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Einladungswettbewerb | 08/2023

Gebietsentwicklung SETA Park in Wetzikon (CH)

Teilnahme

Duplex Architekten

Architektur

Denkstatt sàrl

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Situationsgerechte Verdichtung
In Wetzikon soll ein zum Bahngleis angrenzendes ehemaliges Fabrikareal zu einem hochwertigen, verdichteten Stadtbaustein mit Wohn- und Gewerbeanteil weiterentwickelt werden. Unser Entwurf für den Projektwettbewerb, zu dem wir eingeladen wurden, schlägt vier eigenständige und doch miteinander verwobene Baukörper vor. Die unter Schutz stehende Fabrikhalle aus dem Jahr 1906 wird mittig aufgebrochen, wodurch gut belichtete und in ihrer Funktion flexible Gebäudevolumen geschaffen werden. Die bisher dreigeschossige Halle wird auf der Seite der Bahngleise um drei Geschosse aufgestockt. Anschliessend sind sieben-geschossige Neubauten platziert. Auf der vom Gleis abgewandten Seite sind die Fabrikhalle und Neubauten dagegen nur drei- bis viergeschossig vorgesehen, womit ein angemessener Übergang zur Bebauungsstruktur der Nachbarschaft erreicht wird.

Hohe Nutzungsflexibilität
Die vorgesehenen Wohn-und Gewerbeflächen sind so konzipiert, dass sie flexibel genutzt werden können: Wohnen wird bei Bedarf zu Gewerbe oder umgekehrt. Das gewählte Tragwerk ermöglicht eine grosse Flexibilität im möglichen Grundrisslayout. Die Wohnungstrennwände sind nicht tragend, weshalb eine Vielzahl an Wohn- und Umnutzungskonzepten denkbar sind. Neben den klassischen Wohnformen für Familien, Paare oder Wohngemeinschaften können auch Sonderwohnformen wie Atelier- oder Filialwohnungen erprobt werden.

Umsichtig gestalteter Aussenraum
Der neue Stadtbaustein orientiert seine Werthaltigkeit an einem Zusammenspiel von städtebaulichen Setzungen im menschlichen Massstab, massvoller Architektur und einer Freiraumgestaltung, die einen alltäglichen Gebrauchswert, Vielfältigkeit und ökologische Aufwertung vereint. Die räumlichen Anordnungen und Nutzungsprogramme ermöglichen ortsspezifische Wechselbeziehungen von Passantenströmen, Adressierungen, Gebäude-, Erdgeschoss- und Freiraumnutzungen. Mit Foyer, Nachbarschaftsplatz, Hoflaube und Gleisufer wurden Orte mit diversen Nutzungen geschaffen, die unterschiedliche Grade von Öffentlichkeit aufweisen. Die Raumfolgen sind klar und übersichtlich gegliedert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Aussenraum

Ein Grossteil der neu zu errichtenden Gebäudevolumen wird als Reaktion auf die drei- bis viergeschossige Quartierbebauung an der Gleisseite des Areals platziert und in drei unterschiedlich lange Baukörper mit bis zu sieben Geschossen gegliedert. Das längste aller drei Volumen ist als Aufstockung auf die alten Fabrikhallen konzipiert. Zur Guyer-Zeller-Strasse hin wird die Fabrikantenvilla freigesetzt, die alten Fabrikhallen um ein Geschoss aufgestockt und den beiden Zeilen am Gleisraum je ein kürzeres, viergeschossiges Volumen eingeschoben. Damit entsteht an dieser Stelle eine gelungene Verschränkung der beiden Stadtmassstäbe des Quartiers des Gleisfeldes. Diese Verschiebung des Hauptvolumens an das «Gleisufer», die gewählten Gebäudelängen und - abstände, die Setzung der drei hohen Baukörper zueinander sowie der volumetrische Bezug (Modell) zum nördlichen Nachbargebäude, bilden zum Gleisfeld eine städtebaulich markante in sich kohärente doch für den Ort eher massiv und abweisend wirkende Gebäudefront.

Der, durch die Freisetzung der Fabrikantenvilla und den Abbruch des Bürobaus, neu geschaffene «Nachbarschaftsplatz» stellt in Verbindung mit der mächtigen Rotbuche und der ergänzenden Neubepflanzung ein gewinnbringendes Angebot für die Gesamtanlage dar und bildet ihr neues Zentrum. Die auf diesen Raum ausgerichteten Wohnnutzungen des Erdgeschosses erscheinen allerdings im Widerspruch zu seinem Öffentlichkeitsanspruch zu stehen. Die Passerelle von den Perrons führt in den nördlichen Zwischenraum der Neubauten und eröffnet einen zweiten öffentlichen Aussenraum, das «Foyer». Die öffentlichen Erdgeschossnutzungen ergänzen diesen Ort sinngemäss. Doch konkurrenziert dieser Platz den Hauptplatz der neuen Nachbarschaft funktional. Die Verschiebung der Passerelle an den Nachbarschaftsplatz würde diesen in seiner gelungenen städtebaulichen Ausprägung funktional stärken und nachbarschaftlich manifestieren. Die mächtigen Aussentreppen, insbesondere zur Passerelle, verdeutlichen die Schwierigkeiten im Umgang mit den Niveauunterschieden der Topografie.

Erschliessung und Verkehr

Die Haupterschliessung für die Fussgänger erfolgt vom neuen «Nachbarschaftsplatz» und vom «Foyer» aus. Die Maisonettewohnungen der Fabrikhalle werden direkt vom Nachbarschaftsplatz und von der neu geschaffenen «Hoflaube» innerhalb der Fabrikhalle erschlossen und führen in- tern ins 1. Obergeschoss. Die Atelier-Maisonetten des Untergeschosses werden vom Gleisfeld aus erschlossen und erhalten je ein Zimmer auf Erdgeschossniveau mit Zugang zur «Hoflaube». Zwei Aussentreppen und zwei in die Gebäude integrierte Liftanlagen erschliessen die, den Wohnungen der Obergeschosse vorgelagerten, Laubengänge. Die Treppenhäuser der beiden Neubauten sind vom «Foyer» aus erschlossen und im Erdgeschoss je Gebäude durch interne Korridore gewinnbringend verbunden. Damit können die Treppenhäuser des südlichen Neubaus folgerichtig auch vom Nachbarschaftsplatz aus erreicht werden.

Die Zufahrt zur Parkgarage erfolgt an der nördlichen Stirnseite des Neubaus und wird vorteilhaft mit der Zufahrt zum Nachbargebäude zusammengelegt. Die P&R Anlage liegt à Niveau mit der Einfahrt und der Anschluss an die Passerelle ist einfach und gut auffindbar. Die Parkierung für die Mietflächen liegt im 1. Untergeschoss. Sämtliche Treppenhäuser der Neubauten aber auch die Vertikalerschliessung und die Liftanlage der Laubengangerschliessung sind aus dem Parkgeschoss zu erreichen. Einzig der Zugang zum Velo-Hub über die Promenade am «Gleisufer» oder durch die Tiefgarage erscheint etwas unglücklich.

Architektur und Umgang mit der Bausubstanz

Um die Fabrikantenvilla freizustellen und um vermehrt Tageslicht in den ehemaligen Fabrikhallen zu erhalten, wird diese «mittig aufgebrochen». Dadurch entsteht eine gemeinschaftliche «Hoflaube» in der Verlängerung des Nachbarschaftsplatzes. Mit dieser Massnahme sowie mit dem Ausbau der Fabrikhalle zu Maisonettewohnungen und den damit einhergehenden Treppendurchbrüchen geht ein beträchtlicher Teil der Altbausubstanz verloren. Aus denkmalpflegerischer Sicht scheint der Eingriff zusammen mit dem Rückbau der Fabrikhalle rückseitig der Fabrikantenvilla und des Bürogebäudes zu weitreichend und allenfalls sogar problematisch in der Bewilligungsfähigkeit. Was bleibt sind die Aussenfassaden als Hülle der neuen Einbauten.

Die Maisonettewohnungen und -ateliers der Fabrikhallen bieten eigenwillige Grundrisse mit Nutzungs- und Interpretationsspielraum. Mit dem grosszügigen, doppelgeschossigen Wohnraum wird die etwas beengte Nachbarschaftssituation zur «Hoflaube» kompensiert. Die Doppelnutzung von Küche und Garderobe der Wohnungen in den Obergeschossen ist dem Laubengang geschuldet und nur bedingt praktisch. Die dem Laubengang vorgelagerten privaten Aussenräume sowie die «Hoflaube» im Erdgeschoss lassen mitunter eine angemessene Privatheit vermissen. Die Wohnungsgrundrisse der Neubauten erhalten eine sehr grosszügige «Halle» als Entrée und Verteilraum. Von da aus werden je zwei gleichgrosse, nutzungsneutrale Räume erschlossen welche unterschiedlich bewohnt werden können. Der fünfte Raum der 4.5-Zimmerwohnung lässt sich allerdings nur als gefangener Raum über das davor geschaltete Zimmer erschliessen. Die privaten Aussenräume sind den Volumen vorgehängt und in ihrer Gebrauchstauglichkeit wie in ihrer Gestalt zu hinterfragen.

Die Aufstockung und die beiden Neubauten unterscheiden sich in ihrer Erscheinung. Die Fassade der Aufstockung widerspiegelt den industriellen Charakter der Fabrikhalle, erscheint aber in seiner Höhenentwicklung und Proportion zum Altbau entweder zu hoch oder zu niedrig. Die Änderung in der Erscheinung und Materialisierung der Neubauten gegenüber der Aufstockung sowie die auskragenden Balkone und die unterschiedliche Höhe der horizontalen Teilung in Sockel und Überbau erschliesst sich kaum aus dem Gesamtbild des Projekts.

Ökologische und ökonomische Werthaltigkeit

Der im Erläuterungstext beschriebenen Nachhaltigkeit durch die Optimierung der Spannweiten, die Verwendung von Recyclingmaterialien, die Wiederverwendung von Bauteilen vor Ort, die Verwendung von umweltfreundlichen Baumaterialien, etc. steht der relativ grosse Rückbau, insbesondere auch der robusten Tragwerkskonstruktion des Bürogebäudes, nicht nur in denkmalpflegerischer Betrachtung, entgegen. In Bezug auf die soziale Nachhaltigkeit begünstigt die konsequent umgesetzte Nutzungsneutralität der Zimmer nicht nur eine langfristige Umnutzung von Wohnen zu Gewebe oder Dienstleistung und zurück, sondern auch in der Gebrauchstauglichkeit der Grundrisse für eine vielfältige, bunte Nutzerschaft. Zugleich stellt der Projektvorschlag aber im Umgang mit Privatheit – nicht nur im Umgang mit dem privaten Aussenraum, sondern auch innerhalb der Wohneinheiten – eine Segregation der Gesellschaft nach Präferenzen für betonte Gemeinschaft dar – nicht jeder freut sich tagtäglich über die Nähe zu den Nachbarn oder auch zu den Mitgliedern der eigenen Wohneinheit. Darüber hinaus evoziert eine zu explizierte Identifikation dem Lebenszyklus der Bauteile vorgegriffene Umbauten und Nachjustierungen.

Schlussfolgerung

Der Entwurf ist sorgfältig durchgearbeitet und vermag in vielen Teilen, vom Städtebau über den Aussenraum, der Erschliessung, der Verteilung von Gewerbe- und Wohnflächen, der Einteilung der Wohnungsgrundrisse und vieles mehr überzeugen. Gleichzeitig erzeugt er aber in gleichen Teilen offene Wiedersprüche, konkurrenzierende Parallelitäten, bedrängende Mächtigkeiten und andere unausgewogene Ungereimtheiten und verliert die Leichtigkeit eines «Sommervogels».
Situation

Situation

Ansicht Süd

Ansicht Süd