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Studienauftrag | 12/2022

Gestaltung Hochhaus und Gewerbebau Towerkomplex in Winterthur (CH)

Gesamtansicht

Gesamtansicht

Teilnahme

Baumschlager Eberle Architekten

Architektur

USUS Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

ErlÀuterungstext
Towerkomplex Winterthur
Baumschlager Eberle Architekten

Konzept StÀdtebau
Ein Ensemble aus 3 GebĂ€uden mit einem neunzehngeschossigen Kopfbau bildet den stĂ€dtebaulichen Akzent. Das Konzept eines segmentierten Sockels, der durch eine gemeinsame Arkade verbunden wird, generiert eine spezifische IdentitĂ€t und formuliert einen öffentlichen, urbanen Ort. Durch die Gliederung des Komplexes in 3 lesbare Einheiten entsteht eine MassstĂ€blichkeit, die sowohl einen Dialog zu den EinzelgebĂ€uden wie den Blockstrukturen im Umfeld aufzubauen vermag. Die Setzung der aus dem Sockel heraus entwickelten GebĂ€ude formuliert einerseits an der Sulzer-Allee einen klaren stĂ€dtebaulichen Abschluss des Parkbandes und zugleich eine klare Adressierung. Andererseits nehmen sie rĂŒckwĂ€rtig - durch die Inszenierung des Sockels in Form von Dachterrassen - Bezug zur Schule auf. Die Mischnutzung aus Wohnen und Arbeiten innerhalb des Ensembles bildet einen lebendigen Stadtbaustein, der die Privatheit der BewohnerInnen ebenso respektiert, wie die BedĂŒrfnisse der NutzerInnen in den Gewerbebauten. Die Architektur verbindet durch seine MaterialitĂ€t das Besondere des Hauses in seiner konsensfĂ€higen formalen Ordnung zu einem selbstverstĂ€ndlichen Ganzen.
Konzept Nutzung
Damit ein Quartier LebensqualitĂ€t aufweist, muss - unter anderem - eine durchmischte Nachbarschaft möglich sein. Hier soll ein Ort entstehen, wo gleichzeitig gewohnt und gearbeitet werden kann. Der Towerkomplex bietet ein optimales Angebot an verschiedenen Wohnformen und Arbeitskonzepten. Im Erdgeschoss kann sich eine Vielfalt publikumsorientierter Nutzungen wie z. B. LĂ€den, Restaurant, Bistro, BĂ€ckerei, Kleingewerbe und Grossverteiler entfalten. Das Erdgeschoss hat einen klaren öffentlichen Bezug. Eine Kita entlang des Parks und nahe der Schule schafft LebensqualitĂ€t und bringt einen Mehrwert, sowohl fĂŒr die Nachbarschaft wie fĂŒr die Leute, die im Towerkomplex wohnen und arbeiten. Die vorgeschlagene NeutralitĂ€t der Tragstruktur mit stĂŒtzenfreien InnenrĂ€umen ermöglicht eine optimale FlexibilitĂ€t in allen GebĂ€uden. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung fĂŒr eine werthaltige, zukunftsfĂ€hige Immobilie.

Konzept Aussenraum
Die Umgebung des Towerkomplexes ist der Knotenpunkt der Hauptverbindungsache Sulzer-Allee und des Parkbandes, welche die Siedlung zum Bahnhof hin erschliesst. Eine charakteristische Baumreihe sĂ€umt die Sulzer-Allee, welche mittels eines lockeren Baumhains mit unterschiedlichen Gehölzen in Richtung GebĂ€ude verstĂ€rkt wird. Der Platz wird durch eine VegetationsflĂ€che im Gehweg und auf dem Vorplatz des GebĂ€udes gegliedert. Entlang des GebĂ€udes wird der Vorplatz durch die Nutzung der LĂ€den und Gastronomie geprĂ€gt, welche die Möglichkeit haben, den Platz teilweise kommerziell als mit zu nutzen. Mit der geschwungenen Sitzmauer und einer schĂŒtzenden, attraktiven Bepflanzung zur Strasse hin, werden zusĂ€tzliche Begegnungs- und Verweilmöglichkeiten angeboten. Zwischen GebĂ€ude und dem Schulhof gelegen, wird der Aussenbereich der Kita thematisch sinnvoll integriert. Durch einen in die GebĂ€udefuge integrierten Aufgang mit Freitreppe werden die Terrassen im 1.Obergeschoss mit der Arkade und dem Strassenraum verbunden. Diese auf dem Sockel geschaffenen FreirĂ€ume spannen eine zweite, eher halböffentliche Aussenraumebene auf. Hier gibt es fĂŒr die Anwohner und Arbeitenden die Möglichkeit sich zu treffen und auf der grossen mittleren Terrasse lĂ€dt ein Restaurant zum Verweilen ein. Die Gestaltung mit verschiedenen Nischen schafft die Möglichkeit im Schatten von Gehölzen an der freien Luft zu arbeiten und zu kommunizieren.
Konzept Nachhaltigkeit
Neben der Kompaktheit der Volumen und einer optimierten GebĂ€udehĂŒlle wird ein sinnvolles, bewĂ€hrtes VerhĂ€ltnis von opaken und transparenten FlĂ€chen vorgeschlagen. Dies reduziert einerseits den Energieverbrauch und andererseits die Notwendigkeit des Einsatzes von KĂŒhllasten und fĂŒhrt insgesamt zu einer Reduktion der Betriebs- und Unterhaltskosten. DarĂŒber hinaus unterstĂŒtzt die Konzeption des Komplexes als ‚open building‘ durch seine hohe FlexibilitĂ€t und offene Struktur eine nachhaltige, zukunftsfĂ€hige Nutzbarkeit der Immobilie, da sie langfristig unterschiedliche Nutzungsszenarien zulĂ€sst. Die Respektierung der SNBS-Standard ist eine SelbstverstĂ€ndlichkeit und wird bspw. durch die Verwendung von Naturstein als Fassadenmaterial - als ein Beitrag von vielen - zur Erreichung einer CO2-NeutralitĂ€t unterstrichen.

Konzept LĂ€rmschutz
Um die Auflagen bzgl. LĂ€rmschutz erfĂŒllen und gleichzeitig auf den Einsatz technischer Hilfsmassnahmen zu verzichten zu können, wird das Hochhaus aus der Flucht der Sulzer-Allee zurĂŒckversetzt. Das erforderliche Mass wurde in Zusammenarbeit mit dem vorgegebenen FachbĂŒro ermittelt und abgesprochen. Damit können alle Wohnungen ohne EinschrĂ€nkungen orientiert und angeordnet werden. FĂŒr die Gewerbebauten existieren diesbezĂŒglich keine Auflagen.

Konzept Verschattung
Das Hochhaus ist so positioniert, dass die Verschattung der GebĂ€ude in der Nachbarschaft (Schule) den gesetzlichen Vorgaben entspricht und keine Probleme entstehen. Durch die Positionierung der GebĂ€ude auf dem Sockel wird zudem eine optimale Ausrichtungs- und AusblickqualitĂ€t sowohl fĂŒr die Wohnungen im Turm wie fĂŒr die BĂŒros in den beiden anderen Punktbauten erzielt. Durch die Verschiebung und die Distanzen der Volumen entsteht ein weitgehend spannungsfreies Miteinander, das zugleich rĂ€umlich spannende Aussenbereiche formuliert.

Konzept Statik
Die tragende Struktur der neuen GebĂ€ude ist generell als Stahlbetonskelettbau konzipiert mit einem klar gegliederten Lastabtrag ohne VersprĂŒnge oder Abfangungen. Die beiden BĂŒrogebĂ€ude erhalten einen im Grundriss zentral positionierten Stahlbetonerschliessungskern der die Aussteifung gegen Wind und Erdbebenlasten ĂŒbernimmt. Die Kerne sind statisch als ‚Röhre‘ ausgebildet. Balken ĂŒber den TĂŒren koppeln die Teilkerne bzw. WĂ€nde statisch und erlauben ein gutmĂŒtiges, duktiles Tragverhalten im Falle eines Erdbebens. Erdbebenenergie kann durch die duktile Struktur in Verformungsenergie dissipiert werden. Die 25cm dĂŒnnen Flachdecken spannen innenstĂŒtzenfrei ĂŒber ca. 7 m vom Kern bis zu den StĂŒtzen an der Fassade. Der Kern ist bis zur Fundation infolge der Auflasten ĂŒberdrĂŒckt und stellt hohen Komfort fĂŒr windinduzierte Schwingungen sicher. Die Verformungen sind gering, da der Kern nicht in den Zustand II ĂŒbergeht auf Gebrauchslastniveau.
Der hohe Wohnturm wird nach dem gleichen statischen Grundprinzip konzipiert. Besonders hoher Wert wurde im Entwurf schon auf die BerĂŒcksichtigung der Tragstruktur der Einstellhalle gelegt. Da eine Lasttransferebene aus wirtschaftlichen GrĂŒnden nicht empfehlenswert ist, werden die StĂŒtzenachsen auf das Parking-Geschoss und die oberen Wohngeschosse derart abgestimmt, dass sie durchgehen können. Dies fĂŒhrt in den oberen Geschossen zu ca. 8,50m Spannweite, so dass die Decken vorgespannt mit ca. 28 cm ausgefĂŒhrt werden können. An der sĂŒdlichen Querseite des GebĂ€udes kragt die Decke ca. 3m aus, die Fassade ist geschossweise auf den Decken aufgestellt bzw. aufgehĂ€ngt. So kann auch an dieser GebĂ€udekante die tragende Struktur bis zur Fundation konsequent weitergefĂŒhrt werden, ohne dass in der Einstellhalle StellplĂ€tze auf Grund der Tragstruktur entfallen. Diese Aussage trifft auch auf das SockelgebĂ€ude zu: Alle StĂŒtzen der oberen Tragstruktur werden im Sockel fortgesetzt. Die Verwendung von RC-Beton, also Beton mit Zuschlagstoffen aus Betongranulat ist selbstverstĂ€ndlich, ebenso die Verwendung von C02 reduziertem Zement. Im Wesentlichen hat der neue GebĂ€udekomplex ein Untergeschoss und befindet sich somit weit ĂŒber dem Hochwasserspiegel. Die Baugrube kann mit einer Böschung ausgefĂŒhrt werden. Lediglich unter dem Wohnhochhaus sind zwei Untergeschosse vorgesehen. Hier liegt lediglich die ca. 1,50m dicke Bodenplatte im Bereich des Hochwasserspiegels. Die Baugrube kann auch hier - mit Aussnahme der Baugrube zum Park - mit einer Böschung ausgefĂŒhrt werden. Hier wird eine rĂŒckverankerte oder nach innen ausgesteifte RĂŒhlwand erforderlich. Wasserdicht muss die Baugrubensicherung an dieser Stelle auf Grund der geringen Tiefe noch nicht sein. Das gesamte GebĂ€ude wird mit einer Flachfundation fundiert. Die Bodenplattendicke betrĂ€gt ca. 40cm im Sockel und ca. 1,50m unter den Hochbauten. Der Skelettbau kann mit einer Systemschalung, grossformatigen Deckenschaltischen und vorfabrizierten StĂŒtzen zĂŒgig gebaut werden. Eine Woche pro Geschoss ist ausreichend.


Beurteilung durch das Preisgericht

Drei GebÀude bilden ein stÀdtebauliches Ensemble mit dem Hochhaus als Akzent. Der Baubereich wird durch ein Sockelgeschoss mit Arkaden besetzt, davon ausgenommen sind zwei schmale Gassen. Die Komposition von zwei kleineren Gewerbebauten und dem Hochhaus wirkt im Vergleich zu Lösungen mit zwei GebÀuden feingliedriger. Hingegen bildet der grossflÀchige Sockel eine nahezu hermetische Dichte. Auf dem Sockel entstehen grosse DachgÀrten, zwischen den Gewerbebauten mit einer monumentalen Treppe erschlossen. Eine stadtrÀumliche Geste die fraglich ist, aufgrund der fehlenden Nutzung und da in unmittelbarer Umgebung attraktive FreirÀume anschliessen.

Die Anlieferung ĂŒber den GrĂŒnraum ist gemĂ€ss Gestaltungsplan nicht möglich. Muss diese ĂŒber die OhrbĂŒhlstrasse erfolgen, so steht eine Lösung mit den vorgesehenen Erschliessungskerne der GewerbehĂ€user nicht in Aussicht.

Die Adressierung der verschiedenen Nutzungen wird durch die Arkaden verunklÀrt, da sich keine Unterschiede von EingÀngen und Nutzung im Sockel abzeichnen.

Über die Setzung der drei GebĂ€udevolumen entstehen zwei Fugen. Die eine verbindet die Sulzerallee mit der Schulanlage, die andere fĂŒhrt auf eine im Obergeschoss liegende, halböffentliche Terrassenebene. Mit der prĂ€zisen Auseinandersetzung des GelĂ€ndeverlaufs, zwischen Strassenraum und GebĂ€udesetzung, entsteht jedoch eine schmale Vorzone, welche es nicht vermag, den beiden Fugen und GebĂ€udemassstĂ€ben ihre adĂ€quaten Auftritte zu verleihen. Die drei GebĂ€ude wirken in ihrer Setzung zu stark abgesenkt und vermögen somit keinen Dialog mit dem öffentlichen Raum aufzunehmen.

Das Arkadenband bildet geschĂŒtzte ZugĂ€nge, jedoch fehlt die klare Adressierung zum Gewerbe und Wohnen. Die Verdoppelung von Arkadenraum und Vorzone benachteiligt die Situation im Gesamten. Die Einfahrt/Wendemanöver ĂŒber den GrĂŒnraum an der OhrbĂŒhlstrasse sind, gemĂ€ss Gestaltungsplan, nicht möglich und verunmöglichen durch den Anteil der versiegelten FlĂ€che, den vorgeschriebenen QualitĂ€ten gerecht zu werden.

Den Verfassern gelingt es nicht, den Sprung auf der Ebene der fusslĂ€ufigen Stadtebene in die Öffentlichkeit zu wagen.

Der Zugang zum Wohnhochhaus erfolgt westlich, vom Parkband her. Eine schmale Eingangshalle fĂŒhrt zur vertikalen Erschliessung. Die Fahrradparkierung im Erdgeschoss des Hochhauses ist fragwĂŒrdig und schlecht zugĂ€nglich. Die Herausforderung des vielfĂ€ltigen Wohnungsangebots konnte leider nicht ĂŒberzeugend umgesetzt werden. UngĂŒnstige Raumabfolgen mit schmalen und abgewinkelten Korridoren fĂŒhren zu knapp dimensionierten WohnrĂ€umen, die grosse Fragen bezĂŒglich Möblierbarkeit und Belichtung aufwerfen.

Das Gewerbehaus ist aufgeteilt in zwei Hochbauten und entspricht nicht, wie gefordert, einer multifunktionalen Nutzung.

Vertikale Wandscheiben in Naturstein gliedern die Fassaden, sie bilden betont tiefe Leibungen. Diese reliefartige Tiefe der Fassade fĂŒhrt bei seitlichem Blick zu einer forciert verschlossenen Wirkung. Die Brandschutzanforderung des BrandĂŒberschlages im Hochhaus wird nicht erfĂŒllt.

Die stĂ€dtebauliche Komposition mit drei rĂ€umlich interessant zu einander proportionierten GebĂ€uden ist ein wertvoller Beitrag. Mit der flĂ€chigen Ausbildung des Sockels entsteht eine introvertierte Anlage, die nicht mit den attraktiven umgebenden FreirĂ€umen kommuniziert. In der Gestalt wirkt die Architektur – speziell der Gewerbebauten – eher abweisend, sie scheint fast verbergen zu wollen, was hinter den Fassaden stattfindet.