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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2023

Rathaus- und Bärenareal Durbach

Perspektive vom Rathausplatz

Perspektive vom Rathausplatz

ein 1. Preis

Preisgeld: 17.500 EUR

Osterwold°Schmidt EXP!ANDER Architekten BDA PartGmbB

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Städtebauliche Konzeption und Entwurfsidee
Das historische Rathaus Durbach erhält einen neuen Partner in direkter Nachbarschaft.
Unter Bezugnahme auf die Dimensionen und Höhenlagen des Bestandsgebäudes und unter Ausnutzung des östli- chen Grundstücksbereiches wird die Rathauserweiterung mit direktem Anschluss hergestellt.
Das Gebäude Tal 7a wird zu diesem Zweck vollständig zurück gebaut. Zugunsten einer repräsentativen Platzausbildung wird auch das Wohnhaus Tal 3 abgebrochen und das Haus „Bären“ auf die ursprüngliche Dimension zurück geführt. Damit wird der neue Rathausplatz durch das Hotel, das Rathaus und das Geschäftshaus „Bären“ räumlich gefasst. Der Baumbestand wird erhalten und in die neue Platzgestaltung einbezogen. Die westliche Platzseite wird nach Inspiration des vorhandenen Grünraums als „Ratsgarten“ entwickelt. Ideell bezieht er den Grünstreifen vor dem Hotel mit ein, so dass das Kirchgässle den Rathausplatz im Grünen tangiert.
Dem Geschäftshaus „Bären“ wird östlich ein neues Wohnhaus so beigestellt, dass ein öffentlicher Hof mit dem Be- standsbaum zur Straßenseite sowie ein umfließender Garten zu den weiteren Seiten gebildet werden.
Hof und Rathausplatz nehmen die Fläche bis zur Straße Tal ein - sie bilden einen verbindenden Teppich unter den Gebäuden und ein neues freiräumliches Angebot im Sinne einer neuen Ortsmitte für Durbach.

Funktion und Erschließung
Die Geschosshöhen des jetzigen Rathauses werden für den Anbau übernommen, so dass Alt & Neu ebenengleich verbunden und erschlossen werden. Die Höhenlage des Erdgeschosses entspricht dem prägenden roten Sandsteinsockel des Bestandsbaus. Dieser wird als verbindendes Plateau für Rathaus und Erweiterungsbau entwickelt und in Platzrichtung erweitert. Generiert wird damit ein neues Element, das die Ratsterrasse, die zentrale Freitreppe und die barrierefreie Rampe im Rücken des neuen Brunnens aufnimmt. Gleichzeitig wird unter Ausnutzung der topografischen Gegebenheiten unter dem Neubau ein Parkdeck generiert. An der östlichen Platztangente ist die Zufahrt eingeordnet, Treppenhaus und Aufzug sorgen für den direkten vertikalen Anschluss zum neuen Foyer des Rathauses. In Verlängerung der Freitreppe wird in der Fuge der neue Haupteingang des Rathauses organisiert. Das neue Treppenhaus und der Aufzug sind so platziert, dass sie Alt & Neu paritätisch dienen und einen interessanten Ausblick auf den Felsengarten und die Rebhänge im Norden erfassen.
Zentral zwischen beiden Gebäudeteilen befindet sich also das Foyer, das u.a. die Zugänglichkeit zum WC außerhalb der Öffnungszeiten gewährt. Primär erfolgt hier jedoch die Orientierung der Besucher zum Zielort. Im Erdgeschoss des Ergänzungsbaus zeigen sich bereits von außen die Funktionsbereiche mit viel Publikumsverkehr: das Bürgerbüro und die Tourismusinformation, die auch unabhängig von außen erreicht werden könnte. Aufenthaltsbereiche im Innen- und Außenbereich sorgen für angenehme und vielfältige Verweilbereiche für Personen jeden Alters wie auch für größere Personengruppen.
Im Erdgeschoss des Bestandshauses finden die Allgemeinflächen Einordnung; die alte Eingangstür zum Rathaus wird angepasst und in die Nutzung einbezogen. Der westliche Annex wird für das Personal zum Pavillon am Ratsgar- ten umfunktioniert.
Im Obergeschoss des historischen Baus finden die Räume für Bürgermeister*in und das Rechnungsamt Einordnung während im Neubau der Konferenz- und Festbereich optimal organisiert werden können. Die platzseitigen Logen bieten einen überdachten Außenraum und Grußgeste des Neubauteils.
Das Dachgeschoss hat Flächenpotential für künftigen Raumbedarf - eine Erreichbarkeit mit dem Aufzug kann bei Bedarf erweitert werden.

Umgang mit dem Bestand, Konstruktion, Materialwahl & Erscheinung
Der Rathausbau wird unter Wertschätzung des Bestandes entwickelt.
Klar und ablesbar zeigt es sich weiterhin in seiner äußeren Gestalt. Der Erweiterungsbau schafft Verbindung und ge- währleistet in seiner Fügung weiterhin Eigenständigkeit und Erkennbarkeit der denkmalgeschützten Substanz. Der Sockel wird aus dem vorhandenen Motiv heraus entwickelt; gesägter roter Sandstein verkleidet die verbindende Basis. Der Neubau orientiert sich an der Traufhöhe des Bestandsbaus. Über dem Sockel wird er als Holzrahmenbau konstruiert. Die Außenhülle wird aus Pfosten-Riegel-Elementen und hölzernen Vertikallamellen gebildet. Die Leichtigkeit der strukturellen Fassade, die Materialwahl und eine potentielle Berankung nehmen Bezug auf das regionale Motiv der Weinlaube, schaffen farbliche Korrespondenzen und ein Miteinander ohne Anbiederung. Das Flachdach des Neubaus wird mit intensiver Begrünung versehen. Alle erdberührenden Konstruktionselemente der untersten Ebene werden aus Stahlbeton errichtet.

Wirtschaftlichkeit & Energiekonzeption
Der Ergänzungsbau profitiert von seiner Errichtung als Holzbau auf klarem Konstruktionsraster. Die Konstruktion wird in Brettsperrholzbauweise für Stützen und Decken errichtet, deren Dimensionierung neben der erforderlichen Tragfähigkeit selbstverständlich die Brandschutzanforderungen erfüllt und dabei gleichermaßen ökologisch nachhaltigen Zielen (Material, Anschaffung, Unterhaltung, Wiederverwendung, Entsorgung) gerecht wird als auch für eine effiziente Bauzeit sorgen wird. Die Stützenkonstruktion erlaubt längerfristig wandlungsfähige und änderbare Räume.
Zugunsten einer freien Platznutzung und nicht störenden Unterbringung des ruhenden Verkehrs wird in die Erstellung des Parkdecks investiert. Dabei werden die Lage des alten Weinkellers im Hangbereich und die Platzneigung zur Ausbildung einer nur kurzen Zufahrtsrampe effizient ausgenutzt.
Der Erweiterungsbau erfüllt in Konstruktion, Materialwahl und -einsatz nach den Kreislaufprinzipien Nachhaltig- keitskriterien. Seine Energieeffizienz als Neubau soll gesetzt sein während das Bestandsgebäude entsprechend qua- lifiziert wird.

Freiraum
In der ganzen Breite eröffnet sich vor dem Rathaus der Rathausplatz bis zur Straße Tal. Über den Durbach hinaus präsentiert er sich als neues ortskernprägendes Element. Seine natürliche Neigung bereitet den Aufgang zum Rathaus vor. Straßennah werden drei oberirdische barrierefreie Pkw-Stellplätze angeboten. Fahrräder können daneben sowie vor dem neuen Sockel als auch witterungsgeschützt im Parkdeck abgestellt werden. Der Platz bleibt im zentralen Bereich frei von Einbauten, so dass flexible Bespielungen des Freiraums möglich sind. Auch die Andienung bzw. die Feuerwehrzufahrt sind hier möglich.
Natursteinpflaster belegt die Platzflächen - fein differenziert in Format und Verlegung als ausgerollter Teppich zum Haupteingang, als Zufahrt zum Parkdeck und sich öffnend mit Grünfugen zum Ratsgarten.
Dieser wird ausgehend vom Bestandsgrün auf der Westseite angelegt und lädt zum Spielen und Verweilen unter Bäumen ein. Der vorhandene Baumbestand wird ergänzt, mit Staudenbeeten unterpflanzt und eingefasst. Sitzmauern bieten sich hier allen Rastenden oder Wartenden (Bus) an. Der solitäre Baum am Auftakt des Rathausplatzes wird in diesem Sinne integriert und inszeniert.
Der neue Sockel schafft ein vielfältiges Angebot: die Höhe zum Rathauseingang wird auf direktem Wege per Freitreppe oder komfortabel und barrierefrei erreicht; vor der Rampe erstreckt sich ein Wasserspiel mit Überlauf und kleinen Fontainen zur Bereicherung des Platzes und zur Verbesserung des Microklimas. Die Terrasse und der patioähnliche Hof auf dem Sockel eröffnen neue Perspektiven auf den Ort und erhöhte Nutzungsbereiche vor dem Rathaus. Auf der Ostseite des Grundstücks führt ein Weg zum Schatten- und Felsengarten. Über eine neue Freitreppe kann der Weg zum Rebhang erklommen werden und eine neue Verbindung zum Steinbergweg gefunden werden. Über das neue Foyer ist dieser Bereich ebenso erreichbar.

Ideenteil
Während auf der Westseite der Ratsgarten Baumbestand und Grünraum vor dem Hotel thematisch und gestalterisch verbindet, begrenzt auf der Ostseite der „Bären“ als künftiges Geschäftshaus den Platz. Der neue Hof um den schönen Bestandsbaum in Straßennähe ergänzt den verbindenden Freiraum zum Rathausvorplatz. Der anschließende winkelförmige Neubau soll das Wohnraumangebot in Durbach erweitern. Gut vorstellbar sind im Erdgeschoss am Hof kleingewerbliche bzw. geschäftliche Räume, die die Wohntypologie in Durbach für Wohnen & Arbeiten ergänzen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf wählt den Ansatz, mit Rückbau des Gebäudes Tal 3 und Beibehaltung eines Teils des Bären einen repräsentativen, gefassten Platz zu gestalten. Für die Rathauserweiterung schlägt der Entwurf einen über eine lange Fuge getrennten Neubau auf der östlichen Seite vor. Hierbei wählt er als prägendes Gestaltungselement, sowohl für die Platzgestaltung als auch die niveaugleiche Anbindung der beiden Gebäude eine neue, gemeinsame Sockelzone. Dieses Plateau bietet geschickt die Möglichkeit, beide Gebäude durch einen zentralen Erschließungskern ebenengleich zu verbinden. Zur grundsätzlichen barrierefreien Erschließung im Außenbereich wird eine vorgestellte Rampe vorgeschlagen. Als Element nachvollziehbar, überzeugt es nicht in seiner Ausgestaltung, insbesondere wird eine ausreichende Aufenthaltsfläche vor dem Altbau vermisst. Eine Verkürzung der Rampenlänge durch eine Anbindung an das Kirchgässle wäre ggf. zu prüfen. Ferner ist die denkmalschutzrechtliche Genehmigung zwingend abzuklären. Die rückwärtig angeordnete Erschließungszone mit Treppe und Aufzug verbindet gleichwertig Alt- und Neubau. Sie bedingt aber auch, dass der Weg bis zum neuen Haupteingang verhältnismäßig lang zwischen den Gebäudefronten geführt wird. Dadurch sind die Laufwege, insbesondere für die bürgernahen Dienstleistungen, relativ weit und nicht gänzlich schlüssig.

Als wirtschaftlich darstellbare Lösung wird eine Tiefgarage vorgeschlagen, die durch das gewählte Sockelgeschoss nur halb in die Topografie eingreifen muss, und sich als gut integriertes Parkdeck darstellt. Die klare Trennung der Tiefgarage von einem weiteren Bauabschnitt auf dem Bärenareal erscheint vorteilhaft. Weitere Kurz- und Behindertenparkplätze werden in angemessener Anzahl direkt auf dem Platz angeboten. Die Andienung der Stellplätze an den Platzrändern belässt eine großzügige, und verkehrsfreie Mittelzone. Die Positionierung und Ausgestaltung der Fassade des Neubaus nimmt durch Proportion und Traufhöhe Bezug zum Bestand. Das Gebäude nimmt die Flucht der Frontfassade auf, zeigt sich durch die sichtbare und begrünte Holzkonstruktion als selbstbewusster und zeitgemäßer Gebäudekörper. Die Anlehnung an das Motiv „Weinbau“ ist ersichtlich; die Interpretation über die Weinlaubenfassade erscheint jedoch eher ortsuntypisch. Es wird dabei anerkannt, dass der Verfasser die Aspekte der Nachhaltigkeit und der Kreislaufwirtschaft mit der gewählten Konstruktionsart und Materialwahl thematisiert. Positiv wird ferne die Vorhaltung einer Reservefläche im DG registriert, da sämtliche Flächenbedarfe funktional und logisch im Alt- und Neubau untergebracht werden. Die städtebauliche Ausgestaltung des Bärenareals erscheint durch die zwei vorgeschlagenen Baukörper angemessen und ortstypisch. Allerdings ist der Umgang mit dem Bestandsgebäude sowohl in Plan als auch Modell nicht eindeutig ersichtlich. Insgesamt wählt der Beitrag mit seinen Vorschlägen für die Parkierung und das Plateau als Sockel äußerst interessante Lösungsansätze, die auch in der Proportionierung und Fassadengestaltung des Neubaus insgesamt zu überzeugen wissen.
Lageplan

Lageplan

Modell

Modell