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Studienauftrag im selektiven Verfahren | 10/2020

Neugestaltung Eingangshalle Kunst Museum Winterthur │Reinhart am Stadtgarten (CH)

Teilnahme

KUEHN MALVEZZI

Architektur

Manfred Pernice - Künstler

Kunst

Erläuterungstext

Kunst – Galleria 

Ohne „Galerie/Galleria“ wäre vielleicht aus dieser einen Facette einer Berg-Bewältigung keine montan-kulturelle Architektur und Entwicklung der Alpenländer (u.A.) geworden.
Die besonderen kulturellen Leistungen der schweizerisch-eidgenössischen Unternehmerschaft als Folge wirtschaftlich nachhaltigen Nachdenkens ergab oft eine eindrucksvoll engagierte Unterstützung der Künste.

Ein zentrales Motiv einer „Bergbewältigung“ ist die Erschliessung des Landes durch Wegebau. Thema und Titel des künstlerischen Vorschlags ist hier also die Galeria, die offenbar sprachgeschichtlich und
kulturhistorisch an die modernere und zeitgenössische Ausstellungs-Architektur und - Praxis angeschlossen sein kann. Zu diesem Motiv-Gebiet gehört die halb- oder voll- umfängliche Einfassung einer Trasse , die auch als Tunnel einen „Block“ durchdringen kann : Diese Bezugnahme und Übersetzung in unser künstlerisches Projekt könnte nur gelingen, wenn die abstrahierte Figur auch als unterhaltsame Inneneinrichtung gelesen werden kann. Die Spielecke, Kletterwand oder Hüpfburg sind durchaus das geeignete referenzielle Umfeld. Die Gestaltfindung ist skulptural an den einzelnen Blöcken und Elementen sowie an der skizzierten Anlage interessiert . Die Materialien können nicht „echt“ sein – also gibt es verschiedene Übersetzungen – auch als Fake , Ersatz – oder Kunststoff . Steinguss, Aluminiumguss und 3-D Druck sollen zur Anwendung kommen .
Die skulpturalen Blöcke sind architektonisch gedacht, aber auch mit Anmutung der Figürlichen, wie etwa im Werk von Fritz Wotruba die Überlagerung/Überblendung von Block, Klotz und Körperteil immer auch ein Rolle zu spielen scheint.

Der Zu- und Durchgang wird inszeniert und vordergründig aufgebaut – endlich aber als grundlegende, wesentliche Geste der Kulturvermittlung
wirksam lesbar sein.

Architektur – Galerie

Die Galerie ist ein Gang. Eher lang und eng, dafür seitlich offen wie ein Laubengang und ein Portikus. Die Galerie ist eine Passage, in Wien eine Pawlatsche.
Tunnel und Stollen sind seitlich geschlossene Spezialfälle der Galerie, denen wir vor allem in der italienischen Variante als galleria begegnen.
In der Galerie haben wir eine Spur, die mit fast gleichförmigem Querschnitt wie ein Kanal verschiedene Orte miteinander verbindet.
Dabei ist die Galerie mehr als ein Korridor. Mittels sichtbarer konstruktiver Elemente wie Stütze, Balken und Bogen spannt die Galerie eine Raumsequenz auf.
Die Galerie ist ein Zwischenraum und eine Schwelle. Ein Raum, der sich auf andere Räume bezieht, indem er sie trennt und verbindet.
Der Gang als gestaltgebendes Element: Galleria degli Uffizi in Florenz, ein frühes Museum.
Mögliche Wortherkunft: Galiläa - Kirchenvorhalle und Schwelle - ‚Ich werde Euch nach Galiläa vorausgehen‘ (Mt 26,32)

Beurteilung durch das Preisgericht

Künstlerische Würdigung
«Die Galerie ist ein Gang. Eher lang und eng, dafür seitlich offen wie ein Laubengang und ein Portikus. Die Galerie ist eine Passage, in Wien eine Pawlatsche. Tunnel und Stollen sind seitlich geschlossene Spezialfälle der Galerie, denen wir vor allem in der italienischen Variante als galleria begegnen.» Dem Grundgedanken der Galerie in seinen verschiedenen Bedeutungen folgend, legen Manfred Pernice und Kühn Malvezzi eine Art Galerie durch die Eingangshalle und führen diese, verwandelt in einen Stollen, durch den anschliessenden Korridor in den Stadtgarten weiter.
Mit mächtigen bogenartigen Skulpturen führt Manfred Pernice den Besucher des Museums Richtung Passage in den Stadtgarten. In unterschiedlichsten Materialien geschaffen und im Detail individuell gestaltet, zitieren sie das architektonische Element des Bogens in subtil-versponnener Weise. Die liebevolle Ironie wird in der Passage zum Nordeingang gesteigert durch die
applizierten Balkenstützen mit ihrer funkelnden Aluminiumästhetik ohne offensichtliche Funktion. Als Gesamtes erzeugen die künstlerischen Eingriffe eine deutliche Neuausrichtung der
quergestellten Halle.
Der künstlerische Eingriff ist, für Manfred Pernice charakteristisch, mit unzähligen Referenzen in die Kultur- und Kunstgeschichte höchst assoziationsreich angedacht und führt zu einer an sich
mächtigen Geste. Das Beurteilungsgremium beurteilt die Ausrichtung dieser Geste indes kritisch. So verlieren die Skulpturen ihre inhaltliche Schärfe und Autonomie, indem sie an der Decke mit der bestehenden Architektur verbunden werden bzw. im Fall des Windfangs sogar architektonisch eine Funktion zu übernehmen haben. Zudem gehen Gesten, Materialisierungen und Dimensionen von künstlerischen und architektonischen Eingriffen keine Symbiose ein, sondern existieren unverbunden nebeneinander, was die Kraft des Vorschlags deutlich schmälert.

Architektonische Würdigung
Die Projektverfassenden schlagen eine Galerie/Galleria vor, die als Passage die Eingangshalle quert und eine Schwelle zwischen Stadtraum und Park bildet. Eine interessante Idee mit Potenzial, aber auch Tücken. Der Eingriff wird vor allem von innen gedacht und weist nicht weiter ins Freie, wird nicht von aussen ablesbar und hat dementsprechend auch keine Aussenwirkung. Eine vertane Chance. Umso mehr als der Vorschlag vor allem zweidimensional funktioniert und sich primär auf diese eine Richtung konzentriert. Dass sich die Galerie auch seitlich öffnet, wird infrage gestellt, denn es bleibt unklar, wie «Galerie» im Projekt interpretiert wird. Die Spanne zwischen einem Tunnel und den Uffizien erscheint zu gross. Im Bergbau ist der Eingriff eher geschlossen, auf sich selbst konzentriert und klar etwas anderes als der Fels. Vasari hingegen gelang es, mit den neu errichteten Fassaden den Zwischenraum mit den angrenzenden Gebäuden zu verbinden. Da die geplante Galerie als separiertes Element in der Eingangshalle steht ohne Balken, Bögen und Stützen, die weiterführen, wird befürchtet, dass eine solche Verbindung mit der Eingangshalle nicht gelingen, dass es keine weiterführenden Raumsequenzen geben wird. Das ändert sich auch nicht durch die Bögen, die zur Decke reichen und diese zu tragen scheinen. Ebenso wirkt der Windfang, der an den Stützen befestigt wird, inkonsequent. Für eine Mehrfachlesbarkeit der Galerie als Inneneinrichtung und auch als statisches Element scheint der Eingriff zu klein. Die Galerie steht als Fremdkörper in der Halle, wodurch diese fragmentiert und kleinteilig wirkt. Als starkes architektonisches Element bildet sie ein robustes Gerüst für verschiedene Nutzungen und Anpassungen, vermag aber nicht mit ihnen in Beziehung zu treten. Der Vorschlag funktioniert in Bezug auf die Betriebsabläufe und die Hindernisfreiheit. Die zurückhaltend gestaltete Möblierung wirkt plausibel, ist aber auch unspezifisch und dadurch austauschbar. Vieles wirkt additiv, stellt deshalb in Bezug auf die Denkmalpflege kein Problem dar, ist dadurch aber auch ein wenig beliebig.