuziehen, um die nötige Querverbindung zu gewährleisten. Die grundsätzlich schöne Geste des Platzes im Zentrum der Bebauung ist gestalterisch zu überdenken: Die Baumdichte auf dem Platz in der Nähe des ebenfalls schattigen Tobels ist zu gross, hier wäre weniger mehr.

Die Organisation des Untergeschosses und der Tiefgarage ist zu aufwändig, gewährleistet aber einen direkten Zugang zu den Erschliessungskernen aller Wohngebäude. Die Anbindung der Besucherparkplätze an die Oberfläche weist allerdings funktionelle Mängel auf.

Über zumeist grosszügig überdeckte Zugangshallen gelangt man in die Gebäude mit mittig platziertem Treppenhaus bei den Punktbauten und an die Fassade geschobenes Treppenhaus bei den Zeilenbauten. Der Auftakt zu den Wohnungen ist mit grosszügig gestaltetem Entree organisiert und gewährleistet bei den Punktbauten die differenzierte Erschliessung der Individual- und Gemeinschaftsräume, derweil bei den Zeilenbauten die Zugänglichkeit ausschliesslich über die Gemeinschaftsräume erfolgt. Die bei den Zeilenbauten als Durchschuss konzipierten Gemeinschafts-räume vermitteln ein grosszügiges Raumerlebnis und garantieren die ganztägige Besonnung. Die bei den Punktbauten über Eck angeordneten Wohn-, Ess- und Kochbereiche sind zur Hauptaussicht orientiert während die Individualräume klammerartig den rückwärtigen Bereich des Grundrisses belegen. Die grosszügig gestalteten und ausreichend bestückten Nasszellen sind bei den Zeilenbauten ausschliesslich innenliegend plat-ziert, derweil bei den Punktbauten jeweils eine Nasszelle pro Wohnung über Tageslicht verfügt. Mit den bei beiden Haustypen zur Hauptsache umgesetzten, orthogonalen Raumstruktur resultiert eine flexible Möblierbarkeit für Individual- und Gemeinschaftsräume gleichermassen.

Der Projektbeitrag erfüllt in wirtschaftlicher Hinsicht die wichtigsten Kennzahlen und Rahmenbedingungen trotz aufwändigem Untergeschoss. Die maximal mögliche Anzahl Wohnungen basierend auf dem vorgegebenen Mix wird ausgeschöpft. Die gemäss Programm geforderte Geschossfläche wird erreicht.

Im Zusammenhang beurteilt erfüllt der Vorschlag die Anforderungen in ortsbaulicher und funktionaler Hinsicht und bezüglich Grundrissqualitäten weitestgehend, mit Bezug auf die vielseitige Aussicht und die Wirtschaftlichkeit sogar optimal. Er wirkt aber im architektonisch formalistischen Ausdruck ortsfremd und zu wenig eingepasst. Auch bergen die Punktbauten ein nachbarschaftliches Konfliktpotential in der Gewährung von Einblicken.