modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 11/2021

Neuentwicklung Areal KĂŒttigerstrasse in Aarau (CH)

Teilnahme

Luca Selva Architekten

Architektur, Stadtplanung / StÀdtebau

Westpol Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

StÀdtebau, Architektur

Die Projektverfasser messen dem Bestand im Wechselspiel mit der geforderten Dichte eine hohe Bedeutung zu: Das denkmalgeschĂŒtzte Haus soll innerhalb des neuen Ensembles eine glaubwĂŒrdige sowie adĂ€quate PrĂ€senz erhalten. Mit der Freispielung und Sichtbarmachung des GebĂ€udes «Kreuz» wird diese Absicht unterstrichen. Als zusammenhĂ€ngender, leicht mĂ€andrierender Baukörper, welcher eine klammerartige Raumstruktur skizziert, zeigt sich der Neubau abgesetzt vom Baudenkmal als selbstbewusstes eigenstĂ€ndiges Volumen. Die Verfasser beabsichtigen mit der gewĂ€hlten «Sheddacharchitektur» eine Verbindung zur MassstĂ€blichkeit der nahen Umgebung herzustellen. In der Nordostecke stellt sich jedoch die Frage der nachbarschaftlichen VertrĂ€glichkeit. Der vorgeschlagene Baukörper reagiert sowohl auf der Ebene der Ausformulierung der Grundform, als auch auf der Ebene der MaterialitĂ€t auf die Unterschiedlichkeit des Strassen- und Hofraums. Hin zur Stadt wird die Geradlinigkeit, durch die schimmernde Naturschieferfassade unterstrichen. Die Hoffassade zeichnet sich durch eine Volumenstaffelung und eine vertikale Schalung aus. Damit werden Welten mit unterschiedlichen MassstĂ€blichkeiten gesucht. Die vorgeschlagene Typologie erscheint in einer erster Lesung als sehr spannender und vielschichtiger Ansatz und zeigt eine Haltung. Die darin ausformulierte These vermag aber in seiner Ausformulierung und ortsspezifischen Verankerungen nicht in allen Bereich zu ĂŒberzeugen. Die vorgeschlagenen SheddĂ€cher, die bewusst dunkle Fassadengestaltung, die Höhe hin zum bestehenden Quartier und die insgesamt durchgehende GebĂ€udehöhe lĂ€sst Fragen der OrtsvertrĂ€glichkeit aufkommen. Der zusammenhĂ€ngende Baukörper soll insgesamt als Gesamtanlage und Einheit wahrgenommen werden, von aussen soll zwischen der Mietwohnungsnutzungen und dem Stockwerkeigentum keine Differenzierung wahrgenommen werden können. GeprĂ€gt von der durchgehenden und starken Schottenstruktur, werden die Grundrisse entwickelt. Mit einer angestrebten effizienten Erschliessung werden die zweiseitig orientierten Wohnungen erschlossen. Grosse tiefe Loggien zeichnen die Strassenfassade und somit das GegenĂŒber zur Altstadt aus. Gleichzeitig wird mit diesen - dem LĂ€rm abgewandten grosszĂŒgigen - Loggias der LĂ€rmthematik geschickt Rechnung getragen, in dem alle lĂ€rmempfindlichen RĂ€ume immer an diesen angrenzen. Die Grundrisse zeichnen in ihrer Dichte und Verschachtelung ein spannendes und vielversprechendes Gesamtbild. Bei genauerer Betrachtung stellt sich in den verschiedenen Wohnungstypen jedoch die Frage nach der Belichtung, Möblierbarkeit und somit deren VermarktungsfĂ€higkeit. Im Erdgeschoss des Bestandes und des Neubaukomplexes befinden sich die gewerblich genutzten FlĂ€chen. Im Hofraum wird diese FlĂ€che durch AtelierrĂ€ume und VelorĂ€ume bespielt. Der Shop, wie ein CafĂ© werden in direkter NĂ€he zur Tankstelle platziert. AussensitzplĂ€tze fĂŒr das CafĂ© können entlang der KĂŒttigergerstrasse angeboten werden.


Freiraum

Das Ensemble der unterschiedlichen Bauten wird ĂŒber den Versprung des Geschosses hinweg durchdrungen von einem homogenen unstrukturierten Hartbelag, der im Innenhof von ausgestanzten chaussierten Bauminseln belegt wird. Angesichts der Grösse des neuen Volumens wĂ€re hier ein differenzierterer Umgang mit den einzelnen TeilrĂ€umen zielfĂŒhrender gewesen. Die BĂ€ume stehen in der richtigen Erde, was mit einer zweigeschossigen Tiefgarage erkauft wird. Zur Nordostecke steht das Volumen im GrĂŒn und sucht so den Anschluss an das Garten-Umfeld. 


LĂ€rmimmissionen

Der bewusst offen konzipierte Projektansatz schirmt den Aussenraum nur mĂ€ssig gegen LĂ€rmimmissionen ab. Es ergeben sich gesamthaft nur wenig leise Fassaden. Die Loggien hingegen sind sehr gut platziert und ausgestaltet. Die vorgeschlagene Gewerbenutzung des GebĂ€udes «Kreuz» ist gut gewĂ€hlt und unproblematisch. Die zweiseitige Orientierung in der Grundrisskonzeption in GebĂ€ude 2 ist hinsichtlich Wohnkomfort grundsĂ€tzlich gut gewĂ€hlt. Einzelne Wohnungen sind in Bezug auf LĂ€rm noch zu optimieren, wobei die tiefen und zusammenhĂ€ngenden GebĂ€udevolumina bedingt Spielraum fĂŒr Grundrissanpassungen bieten.


Stadtklima, Nachhaltigkeit

Das stĂ€dtebauliche Konzept ermöglicht einen grosszĂŒgigen Innenhof mit einem grossen Potential, ein angenehmes Klima durch Bepflanzung und Aussenraumgestaltung zu schaffen. Die DurchlĂŒftung der Überbauung sollte aufgrund der vergleichsweise grossen GebĂ€udeabstĂ€nde möglich sein, insgesamt erscheint das zusammenhĂ€ngende Grossvolumen jedoch eher wie ein Riegel, der den Kaltluftstrom zur Stadt einfĂ€ngt. Die vorgeschlagenen Volumina sind sehr kompakt und energieeffizient geplant. Die Konstruktion ist statisch schottenartig konzipiert und erlaubt so den Einsatz modularer Holzelemente fĂŒr die Fassadenelemente. Dem Aspekt der Vorfabrikation und einer wirtschaftlichen Konstruktion wird gut Rechnung getragen. Die Layoutkonzeption ist streng gegliedert, erfordert aber bezĂŒglich der VertikalsteigschĂ€chte ein diversifizierteres System. Die geforderten FlĂ€chen fĂŒr eine Photovoltaikanlage sind auf den DachflĂ€chen der SheddĂ€cher nachgewiesen. Der Umgang mit den Themen Energie und Nachhaltigkeit zeigen eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Vorgaben und sollten sich gut umsetzen lassen. Das Projekt erfĂŒllt die gestellten Anforderungen insgesamt ĂŒberwiegend in geeigneter Weise und stellt in dieser Hinsicht einen grundsĂ€tzlich umsetzbaren Beitrag dar.


Wirtschaftlichkeit

Das Projekt weist mit einer AusnĂŒtzungsziffer von 2.01 eine unterdurchschnittliche Dichte und somit GeschossflĂ€che im Gesamtvergleich auf. Die effizient generierte HauptnutzflĂ€che HNF liegt im Durchschnitt und bleibt hinter der Vorgabe aus dem Wettbewerbsprogramm zurĂŒck. Der projektspezifische Wohn- und Gewerbeanteil von 81% zu 19% erfĂŒllt die gesetzlichen Vorgaben formal nicht und hat einen möglichen Spielraum fĂŒr standortspezifische Anpassungen bereits berĂŒcksichtigt. Der Wohnungsmix bildet in seiner DiversitĂ€t an Wohnungstypen als auch in der Verteilung die Vorgaben der Bauherrschaft ganz gut, jedoch in der QuantitĂ€t insbesondere fĂŒr das Stockwerkeigentumsprojekt nur unzureichend, ab. Entgegen der Vorgaben sind zur Umsetzung des Programms zwei Untergeschosse notwendig. Eine hohe Anzahl an ParkplĂ€tzen kann generiert werden. Die Baukosten liegen im Vergleich zu den anderen Projekten im Durchschnitt.


Fazit

Ein selbstbewusster, vielversprechender und mutiger Ansatz, der den RealitĂ€tscheck aber nicht vollstĂ€ndig ĂŒberzeugend schafft. Die konsequent gedachten Schottenstrukturen sind ein Grund, wieso teilweise schwierig zu vermarktenden Wohnungen entstehen.