modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 01/2024

Entwicklung Areal Nördlich Kalkumer Schloßallee in Düsseldorf

Lageplan

Lageplan

1. Preis

Preisgeld: 52.000 EUR

Architekten Venus GmbH

Stadtplanung / Städtebau

BeL Sozietät für Architektur

Stadtplanung / Städtebau

GREENBOX Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Idee: Siedlungsraum ist Naturraum!
Der Entwurf stärkt die Qualitäten der niederrheinischen Landschaft, und integriert eine maßvolle, neue Bebauung synergetisch in die vorhandene Siedlungsstruktur. Ausgehend von den Schwarzbachauen und der Kalkumer Schlossallee wird die Raumtasche durch die Siedlungs-Inseln sowohl ökologisch, klimatisch als auch funktional aufgewertet. Die ergänzende Bebauung und Infrastruktur werden durch neu gewonnene ökologische und räumliche Qualitäten kompensiert.

Klimatische und ökologische Prioritäten – Bodenqualität, Kaltluftproduktion, ökologische Vernetzung
Die „ökologische Kompensation“ wird durch ein vernetztes System aus Vegetations- und Bebauungsinseln erreicht, die in ihrer Kombination einen gut differenzierten, verbundenen und lebendigen Landschafts- und Siedlungsraum ergeben. Die vorhandenen Siedlungselemente werden auf natürliche Weise ergänzt und neu eingebettet. Die Positionierung der neuen Bebauungsinseln inklusive des erweiterten Schulcampus erfolgt unter Berücksichtigung klimatischer und ökologischer Prioritäten und der Maxime einer minimalen Neuversiegelung von Bodenflächen. Flächen zur Produktion von Kaltluft und der Schaffung von Kaltluftkorridoren werden bereitgestellt, die räumliche Zonierung wird entsprechend der vorgefundenen Bodenqualitäten vorgenommen und in ein umgreifendes System aus ökologischen Trittsteinen und einem lokalen Konzept zur Versickerung, Retention aber auch Speicherung von Regenwasser integriert.
Die klimaresiliente Stadt- und Siedlungsstruktur braucht die Kompensation für den Eingriff unmittelbar vor Ort!

Ein Landschaftsraum mit Inseln – Baufeldinseln und Netzwerk
Die räumliche Ausbreitung der Baufeldinseln sowie ihre geometrische Form und Ausrichtung leiten sich von den vorgefundenen Faktoren ab. So findet sich die Bebauung vornehmlich in den schlechteren Bodenqualitäten und ist so passgenau in diese Teilräume eingeschrieben, dass ausreichende Flächen für Kaltluft, Wasserhaltung und Biodiversität zusammenhängend gestaltet werden können. Sinnvolle Verbindungen zu den Schwarzbachauen, dem Schlosspark bis hin zu den Rheinauen können multidirektional vernetzt hergestellt werden.
Aus den kontextuellen Bedingungen wird eine Komposition landschaftlicher Sequenzen, Szenen und Durchblicke entwickelt. Die abwechslungsreichen Bautypologien der Wohnanger stehen in einem engen Zusammenhang mit der gewachsenen Landschaft.

Alle drei Wohnanger folgen dabei den gleichen Prinzipien, differenzieren sich aber nach ihren spezifischen Lagen in jeweils charakterstarke, aber verwandte Stadtmorphologien aus. Gut proportionierte und dimensionierte, vernetzte Bewohner:innengemeinschaften von 190 - 230 Wohneinheiten pro Baufeldinsel schaffen nachbarschaftliche aber auch landschaftliche Zusammenhänge, an denen alle Bewohnenden teilhaben können. Differenzierte Dachlandschaften schaffen spannende Verbindungen zwischen den einzelnen Gebäuden und ermöglichen so Flächen für solare Energiegewinnung, Retention und Aufenthaltsräume.
Die Bebauung ist dabei zwanglos, aber lebendig um die drei verschiedenen Anger und ihre straßenartigen Fortsätze angeordnet und in Typologien und Geschossigkeit zwischen zwei und fünf Geschossen so gemischt, dass der Stadtraum von Angern und Straße jeweils klar definiert ist, aber immer auch überraschende Momente und Einblicke bereithält und so einzigartige Raumidentitäten produziert. Jede Wohneinheit in jedem Wohnanger steht in einem doppelten Zusammenhang von Innen und Außen: Während sie zu einer Seite am gemeinschaftlichen, klar definierten Angerraum partizipiert, öffnet sie sich zur anderen Seite in den Naturraum. Dies gilt für alle Wohneinheiten. Während die nördlichste Baufeldinsel einen längsgerichteten Anger besitzt und durch eine Bepflanzung mit Birnenbäumen geprägt wird, organisiert sich die südöstliche Baufeldinsel um einen trapezförmigen Anger mit Apfelbäumen, die zentrale Baufeldinsel wird durch einen quadratischen, Kirschbaum bestandenen Anger geprägt, der sich um den vorhandenen Radweg schmiegt.


Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser*innen führen mit ihrem Konzept der Siedlungsinseln das vertraute, traditionelle ländliche Bild einer offenen Bauweise im Sinne eines zukunftsweisenden Weilers in eine neue Maßstäblichkeit. Dabei werden hybride und vielfältige Einzelbaukörper mit drei bis vier Geschossen zu drei Siedlungskernen komponiert. Ziel ist es, ein stärkeres gesellschaftliches Miteinander mit hohen, freiräumlich ökologischen Qualitäten in Einklang zu bringen. Es gelingt den Verfasser*innen trotz geringer Versiegelung eine hohe Nutzungsdichte bzw. ein hohes Angebot an Wohneinheiten zu erzeugen. Einer Zersiedelung wird mit einer punktuellen Erhöhung der Geschossigkeit entgegengetreten. Dies bildet sich auch in den zugrunde gelegten Flächenkennwerten ab, die eine vergleichsweise geringe Versiegelung pro Wohneinheit zeigen.

Durch die Anordnung der drei Siedlungsinseln entstehen räumlich interessante Verknüpfungen, Raumsequenzen und Ausblicke in und mit der Landschaft. Die Herleitung der Lage und Ausrichtung der Siedlungsinseln auf Basis von Kaltluftschneisen, Boden- sowie Wasserverhältnissen ist schlüssig. Unter Berücksichtigung vorhandener Nutzungen entwickeln die Verfasser*innen den Ort weiter, ohne bisherige Strukturen und Qualitäten zu negieren. Dies entspricht einer angemessenen Haltung des Weiterbauens von Siedlungen ohne vorhandene Strukturen zu zerstören.

Geschickt erschließen die Verfasser*innen die einzelnen Siedlungskerne über die Quartiersmitte. Damit ermöglichen sie eine (gemeinsame) Adresse und ein gemeinschaftliches Miteinander. Die unterschiedlichen Bautypologien entsprechen dem Wunsch nach Vielfalt sowie sozialer und generationenübergreifender Mischung. Sie bilden verschiedene Wohnungs- und Hausgrößen ab, die eine Umsetzung für verschiedene Nutzer*innen erwarten lässt. Zudem wird eine hohe Flexibilität in Nutzung und Aneignung erzeugt. Dies gilt auch für die Aneignung umliegender (hausnaher) Freiflächen. Besonders positiv ist die Gleichwertigkeit aller Wohnverhältnisse mit Blick in die Landschaft und Zugang zum Siedlungszentrum. Dies lässt eine hohe Attraktivität der Wohneinheiten erwarten. Allerdings bedarf die Umsetzung dieser zukunftsfähigen Siedlungs-Morphologie einer mutigen und auf Gemeinschaft ausgerichteten Bewohnerschaft um die erwünschten Raumqualitäten zu sichern. Zudem erfordert das zufällig wirkende Bild eines natürlich gewachsenen Siedlungskerns eine kompositorisch gute Planung und Entwicklung. Die heterogene Bebauung der einzelnen Gebäude bedarf einer besonderen Aufmerksamkeit und Gestaltung der Gebäude selbst. Dies gilt auch in besonderem Maße für die Übergänge zwischen Gebäude und Landschaft sowie die von den Verfasser*innen vorgeschlagenen Landschaftsnutzungen und -typologien. Diese Gestaltqualität ist insbesondere in den großen Zwischenräumen zwischen den Siedlungsinseln noch nicht erkennbar.

Die in den Siedlungskernen vorgesehenen Nutzungen zur Nahversorgung (Apotheke, Café, etc.) scheinen nicht realistisch. Insgesamt bleibt unklar, welche soziale Interaktionen in den Siedlungsmitten ermöglicht werden.

Der Entwurf bietet das Potenzial drei autofreie Quartiere zu realisieren. Das Erschließungskonzept ist stark reduziert, da es den Individualverkehr auf das Notwendige reduziert und dabei sehr sparsam mit Versiegelungen umgeht. Intensiv diskutiert wurden die großvolumigen Parkgaragen, die als Entrée an Scheunen in Wirtschaftshöfen erinnern. Der Ansatz, das Gebiet vorwiegend fußläufig bzw. mit dem Rad auf bisher vorhandenen Wirtschaftswegen zu durchqueren ist nachvollziehbar. Der Anschluss der Erschließungsstraße an die Kalkumer Schloßallee wird in dieser Weise nicht umsetzbar sein (kein Rechtsabbieger).

Die Weiterentwicklung des Schulstandortes sowie der benötigten Sportflächen ist nicht nachvollziehbar: Die Lage des neuen Schulkörpers zwischen Reiterhof und Haltestelle führt unnötig zu einer beengten und schlecht organisierten städtebaulichen Struktur.
Die angebotenen Sportflächen decken nicht den geforderten Bedarf.

Insgesamt spielt der Entwurf mit den Sehgewohnheiten und stellt die Frage nach der städtebaulichen Weiterentwicklung von Siedlungsrändern für die Zukunft. Sie fasziniert mit dem weiterdenkenden Umgang mit dem Siedlungstypus des Weilers und kann zu hoher Identität und Lebensqualität beitragen.
Fußgängerperspektive

Fußgängerperspektive

Birnenanger

Birnenanger

Piktogramme

Piktogramme

Piktogramme

Piktogramme

Piktogramme

Piktogramme

Vogelperspektive

Vogelperspektive