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Einladungswettbewerb | 08/2023

Gebietsentwicklung SETA Park in Wetzikon (CH)

Teilnahme

Hosoya Schaefer Architects AG

Architektur

Raymond Vogel Landschaften AG

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept & Bestand
Die Historie des Areals beruht auf stetem, pragmatischem Weiterbauen: Hauptbau und Villa von 1906, die Erweiterung nach Westen und Osten von 1926; der angesetzte Punktbau von 1963 und seine Aufstockung 1989; dann die vielen kleinen Anpassung, wie sie im unternehmerischen Alltag selbstverständlich sind, immer prägnant und wertig. Nun wird die Geschichte weitergesponnen.

Die einzelnen Abschnitte der Bebauung werden dabei sorgfältig und je spezifisch bearbeitet: Das Fabrikgebäude wird flächig aufgestockt, um der bestehenden Struktur und Form Rechnung zu tragen. Die individuellen Aussenräume der Wohnungen werden in Höfen internalisiert zugunsten einer klaren Grossform. Das Fabrikgebäude erhält damit eine zeitgenössische Krone, formal angelehnt an Sheddächer, die wiederum die Wohnungen grosszügig belichten. Die Villa bleibt in ihrer ursprünglichen, malerischen Form erhalten, wird aber von den Umbauten im Bereich F seitlich freigestellt, so dass sie als historisches Objekt klar lesbar wird.

Der Anbau aus den 60 Jahren wird auf das Primärtragwerk zurückgebaut, aufgestockt und ausgebaut. Das Tragwerk wird zum Rahmen, das dem Gebäude seine Identität gibt. Auch die Pilzstützen im Wohnungsinnern werden sichtbar und haptisch. Das transparente Piano nobile ist angeschlossen an das obere Gewerbegeschoss im Fabrikgebäude und verweist auf das Gewächshaus, das ursprünglich vor der Villa stand.

Daneben werden drei Punktbauten gestellt. Sie sind einfach etappierbar (bei Bedarf abparzellierbar), durchlässig angeordnet und konkurrenzieren den Hauptbau nicht, wie es ein Gebäuderiegel an der Strasse würde. Durch die Drehung im Plan werden Blicke in die Tiefe möglich. Es entsteht Dichte mit Qualität. Die Materialisierung aus Klinker baut eine Verbindung mit dem Hauptbau auf. Die Gebäude sind aber luftiger, wärmer und «mediterraner». So entsteht ein Ensemble aus Alt und Neu, in den Unterschiedlichkeiten klar lesbar, aber auch sichtbar verwandt.

Die historische Bausubstanz wird möglichst erhalten und weiterentwickelt. Gleichzeitig wird der performativen und pragmatischen Vergangenheit des Areals Rechnung getragen. Die Fähigkeit zur steten Neuerfindung wird zelebriert und in die Zukunft weitergesponnen.

Nutzungskonzept - Gewerbe
Das Fabrikgebäude wird mit neuem Leben gefüllt. Auf den Bestandsgeschossen wird der Grossteil der erforderlichen Gewerbeflächen angesiedelt. Dabei sind ganz unterschiedliche Einteilungen möglich: der potenzielle Ankermieter für ca. 1’500m2 Büronutzung findet genauso Platz, wie flexible, modulare Mietflächen mit Ateliergrössen ab 30m2. So entsteht eine Mischung der unterschiedlichsten Nutzer und Nutzungen. Die Einheiten werden teils von aussen erschlossen, womit Ankermieter eine Adresse an der Strasse haben. Die kleinen Einheiten wiederum haben eine Adresse an der Magistrale im Innern. Hier können sie ihre eigene Identität zeigen, profitieren aber auch von der «Location Brand», den Aktivitäten und Ressourcen des gesamten Gebäudes. Unterschiedliche gemeinsame Nutzungen sind denkbar, bis hin zu Co-Working und / oder Co-Production. Denkbar sind auch ein Theateratelier, Tanz-Balletstudio, ein multifunktionaler Veranstaltungsraum, Fitnesstudio, Kunstateliers, Jazzbunker, usw.

Andere Nutzungen, wie eine mögliche Gastronomie, vor allem aber die Wohnungen sind mit eigenen Adressen klar abgetrennt.

Nutzungskonzept - Wohnwelten
Durch die unterschiedlichen Gebäudetypologien, sowie durch die Mischung von Bestands- und Neubauten, werden unterschiedliche Wohnwelten geschaffen, die innerhalb der einzelnen Wohnungskategorien eine Differenzierung nach grossen und kleinen Wohnungen, sowie eine Vielfalt an Wohnungstypen ermöglichen.

Das Wohnen auf der Fabrik («Village») ist kreativ, urban, mit hohen Räumen und viel Licht. Aus Erschliessung und Volumen ergibt sich eine Reihe von Höfen, nicht unähnlich chinesischer Hutong Nachbarschaften. Hier findet besonderes Wohnen Platz - loftartig, mit grösseren Wohnungen (3.5 – 5.5), die auch als Wohngemeinschaften denkbar sind. Die überhohen Räume sind als Atelier nutzbar, können aber auch mit wie Möbel eingestellten Mezzaningeschossen für Wohnen noch effizienter genutzt werden. Die Innenhöfe bringen, wo sinnvoll, zenitales Oberlicht in das Gewerbegeschoss des Fabrikgebäudes.

Die Villa bleibt als Betreutes Wohnen erhalten und wird einer Oberflächenrestaurierung innen und aussen unterzogen.

Der viergeschossige Punktbau wird mit weiteren drei Geschossen aufgestockt und so zum Wohnturm erweitert. Die Umnutzung wird hier zelebriert. Der gedrehte Kern stellt die Pilzstützen frei, ermöglicht spannungsvolle Räume und zelebriert das Wohnen im umgenutzten Bestand. Im unteren EG befindet sich eine Kita. Auf der Strassenebene vor dem Piano Nobile, das transparent ein Geschoss über den Gleisen schwebt, verbindet sich der Quartiersplatz mit einem Café/Bistro/Restaurant, das sowohl den Gewerbetreibenden wie den Bewohnern als Quartiertreffpunkt zur Verfügung steht.

Auch die Wohngrundrisse der Gartenhäuser werden durch eine 45°-Drehung der Kerne optimiert und damit ihre die Ost-West-Ausrichtungen verbessert. Gleichzeitig wird ein frontales Vis-a-vis in den Zwischenräumen vermieden und den Wohnungen Blicke in Gleis- und Strassenraum ermöglicht. Wandscheiben aus Klinker organisieren die Wohnungen und geben den grosszügigen Loggien die notwendige Privatheit. Wo möglich stehen die Loggien immer einem Wohn- und einem Essbereich oder einem Schlafzimmer zur Verfügung. Mit einer einfachen Planorganisation werden vielfältige, gut belichtete Wohnungstypen geschaffen, die mit warmtonigem Klinker, grossen Loggien, Holzläden und Grün eine mediterrane Atmosphäre ausstrahlen.

Zwischen den Punktbauten entwickeln sich kleine hofartige Gassen, befestigte aber auch grüne Räume, über die die Wohnungen adressiert sind. Über gestufte Podeste, die von den Bewohnern angeeignet werden können, führen diese Räume vom Strassenraum zur Gartenseite neben den Gleisen mit einem Generationenspielplatz. Die Tiefgarage übernimmt die strukturelle Logik mit einem optimierten Parkplatz-Layout für eine schlanke Grundstücksgeometrie.

Primär werden 2.5, 3.5 und 4.5 Zimmer-Wohnungen angeboten. 1.5 & 5.5 Zimmer-Wohnungen werden nur in kleiner Anzahl angeboten (ca. 3%). Ein Wohnungsmix von rund 30% 2.5 Zi, 50% 3.5 Zi, und 20% 4.5 Zi wird erreicht. Die Kerne sind effiziente 3-6 Spänner (2x3S, 2x4S, 1x5S, 3x6 Spänner). Es entsteht ein reichhaltiges Wohnungsangebot mit den unterschiedlichsten Typen, Stimmungen und Lebenswelten für eine vielfältige Nutzerschaft.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Aussenraum

Das Projekt beschäftigt sich auf vielfältige Weise mit dem historischen Charakter des Ortes. Am überzeugendsten kommt dies im Umgang mit dem bestehenden Fabrikbau und der Villa zum Ausdruck. Der Fabrikbau erhält über der gesamten Dachfläche eine Aufstockung mit Patio-Wohnungen und eine Dachlandschaft in Analogie zu Fabrik-Sheddächern. Die Villa wird auf der Strassenseite von Anbauten befreit. Mit diesen Massnahmen wird der Ausdruck dieses wichtigen Industrie- Ensembles als historisches Monument erhalten und gestärkt.

Der Anbau an die Fabrik aus den 60er Jahren wird als Grundfigur übernommen und bis zur maximal zulässigen Höhe um drei Geschosse aufgestockt, wobei die bestehende Tragstruktur weiter- verwendet und mit einer Holzkonstruktion ergänzt wird. Diese Haltung ist vielversprechend. Die teilweise Ausdrehung der Geometrie um 45° in den Grundrissen wirkt jedoch ambivalent im Kontext eines pragmatischen Weiterbauens an der bestehenden Struktur.

In Analogie zum turmartigen Gebäude werden drei Punktbauten an der Guyer-Zellerstrasse aufgereiht. Ihre Form und Geometrie lässt sie als eigenständige Architektur erscheinen, welche sich vom bestehenden Fabrik-Ensemble deutlich absetzt. Die Fassadengestaltung in Klinkerstein, die sich auf den Fabrikbau bezieht, kann diesen Eindruck lediglich abmildern. Insgesamt stärkt die vorgeschlagene Lösung den städtebaulichen Zusammenhalt im Quartier zu wenig. Die fehlende Grosszügigkeit bei den Zwischenräumen der Gebäude schafft Konfliktsituationen bei den Wohn- nutzungen und Defizite bei der Personenüberführung. Der Aufgang hat keine Vorzone, die mit dem Strassenraum in Verbindung steht, sodass die Sichtbarkeit dieser wichtigen öffentlichen Anlage von der Strasse aus eingeschränkt ist.

Die Gestaltung des öffentlichen Raumes längs der Strasse ist insgesamt differenziert gestaltet und bezieht sich auf die unterschiedlichen Situationen der Gebäude: Eine Baumreihe mit der Blutbuche als Abschluss steht vor den drei Hochbauten, ein attraktiver erhöhter Platz mit einer Baumgruppe liegt vor dem Restaurant und schlanke Pappeln bilden eine Reihe vor dem Fabrikgebäude.

Zur Geleise-Seite hin bestehen bei den gemeinsamen Aussenanlagen vor den Wohnungen Konflikte zu den privaten Wohnnutzungen.

Architektonisches Konzept und Nutzungsqualität

Dass viele unterschiedliche Wohnungstypen für unterschiedliche Benutzerformen angeboten werden, wird begrüsst. Speziell die Patio-Wohnungen auf dem Fabrikgebäude sind ein wertvoller Beitrag. Auch der Ansatz, in den drei Punkthäusern verschiede Wohnungstypen auf einem Geschoss anzubieten, ist ein Beitrag zu einer lebendigen Wohnsituation. Zudem ist die Erschliessung mit nur einem Treppenhaus für bis zu 6 Wohnungen sehr ökonomisch.

Leider gibt es in den Grundrissen verschiedene funktionale Defizite, die zeigen, dass das Konzept nicht ganz ausgereift ist. Es bestehen teilweise Belichtungsprobleme in den tiefen Grundrissen. Die Zuordnung der Zimmer zu den Sanitäreinrichtungen ist in verschiedenen Grundrissen suboptimal. Die räumlich minimale Gestaltung des Treppenhauses ist unbefriedigend. Bei den Patio- Wohnungen gerät die Shed-Lösung in Konflikt mit der Zimmerteilung.

Erschliessung und Verkehr

Die Adressierung der Wohnungen der drei Punkthäuser ist gut gelöst wie auch die Erschliessung der Gewerbeflächen im Fabrikbereich mit guter Sichtbarkeit. Probleme entstehen bei der Erschliessung der Patio-Wohnungen. Mit der Zuwegung im Erdgeschoss zu den Treppenhäusern durch den Gewerbeteil hindurch wird die Nutzung und Unterteilbarkeit der Gewerbeflächen einge- schränkt. Auch zur Erschliessung von Wohnungen über die Aussenhöfe gibt es Fragezeichen. Im Gewerbeteil wird eine klare Struktur der Sanitäreinheiten vermisst; in der Villa fehlen diese ganz.

Das gemeinsame Untergeschoss unter den drei Punkthäusern weist keine Wohnungsabstellräume aus. Bezüglich der Parkierungsanlagen bestehen grössere Defizite, vor allem, was die Zweiräder betrifft. Lage und Erschliessung der Fahrräder im Untergeschoss können nicht befriedigen und es werden generell zu wenig Abstellplätze ausgewiesen.

Ökologie und ökonomische Werthaltigkeit

Die Überlegungen bezüglich Konstruktion und Ökologie werden begrüsst, besonders die respekt- volle Haltung gegenüber dem bestehenden Fabrikensemble mit der Villa wird als grosse Qualität angesehen. Die daraus folgenden Konsequenzen für die übrige Volumengestaltung und -gliederung zeigen die Schwierigkeit im Projekt, das geforderte Programm in der notwendigen Dichte zu realisieren.
Die gewĂĽnschte Teilung von 30% Gewerbe und 70% Wohnen wird erfĂĽllt. Ebenso wird die angestrebte Dichte erreicht.

Schlussfolgerung

Trotz der verschiedenen Qualitäten kann der Vorschlag in seiner Gesamtheit zu wenig überzeu- gen. Fragen bleiben offen bezüglich der erwarteten Ensemble-Bildung und der Einbindung in das Quartier.