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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2024

Neubau Feuerwehrgerätehaus in Nordkirchen

Perspektive

Perspektive

3. Preis

Preisgeld: 3.750 EUR

Osterwold°Schmidt EXP!ANDER Architekten BDA PartGmbB

Architektur

Erläuterungstext

Leitidee | Städtebauliche Einbindung
Dem neuen Feuerwehrgerätehaus wird ein bislang und in unmittelbarer Angrenzung unbebautes Grundstück am Ortseingang von Südkirchen bereit gestellt. Die direkte Anbindung an den Kreisel eröffnet einen raschen verkehrlichen Anschluss für Einsätze sowie eine gute Erreichbarkeit für die Kamerad:innen der Freiwilligen Feuerwehr.
Der Neubau wird zunächst als ungerichteter Baukörper zentral auf dem Grundstück platziert. Das bauliche Volumen gelangt durch diese Konzentration zu einer Formation, die sich am Standort behauptet und ein prägnantes Zeichen am Ortseingang bildet.
Lage und Ausrichtung auf dem Grundstück zonieren und unterstützen sogleich die funktionalen Erfordernisse der Feuerwehr: die Alarmausfahrt schließt sich direkt an die Straße Im Holt an, östlich - weitestgehend davon distanziert - werden die Alarmstellplätze erschlossen, westlich erfolgt die Anordnung des Übungsplatzes.
Architektonisches Konzept
Auf quadratischem Grundriss werden ein ein- und ein zweigeschossiges Bauteil im Winkel an die Fahrzeughalle - maßgebend für die Höhe des Baus- angelegt. Der südliche Teil bildet den direkten Kontaktpunkt zu den Alarmstellplätzen im Freien, so dass hier Alarmgang und Umkleiden den schnellsten Übergang zur anschließenden Fahrzeughalle gewährleisten. Der westliche Gebäudeteil nimmt die Räume für den Einsatz (Blickkontakt zur Halle und zur Ausfahrt), Werkstatt, Lager und Technikräume auf während im Obergeschoss der Schulungsbereich angeordnet wird. Räume der Konzentration und Rekreation werden hier unter Ausnutzung der differenzierten Geschossigkeit und Baukörpermodulation angeboten. So bildet nördlich ein Balkon vor dem Schulungsraum einen Frischluftfreiraum für kurze Pausen, gleichermaßen ein Vordach vor dem Bereitschaftsraum sowie eine potentielle Brücke zum westlich angedockten Übungsturm. Südlich wird das Dach des eingeschossigen Bauteils neben der Ausbildung von Oberlichtern als Küchengarten mit Hochbeeten sowie als Dachterrasse angeboten. Ein weit auskragendes Dach markiert hier den Zugang zum Alarmgang.
Der Übungsturm vervollkommnet die Plastizität des Neubaus. Seine Anordnung an der Nordwestecke des neuen Feuerwehrgerätehaus ermöglichst verschiedene Übungsszenarien vom Übungsplatz und unterstreicht die typologische Erkennbarkeit des neuen Hauses. Der Ortseingang Südkirchens wird so mit einem Gebäude mit maßstäblichen Bezug und charakteristischer Wiedererkennbarkeit versehen.
Material & Konstruktion
Das äußere Erscheinungsbild wird geprägt durch eine robuste, vertikal strukturierte Hülle. Unregelmäßiges Profilblech, rosé-grau beschichtet, umzieht allseitig das Gebäude. Das Material erlaubt vielfältigen Einsatz: eine leichte Verkleidung für den Turm, perforierte Ausbildungen zur Belegung der Faltscherenläden für die Sonnenschutz mit gezielter Lichtführung und vor allem einen zuverlässigen Witterungsschutz für die Holzkonstruktion des Gebäudes. Auf dem klaren Grundraster wird effizient das Haus aus nachwachsenden Baustoffen errichtet. In der Fahrzeughalle werden Stützen und Wände auf feuchtigkeitsresistenten Betonsockeln aufgesetzt, so dass der konstruktive Holzschutz und die gebrauchstauglichen Anforderungen der Fahrzeughalle gleichermaßen gelöst werden. Das konstruktive Prinzip eröffnet - neben dem Anspruch an Nachhaltigkeit in Materialeinsatz, Kohlendioxidbindung und potentiell trennbarer Rückbaubarkeit - eben auch die praktische Erweiterbarkeit der Fahrzeughalle zur Ostseite. Denn die leichte Wand kann unter dem Dachträger demontiert und „einen Stellplatz weiter“ wieder errichtet werden.
Der Boden der Fahrzeughalle, Werkstätten und Lager wird als Estrich mit Hartkorneinstreuung vorgeschlagen, während die überwiegenden Nutzungsräume mit Holzpflaster bzw. Feuchträume und mit Feinsteinzeug/Fliesen versehen werden.
Die höchsten Dächer werden begrünt, der Westteil für Photovoltaik hergerichtet. Das Dach der Fahrzeughalle lässt die Einordnung von zusätzlichen Oberlichtern zu. Bekiesung, Gehwegplatten und Hochbeete eröffnen Alltagsnutzungen auf dem eingeschossigen Dachteil.
Wirtschaftlichkeit & Energiekonzeption
Nachhaltigkeit beginnt mit sparsamem Flächenverbrauch und dem Einsatz von so viel Technik wie wirklich notwendig. Die kompakte Bauform ermöglicht eine Reduktion von Außenwandfläche mit nutzungsspezifisch hochqualifizierten und gedämmten Bauteilen.
Die klare Grundstruktur des Baus in Kombination mit der systemischen Holzbauweise (auf Massivsockel in der Fahrzeughalle) sind wesentliche Ansätze für eine wirtschaftliche, solide und dauerhafte Anlage mit der Zukunftsperspektive Erweiterung. Natürliche, beständige und ökologische Materialien sollen ebenso zum Einsatz kommen wie eine umwelt- und ressoucenschonende Haustechnik, deren Basis für einen unkomplizierten und wartungsarmen Betrieb im Lowtechprinzip gesehen wird - so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig haustechnisch automatisierte Installation ... die räumliche Anlage des Gebäudes gewährleistet einfache Prinzipien wie natürliche Querlüftung, außenliegende Verschattungen, effiziente Wärmedämmungen und - pufferungen, „atmungsaktive“ Wandaufbauten - diffusionsoffen und feuchtigkeitspuffernd etc. Die benötigte Energie für Wärme, Warmwasser und Strombedarf kann bspw. über eine Kombination aus Photovoltaik und Wärmepumpenanlagen erzeugt, ggf. zwischengespeichert/ gepuffert, und vorrangig für den Betrieb des Gebäudes eingesetzt werden. Die Beheizung der Gebäude erfolgt ausschließlich als Flächenheizungen. Neben der herkömmlichen Fußbodenheizung in allen Räumen soll in der Fahrzeughalle eine Industriebodenheizung installiert werden - alternativ ist hier der Einsatz von Infrarotheizungen denkbar.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit schlägt für den Neubau einen mit dem Übungsturm im Westen und zwei Terrassen gegliederten Baukörper vor, der spannungsvolle, differenzierte Ansichten zu den unterschiedlichen Seiten erzeugt und volumetrisch sowie funktional überzeugt.

Die zentrale Besetzung der Grundstücksmitte entspricht der skulpturalen Anmutung des Gebäudes, wird aber kritisch diskutiert, da die umliegenden Freiflächen zwar funktional sind, aber – auch wegen der undifferenzierten Freiflächengestaltung – teilweise der Charakter von Resträumen entsteht und der Versiegelungsgrad unverhältnismäßig hoch erscheint. Das große verfügbare Angebot an Optionsflächen wird positiv bewertet. Sehr kritisch gesehen wird die Anordnung von Alarmausfahrt und Stellplatzzufahrt, da in der dargestellten Konzeption unnötige Kreuzungsverkehre und Gefahrenstellen im öffentlichen Straßenraum entstehen. Eine Entflechtung der Verkehre erscheint auf mehreren Wegen möglich, müsste aber auf jeden Fall überarbeitet werden. Die Orientierung der windgeschützten Übungsfläche Richtung Westen zur Abendsonne überzeugt.

Die innere Struktur des Baukörpers ist mit einem Funktionsgeschoss auf Hallenebene und einem Obergeschoss mit Schulungs- und Aufenthaltsbereich ausgesprochen überzeugend. Vom nördlichen, mit der Terrasse überdachten und durch den Turm akzentuierten Haupteingang führt eine zentrale, angemessene und räumlich spannungsvolle Erschließung gerade durch das Gebäude zum südlich gelegenen Alarmzugang und der Erschließung in das Obergeschoss. Hier wiederholt sich die Erschließungsfigur mit attraktiver Anbindung von Balkon und Terrasse und Einblicken in die Fahrzeughalle. Das Funktionscluster Alarmumkleiden/Sanitärbereich überzeugt in Klarheit und Variabilität, auch die weiteren Innenräume sind gut proportioniert und in Lage und Ausrichtung überzeugend. Die zusätzliche Bewegungsfläche hinter den Fahrzeugstellplätzen ist gut nutzbar. Der Alarmweg von den rückwärtigen Stellplätzen durch das Gebäude ist klar organisiert. Der Weg durch die Umkleiden zu den Fahrzeugen ist kurz und funktional schlüssig.

Der Ansatz, durch eine kompakte Baukörperlichkeit ressourcenschonend zu agieren und die aktive Gebäudetechnik auf das notwendige Maß zu reduzieren, überzeugt. Die gewählte Konstruktion eines auf Betonsockeln aufgesetzten Holzbaus ist nachvollziehbar, erfordert aber eine saubere Durcharbeitung insbesondere auch hinsichtlich der Robustheit der Oberflächen und des Feuchteschutzes. Der Vorschlag, die Fassaden mit rosé-grauen Profilblechen zu verkleiden, wird in Angemessenheit und Erscheinung kontrovers diskutiert. Insbesondere am Turm müsste diese Gestaltung überarbeitet werden, um die Funktionalität als Übungsturm zu gewährleisten. Die Fassadengliederung mit einem Wechselspiel aus großen Fensterbändern und geschlossenen Bereichen überzeugt grundsätzlich, verbleibt jedoch stellenweise etwas schematisch.

Die Arbeit liegt in der Betrachtung der Flächenkennwerte im mittleren Bereich, die Wirtschaftlichkeit der Herstellungs- und Unterhaltskosten wird im unteren Drittel erwartet.

Die Arbeit stellt insbesondere in der Ausdifferenzierung des Baukörpers und der klaren inneren Struktur einen wertvollen Diskussionsbeitrag dar. Die nicht zufriedenstellend gelöste Zufahrtssituation und die fehlende Differenzierung der umliegenden Freiräume bleiben jedoch Diskussionspunkte.
Lageplan

Lageplan

Modell

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