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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2023

Arealentwicklung Werkhof Hochstrasse Schaffhausen (CH)

4. Rang

Preisgeld: 15.000 CHF

SOPPELSA ARCHITEKTEN

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

SIMA | BREER GmbH

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Idee

Die Projektverfassenden streben eine offene, poröse Bebauungsstruktur an. Infolgedessen wird der Bestandesbau Hochstrasse 131 an der Kreuzung Hochstrasse/Finsterwaldstrasse abgebrochen und das denkmalpflegerisch wertvolle Gebäude Hochstrasse 129 sowie die lichtdurchflutete Shedhalle von Anbauten befreit. Mit der Stellung dreier ähnlich dimensionierter Neubauten soll das Areal mit dem baulichen Kontext verwoben werden. Dabei orientieren sich die Neubauten an der Körnung der bestehenden Mehrfamilienhäuser. Die gesamthaft neu fünf Baukörper gliedern das Areal in einer gewissen Gleichförmigkeit, die zu den Strassenräumen hin keine spezifischen Antworten bietet. Insbesondere der Neubau an der Kreuzung wird mit seiner Stellung und eher stereotypen Ausformulierung dem Ort mit öffentlichem Charakter nicht gerecht. Zu den Nachbarbebauungen werden respektvolle Zwischen- und Grünräume geschaffen.

Mit dem Belassen des Gebäudes 129 an der Hochstrasse wird im Zusammenspiel mit der rückwärtigen Shedhalle bzw. «offenen Halle» und den beiden strassenbezogenen Neubauten ein zentraler, gut proportionierter und nutzbarer Platz als Begegnungsort geschaffen. Fliessende Übergängen führen im Norden zum «WerkPlatz», im Süden zum südlichen, begrünten «WohnPark». Diese Gliederung des Areals überzeugt aufgrund der unterschiedlichen Atmosphären. Die Dominanz der drei Neubauten lässt die Gesamtbebauung jedoch wenig als Ensemble in Erscheinung treten.

Freiraumgestaltung

Der Freiraum wird thematisch in drei Teile gegliedert, die «offene Halle», den «WerkPlatz» und den «WohnPark». Dabei nimmt der Grünanteil von Norden nach Süden kontinuierlich zu. Die befestigten Flächen werden durch amorphe, inselartige Strukturen durchbrochen. Dabei handelt es sich um Grünflächen, aber auch um chaussierte Aufenthaltsbereiche. Die Kontinuität dieses Systems erzeugt ein ablesbares und prägendes Bild der neuen Siedlung.

Die «offene Halle» bezeichnet einen gedeckten Aussenraum, der unter dem Dach der Shedhalle liegt und sich zum gegenüberliegenden Café im Gebäude Nr. 129 ausrichtet. Zwischen den Gebäuden entwickelt sich ein stimmiger Platz mit Brunnen, Sitzgelegenheiten und schattenspendenden Bäumen.

Der «WerkPlatz» im Norden des Areals wird mit begrünten Schatteninseln als ökologische Nischen bespielt. Der zwischen Gebäude und Hochstrasse gelegene Vorplatz mit angrenzender Bushaltestelle wird im Zusammenspiel mit dem bestehenden Gebäude Nr.129 als Zugang zur Siedlung verstanden. Die Nutzungsqualität des Freiraums wird hier durch die Präsenz der Hochstrasse eingeschränkt. Als «WohnPark» wirkt eine durchgrünte, mit Bäumen bestandene, parkartige Fläche. Mäandrierende Wege erschliessen die Gebäude und verbinden verschiedene Nutzungen. Es werden Anknüpfungspunkte zum Quartier geschaffen.

Ein Spielplatz gliedert sich im westlichen Bereich in den Hang ein. Eine Spielwiese wird im Süden des Areals angeordnet.
Durch Anordnung und Körnung der Neubauten werden im Aussenraum flächenmässig sehr gleichwertige Aussenräume geschaffen.
Das Potenzial des innenliegenden Hofs mit «offener Halle» als gut funktionierender und attraktiver Aussenraum ist hoch. Es wäre wünschenswert, wenn dieser Hof flächenmässig einen grösseren Anteil hätte. Die anderen Aussenräume scheinen durch die Lage an der Strasse oder an der Rückseite der Gebäude weniger gut zu funktionieren.

Architektur, Nutzungen, Funktionalität

Die der gesamten Bebauung und z. T. auch dem Quartier dienenden Gemeinschaftsnutzungen sind richtigerweise um den zentralen Platz im Erdgeschoss angeordnet: Das Café im Gebäude Hochstrasse 129 und der Gemeinschaftsraum in der Shedhalle mit gedecktem Vorbereich. In den Neubauten reichen die Wohnungen bis ins Erdgeschoss. Was im «WohnPark» stimmig erscheint, führt am «WerkPlatz» zu Nutzungskonflikten. Der Vorschlag eines Ateliers an der südlichen Ecke zum Platz vermag die Situation nur ungenügend zu heilen, auch auf grund des an der Strassenkreuzung hohen Öffentlichkeitsgrads.

Auf die lärmbelastete Situation entlang der Hoch- und der Finsterwaldstrasse reagieren die Projektverfassenden regelkonform, indem sie einerseits die Neubauten ausreichend weit vom Strassenraum absetzen bzw. zu diesem stirnseitig anordnen. Andererseits werden die lärmempfindlichen Wohnungen in den Obergeschossen strassenabgewandt oder über Loggien natürlich belüftet. Die 48 Wohnungen mit 2.5 bis 4.5 Zimmern entsprechen in Anzahl und Mix den Anforderungen. In den Neubauten sind diese geschossweise als Dreispänner mit knapper zentraler Erschliessung effizient organisiert. Die in der Regel über Eck oder zweiseitig ausgerichteten Wohn-/Ess-/Küchenbereiche mit gut dimensionierten Loggien bieten ein attraktives Raumangebot. Auch die Individualzimmer sind angemessen proportioniert, die Nasszellen diesen und den gemeinschaftlichen Bereichen passend zugeordnet. Zudem verfügen alle Wohnungen über einen grosszügigen Eingangsbereich mit eingebauter Garderobe.

Die Neubauten mit vertikaler Fichtenschalung und rahmendem rötlichem Metallgerüst in Verbindung mit den übereinander angeordneten Fenster- und Loggienstreifen vermitteln einen abwechslungsreichen und sorgfältig gestalteten Ausdruck. Die vermeintlichen Dachgeschosse, in Wellblech gekleidet und mit je zwei feinen Schrägdächern gekrönt, unterstützen die feingliederige Fassadengestaltung, vermögen aber aufgrund der dominanten Gebäudehöhen nur bedingt zu den Bestandesbauten auf dem Areal zu vermitteln.

Erschliessung

Über die bestehende Bushaltestelle ist das Areal gut an den öffentlichen Verkehr angebunden. Die Parkierung ist unterirdisch kompakt angeordnet und wird peripher im Süden über die Hochstrasse er schlossen. Das Dilemma besteht darin, dass sich die Parkierung im Bereich des «WohnParks» befindet und in der weiteren Planung auf das Pflanzen von hochstämmigen Bäumen geachtet werden müsste. Im Gegensatz zur ausreichenden Anzahl an Autoparkplätzen sind die Veloabstellplätze neben den Gebäudezugängen passend angeordnet, aber eher knapp bemessen.

Die Wegführung durch das Areal und die darauf abgestimmte Anordnung der Gebäudezugänge und gemeinschaftlichen Nutzungen ist stimmig. Sie verspricht eine willkommene Durchlässigkeit des Areals und infolgedessen eine überzeugende Einbindung ins Quartier.

Wirtschaftlichkeit, Realisierbarkeit und Nachhaltigkeit

Die Volumetrie der Neubauten ist äusserst kompakt, die Tragstruktur konsequent übereinander angeordnet und die Gebäudehülle mit optimiertem Fensteranteil sehr gut gedämmt. Untergeschosse, Tragstruktur und Zwischenwände sind in Massivbauweise unter Verwendung von Recyclingbeton vorgesehen, die Fassaden in Holzbauweise. Es wird darauf geachtet, dass die unterschiedlichen ökologischen Materialien in getrennter Bauweise zum Einsatz gelangen, um in der Folge einfach ersetzt oder rückgebaut werden zu können.

Die Wärmeerzeugung und Kühlung ist mittels Erdwärmesonden ins Grundwasser vorgesehen. Zu- und Abluftanlagen stellen eine energieschonende Grundlüftung sicher. Die Schrägdächer der drei Neubauten sowie die nach Süden gerichteten Dachflächen der Shedhalle werden zur Stromerzeugung mit Photovoltaik-Modulen ausgestattet.

Umgang mit denkmalpflegerischen Vorgaben

Das schützenswerte Gebäude an der Hochstrasse wird im Projekt von der angrenzenden Bebauung befreit und als Solitär freigespielt. Die Shedhalle der ehemaligen Fabrik bleibt bestehen und zwischen der Shedhalle und dem schützenswerten Bau spannt sich ein vielfältig nutzbarer Aussenraum auf. Im Erdgeschoss des Gebäudes 129 an der Hochstrasse ist ein Café eingeplant und es soll die historische Befensterung bzw. Zugangssituation rekonstruiert werden. Der Umgang mit dem Grundriss im EG des Bestandesbaus mag überzeugen, wohingegen die Raumstrukturen in den beiden schützenswerten Obergeschossen stark verändert werden.

Zusätzlich soll ein Balkonturm an der Nordfassade den Bewohnern des Hauses einen Aussenraum anbieten. Dieser privatisierte Teil ragt sehr prominent in den öffentlichen Raum. Die freigespielte nordseitige Rückfassade wird mit denselben Fensterformaten ergänzt und weitergestrickt wie an den anderen Fassaden. Der im Projekt vorgeschlagene Rückbau des Hauses an der Hochstrasse 131 ist bedauernswert, insbesondere, weil die vorgeschlagene Setzung und Ausbildung des Baus an dieser Stelle keine bessere städtebauliche Situation auszubilden vermag. Die neue Nutzung der Shedhalle mit einem gedeckten Aussenbereich könnte in der Umsetzung spannend werden, führt aber auch gleichzeitig zu einer Fragmentierung der Halle.

Gesamtwürdigung

Die vorgeschlagene Bebauung fügt sich mittels der quartierspezifischen Körnung der Neubauten, den angemessen proportionierten Aussenräumen und der stimmigen Wegführung in den baulichen Kontext ein. Insbesondere der zentral positionierte Platz mit den gemeinschaftlichen Nutzungen – auch fürs Quartier – bietet einen einladenden Begegnungs- und Aufenthaltsort. Die zu gleichförmige Setzung und Dimensionierung der drei Neubauten vermag jedoch nicht auf die spezifische Situation mit öffentlichem Charakter an der Kreuzung Hoch-/Finsterwaldstrasse zu reagieren.

Die Wohnungen sind gut organisiert und proportioniert und bieten mit der jeweils zweiseitigen Anordnung der Gemeinschaftsbereiche eine hohe Wohnqualität. Die sorgfältige äussere Gestaltung der Neubauten verspricht eine stimmige Atmosphäre.
Aufgrund der eher stereotypen Neubauten mit dominanten Gebäudehöhen gelingt es den Projetverfassenden nicht, zusammen mit den arealinternen Bestandesbauten eine Ensemblewirkung zu erzielen.