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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2024

Neubebauung Grundstück ehemalige Versöhnungskirche in Essen-Rüttenscheid

Blick Südost

Blick Südost

ein 1. Preis

Preisgeld: 40.000 EUR

DGI Bauwerk Gesellschaft von Architekten mbH

Architektur

léonwohlhage

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Leitbild
Zwei Baukörper komplettieren den polygonalen Block im Stadtraum, wobei Bebauung und Freiraum in ausgewogener Beziehung zueinander stehen. Dadurch öffnet sich ein öffentlicher Platz vor dem Gemeindezentrum, dem Zentrum der neuen Seniorenwohnanlage des kleinen Wohnquartiers. Entlang der Lotharstraße wird der Block geschlossen. Im Gegensatz dazu nimmt der zweite Baukörper die offene Bauweise der Albrechtstraße auf. Er schließt markant die Blockecke mit solitärer Wirkung. Eine differenzierte Höhenentwicklung und eine kleinteilige Gebäudegliederung der Neubauten bindet die heterogenen Bestandsbauten zu einem Gesamtkonzept zusammen. An der Lotharstraße führt der Wohnungsbau 3-geschossig die Nachbarbebauung weiter und schließt zum Quartierplatz 4-geschossig ab.

An der übergeordneten Alfredstraße wird mit fünf Geschossen ein Akzent gesetzt, wie es der Kirchturm schon damals schaffte, wenn auch mit ganz anderen Mitteln. Allerdings reduziert sich hier gegenüber der benachbarten Einfamilienhausstruktur die Höhe auf drei Geschosse. Diese unterschiedlichen Gebäudehöhen bis zum 5-geschossigen Kopfbau betten die Neubauten feingliedrig in das Quartier ein und stellen die Seniorenwohnanlage mit ihrem Gemeindezentrum angemessen in den Stadtraum. Der 5-geschossige Hochpunkt reiht sich übergeordnet in die divergierende Höhenentwicklung der Alfredstraße ein, die schon mit den historischen Blockecken mit ihren hohen Dächern Akzente setzte.

Umgang mit den städtebaulichen Vorgaben
Die städtebaulichen Vorgaben sprechen von vier Geschossen über das ganze Grundstück und gegen ein fünftes Geschoss als Set-back-Geschoss. Das verstehen wir, denn grundsätzlich wären fünf Geschosse im Gesamten zu massiv.
Deswegen möchten wir einen alternativen Vorschlag unterbreiten, mit eben unserem Konzept der differenzierten Höhenentwicklung. Es geht nicht um eine maximale Ausnutzung, sondern um eine ausdifferenzierte Komposition an diesem Ort. Denn mit dem Vorschlag von 2-3-4-5-Geschossen bleiben wir mit einer GFZ von 1,47 unterhalb der max. GFZ Ausnutzung von 1,6.
Das Projekt ist bei der geforderten Wohnungsanzahl auch mit vier Geschossen umsetzbar, wäre dann jedoch städtebaulich weniger prägnant. Denn so entsteht ein Entree ins Quartier und zum erweiterten Straßenraum. Das fünfte Geschoss ist somit ein Ad-on zugunsten des gesamten Erscheinungsbilds im Stadtraums.

Öffentlicher Freiraum und das Gemeindezentrum
Der Kopfbau nimmt die Baufluchten der ehemaligen Kirche im Südosten auf, der Erhalt des reichen Baumbestands wird dadurch sichergestellt. Beide Wohnbauten zusammen formulieren einen dreieckigen Vorplatz, ergänzend hinzu kommt die vorhandene Aufweitung des Straßenraums vor der ehemaligen Kirche. Somit entsteht ein zentraler begrünter Platz, das Zentrum der Seniorenwohnanlage mit dem Café und dem Gemeindezentrum. Der Vorplatz bildet den Auftakt einer Raumsequenz in den Blockinnenraum, bis in die Tiefe des privaten Freiraums. Einsehbar für alle, je nach Wunsch auch öffentlich begrenzt oder auch nur privat zugänglich.

Wohnkonzept und privater Freiraum
Die Wohnungen sind kompakt und behindertengerecht: schön geschnittene kleine Apartments mit einem zentralen Balkon, von beiden Zimmern einsehbar und von der Küche breit zugänglich. Damit wird der Balkon ein zentrales gestalterisches Element der Wohnung wie der Fassade. Alle Fenster sind als französische Fenster konzipiert, so dass auch die Rollstuhlnutzer gute Aussicht in den Stadtraum/Hof haben. Jeweils ein Treppenhaus in jedem Haus führt über einen offenen Laubengang, bzw. als Mittelgang in die kleinen kompakten Wohnungen. Die Treppenhäuser sind natürlich belichtetet, auch das innenliegende über ein Treppenauge mit zenitalem Oberlicht. Alle Wohnungen haben nachbarschaftliche Qualitäten über die gemeinsame Erschließung, wobei jedem Haus zusätzlich eine gemeinschaftlichen Dachterrassen angeboten werden kann. Der privat nutzbare Innenhof bietet neben den Freiflächen für die Kita einen schönen Raum für den Aufenthalt der Senioren. Der Zuschnitt des Grundstücks lässt ruhige Nischen und aktive Zonen zu, ein Pocketpark für all diejenigen, die nicht mehr gut laufen können. Der Hof ist - wie gesagt - einsehbar von der Stadt, aber kann auch abgegrenzt werden, um den Raum nur für die Bewohner zu sichern.

Kindertagesstätte und ihre Freiflächen
Die Kita zeigt mit ihrer Fassade und ihrem Zugang an der Lotharstraße städtische Präsenz und öffnet sich mit den Gruppenräumen zu den eigenen geschützten Freiflächen im Innenhof. Der Mehrzweckraum ist im Gegensatz dazu zur Straße und direkt am Eingang orientiert. Die Gruppenräume sind gerade für die Kinder übersichtlich vom Eingang aus kompakt zugänglich. Die Leitung hat einen guten Überblick zum Eingang, wohingegen Pausen- und Teamraum eher abseits liegen.

Parken

Eine übersichtliche Organisation des ruhenden Verkehrs wird im Untergeschoss nachgewiesen. Unser Schwerpunkt liegt auf einer geringen Unterbauung der Freiflächen und einer klaren Zugänglichkeit zu beiden Häusern. Eine vollflächige Unterbauung des Grundstücks sollte vermieden werden. Deswegen werden punktuelle Doppelparker (12 Parkplätze) angeboten als eine Möglichkeit, die vielen Parkplätze nachzuweisen. Die hohe Anzahl der geforderten Parkplätze sollte zugunsten von Kosten und Nachhaltigkeit geprüft werden. Nachgewiesen sind hier 66 Parkplätze, plus/davon 3 Parkplätze im Außenbereich.

Konstruktion und Fassaden

Prägnantes Gestaltungsmittel ist die Ziegelfassade, wie sie auch in der Nachbarschaft zu finden ist. Sie sollte eher rot-orange sein, heller als die der Umgebung, um eine dunkle Massivität zu vermeiden. Durch unterschiedliche Mauerwerkstechniken lässt sich die Fassade weiter untergliedern, so dass größere Felder entstehen, die die Fenster und Balkone rahmen. Damit sind die Fenster und die Balkone das weitere gestalterische Thema. Sie geben den Rhythmus der Fassade vor. Aus Lärmschutzgründen werden die Balkone zur Alfredstraße als Wintergärten ausgeführt. Das Erdgeschoss wird im Bereich der Kindertagesstätte und des Gemeindezentrums gestalterisch besonders hervorgehoben, um die sozialen Einrichtungen im Stadtraum zu betonen. Sie lösen sich in eine Stützenkonstruktion und eine Pfosten-Riegel-Konstruktion auf.

Tragwerk
Das Gebäude ist als klassischer Massivbau konzipiert. Die vertikalen Bauteile sollen, soweit in Hinblick auf den Lastabtrag möglich, als Mauerwerkswände ausgebildet werden. Die horizontalen Bauteile sind überwiegend Stahlbetonflachdecken, deren Ausführung als Halbfertigteil sich anbietet. Für die Balkonplatten und die Treppenläufe sind StB-Fertigteile vorgesehen. Durch die gleichmäßige Struktur wären die Obergeschosse auch als Holzhybridstruktur realisierbar. Hierbei würden die Treppenkerne und die Flurwände aus Brandschutzgründen gemauert, bzw. in Ortbeton gebaut. Alle anderen Wände und Decken (Holzhybridbauweise) bestünden aus Holz. Je nach Baugrund ist eine Gründung mit Streifen- und Einzelfundamenten oder eine tragende Bodenplatte sinnvoll. Wenn die Grundwasserverhältnisses es zulassen, sollen in der Tiefgarage ausschließlich Einzelfundamente mit einem Pflasterbelag zur Ausführung kommen.

Nachhaltigkeit
Bei den vorgeschlagenen Maßnahmen wurde den Aspekten der Nachhaltigkeit besondere Bedeutung zugemessen. Hierzu wurden insbesondere die folgenden Maßnahmen getroffen:
Für den vorgesehenen Rückbau soll ein Rückbaukonzept entwickelt werden, bei dem ein möglichst großer Anteil der Materialien einer Wiederverwertung zu geführt wird.
Aufgrund des guten Oberflächen-Volumen-Verhältnisses ist die Hüllfläche optimiert. Der Fensterflächenanteil ist in Hinblick auf die ausreichende Belichtung und Aufenthaltsqualität der Menschen so groß bemessen wie notwendig.
Für die transparenten und nicht transparenten Bauteile der Gebäudehülle sind gute U-Werte vorgesehen. Durch die beschriebenen Maßnahmen kann der Energiebedarf für den Wärmebedarf auf ein Minimum reduziert werden.
Das Regenwasser soll mittels Rigolen in Kombination mit Retentionsdächern weitestgehend auf dem eigenen Grundstück versickert werden, dadurch würde die Einleitung von Regenwasser in das öffentliche Kanalnetz vermieden.
Alle Dachflächen und Teile der Terrassen sowie wie die Innenhoffassade werden begrünt. Dies ist nicht nur für die Regenrückhaltung positiv, sondern führt auch zu einer Verbesserung des Mikroklimas.
Die Verwendung schadstofffreier und natürlicher Materialien im Innenausbau in Verbindung mit der geplanten mechanischen Lüftungsanlage sichert zudem eine hohe Innenraumluftqualität.
Großer Wert wird, im Sinne des kreislaufgerechten Bauens, zum einen auf die Verwendung hochwertiger, langlebiger Materialien gelegt und zum anderen auf Konstruktionen gelegt, die großes Potenzial zur Wiederverwendung (Um- und Rückbaubarkeit) oder zur stofflichen Verwertung (Recycling) bieten.
Für die Förderung der Fahrradmobilität werden im Untergeschoss und zusätzlich in den Freiflächen attraktive Fahrradabstellplätze mit Lademöglichkeiten für E-Bikes geschaffen.
Ebenso schlagen wir vor, dass auch für die PKW-Stellplätze Ladenmöglichkeiten für die E-Mobilität vorgesehen werden.
Zusätzlich könnte man im öffentlichen Straßenraum Stellplätze, die für Carsharing vorgehalten sind, berücksichtigen.
Auf den Dachflächen sind PV-Anlagen über extensive Begrünung geplant, teilweise dienen die Dachflächen auch als gemeinschaftliche Terrassen.
Die so gewonnene Energie sollte möglichst zur Abdeckung des eigenen Verbrauchs genutzt werden.

Brandschutz
Das U-förmige Kopfgebäude weist ein zentrales Treppenhaus auf, das den ersten baulichen Rettungsweg gewährleistet. Der zweite Rettungsweg wird durch Anleitern der Feuerwehr an den straßenseitigen Fassaden sichergestellt.
Für das Gebäude in der Lotharstraße mit Wohnungen, die sich ausschließlich zum Hof hin orientieren, sind zwei bauliche Rettungswege vorgesehen. Durch die Ausbildung der Rettungswege werden Feuerwehrflächen im begrünten Innenhof und damit die Befahrung der Tiefgaragendecke vermieden. Beide Gebäude werden durch innere Brandwände in zwei Brandabschnitte geteilt.
Die unterirdische Garage stellt einen eigenen Brandabschnitt dar. Die Rettungswege werden über die Treppenhäuser der Wohngebäude und eine zusätzliche Außentreppe gewährleistet. Für die Garage wird eine natürliche Entlüftung und Entrauchung angestrebt.







Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit 1004 bietet eine deutliche Betonung der Gesamtmaßnahme einer vorgesehenen Seniorenwohnanlage im Stadtviertel.

Durch die etwas höhere Geschossigkeit ist eine klare Hinleitung in das dahinterliegende Quartier sowie in den eigenen Freibereich gegeben. Die Architektur hat als Ziegelbau eine vertraute Materialität und bietet eine sympathische, klare Gliederung.

Die Platzsituation zwischen den beiden Bauten formuliert ein öffentliches Angebot und wendet sich damit dem Stadtteil zu. Die eindeutigen Zugangssituationen zu Kita, Wohnen und Gemeindesaal erlauben eine rasche Orientierung und Auffindbarkeit der unterschiedlichen Angebote. Vor dem Gemeindesaal können in Zukunft z. B. öffentliche und halböffentliche Nutzungen stattfinden und bieten somit eine mögliche Integration in den Stadtteil an. Freiräume im rückwärtigen Teil lassen erkennbar sinnvolle Gestaltungsmöglichkeiten zu.

Die Anordnung der Wohnungen ist klar gegliedert. Mögliche gewünschte Veränderungen in Bezug auf die Grundrisse der Wohnungen lassen sich in der weiteren Überarbeitung gut verwirklichen. Kontrovers diskutiert wurden im Preisgericht die Qualitäten der innenliegenden Flure und Treppenhäuser. Hier wird empfohlen, mit Blick auf Aufenthaltsqualität und Kommunikationsmöglichkeiten der Bewohner (bessere Belichtung, mehr Platzangebot, kürzere Wege etc.), Planungsanpassungen vorzunehmen.

Die kompakten Baukörper in Verbindung mit den vorgeschlagenen Flachdächern bieten alle Möglichkeiten (u. a. PV-Anlage, Dachbegrünung) für einen nachhaltigen und ökologischen Gebäudekomplex.

Die Anordnung der Tiefgaragenzufahrt im Bereich der Lotharstraße ist gut gewählt. Die Anzahl der erforderlichen PKW- und Fahrradabstellplätze ist in ausreichendem Maße ausgewiesen.

Die Entwurfsverfasser schlagen vor, im Bereich der Lambertstraße ein zusätzliches Geschoss vorzusehen. Im Preisgericht wurde diese Idee intensiv und kontrovers diskutiert. Neben bauplanungsrechtlichen Fragen wurden auch architektonische und ästhetische Aspekte beleuchtet (Verhältnis der Baukörper zueinander, Lage und Betonung des Eingangs, Verschattung des angrenzenden Hofes etc.). Falls dieser Vorschlag weiterverfolgt werden soll, wären die genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür im Weiteren mit der Stadtplanung und Bauaufsicht der Stadt Essen abzustimmen.

Darüber hinaus sollte unabhängig davon die Dimensionierung des Innenhofbereiches des Gebäudes an der Lambertstraße kritisch überprüft werden.
Lageplan

Lageplan

EG

EG

1.OG / 2.OG

1.OG / 2.OG

3.OG / 4.OG / UG

3.OG / 4.OG / UG

Blick Südwest

Blick Südwest

Schnitt

Schnitt

Ansicht Süden

Ansicht Süden

Detail Fassade

Detail Fassade