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Offener Wettbewerb | 08/2021

Neubau Wohnsiedlung Salzweg in Zürich-Altstetten (CH)

4. Preis

Preisgeld: 31.000 CHF

Bruno Fioretti Marquez

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Studio Sörensen Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Schnetzer Puskas Ingenieure AG

Bauingenieurwesen

SPEKTRUM Bauphysik & Bauökologie GmbH

Bauphysik

Erläuterungstext

Eine formale Homogenität und eine volumetrische Ausdifferenzierung der Neubauten bestimmen den Entwurf. Damit sollen der vorstädtische Charakter der vorhandenen Bebauung fortgesetzt und eine Anpassung an die bewegte Topographie des Ortes ermöglicht werden. Das Bausteinprinzip, das dem Entwurf zu Grunde liegt, fördert die Flexibilität in der Grundrissgestaltung und der Wohnungsgrößen. Gleichzeitig bilden die Gebäudefiguren einen Rahmen für den Außenraum und eine Kulisse für das Leben in der Nachbarschaft.
Sechs Ost-West-orientierte Hauszeilen sind gleichmässig über das Grundstück verteilt. Durch das Abwinkeln der Gebäude und die Ergänzung durch Querflügel, werden die Zeilen zu mehrarmigen Baukörpern, die sich mit der Landschaft verzahnen.
Die Baukörper sind in der Höhe viertel-, halb- oder ganzgeschossig gestaffelt und können sich so an die bewegte Topographie und an den Massstab der angrenzenden Quartierbebauung anpassen. Durch das Drehen, Spiegeln und Versetzen gleichartiger Haussegmente entsteht eine organische Komposition von gestaffelten Gebäudeketten ohne den Eindruck einer Repetition zu vermitteln.
Den Auftakt der Siedlung bilden die gemeinschaftlich genutzten Räume wie Ateliers und Musikproberäume sowie die Kindertagesstätte und der Kindergarten entlang der Rautistraße. Ein Wegenetz mit direktem Bezug zum Grünraum führt Besucher und Bewohner zu den Gebäudeeingängen, die sich in den jeweiligen Hausverzweigungen befinden. Waschsalons mit direktem Zugang zum Außenraum und Bezug zum Eingangsbereich sind großzügig gestaltet und mit Sitzgelegenheiten ausgestattet, so dass sie den Bewohnern der jeweiligen Häuser als Treffpunkt dienen.
Ein natürlich belichtetes Treppenhaus erschließt jeweils sieben Wohnungen. Die Wohnungsgrundrisse entwickeln sich entlang eines Raumkontinuums um eine offene Küche und die Loggia. Von hier aus werden die Schlafräume und Badezimmer direkt erschlossen. Den größeren Wohnungen ist ein Raum als Arbeits- oder Jugendzimmer angegliedert, der, abseits vom Wohngeschehen, direkt vom Eingangsbereich aus zugänglich ist. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit Zimmer außerhalb der Wohnungen anzumieten, um auf die wandelnden Bedürfnisse der Bewohner reagieren zu können.
Die Querflügel werden über einen breiten Laubengang, der zugleich als gemeinschaftliche Aussenfläche genutzt werden kann, erschlossen. Sonder- und Kleinwohnungen finden an dieser hybriden Stelle ihren Platz.
Das modulare System der Grundrisse und der Holz-Betonhybridkonstruktion, das sich zu gleichartigen Gebäudeabschnitten zusammenfügen läßt, erlaubt eine Anpassung an Form, Fläche und Vertikalität, ohne das Gesamterscheinungsbild der Siedlung zu beeinträchtigen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt LAMA interpretiert die freiräumlichen Eigenschaften der bestehenden Bauten auf überraschende Weise. Die gestaffelten Baukörper fügen sich gleichermassen in die markante Topografie ein und passen sich ohne grössere Terrainverschiebungen den Hanggefällen an. Die mehrflügeligen Bauten verbergen dabei ihre beträchtliche Grösse, gewähren Durchblicke und schaffen vielfältige Zwischenräume. Mit der gewählten städtebaulichen Setzung lässt sich der Übergang zur Landschaft des Siedlungsrandes moderieren und eine Verzahnung mit den benachbarten Quartierräumen erreichen. Alle weiteren Projektentscheide folgen der formulierten städtebaulichen Leitidee. Das Grundmodul für die Wohnbauten zeigt dies am konsequentesten: Ein Ost-West orientierter Zeilenbau mit einem kurzen Seitenflügel nimmt sieben Geschosswohnungen pro Etage auf. Die zentrale, langgezogene Erschliessungshalle mit seitlichem Lichteinfall an beiden Enden ist das Kernstück jedes Hausteils – eine Erfindung, die alles Weitere ermöglicht. Die mittige Split-Level-Treppe führt einen halbgeschossigen Gebäudeversatz ein, durch den die Module sanft in die Topografie gelegt werden können. Die leichte Winkelverschiebung zwischen den Flügeln begünstigt zusätzlich eine geschmeidige Setzung der Volumen im Gesamtkontext. Die Grundmodule werden dazu auf dem Areal addiert, gedreht und gespiegelt. Erst durch die Repetition wird die Sorgfalt sichtbar, mit der die Baukörper sich sukzessive mit einer feinen Höhenstaffelung den Hang hinauf entwickeln. Es entsteht eine zurückhaltende Massstäblichkeit mit gut proportionierten Siedlungsräumen. Im Schwarzplan sind die Gebäudefiguren als ikonische Wesen wahrnehmbar, die dem Projekt den Namen stifteten. Entlang der Strasse fassen die Gebäudeflügel eine Abfolge von Ankunftsräumen, die den Auftakt der Siedlung bilden. Hier gewährleisten gemeinschaftliche Nutzungen in den unteren Geschossen eine gute Schnittstelle zum Quartier. Strassenseitig mehrheitlich geschlossene Sockelfassaden und Rampenbauwerke zu den Velofoyers schmälern aber die Attraktivität der ansonsten guten räumlichen Setzung. Die Kopfbauten und die dazwischenliegenden grünen Inseln verleihen der Siedlung hingegen eine angemessene Identität. Die Staffelung des Terrains Richtung Friedhof erlaubt einen sanften Umgang mit der Topografie. Die Fusswege sind mit bis zu 10 % Gefälle für eine barrierefreie Freiraumerschliessung aber zu steil. Die Nutzbarkeit der geneigten Plätze wird nicht plausibel nachgewiesen. Durch die beliebige Setzung der Bäume und die zufällige Einbettung der Wege wirken die Aussenräume undifferenziert. Die steile Blumenwiese schafft jedoch einen angemessenen Übergang zum Friedhof. Eine Porosität durch die Gebäudezeilen hindurch ist über die Waschküchen angedacht, was jedoch nicht überzeugt. Das Preisgericht vermisst eine entschiedenere Vernetzung der Zeilenzwischenräume, die es schafft, die ganze Siedlung zu verbinden. Über dem Betonsockel wird eine viergeschossiges Holzskelettstruktur errichtet, die mit vertikalen Lärchenholzlatten verkleidet ist. Mit der Holzbauweise sind wichtige Nachhaltigkeitsaspekte bezüglich Anpassbarkeit, Kompaktheit und Grauenergie mit naheliegenden Mitteln erfüllt. Die horizontale Fassadenschichtung ist mit unterschiedlichen Brüstungsausbildungen ansprechend differenziert. Die Höhenversätze der Bauten werden dadurch als Variation der Fassadengliederung wahrgenommen. Daraus resultiert eine ruhige Gesamterscheinung, die an die Sachlichkeit des Neuen Bauens oder zurückhaltende gewerbliche Nutzbauten erinnert. Der offene Wohn-Essraum bildet die Wohnungsmitte. Gemäss den Darstellungen des Verfasserteams wird der multifunktionale Raum als Interpretation des gewerblichen Charakters der Architektur und als zeitgemässes Atelierwohnen verstanden. Dies entspricht jedoch nicht den traditionellen Bedürfnissen der im Programm beschriebenen Bewohnerschaft. Die Ausbildung der Loggien, die vom Licht abgewandten Küchenzeilen an der Rückwand und die adäquate Möblierbarkeit werden vom Preisgericht infrage gestellt. Insbesondere in der Mitte der Gebäudezeilen ist ein Durchwohnen von Fassade zu Fassade, auch bezüglich Nachtauskühlung, der einseitigen Orientierung vorzuziehen. In den ansonsten logisch konzipierten Baukörpern werden differenziertere und vielfältig nutzbarere Wohnungsgrundrisse erwartet. Die Jury fasst die aufgezeigte Variante für Studios und Kleinwohnungen in den Seitenflügeln, die selbstverständlich an die Erschliessungshallen anschliessen, als Bereicherung des Wohnungsangebots auf, bemängelt hingegen die geringe Raumbreite. Die vorgeschlagene Nutzung der Laubengänge als möblierbarer Aussenraum ist gemäss der aktuellen Praxis der Feuerpolizei nicht umsetzbar. LAMA überzeugt insgesamt durch seine auf verschiedenen Massstabsebenen konsequent durchdachte Konzeption, die sich auf einer sorgfältigen Analyse des städtebaulichen und landschaftlichen Kontextes basiert. Daraus entsteht eine erstaunlich einfache und elegant ausformulierte Siedlungszelle mit einprägsamem Charakter. Das festgestellte Potenzial wird jedoch auf der Ebene der Wohnungslayouts, die mehrheitlich schematisch und nicht auf das Zielpublikum hin ausformuliert erscheinen, nicht ausgeschöpft.