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Offener Wettbewerb | 04/2022

aspern Seestadt in Wien: Die öffentlichen Räume der Roten Saite Nord (AT)

Rot, grün und blau stiften Orientierung: Die Gleditsie spendet freundliches Grün und lichten Schatten, rote Stadtmöbel laden zum Verweilen ein und eine blaue Spur zieht sich mit kühlen Wasserorten durch die Straße.

Rot, grün und blau stiften Orientierung: Die Gleditsie spendet freundliches Grün und lichten Schatten, rote Stadtmöbel laden zum Verweilen ein und eine blaue Spur zieht sich mit kühlen Wasserorten durch die Straße.

3. Preis

DnD Landschaftsplanung

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ruhezeichen an Orten der Betriebsamkeit

·      Deutliche Farb- und Formensprache für rasch erkennbare Ruheorte

·      Unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten an den Fermaten

·      Abwechslungsreiche Erlebnisqualitäten

Interpretationsoffenheit und urbane Aneignung

·      Nutzungsoffene Gestaltung der Platzaufweitungen

·      Multifunktionale Möbel entlang der Roten Saite

·      Wassererlebnisorte un kühle Inseln: Blaue Pause

Klimaresiliente Freiraumgestaltung

·      Klimafitte Bäume: Gleditsie, Ahorn und Segant-Kirsche

·      Schwammstadtprinzip für nachhaltiges Regenwassermanagement

·      Blau-grüne Infrastruktur


INNEHALTEN IN DER BEWEGUNG / FREIRAUMKONZEPT

Die Rote Saite ist gleichzeitig Einkaufsstraße und Hauptverbindung zwischen den beiden U-Bahnstationen, der Sonnenallee und dem Seepark. Sie ist eine bewegte Achse, geprägt von Erledigungen und Betriebsamkeit. Langsamere Verbindungen kreuzen die Achse mehrmals, aber auch die Rote Saite selbst benötigt Orte der Entschleunigung. Entlang der bewegten Roten Saite werden daher Plätze der Pause angeordnet. Als Zeichen dafür wurde die Fermate gewählt. Angelehnt an den musikalischen Bezug der Roten Saite stellt die Fermate ein aus der Musik stammendes Ruhezeichen dar und lädt zum Innehalten ein.


FER·MA·TE / RAUM FÜR INTERPRETATIONEN

Die Fermate – vom italienischen Wort „fermare“ anhalten – ist in der Musik ein Ruhezeichen. Das Zeichen besteht aus einer nach unten offenen Parabel mit Punkt in der Mitte. Sie wird über einer Note oder Pause gesetzt und zeigt ein Innehalten in der Bewegung an. Vor allem aber signalisiert sie dem Solisten, dass diese Stelle nach eigenem Belieben ausgedehnt und verziert werden soll. Damit eröffnet sie explizit den Raum für das Kreative, sie erlaubt Interpretationen und gibt Anstoß für das eigene Improvisieren. Dieser Bedeutung folgend werden die Fermaten entlang der belebten und schnelllebigen Roten Saite so ausgestaltet, dass sie größtmögliche Nutzungsoffenheit signalisieren.


Tischgruppen, lange Tafeln und Stehtische schaffen ein Ensemble aus co-kreativen Möbeln, die je nach Nutzungsbedürfnis und bei Veranstaltungen unterschiedlich genutzt werden können. Die Möbel sind an den Platzaufweitungen und entlang der Roten Saite locker angeordnet. Die Möbel sind auf verschiedene Weisen und entsprechend der benötigten Funktionen nutzbar: Als Sitzbank, als Stehtisch, als großformatige multinutzbare Elemente. Vielseitigkeit ist hier das Schlagwort, das die Menschen zum Co-Kreativen und zur urbanen Aneignung einlädt. Zentral ist ein kreativer und spielerischer Zugang zum Stadtmobiliar.


IDENTITÄT DER BÄUME / BEPFLANZUNGKONZEPT

Die dominante Baumart entlang der Roten Saite ist die Gleditsie. Dieser klimafitte, hochstammige Baum hat sich entlang der Wiener Mariahilfer Straße bereits über viele Jahre bewährt. Ihr schirmförmiges Dach erzeugt im Sommer einen angenehm lockerem Schatten, hinzu kommt eine Mischung aus Groß-, Mittel und Kleinbäumen in den Straßenaufweitungen und Platzbereichen: Zwei Ahornarten, Zelkove, Amberbaum, Sargent-Kirsche und Stadtbirne bieten über die Jahreszeiten attraktive Blüh- und Blattaspekte in Rottönen. Damit folgt die Begrünung der Roten Saite einerseits einer klimafitten und zeitgemäßen Pflanzenauswahl, andererseits schafft sie eine individuelle Identität und sorgt für eindeutige Wiedererkennung.

Die Gräsermischung „Tanz der Gräser“ bietet rötliche Blüh- und Blattfarben und harmoniert mit den Herbstfarben der Baumarten. In den straßenbegleitenden Beetflächen gibt es kompakte Gräserpflanzungen mit einigen Blühhighlights der Mischpflanzung. Die robusten Mischungen sind pflegeleicht und funktional.


BLAU-GRÜNE ERLEBNISORTE / BLAUE PAUSE

Entlang der Roten Saite zieht sich eine blaue Spur: Als Blaue Pause fügen sich kühle Inseln in das Straßen- und Bepflanzungskonzept. Die Orte sind mit Wasserelementen wie Nebeldüsen und Wasserspielen ausgestattet und führen als kühlende Wegweiser zum See. Die Blaue Pause schafft im Sommer eine Reihe an Erlebnisorten mit erweitertem Nutzungspotenzial und Kühleffekt. Die Blaue Pause ergänzt die Fermaten und führt diese fort: An den Wasser-Erlebnisorten entsteht eine Erlebnisqualität, die die belebte Charakteristik der Roten Saite widerspiegelt.

Die Wasserorte der Blauen Pause sind an das unterirdische Netz an Schwammstadtkörpern angebunden. Damit sind sie Teil der blau-grünen Infrastruktur an der Roten Saite. Die Wasserelemente dienen nicht nur der Erholung, sondern speisen die Stadtbepflanzung mit Sommerwasser.


LEITMOTIV / STADTBELAG

Für den Stadtbelag wird ein klares Raster aus grob und fein gestockten Betonplatten entwickelt (Ortbeton/Fertigteil nach Bedarf). Das Raster wird ausgehend von sehr großen Formaten in der Mitte zum Rand hin feiner. Dieser Gradient spiegelt die Nutzungsgeschwindigkeit wider. Querlaufende Bänder rhythmisieren in Längsrichtung und binden auch die Drillingsplätze in die Gesamtfläche ein. Auf den Platzflächen wird die Querbänderung zur Rautennetz, dass zwischen Raster und Raumkanten vermittelt. Ein 70cm breiter Streifen rahmt die Platzfläche und schafft so einen gestalterisch wie bautechnisch klaren Abschluss.


WERTWASSERNUTZUNG/ REGENWASSERMANAGEMENT

Das Entwässerungskonzept setzt auf eine möglichst vollständige Einleitung der sommerlichen Oberflächenwässer sowie der Wasserspiele in einen Schwammstadtkörper. Chloridbelastetes Winterwasser wird direkt der Kanalisation zugeführt. Die Sammlung der Wässer erfolgt an der Oberfläche mittels Quergefälle in Längsrinnen, welche die Wässer zu den Einlaufpunkten führen. Von den Einlaufpunkten gelangt das Wasser zu Verteilerschächten, die mit jeweils einem Ablauf in Kanalisation sowie in den Schwammstadtkörper ausgestattet sind. Die Abläufe in den Schwammstadtkörper können über Standardschieber für den Winterbetrieb geschlossen werden. Bei gefüllter Schwammstadt läuft das Wasser in den Kanal über. Überschüssige Wässer können bei entsprechender Qualität auch in den See dotieren.


OFFENER AUFENTHALT / NUTZUNGSOFFENE MÖBLIERUNG / CO-KREATIVE PAUSE

Große, multifunktionale Tische an den Fermaten sind in Sitz- oder Stehtischhöhe ausgestaltet. Dadurch werden sie einmal zu öffentlichen Tafeln, an denen man sich länger aufhalten möchte, dann sind sie spontane Orte des zufälligen Treffens oder lediglich kurze Orte des Rastens. Die Möbel bieten Platz für viele Nutzungsgruppen gleichzeitig: Am einen Ende kann gejausnet und geplaudert werden, während am anderen gespielt wird. Das straßenbegleitende Mobiliar wird an diese Optik angelehnt und leicht abgewandelt: Es finden sich kleinere und größere Hocker sowie Bänke mit Holzauflage und Rückenlehne, vereinzelt auch multifunktionale Sitzmöbel mit Stromanschluss über USB-Buchsen, die dezentral über Solarpaneele versorgt werden.

Die Form der Fermate bildet sich in der Möblierung ab: Bumerang-ähnlich geformte Möbel schaffen eine Bewegung in sich. Die Möblierungsfamilie an den Fermaten besteht aus Langbänken mit Holzauflage, langen Tafeln, Stehtischen sowie den Wasserelementen. Das Ensemble erscheint in einer nachvollziehbaren und identitätsstiftenden Optik und wiederholt sich auch abseits der Fermaten, entlang des Straßenzuges. Die Möbel bestehen aus leicht abgerundeten und dadurch weich wirkenden Betonkörpern mit hölzerner Sitzauflage und verfügen über Rückenlehnen. Sie erhalten eine rötliche Färbung und einen etwas dunkleren Zuschlag. Dadurch entsteht eine Terrazzo-Optik mit Rottönen. Die Färbung wiederholt die farbliche Identität entlang der Roten Saite.

Beurteilung durch das Preisgericht

Dieser Entwurf hat sich nach der ersten Runde stark verändert, anstelle der sehr stereotypen runden Formen werden nun sehr organisch geformte, von charakteristischen gebogenen Sitzmöbeln gefasste Grüninseln angeboten. Diese flexibel gestaltbare und nutzbare Elemente erstrecken sich über das gesamte Betrachtungsgebiet und stellen so ein verbindendes Element des gesamten Entwurfs dar. 


Das Motiv ‚Wasser‘ wird an allen Plätzen gespielt. 


Bei der Gestaltung des Nelson-Mandela-Platzes gefällt insbesondere die ungewöhnliche Einbindung des ‚Vinothek-Gebäudes‘, das auf ein Plateau gestellt wird. Die Erreichbarkeit des Nahverkehrsknotens und dessen Ausgestaltung (Witterungsschutz, Gehrelationen, Situierung der Radabstellanlagen etc.) wird kritisch gesehen. 


Der Ansatz, den potentiellen Gefährdungsbereich für Fußgänger:innen bei der T-förmigen Gleis Kreuzung durch die Anordnung einer Grüninsel zu entschärfen, wird gewürdigt, wenn auch kurze Grüngleise von den Wiener Linien nicht realisiert werden. Die Idee den südlichen Bereich des Nelson-Mandela-Platzes der cokreativen Meile zuzuordnen und als ‚Drillingsplatz‘ zu gestalten wird als spannende Idee gewürdigt. Die Umsetzung kann jedoch nicht überzeugen, der trichterförmige Weg vom Bahnhofsausgang bis zur co-kreativen Meile wirkt wenig intuitiv, das Fehlen von wegbegleitendem Grün wird gerade in diesem neuralgischen Straßenbereich vermisst. 


Dagegen erscheint die bewusste Offenheit der Zwillingsplätze als eine reizvolle Raumfrequenz. 


Die Gestaltung des Zaha-Hadid-Platzes kann hingegen nur wenig überzeugen. Die Raumgliederung mit den Grüninseln erzeugt zwar kleinteilige Aufenthaltsbereiche lässt aber das große Ganze nicht erkennen, die Situierung des Wasserspiels und des Sonnensegels stehen der gewünschten Perspektive auf den See im Weg. Die Idee das Möglichkeitsband entlang der Arkaden zu verlängern wird als interessant erachtet, die begehbaren Raseninseln wären dennoch ein spannendes Experiment für Wien.

Die Rote Saite ist eine Hauptverbindung der Seestadt aspern und eine bewegte Achse, die in ihrer Betriebsamkeit Orte der Entschleunigung benötigt.

Die Rote Saite ist eine Hauptverbindung der Seestadt aspern und eine bewegte Achse, die in ihrer Betriebsamkeit Orte der Entschleunigung benötigt.

Angelehnt an den musikalischen Bezug der Roten Saite stellt die Fermate ein aus der Musik stammendes Ruhezeichen dar und lädt zum Innehalten ein.

Angelehnt an den musikalischen Bezug der Roten Saite stellt die Fermate ein aus der Musik stammendes Ruhezeichen dar und lädt zum Innehalten ein.

Tischgruppen, lange Tafeln und Stehtische schaffen gemeinsam mit der Bepflanzung ein Ensemble, das je nach Nutzungsbedürfnis und bei Veranstaltungen unterschiedlich genutzt werden kann.

Tischgruppen, lange Tafeln und Stehtische schaffen gemeinsam mit der Bepflanzung ein Ensemble, das je nach Nutzungsbedürfnis und bei Veranstaltungen unterschiedlich genutzt werden kann.