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Einladungswettbewerb | 09/2022

Neubau einer Kindertagesstätte in Uetersen

Anerkennung

Preisgeld: 2.250 EUR

Kunst + Herbert Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Kindertagesstätte Noahs Arche I Neubau in Uetersen

An der Jochen-Klepper-Straße in Uetersen sollen die bestehende Kindertageseinrichtung und das Gemeindehaus der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde durch den Neubau der Kita ersetzt und um den Neubau eines Seniorenwohnheims ergänzt werden.
Der Entwurf greift Materialien des zum Abriss stehenden Gemeindehauses auf und setzt diese in einem neuen Kontext wieder ein.

Städtebau
Der kompakte Baukörper der Kita reagiert in Volumen und Höhenstaffelung auf sein Gegenüber, indem er dessen Formgebung und Raumkanten aufgreift. Die Kita erhält eine eigenständige Adresse mit Vorplatz und Erschließung von Norden. Die beiden Baukörper stehen unabhängig voneinander, sind aber zugleich aufeinander abgestimmt und bilden ein Ensemble. Beide Gebäude teilen sich die Zuwegung von Nordosten des Grundstücks, die bis zum Vorplatz des Seniorenwohnens an der Kita- Freifläche vorbeigeführt wird.
Mit dem Staffelgeschoss wird an der Jochen-Klepper Straße als adressbildende Geste ein Hochpunkt gesetzt. Durch eine schrägverlaufende Außenwand wird zum zurückspringenden Eingang geleitet, die einladende Geste wird unterstrichen.
Der Vorplatz als Hol-Bring-Bereich ist auch von den Parkplätzen aus zugänglich. Dieser hat durch Sitzgelegenheiten eine Aufenthaltsqualität für Wartende. Die überdachten Stellplätze für Kita-Wagen, Kinderwagen und Spielgeräte sind an den Platz angegliedert.

Entwurfsidee
Der Baukörper wird in seiner klaren Formsprache durch eine markante und prägende Treppenskulptur vervollständigt, die sowohl den zweiten Rettungsweg übernimmt als auch zum entwurfsprägenden Bauteil mit multifunktionalem Charakter wird.

Organisation
Die Grundrisse werden klar, übersichtlich auf übereinanderliegenden Ebenen strukturiert. Dies bietet eine gute Orientierung, sowohl für Kinder als auch Erzieher*innen, und ermöglicht eine kompakte und wirtschaftliche Bauweise.
Der Krippenbereich im Erdgeschoss, die Elementar- und Integrationsbereiche in den Obergeschossen werden vom zentralen Eingangsbereich über das angrenzende, großzügige Treppenhaus miteinander verbunden.
Im Erdgeschoss befindet sich in unmittelbarer Verlängerung der Haupteingangsachse der Multifunktionsraum mit Zugang zur großen Außenspielfläche, der flexibel bespielt werden kann. Nordöstlich des Erdgeschosses befinden sich die Vollküche mit Nebenräume mit dem Anlieferungseingang von Osten, sowie Technikräume. Zentral erreichbar sind dienende Räume wie Sanitärräume. Im ersten Obergeschoss befinden sich das Büro der Leitung, sowie Nebenräume für das Personal. Das Staffelgeschoss nimmt einen ruhig gelegenen Besprechungs- und Pausenraum auf.
Eine Dachterrasse im Staffelgeschoss bietet einen zusätzlichen Außenraum für die Kinder.
Die Räume der jeweiligen Gruppenbereiche sind in einem wiederkehrenden System zu Kompartimenten zusammengefasst. Zwei Gruppenräume, flexibel zuschaltbare Nebenräume und ein gemeinsamer Sanitärkern bilden je eine Einheit. Die Gruppenräume und Gemeinschaftsräume haben ihre Hauptausrichtung nach Ost, Süd und West. Durchgesteckte belichtete Erschließungszonen zur freien Nutzung nehmen die Garderoben auf und ermöglichen einen unmittelbaren Außenraumzugang auf jeder Etage. Aussenwände und Sanitärkerne sowie wenige Stützen sind die tragenden und aussteifenden Elemente. Dies ermöglicht ein flexibles Zusammenschalten der Gruppen- und Nebenräume, sowie die Wände zu den Gruppenräumen offen mit eingestellten Möbeln zu gestalten.

Fassade
Die Fassadengestaltung sieht Sichtbetonbänder auf Höhe der Geschossdecken und der Attika vor.
Die horizontalen Betonbänder betonen die geschossweise Schichtung. Fenster in drei unterschiedlichen Formaten zur Belichtung unterschiedlicher Raumsituationen reihen sich an ihnen auf. Das Zusammenspiel aus Geschossbändern und übereinanderliegenden Fenstern ergibt ein aufgeräumtes Fassadenbild, das mit der Rasterfassade des Seniorenwohnens korrespondiert.
Die Treppenskulptur liegt vor der klaren Fassade und setzt sich durch die prägnante Form, Farbigkeit und Materialität ab.
Zum Garten- und Freiraumbereich werden in alternierenden Abständen und einer hohen Lichtdurchlässigkeit vertikale Stäben angeordnet. Zur Absturzsicherung sind Edelstahlnetze hinter der Stabreihe vorgesehen. Vom ersten Obergeschoss führt vom Podest abgehend eine Rutsche in den Garten. Im Erdgeschoss wird ein Terrassenstreifen von der Konstruktion überspannt und bildet einen überdachten Aussenbereich für die Krippenkinder.

Material I Hülle
Der in der Auslobung des Wettbewerbs formulierten Zielsetzung nach dem Cradle-to-Cradle Prinzip Rohstoffe des zum Abriss vorgesehenen Bestandsgebäudes zu recyclen und wieder zu verwenden, wird mit der Weiterverwertung des Klinkers für die Fassade entsprochen. Wir sehen den Klinker des zergliederten Bestandskörpers für die Fassadenfläche des vorgesehenen kompakten Baukörpers als auskömmlich an. Überdies ist Abbruchmaterial anteilig als Zuschlagstoff in den Betonbauteilen zu verwenden. Dezent farblich unterschiedliche Keramik-Stäbe zeichnen sich durch ihre hohe Langlebigkeit im Rohstoffkreislauf aus.

Nachhaltigkeit
Durch die hohe thermische Qualität der Gebäudehülle des kompakten Baukörpers und den Einsatz von Photovoltaik wird der Umweltfußabdruck und der benötigte Ressourceneinsatz reduziert. Der Energiebedarf wird vorwiegend durch solare Erträge gedeckt. Nachtauskühlung und Querlüftung sorgen für ausreichenden Luftaustausch und ein gesundes Raumklima.

Außenraum
Im Süden und Südwesten entsteht ein großzügiger, naturnaher Außenbereich für die Kita. Der Baumbestand wird zu einem Großteil erhalten. Das Aussengelände wird leicht modelliert und zoniert in Terrasse, grüne Hügel, Sand- und Rasenflächen und Wiese mit Übergängen zum Seniorenwohnen. Angestrebt wird ein maximaler Anteil nicht versiegelter Flächen. Die warme Materialität der Spielelemente aus Holz, im Zusammenklang mit den in Naturfarben gehaltenen Keramikstäben der Außentreppe, fügt sich zurückhaltend in den Grünraum ein. Vom Café, Haupteingang und Vorplatz des Seniorenwohnens aus eröffnet sich der Blick auf die spielenden Kinder. Zugleich ist geplant, an der der Freifläche der Kita gegenüberliegenden Gebäudekante Hochbeete zur gemeinsamen Bepflanzung durch Senioren und Kita-Kinder anzulegen und den Vorplatz großzügiger und aufgeräumter zu gestalten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Vorschlag, alle Funktionsbereiche der KITA in einem kompakten Baukörper unterzubringen, wird positiv aufgenommen. Auch die Gliederung und Höhenstaffelung des Baukörpers in der Interaktion zum Entwurf des Pflegeheims ist gelungen. Durch die Aufnahme der westlichen und östlichen Gebäudekanten des Pflegeheimes und eine klare Gebäudekante nach Norden entsteht ein stimmiges Gesamtensemble. 

Die Gesamtgestaltung der Fassaden ist anspruchsvoll, aber streng und eher als neutral hinsichtlich der Ablesbarkeit der Funktion als KITA anzusehen. Die Materialität in Kombination von Sichtbeton und Verblendstein ist gelungen dargestellt, aber nur gering nutzungsadäquat. Die Lage der Eingangssituation im Nordern kann in der vorgeschlagenen Form nicht vollständig überzeugen. Im Süden wird nahezu die gesamte Fassade durch eine vorgestellte Balkon- und Treppenanlage dominiert, welche durch eine senkrechten teilweise sehr enge Stangenkonstruktion abgeschlossen wird. Es entsteht eine sehr geschlossene Wirkung und eine Öffnung der Räume nach Süden und zum Vorplatz des Pflegeheimes wird dadurch nahezu unterbunden. Das vorgestellte Element wirkt additiv und kann in seiner Ausprägung nicht überzeugen. 

Die durch die kompakte Bauform erwartete Funktionalität im Inneren wird nicht erreicht. Diverse Flur- und Erschließungsflächen erschweren die Orientierung. Die Räume sind teilweise sehr tief und werden durch die vorgestellte Balkonanlage noch weiter verschattet. Es entstehen diverse unkontrollierbare Innen- und Außenräume, die einen Betrieb als KITA erheblich erschweren.

Die kompakte Bauform könnte ein nachhaltiger Aspekt sein, wird jedoch durch die sehr schlechte Flächeneffizienz und durch die extrem großen Bruttogeschossflächen bereits im Einstand verfehlt. Über weitere nachhaltige Aspekte wird keine eindeutige Aussage getroffen. Die massive Bauweise wird als zu konventionell angesehen.

Das Gebäude ist durch seine schlechten Flächenkennwerte als eher unwirtschaftlich anzusehen. Dies trifft durch die vielen teilweise verwinkelten und nur schwer einsehbaren Verkehrsflächen auch auf den möglichen Betrieb des Hauses als KITA zu.