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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2022

Neugestaltung Nibelungenplatz in Tulln (AT)

1. Preis

Preisgeld: 11.000 EUR

DnD Landschaftsplanung

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext


 mit neuen FĂ€den verbinden.

Die drei Schicksalsgöttinnen der nordischen Mythologie bilden die Ideenvorlage fĂŒr den neuen Nibelungenplatz. Sie spinnen die FĂ€den des Schicksals. Die Norne der Vergangenheit (alte Frau= die immer schon vorhandene Natur) wird durch die Formen des reinkommenden Auwaldes ĂŒbernommen. Die Norne der Gegenwart steht fĂŒr den zentralen Bereich, wo der Klostergarten mit seinem BlĂŒtenfeuerwerk, Hochzeiten und Feiern, das Leben selbst darstellt (tanzende SchrĂ€gen). Die Norne der Zukunft weist auf zukĂŒnftige Entwicklungen hin - mit versickerungsoffenen, multifunktionalen Bereichen, vielen Zukunftsbaumarten und geradlinig gerichteten „FĂ€den“.

RĂ€umliche Konzeption 
Das Rathaus bekommt zwei gleich große klammerartige FlĂ€chen im Westen und Osten angelagert, die mittig durch den Klostergarten miteinander verwoben werden. 

Aupromenade 
Die 3,5m breite Aupromenade wird von einer einseitigen lockeren Baumreihe beschattet. Die westliche Klammer begleitet den Weg und ist als nutzbare RasenfĂ€che ausformuliert. Ein rundes bodenebenes Wasserbecken mit Einzelsesseln und Tischen wird von einer wassergebundenen Decke umgeben. Bis auf den Weg sind hier nur versickerungsoffene FlĂ€chen angedacht. Eine ruhige, beschattete und sehr angenehme AtmosphĂ€re stellt sich hier ein. An der Nahtstelle zum Bestand bildet ein runder Nebelring ein spielerisches Element, das fĂŒr KĂŒhlung sorgt. 

Klostergarten
Der Garten bildet das reprĂ€sentative Vorfeld des Rathauses zur Donau hin. Es ist sehr gut geeignet zum Durchwandeln, und lĂ€dt mit seinen BĂ€nderreihen und Holzdecks zum Sitzen ein. Der Klostergarten ist der perfekte Hintergrund fĂŒr Feiern und Fotos! Die BĂ€nder aus Granit durchziehen den Garten und wölben sich zu Sitzgelegenheiten mit Holzauflagen auf. Modular können Tische, Schirme und Lehnen etc. ergĂ€nzt werden. Jedes Sitzband ist mit mindestens einem USB- und Wifi-Hotspot ausgestattet. Die großzĂŒgigen GranitbĂ€nder schaffen durch ihr unaufdringliches Design Klarheit und durch das breite Nutzungsspektrum Vielfalt. 

Esplanade
Die zweite Klammer legt sich an die östliche Seite des Rathauses an. Eine ĂŒberfahrbare versickerungsoffene, hochwertige NatursteinoberflĂ€che bildet die Verbindung zwischen Hauptplatz und DonaulĂ€nde. Ein kleiner Vorplatz ermöglicht Feiern. Als Material werden drei Granite in subtilen, hellen Farbnuancen vorgeschlagen: Töne in Hellgrau, Mittelgrau, und warmem Sand. Die drei sind leicht changierend und bieten so ein langanhaltendes optisch attraktives Bild. Der Granitstein wird in einem versetzten LĂ€ngsverband gesetzt, ist hoch belastbar und nachhaltig. Mit einem Naturstein ist die Wiederverwendung gewĂ€hrleistet. Verschmutzungen sind aufgrund der Eigenschaften des Steins nicht stark sichtbar. Als Alternative (bezĂŒglich anderer Farbgebung) ist ein hochwertiger versickerungsoffener Betonstein in denselben Formaten denkbar. In den Kosten wurde der Granit angefĂŒhrt, nicht zuletzt aufgrund seiner QualitĂ€ten, aber auch der im Vergleich besseren CO2-Bilanz.

Flexible Nutzungszone Nord
Der Bereich vor dem Nibelungenbrunnen verbindet den Wegbestand der DonaulĂ€nde mit dem Bearbeitungsgebiet. Hier entsteht eine vielseitig bespielbare FlĂ€che. Ein heller geschliffener Asphalt knĂŒpft hochwertig optisch an den Bestand an. FĂŒr AbkĂŒhlung sorgen neben dem bereits bestehenden Nibelungenbrunnen auch bodengleiche, ĂŒberfahrbare Wasserelemente, wie etwa Bodensprudler und NebeldĂŒsen. Sie treten nicht in Konkurrenz mit dem Bestandsbrunnen, sondern ergĂ€nzen diesen. 

Flexible Nutzungszone SĂŒd
Nutzungsoffenheit, hoher Grad an Beschattung und hohe WasserdurchlĂ€ssigkeit sind hier Planungsziel. Ein Pflastersystem aus abgerundeten Pflastersteinen (Arena) mit einer begrĂŒnbaren oder auch mit Kies verfĂŒllbaren Fuge ermöglicht das Erreichen der Zielsetzung. Die ParkplĂ€tze (55 StĂŒck) und nicht stark befahrenen FlĂ€chen sind mit begrĂŒnter Fuge vorgesehen, die ĂŒbrigen FlĂ€chen werden mit Kiesfuge verlegt. Es ergibt sich eine vielfĂ€ltig nutzbare FlĂ€che, die hohe optischen und technische AnsprĂŒche erfĂŒllt. 

FĂŒr ausreichend Schatten sorgt ein BlĂ€tterbaldachin. Damit die hochaufgeasteten BĂ€ume gut wachsen, wird hier ein spezielles Schwammstadtsystem mit DrainGarden vorgeschlagen. Das DrainGarden-Substrat wird an einen eingeschlĂ€mmten Grobschlag angeschlossen und so die SpeicherflĂ€che vervielfacht. ZusĂ€tzlich könnte das Dachwasser des Rathauses in die Schwammstadt eingeleitet werden. FĂŒr die nördlich liegenden BĂ€ume ist auch die Teileinleitung von Wassermengen des Wasserspiels möglich. FĂŒr die F3 FlĂ€chen sind Filterbereiche angedacht.

Bepflanzungskonzept 
FĂŒr die Baumauswahl sind folgende vier Kriterien maßgeblich:
1. klimaresiliente, schattenspendende und standortangepasste Zukunftsbaumarten,
2. Beachtung des Baumbestandes,
3. Arten, welche die Gartenstadt Tulln an der Donau mit ihrer Gartenkultur reprÀsentiert und
4. Charakter-BĂ€ume, die dem jeweiligen Bereich – Flexible Nutzungszone, Esplanade, Klostergarten und Aupromenade – eine besondere AtmosphĂ€re verleihen.

Aupromenade
Die BĂ€ume der Aupromenade sind Mehlbeere (Sorbus aria), Blumen-Esche (Fraxinus ornus), GefĂŒlltblĂŒtige Vogel-Kirsche (Prunus avium ‘Plena‘). Diese heimischen BlĂŒtenbĂ€ume besitzen einen hohen Zierwert, da sie neben der BlĂŒte auch wirkungsvolle LaubfĂ€rbungen und Fruchtschmuck bieten.

Klostergarten 
Im Klostergarten sind historische Gartenkultur mit zeitgenössischer Gestaltung vereint. MehrstĂ€mmige Zier-Kirschen (Prunus sargenti) und Zier-Äpfel (Malus toringo) bilden einen festlich-eleganten Rahmen.Sie bieten im VorfrĂŒhling und FrĂŒhling imposante BlĂŒhaspekte. Die ZierĂ€pfel haben ab dem SpĂ€tsommer kleine Äpfelchen mit hohem Schmuckwert. Die leuchtend orange-rote HerbstlaubfĂ€rbung der Zier-Kirschen schafft einen Kontrast zum gelben Laub der Zier-Äpfel.

Romantisches Feuerwerk 
Die Beetpflanzungen im Klostergarten und in den angrenzenden Bereichen bieten ein romantisches BlĂŒten-Feuerwerk in Pastelltönen und Weiß. Es gibt eine jahreszeitliche Aspektfolge die jeweils von unterschiedlichen Leitarten dominiert wird. Neben den klassischen Heilpflanzen wie Duft-Veilchen und Sonnenhut, die KlostergĂ€rten beherbergen, ist dieser Klostergarten eine Neuinterpretation. Denn hier finden sich Pflanzen, die unsere Seele und sinnliche Wahrnehmung ansprechen. Duft und Farbe aktivieren uns und wirken sich positiv auf das Wohlbefinden aus. Ein Ort, wo Hochzeitsgesellschaften einen stilvollen Rahmen fĂŒr diesen besonderen Tag finden.
  • VorfrĂŒhling – FrĂŒhling (Monate II, III, IV): Blaustern, Duft-Veilchen, Busch-Windröschen, Niedrige Iris, Traubenhyazinthe, Arznei-Primel, Dolden-Milchstern
  • FrĂŒhsommer – Sommer (Monate V, VI, VII) - Akelei, Hohe Iris, TĂŒrkischer Mohn, Steppenkerze, Flauschiges Federgras, Blaulauch, Stockrosen
  • SpĂ€tsommer – Herbst (Monate VIII, IX, X) - Storchschnabel, Steinquendel, Sonnenhut, Prachtkerze, Herbst-Anemone, Azur-Salbei, Lampenputzergras

Esplanade 
An der rathausseitigen Esplanade bilden Stadt-Ulmen (Ulmus x hollandica ‘New Horizon‘) mit den bestehenden SĂ€ulen-Hainbuchen eine formale Allee. Die beiden Baumarten korrespondieren miteinander und schaffen durch ihr regelmĂ€ĂŸiges Kronenbild einen reprĂ€sentativen Rahmen fĂŒr das Rathaus.

Flexible Nutzungszone SĂŒd 
Hier entsteht ein Hain. Ein hoch beginnendes, lockeres und helles BlĂ€tterdach ĂŒberspannt den Bereich. So kann man trotz Baumdichte den Nibelungenbrunnen sehen und es ergibt sich eine freundliche AtmosphĂ€re. Als Charakterart kommt hier der Japanische Schnurbaum (Styphnolobium japonicum syn. Sophora japonica) zur Verwendung. Unter dem Mittelbaum mit seiner breit ausladenden Krone sind vielfĂ€ltige Nutzungen möglich. Im Sommer erschienen seine attraktiven weißen BlĂŒtenrispen, gefolgt von einer gelben HerbstlaubfĂ€rbung. Im Winter wirken die grĂŒnen Äste. Der lockerkronige Baum bildet einen wirkungsvollen Kontrast zu den SĂ€ulen-Hainbuchen.

Beurteilung durch das Preisgericht

In seiner rĂ€umlichen Konzeption ĂŒberzeugt das Projekt durch seine starke Verwebung der Aupromenade, des Klostergartens, der Esplanade und der FlexibilitĂ€tszone mit der Umgebung. Der Klostergarten wird neuinterpretiert und hat das Potenzial als unverwechselbare, ansprechende, gĂ€rtnerische FlĂ€che wahrgenommen zu werden. Die Sichtachse vom Balkon zur Donau ist gut gelöst. Die Durchmischung von Staudenund RasenflĂ€chen im Bereich des Klostergartens wird in Hinblick auf ein lebendiges und abwechslungsreiches Erscheinungsbild begrĂŒĂŸt, allerdings ist beim Rasenweg sicherzustellen, dass dieser einen hohen Nutzungsdruck aushĂ€lt. Gleichzeitig wird mit feinen Maßnahmen eine hohe AufenthaltsqualitĂ€t und RaumidentitĂ€t erzeugt. Besonders positiv gewertet wird hier das vielfĂ€ltige und differenzierte Angebot an kommunikativen Nischen, Verweil- und Sitzbereichen zwischen Stauden, die eine Nutzung von unterschiedliche Nutzer:innengruppen zulĂ€sst. Die Holzdecks werden gekonnt eingefĂŒgt.

Die AnknĂŒpfung entlang der Westseite des Rathauses zur Au ist ĂŒber eine Platzsituation gut gelöst. BegrĂŒĂŸenswert ist, dass der Klosterweg in seiner Lage grĂ¶ĂŸtenteils erhalten bleibt, jedoch um einen Pflanzstreifen als Puffer zum angrenzenden WohngebĂ€ude ergĂ€nzt wird. Allerdings wird der Brunnen, angesichts einer Vielzahl an Wasserelementen, an dieser Stelle hinterfragt.

Zudem ist die ZugĂ€nglichkeit und Nutzbarkeit des Brunnens in der WasserflĂ€che nicht ausreichend gegeben. Die ĂŒbrigen Wasserelemente sind rĂ€umlich gut positioniert und erhöhen die AufenthaltsqualitĂ€t, die Spielnutzung und schaffen ein angenehmes Mikroklima.

Die FlexibilitÀtszone Nord ist wohl dimensioniert und bietet einen angemessenen Rahmen vor dem Nibelungenbrunnen, allerdings wird diese in Hinblick auf ihre MaterialitÀt kontrovers diskutiert. Einerseits sind die Ideen der Wiederverwendung der AsphaltflÀche in Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte lobenswert, zugleich kann die FlÀche sehr funktional wirken und sich stark aufheizen, was kritisch gesehen wird. Schlecht bewertet wird die Positionierung des WCs vor dem Eingangsbereich des AMS.

Die flexible Zone SĂŒd ist rĂ€umlich und funktional ĂŒberzeugend und in seiner Materialwahl hochwertig durchgearbeitet. Die StaudenbĂ€nder entlang der Esplanade schafften einen Puffer und erhöhen die AufenthaltsqualitĂ€t. Die Erhaltung des Baumbestands wird gewĂŒrdigt, und durch eine zweite Baumreihe ergĂ€nzt. Allerdings könnte der Wurzelraum fĂŒr die BĂ€ume grĂ¶ĂŸer ausfallen. Besonders hervorzuheben ist eine differenzierte Materialwahl bei den BelagsflĂ€chen. Durch die besondere Materialwahl der PflasterflĂ€che im Bereich des Parkplatzes wird dieser Raum nicht nur fĂŒr die Parkplatznutzung sondern als MultifunktionsflĂ€che ansprechend.

Die Aufwendungen zur Herstellung und Unterhalt sind im ĂŒberschaubaren Rahmen zu sehen.

Besonders zu wĂŒrdigen ist, dass das Projekt die Anforderungen und Erwartungen aus dem BĂŒrgerdialog aufgreift und in eine ĂŒberzeugende Gestaltung ĂŒbersetzt.

Insgesamt wird das Projekt durch das wiederholende Motiv der BĂ€nder und BlĂŒhstreifen gestalterisch und raumbildnerisch zusammengehalten. Diese ergeben vom tiefen Standort vor dem Minoritenkloster nahezu ein geschlossenes, farbiges Bild in dem aufsteigenden GelĂ€nde. Damit erhĂ€lt das Projekt ein Alleinstellungsmerkmal, das den Nibelungenplatz zu einem besonderen Ort an der Donau werden lĂ€sst.

Empfehlungen

Das Preisgericht empfiehlt der Ausloberin unter BerĂŒcksichtigung der im WĂŒrdigungstext kritisch dargestellten Aspekte diese Arbeit der weiteren Verfolgung des Projektes zugrunde zu legen.

Im Weiteren empfiehlt das Preisgericht den Bereich des Klosterweges hinsichtlich der vorgeschlagenen BegrĂŒnung entlang der GebĂ€udefassade des WohngebĂ€udes und entlang des angrenzenden Bereichs der Auenlandschaft zu ĂŒberdenken. Das gleiche gilt fĂŒr die vorgeschlagenen BelĂ€ge auf den Wegen zwischen Minoritenkloster und Treppelweg. Es wĂ€re wĂŒnschenswert, wenn die Wege- und PlatzflĂ€chen im Bereich des Klostergartens und der FlexibilitĂ€tszone Nord in Hinblick auf eine naturnahe und freundliche Ausgestaltung ĂŒberarbeitet werden.

Im Sinne des angestrebten Ruhebereichs entlang des Klosterweges sind hier entsprechende VorschlÀge zu entwickeln. Die Lage des Brunnens an der Westseite des Rathauses soll entfallen.