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Planungsauswahlverfahren | 02/2023

Bauvorhaben „Am Tryhel“ in Perchtoldsdorf

Gewinner

g.o.y.a. Ziviltechniker Ges.m.b.H

Architektur

DnD Landschaftsplanung

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Leitidee
Der Ort Perchtoldsdorf weist ein typisches kleinstädtisches Ortsbild auf - historischer Stadtkern mit den zuführenden Hauptachsen sowie der umgebenden lockeren Einfamilienhausstruktur. Die städtebauliche Leitidee liegt zwei wichtigen Parametern zugrunde. Zum einen bilden Bestandsbauten mit den gewünschten Bauphasen die Planungsgrundlage wie viele Wohneinheiten sich in welchem Gebiet befinden, zum anderen wird darauf geachtet Bestandsbäume zu erhalten und die neue Bebauung danach zu richten.

Ein weiterer wichtiger städtebaulicher Aspekt der Entwurfsidee liegt in der Auflösung der vorhandenen Blockrandbebauung um in Austausch mit der Umgebung zu treten. Das Öffnen der Eckpunkte durch Situierung von Pocketparks an jenen vier Orten soll die Freiräume und die Umgebung aufnehmen und mit ins Quartier tragen. Flankierend zu den drei umgebenden Straßenfronten erstrecken sich drei Baukörper der Mehrfamilienwohnhäuser, welche durch eine zweifache Teilung drei kompakte einzelne Baukörper generieren, die mit jeweils nur einem Stiegenhaus verbunden werden. Durch die geschaffene „Kleinteiligkeit“ wird der Kontext zum umliegenden Siedlungsgebiet aufgenommen und weitergeführt.

Mit dem Konzept der drei Baukörper wird auf die Gegebenheiten des Geländes optimal eingegangen und die Reaktion der Höhensprünge lässt ein angenehmes dynamisches Straßenbild entstehen. Im nördlichen Bereich eingestreut finden sich die Reihenhäuser wieder, wo explizit darauf geachtet wurde, jedem Reihenhaus den bestmöglichen Ausblick und ein Gefühl der Weite wiederzugeben. Außerdem können unterschiedliche Ausrichtungen an unterschiedliche Lebenswünsche und Bedingungen der Mieter adressiert werden, was einem flexiblen, individuellem Lebensbild gleicht.

Reconstucting
Im Zuge des Reconstructing-Projekts werden die Bestandsgebäude in vier Bauabschnitte durch Neubauten ersetzt, während die Bewohner der betreffenden Bauteile temporär ab- und umgesiedelt werden können. Begonnen wird mit dem östlichen Bauabschnitt, da sich hier auch die temporäre Zufahrt der Tiefgarage befindet. Ab dem zweiten Bauabschnitt wird die Tiefgarage umgebaut und die Zufahrt erfolgt vom Süden.

Die gesamten KFZ Stellplätze sowie die geforderten Nebenräume können in der Tiefgarage unterbracht werden. OPTIONAL wurden die Stellplätze der Reihenhäuser im Norden an der Straße angedacht werden. Dieses sind flexibel zu betrachten und können nach Belieben auch in der Tiefgarage Platz finden, der Gedanke der Praktikabilität im Bereich der Reihenhäuser, einen Stellplatz in der Nähe des Hauses zu finden, stand bei uns jedoch im Vordergrund.

Die maximalen Gebäudehöhen sowie die Bestimmungen der Bauordnung wurden im Entwurf maximal umgesetzt um einen möglichst geringen Fußabdruck zu schaffen, was einer großzügigen Freiraumfläche zugutekommt.
Um einen klaren städtebaulichen Rahmen zum innenliegenden Park zu schaffen, werden die Öffnungen im Einklang mit den gegenüberliegenden Baufeldern an den Ecken großzügig gesetzt und einen übersichtliche, klare Durchwegung des gesamten Quartiers entsteht.

Architektonisches Konzept I Materialkonzept I Ökologie
In der architektonischen Konzeptionierung liegt das Spiel zwischen kompakt / kleinteilig sehr klar zu Grunde. Die Trennung der einzelnen Baukörper an den Schnittstellen zwischen öffentlich und privat wird modifiziert, um den Maßstab der umgebenden Bebauungsstruktur aufzunehmen. Es entsteht eine spannungsvolle Gebäudeform, die zum Flanieren und Durchschreiten einlädt und somit auch eine reduzierte Form der Öffentlichkeit in den Innenhof einfließen lässt und die Wohnanlage in den umgebenden Stadtraum integriert.

Auf Grund des verlaufenden Geländes wird jedes der Gebäude mittig zentral erschlossen, mit angrenzenden Nebenräumen flankierend des Straßenverlaufs. Die Ausgestaltung der privaten Freiräume orientiert sich am vorhandenen Geländeverlauf und schafft so einerseits einen erhöhten Wohnkomfort für die zukünftigen NutzerInnen, andererseits eine abwechslungsreiche Rückzugsorte im Wechselspiel mit dem angrenzenden Außenraum.

Die Erschließung erfolgt über Mehrspänner bzw. eine Gangerschließung mit großzügigem Lichteinfall in den Zwischenbereichen der Baukörper.

Das Spiel der Gebäudehöhe setzt sich augenscheinlich in der Fassadengestaltung fort. Vor- und Rücksprünge werden in unterschiedlicher Materialität sichtbar gemacht, zum einen kommt Holz als Fassadenelement zum Einsatz während der Rillenputz eine Synergie zum Holz definiert.

In den Bindegliedern sowie jeweils an einer Stirnseite der Baukörper wird mit vertikaler Begrünung zur Verschattung und Reduktion der sommerlichen Überhitzung entgegengesteuert. Diese spendet dem Gebäude im Sommer wertvollen Schatten, während im Winter weiterhin solare Einträge genutzt werden können. Sämtliche private Freibereiche verfügen über Pflanztröge. So kann individuell auf jedem Freibereich ein Beitrag für ein angenehmes Mikrolima geleistet werden – unmittelbar für den eigenen Wohnraum und gesamtheitlich für das ganze Quartier.

Statisch-konstruktives Konzept
Konstruktiv betrachtet handelt es sich bei dem vorliegenden Entwurf um eine Hybridbauweise, welche die Vorzüge des Stahlbetonmassivbaus mit jenen des Holzmassivbaus schlüssig kombiniert. Zur Bauteilaktivierung und Generierung von Speichermasse gegen eine sommerliche Überhitzung werden die Geschoßdecken als vorgefertigte Elementdecken in Stahlbeton massiv ausgeführt. Ebenfalls in Betonbauweise erfolgen die erforderlichen aussteifenden Wandelemente im Innen- und Außenbereich. Alle weiteren tragenden Bauteile können ressourcen- und zeitschonend als Massivholzwände ausgeführt werden. Diese werden im Werk präzise vorgefertigt und können so rasch vor Ort versetzt werden. Die Intention ist ein zielgerichteter Einsatz der unterschiedlichen Baumaterialien, um den Einsatz von Beton sowie die erforderlichen LWK-Fahrten im Bauverlauf auf ein sinnvolles Minimum zu reduzieren. Einen weiteren Punkt zur Dezimierung von Beton stellt ein alternativer Fußbodenaufbau in Anlehnung an das „Gründerzeitsystem“ dar. Anstelle des herkömmlichen Zementestrichs wird der Fußbodenaufbau mit akustisch getrennten Polsterhölzern, Vollschalung und darauf verlegtem Holzbelag hergestellt. Heizen und Kühlen erfolgt daher über eine Bauteilaktivierung der massiv ausgebildeten Decke. Jener Beton, der dennoch zur Anwendung kommt, besteht im Sinne der Nachhaltigkeit aus einem maximalen Recyclinganteil (sogenannter CO2- bzw. Recyclingbeton).

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt besticht durch seine städtebauliche Ausgewogenheit und Maßstäblichkeit. Die Durchlässigkeit der Anlage und Ausbildung von „Pocketparks" an den Schnittstellen zur unmittelbaren Umgebung gelingt trotz der räumlichen Fassung und wird äußerst positiv gesehen. Die Hauptzugänge zu den Geschoßwohnbauten sind an den Straßen angeordnet und geben so den einzelnen Häusern eine Adresse. Durch die Gliederung der Mittelgang-Typen in mehrere Abschnitte entsteht eine kleinteilig erfassbare Volumetrie. Die Gestaltung der Fassaden wirkt maßvoll und unangestrengt. Die Grundrissgestaltung der Wohnungen ist klar und effizient und entspricht den Vorgaben der Auslobung. Positiv hervorgehoben wird zusätzlich die gute Orientierung mit Über-Eck-Belichtungen der meisten Wohnungen.
Die versetzte Anordnung der einzelnen Reihenhäuser in Kleingruppen sowie das Abrücken von der Straße führen das städtebauliche Gesamtkonzept fort. Positiv gesehen wird das maßvolle Verhältnis zwischen privatem und halböffentlichem Freiraum. Die Möglichkeit, den Reihenhäusern oberirdische Stellplätze zuordnen zu können, wird begrüßt.
Durch die kompakte Anordnung der Garage hauptsächlich unter den Baukörpern wird auf die Bestandsbäume Rücksicht genommen, eine Landschaftsgestaltung im Innenhof begünstigt und es verbleibt ein Großteil der Fläche unversiegelt. Die Anordnung der Rampe innerhalb eines Bauwerks wird positiv gesehen.

Die Jury empfiehlt, dass in der weiteren Bearbeitung des Projekts 112030 folgende Punkte zu berücksichtigen sind:
Die Notwendigkeit einer temporären Garagenzufahrt für Bauabschnitt 1 ist im Sinne der Wirtschaftlichkeit zu prüfen.
Die vorgeschlagene Hybridbauweise wird als innovativ begrüßt, jedoch ist die Umsetzung auf wirtschaftliche Machbarkeit hin zu überprüfen.