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Offener Wettbewerb | 06/2021

Ein innovativ nachhaltiges Schulhaus - Neubau Primarschule Walkeweg in Basel (CH)

2. Preis

Nissen Wentzlaff Architekten BSA SIA AG

Architektur

Denkstatt sàrl

Stadtplanung / Städtebau

Waldhauser + Hermann AG

TGA-Fachplanung

Basler & Hofmann AG

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt «Feuer, Wasser, Sturm und Eis» sieht einen langen, viergeschossigen Gebäudekörper mit Nord-Süd- Orientierung vor. Dieser lässt sowohl eine gebührende Distanz zu den Wohnbauten im Osten, als auch einen angemessenen Abstand zur Friedhofsmauer im Westen. Die Haupterschliessung der Schule funktioniert über den östlich angeordneten Pausenplatz. Als klare Geste zum Quartierplatz hin steht an der Stirnseite des Schulgebäudes ein Laubenturm. Er dient der Schule und dem Quartier als Zugang zu den gemeinsam genutzten Räumen und dem Dachgarten. Diese schöne Geste kommt einer vertikalen Erweiterung des öffentlichen Raumes gleich, die zum Betreten einlädt. Die Räume sind gut angeordnet. Insbesondere die Zusammenfassung von jeweils vier Klassenzimmern zu einem Cluster überzeugt sowohl räumlich als auch im Gebrauch. Die geforderte flexible Nutzbarkeit ist hier gut vorstellbar. Einzig die Erschliessungsflächen scheinen noch zu gross. Wie bei den meisten Projekten wird die Turnhalle unterirdisch angeordnet. Dieser Entscheid ist sinnvoll und nachvollziehbar, da durch die Altlastensanierung der Aushub 20 Rangierte Projekte bereits gemacht wurde und die vorhandene Baugrube genutzt werden kann. Das Thema der Nachhaltigkeit wird in diesem Projekt gekonnt zum entwurfstreibenden Faktor. Dies zeigt sich zum Beispiel im gestalterischen Einfluss der Lüftungs-Kamine auf den Grundriss und deren unmittelbaren Erlebbarkeit in den Räumen. Auch die Idee der Autorenschaft einer lebenden Lerntafel kann dem Projekt angesehen werden. Ein weiteres Thema sind die wiederverwendeten Bauteile, welche die Fassadengestaltung direkt beeinflussen, auch wenn dies im vorliegenden Projekt noch etwas schematisch anmutet. Der Ausdruck des Gebäudes, die Gestaltung der Fassade und die Präsenz des Erdgeschosses können noch nicht vollständig überzeugen. Innovationskraft und Konzepte zur Nachhaltigkeit Das Projekt präsentiert seinen Entwurfsansatz sehr fundiert mit einem Ideen- und Innovationsblatt, das sich auf die vier Grundelemente abstützt, verbunden über den Kreislaufgedanken. Dabei wird neben den Konzeptansätzen gleich die Anwendung am Gebäude erläutert. Die Einbindung und Verwebung von Schulprogramm und öffentlicher Nutzung wird dabei genauso erläutert wie die Wiederverwendung von Gebäudekomponenten aus dem Raum Basel – mit direktem Bezug zu einigen Projekten und ihren Ressourcen – und die Nutzung natürlicher Wärme- und Kältequellen am Standort Walkeweg. Als Kernelement des Konzeptes und des Entwurfes werden Lüftungskamine im Gebäude platziert. Sie werden als ablesbare Lüftungskomponenten aus Stampflehm in Kontrast zur Holzkonstruktion vorgeschlagen. Hier müssen in der Weiterbearbeitung Fragen zum Thema Brandschutz und Akustik gelöst werden. Mit einer Photovoltaik-Pergola schließt das Projekt das Dachvolumen ab, was im Zuge der Erweiterung um ein Geschoss angehoben werden soll. Die vorgeschlagene «individuelle» Fenstergestaltung zeigt eine unzureichende Tageslichtversorgung der Räume, was in der Weiterbearbeitung verbessert werden muss. Insgesamt überzeugt das Projekt durch seinen ganzheitlichen Ansatz und seine ablesbare Umsetzung eines innovativen, nachhaltigen Schulkonzeptes. Soziale Nachhaltigkeit und Mehrwert fürs Quartier Das Projekt vermittelt smart zwischen dem öffentlichen Quartierplatz und den halböffentlichen Schulnutzungen. Der Laubenturm verzahnt die Nutzungen erdgeschossig und in die Vertikale mittels einer einladenden Geste. Die quartieröffentliche Bibliothek und ein Café im Erdgeschoss des Turms öffnen sich zum Platz. Der grosszügige, wenn auch durch die Richtung des Treppenlaufs etwas stark eingezogene Aufgang zum Turm lädt ein, das Schulhaus in seiner ganzen Höhe zu erkunden. Er ist Bühne und Aussichtsturm gleichermassen. Da die Spezialräume am Kopf des Gebäudes liegen, erschliesst sie der Turm auch für eine Nutzung durch die Quartierbevölkerung. Auch die attraktive Dachterrasse mit ihrer Vielfalt an Angeboten für Gross und Klein kann so erreicht werden. Insgesamt erweitern Turm und Terrasse die Freiräume im dichten Quartier in die Vertikale. Damit wird nicht nur ein Maximum an Verwebung zwischen Schule und Quartier vorgeschlagen, sondern auch der Gedanke des Teilens durch eine effiziente Raumnutzung im Quartier verankert. Das Lernen wird zu einer Angelegenheit, die alle inkludiert. Nutzersicht Die Projektverfassenden setzen ihren länglichen Baukörper im westlichen Teil der Parzelle und können damit der Schule verschiedene Aussenbereiche anbieten. Die Adressierung der Schule erfolgt gegen die Wohnbauten hin, der Eingang dürfte aber prominenter ausformuliert werden. Die Vernetzung zum Quartier erfolgt über das, dem Schulhaus vorangestellte, offene Laubenturmgebäude. Dadurch werden zusätzliche, attraktive Aussenräume für die Schule (Pausenfläche, Aussenklassenzimmer) und das Quartier geschaffen. Die innere Organisation ist für den Schulbetrieb mit zentraler Treppe, Gangzone und Unterrichtsräumen klar und übersichtlich. Die Verteilung der Klassen-Cluster entspricht zu grossen Teilen den Vorstellungen und Bedürfnissen einer zeitgemässen Schule. Die vorgeschlagene Materialisierung unterstützt optimal die Idee und Absicht einer Primarschule. Der Vorschlag der Projektverfassenden für den Betrieb der verkleinerten Aula muss im Studienauftrag nochmals hinterfragt werden. Ebenso muss die Nutzung der Dachlandschaft als Lernlandschaft / Dachgarten für Schule und Quartier gemeinsam weiterentwickelt werden. Qualität Freiräume Das Aussenraumkonzept sieht klar differenzierte Öffentlichkeiten vor. Der Treppenturm und die Dachterrasse sind für alle zugänglich. Im Osten liegt der Pausenplatz mit einem vielfältigen Nutzungsangebot für die Schule. Zum Werkhof ist ein vielseitig nutzbarer Freiraumstreifen vorgesehen. Der nördliche Bereich mit Naturschonzone wird als extensives Stadtbiotop gestaltet. Die unterschiedlich differenzierten Qualitäten im Aussenraum werden begrüsst. Kritisch wird die Terraingestaltung gegenüber dem Quartier erachtet. Résumé «Feuer, Wasser, Sturm und Eis» ist ein sehr erfrischender Entwurf mit einer interessanten Innovationsgeschichte, der es auch schafft, diese in spannende Architektur zu übersetzen.